schaltet. In dieser Weise ist z. B. der Sacksche Universalpflug konstruiert, welcher ebensowohl zum Pflügen wie zum Kultivieren
benutzt werden kann.
Die Versuche, den Bodenbearbeitungsgeräten anstatt des geradlinig fortschreitenden Ganges eine rotierende Bewegung zu erteilen,
sind bis jetzt durchweg gescheitert. Namentlich wurden diese Versuche bei den Kultivatoren angewendet, und es schien
auch eine Zeitlang, als sollten einige derselben, z. B. der früher vielgenannte Comstocksche
rotierende Kultivator, praktischen Erfolg erringen. Die Arbeit desselben war eine in jeder Hinsicht vollkommene; der Boden wurde derartig
gekrümelt und gleichmäßig durchgearbeitet, wie dies durch kein andres Gerät erzielt werden konnte. Trotzdem konnte derselbe
keine Verbreitung finden, da er zu kostspielig war und die Abnutzung der bewegenden Teile zu erheblich
ausfiel.
(lat.), eigentlich Pflege und Vervollkommnung eines nach irgend einer Richtung der Verbesserung fähigen Gegenstandes,
z. B. Kultur des Bodens, der Waldungen, einzelner Tiere, besonders aber die Entwickelung und Veredelung des geistigen
Lebens der Menschen.
Nur in diesem Sinn wird das Wort gebraucht, wenn von den Anfängen oder der Geschichte der Kultur die Rede ist.
S. Kulturgeschichte.
die Geschichte des innern Lebens der Menschheit in seiner natürlichen Entwickelung sowohl nach der
materiellen als besonders nach der geistigen Seite, im Gegensatz zu der früher schlechthin als Weltgeschichte
bezeichneten politischen oder Staatengeschichte, ein
jüngerer, aber in neuerer Zeit mit besonderer Vorliebe gepflegter Zweig
der allgemeinen Geschichtschreibung. Man hatte früher allzusehr den Einfluß einzelner Persönlichkeiten auf die Geschicke
der Völker und selbst der Gestaltung des intimen Lebens derselben in den Vordergrund gestellt, eine sehr
natürliche Erscheinung, wenn man bedenkt, daß ehemals die Fürsten und Machthaber nicht nur häufig selbst (wie z. B. Julius Cäsar)
die Geschichte ihrer Thaten geschrieben haben, sondern auch stets einen bedeutenden Einfluß auf die Geschichtschreibung
behielten, indem sie dieselbe von besoldeten Staatshistoriographen besorgen ließen.
Diese Art der Geschichtschreibung schlägt aber naturgemäß den Einfluß der einzelnen Persönlichkeit auf die Geschichte
der Völker zu hoch an, sie vergißt, daß auch die leitende Persönlichkeit mehr oder weniger nur ein Kind ihrer Zeit zu sein
pflegt, sie artet gar leicht in Heroenkultus oder Parteilichkeit aus und vernachlässigt das Studium der
Völker nach ihrem allgemeinen sozialen und geistigen Zustand, als ob es sich bei ihnen um willenlose, nach jeder Richtung
lenkbare Massen handelte, deren Auge und Verstand in der Regierung allein verkörpert wären, und denen fast jede Individualität
abginge. Obwohl für eine solche Auffassung der Geschichte in den Anfängen der Kultur eine gewisse Berechtigung
liegen mag, sofern wirklich die meisten Völker mit Zuständen in die Geschichte eintraten, in denen sie von einzelnen begabten
Personen gelenkt und einer höhern Kultur entgegengeführt werden mußten, so zeigt sich die Schwäche der erstern Art von Geschichtschreibung
sogleich in der Schilderung derjenigen
mehr
verdient hätte und den Poeten überlassen bleiben müßte. In späterer Zeit traten die Interessen an der religiösen, litterarischen
und rechtsgeschichtlichen Entwickelung zu der bloßen Schilderung der sittengeschichtlichen Zustände hinzu, und in dieser
Richtung haben namentlich Montesquieu, Voltaire und Gibbon im vorigen Jahrhundert der modernen Kulturgeschichtschreibung vorgearbeitet.
Eine erhebliche Vertiefung mit Anbahnung eines universalgeschichtlichen Standpunktes erfuhr die Geschichtschreibung
sodann durch Herder, der mit seinen »Ideen zur Geschichte der Menschheit« (1784) die neue Epoche der Geschichtschreibung einleitete,
während Heeren in seinen »Ideen über die Politik, den Verkehr und den Handel der vornehmsten Völker der alten Welt« (1793) namentlich
den Einfluß der Handelsbeziehungen auf die Wege der Kultur darlegte.
Das in unserm Jahrhundert mächtig geförderte Studium der Anthropologie und Ethnologie bereitete der allgemeinern Auffassung
des Problems zuerst eine wissenschaftliche Grundlage, indem sie zeigte, von welchen Zuständen man auszugehen habe, um die
untersten Kulturstufen zu begreifen. In dieser Richtung ist das Werk von H. Klemm (»Allgemeine Kulturgeschichte«, Leipz.
1842-53, 10 Bde.) bahnbrechend geworden. Einen fernern wichtigen
Anstoß gab sodann H. T. Buckle in seiner »Geschichte der Zivilisation in England« (zuerst 1857), in welcher der Einfluß der
natürlichen Bedingungen (Bodengestaltung, Klima etc.) auf die Entwickelung der Individualität der Völker in Betracht gezogen
wurde, ein Gesichtspunkt, der in dem neuen Buch von Ratzel, »Anthropogeographie« (Stuttg.
1882), ganz in den Vordergrund tritt.
Das Auftreten Darwins, die von ihm eingeleitete Zurückforderung des Menschen für die Naturgeschichte, die mit Eifer in Angriff
genommenen Studien über das Auftreten der vorhistorischen Menschen in Europa und andern Ländern, die damit gewonnenen Vergleichspunkte
der Menschen aller Zeiten und Zonen untereinander haben zu einer mächtigen Bewegung auf diesem Gebiet geführt, deren Ziel dahin
geht, die allgemeine Kulturgeschichte zu einer Entwickelungsgeschichte der Menschheit auszubauen, in welcher Beziehung namentlich die Schriften
von E. Tylor (»Early history of mankind«, 1870; deutsch, Leipz. 1873) und Lubbock (»The origin of civilization,
and the primitive condition of man«, 1870; deutsch, Jena 1875) von Einfluß gewesen sind. Casparis »Urgeschichte der Menschheit«
(2. Aufl., Leipz. 1877, 2 Bde.)
ist namentlich in psychologischer Beziehung ideenreich, dagegen behandelt Herbert Spencers »Prinzipien der Sociologie« (1. Bd.,
deutsch, Stuttg. 1877) speziell die Entstehung der Staatsformen, Sitten und Gebräuche.
Die äußersten Konsequenzen dieser naturalistischen Auffassung der Kulturgeschichte zieht Hellwald in seiner in ihrer natürlichen Entwickelung
bis zur Gegenwart« (3. Aufl., Augsb. 1883), worin er die Notwendigkeit der alten Priesterherrschaften, Tyrannei und Sklaverei
etc. als unvermeidlicher Durchgangsstufen der Entwickelung darstellt. Die Übergangszeit von der Vorgeschichte zur Geschichte
behandelt Lenormant in seinen »Anfängen der Kultur« (deutsch, Jena 1875, 2 Bde.). Von den fernern Werken, die teils die
Kulturgeschichte mehr im allgemeinen, teils besondere Abschnitte (Sittengeschichte) und Zeitepochen behandeln, seien erwähnt: W. Wachsmuth
(»Europäische Sittengeschichte«, Leipz. 1831-39, 5 Bde.,
und »Allgemeine Kulturgeschichte«, das.
1850-52, 3 Bde.),
G. F. Kolb ( Kulturgeschichte der Menschheit«, 3. Aufl.,
das. 1884, 2 Bde.),
O. Henne Am-Rhyn (»Allgemeine Kulturgeschichte«, 2. Aufl.,
das. 1877-78, 6 Bde.; »Kulturgeschichte des
deutschen Volkes«, Berl. 1886),
Lippert ( Kulturgeschichte
der Menschheit in ihrem organischen Aufbau«, Stuttg. 1886),
G. Hoyns (»Die alte Welt
in ihrem Bildungsgang als Grundlage der Kultur der Gegenwart«, Berl. 1876),
Riehl (»Kulturstudien aus drei
Jahrhunderten«, 4. Aufl., Stuttg. 1873),
H. Rückert ( Kulturgeschichte des deutschen Volkes in der Zeit des Übergangs aus dem Heidentum in
das Christentum«, Leipz. 1853),
Joh. Scherr (»Deutsche Kultur- und Sittengeschichte«, 8. Aufl., das. 1882),
Karl Grün ( Kulturgeschichte des 16. Jahrhunderts«,
das. 1872),
J. J. ^[Johann Jakob] Honegger (»Grundsteine einer allgemeinen Kulturgeschichte der neuesten
Zeit«, das. 1868-1874, 5 Bde.;
»Kritische Geschichte der französischen Kultureinflüsse in den letzten Jahrhunderten«, Berl. 1875; »Allgemeine Kulturgeschichte«, Leipz. 1882 ff.),
Noiré (»Das Werkzeug und seine Bedeutung für die Entwickelungsgeschichte der Menschheit«, Mainz 1880). Von ausländischen Werken
sind vor allen zu nennen die des wesentlich auf dem Standpunkt Buckles stehenden Amerikaners J. W. ^[John
William] Draper (»History of the intellectual development of Europe«, New York 1864, 2 Bde.; deutsch von Bartels, 3. Aufl., Leipz.
1886, und »History of the conflict between religion and science«, 1875;
deutsch, Leipz. 1875) sowie Leckys »History of the rise and influence of the spirit
of rationalism in Europe« (Lond. 1865, 2 Bde.;
deutsch von Jolowicz, 2. Aufl., Leipz. 1873, 2 Bde.)
und »History of European morals from Augustus to Charlemagne« (Lond. 1869, 2 Bde.;
deutsch, Leipz. 1871, 2 Bde.). Von
Bilderwerken sind zu erwähnen: Hirths »Kulturgeschichtliches Bilderbuch« (Münch. 1883 ff.),
Essenweins
»Kulturgeschichtliche Bilderbogen« (Leipz. 1885).
Vgl. Jodl, Die Kulturgeschichtschreibung (Halle 1878).