Kroatien-Slawonien - Kroatische Sprache und Litteratur
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Im Frühjahr 1848 regte sich auch in
Kroatien die nationale
Partei; der
Haß gegen das Magyarentum wurde mit allem
Fanatismus
gepredigt und auch die Vereinigung der slawischen Gebiete
Krains,
Kärntens und
Steiermarks mit
Kroatien verlangt. Am wurde
der Kroate
Jellachich, ein eifriger Nationaler, zum
Banus ernannt, der den Ratschlägen des Nationalkomitees
folgte und sich in offene
Opposition gegen die ungarische
Regierung, ja gegen den
WienerHof
[* 2] selbst setzte.
Die Aufregung unter den
Südslawen stieg infolgedessen immer höher, und nachdem alle Vermittelungsversuche gescheitert waren
und auch von seiten des
Kaisers die Ansprüche der Kroaten eine Art
Sanktion erhalten hatten,
überschritt 11. Sept. die
Vorhut des kroatischen
Heers die
Drau. Von nun an operierten die Kroaten im Einverständnis mit der österreichischen
Armee zur Bezwingung der ungarischen
Revolution, welche im
August 1849 auch gelang. Die
Reichsverfassung von 1849 sprach die
Trennung
Kroatiens und
Slawoniens von
Ungarn aus, und die beiden
Königreiche wurden zu einem eignen Kronland
vereinigt, welchem auch das
Küstenland und die Stadt
Fiume mit ihrem Gebiet einverleibt wurden, wogegen die sirmischen
BezirkeRuma und
Illok an die neue »Woiwodschaft
Serbien«
[* 8] fielen.
Nach der zehnjährigen Reaktionsperiode (1850-60) erschien das
»Oktoberdiplom«, welches von den Kroaten
freudig begrüßt wurde; aber die »Februarverfassung« (vom
mit ihrer straffern
Zentralisation widersprach den Autonomiebestrebungen der Kroaten. Der erste kroatische
Landtag wurde wegen
seiner heftigen
Opposition gegen die neue
Verfassung und seiner
Forderung eines nur durch
Personalunion mit
Österreich
[* 9] verbundenen
großen südslawischen
Königreichs aufgelöst und mehrere Jahre kein neuer berufen.
Erst wurde wieder ein
Landtag eröffnet, in welchem es sofort zu heftigen Streitigkeiten zwischen der magyarischen
und der slawischen
Partei über das
Verhältnis zu
Ungarn kam. Die nationale
Partei in
Kroatien, deren
FührungBischof Stroßmayr
übernahm, wollte weder eine Gesamtsstaatsverfassung noch eine Erneuerung der alten
Union mit
Ungarn, sondern
ein eignes
Königreich mit der
Militärgrenze,
Dalmatien und den Quarnerischen
Inseln und ein eignes verantwortliches
Ministerium.
Diese
Forderung erhob auch der im
Dezember 1866 wieder zusammenberufene
Landtag und lehnte jede Beschickung des
PesterReichstags
rundweg ab, worauf er aufgelöst wurde. Die
Regierung ging nun so entschlossen und entschieden
in der Unterordnung
Kroatiens unter die
Stephanskrone vor (die
Finanzen wurden dem ungarischen
Ministerium unterstellt, überall
ungarnfreundliche Beamte, auch ein neuer
Banus,
BaronRauch, eingesetzt), daß die
Neuwahlen, welche Ende
1867 nach einer provisorischen
Wahlordnung erfolgten, eine magyarisch gesinnte
Majorität ergaben, welche auf dem am zu
Agram
eröffneten
Landtag, nachdem die nationale
Opposition unter
Protest ausgeschieden war, in einer
Adresse29. Jan. den
Dualismus und
die Wiedervereinigung mit
Ungarn annahm und eine neue magyarenfreundliche
Regnikolardeputation wählte.
Aus
Anlaß der Anbringung neuer ungarischer Amtsschilder kam es sogar im
August 1883 zu
Unruhen, zu deren Dämpfung außerordentliche
Maßregeln ergriffen werden mußten. Die
Führer der Rechtspartei suchten dieVerhandlungen des
Landtags
durch rohe Schmähungen und
Störungen zu verhindern, doch vergeblich, da die Mehrheit des
Landtags, die Nationalpartei, zusammenhielt.
Der Hauptschreier, Starcevics, wurde endlich 1885 durch
Verurteilung zu Gefängnis (wegen thätlichen
Angriffs auf den
BanusGrafen Khuen) beseitigt.
Vgl. Gyurkovits,De situ et ambitu Slavoniae et Croatiae
(Pest 1847);
Kukuljevič-Sakcinski,Jura regni Croatiae, Dalmatiae et Slavoniae cum privilegiis
(Agram 1861-1862, 3 Bde.) und
»Codex diplomaticus regni Croatiae«
(von 503-1200 reichend, das. 1874 f., Bd. 1 u.
2);
Sprache
[* 12] und Litteratur. Die kroatische Sprache, die außer in
Kroatien selbst auch im
westlichen Teil von
Slawonien sowie auf der Ostseite von
Istrien
[* 13] und den Quarnerischen und dalmatischen
Inseln gesprochen wird,
bildet mit dem nahe verwandten Slawonischen und Dalmatischen die westliche
Gruppe des serbokroatischen
Zweigs der slawischen
Sprachfamilie (s.
Slawische Sprachen) und ist, mit dem
MittelpunktAgram, die wichtigste
Sprache dieser
Gruppe,
deren
Dialekte gewöhnlich
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mit dem lateinischen Alphabet geschrieben werden; nur für die Kirchensprache wird teilweise das glagolitische Alphabet angewendet.
Grammatiken lieferten Kriztianovich (Agram 1837) und Klaič (das. 1879), Wörterbücher Relkovich (Wien
[* 15] 1796) und Filipović
(Agram 1878); illyrische Grammatiken, alle serbokroatischen und die slowenischen Dialekte umfassend, A. Berlitsch (2. Aufl.
1842) und F. Berlitsch (1854) sowie R. Fröhlich (Wien 1850).
Eine kroatische Litteratur entwickelte sich zuerst in der RepublikRagusa,
[* 16] doch gehört dieses dalmatische Schrifttum, dessen
Blütezeit in das 15.-17. Jahrh. fällt, den Kroaten und Serben gemeinsam an, indem sich dasselbe anfangs des kroatischen Dialekts,
in der Folge aber der wohllautendern serbischen Mundart bediente, weshalb wir über diese Periode auf Serbische Sprache
und Litteratur verweisen. Die spätern Erzeugnisse der eigentlichen kroatischen Sprache bis ins 19. Jahrh. hinein behandeln,
von einigen chronikenartigen Aufzeichnungen und Gedichten abgesehen, vorzugsweise popularkirchliche und erbauliche Stoffe
und sind von keiner weitern Bedeutung.
Einen Aufschwung nahm die kroatische Litteratur in den 30er Jahren unsers Jahrhunderts mit dem Wiedererwachen
des serbischen und kroatischen Nationalgefühls, das sich in dem Bestreben nach einer geistigen Vereinigung beider so nahe
verwandter und nur durch die Religion (die Kroaten gehören der römisch-katholischen, die Serben der griechischen Kirche an)
und durch die Schrift (die Kroaten bedienen sich des lateinischen, die Serben des russischen Alphabets)
voneinander getrennter Völker äußerte.
Die kroatischen Schriftsteller, unter denen in erster Linie Ludewit Gaj (s. d.) wirkte, nahmen als Litteratursprache jetzt
den südserbischen Dialekt an, in welchem sich die alte dalmatische Litteratur entwickelt hatte, und der zunächst mit dem
neutralen Namen »Illyrisch« bezeichnet wurde (wie man die ganze Bewegung die »illyrische« nannte),
während
man jetzt allgemeiner »Serbokroatisch« sagt. Die kroatische Litteratur
ist infolgedessen von der serbischen kaum mehr scharf zu trennen. Das Zentrum der neuern Litteraturbewegung war Agram, und
die Zahl der Autoren, die auf poetischem Gebiet wie in der wissenschaftlichen und populären Prosalitteratur hervorgetreten
sind, ist im Verhältnis zur Ausdehnung
[* 17] des Volkes eine ansehnliche. Als Dichter sind außerL.Gaj (gest. 1872) auszuzeichnen:
der Lyriker Stanko Vraz (gest. 1851; »Djulabije«, »Gusle i tambura« etc.),
der feurige und patriotische Dragutin Rakovac (gest.
1854),
Ludewit Vukotinović (»Pěsme i pripovědke«, »Ruže i trnje«),
Mirko Bogović (geb. 1816),
Verfasser
von Liedern (»Ljubice«),
politischen Poesien (»Domorodni glasi«) und Dramen (»Francopan«, »Matiaš
Gubec« etc.); ferner Demetrije Demeter
[* 18] (gest. 1872) und Iwan Tarnski (geb. 1819),
der Ergänzer der verlorengegangenen Gesänge von Gundulić'
»Osman« und Verfasser des
berühmten Epos »Smert Smail-Aga čengića«, und PeterPreradović (gest. 1872),
vielleicht der bedeutendste kroatische Dichter auf lyrischem Gebiet. Als Novellist verdient besonders noch Aug. Šenoa Erwähnung.
Die wissenschaftliche Litteratur hat ihren Mittelpunkt in der zu Agram 1866 gegründeten »südslawischen Akademie der Wissenschaften«,
deren Präsident Franjo Rački (geb. 1829) zu den slawischen Gelehrten ersten Ranges gehört. Andre namhafte
Vertreter der Wissenschaft sind: Vatroslav Jagić (geb. 1835), dessen Forschungen hauptsächlich auf Philologie, Altertumskunde
und Litteraturgeschichte gerichtet sind;
der Historiker Ljubić, der Lexikograph B. Šulek, der Litteraturforscher Armin Pavić,
PeterMatković,L. Vukotinović als Naturforscher, der Ethnograph und Sprachkenner Franjo Kurelac
(gest. 1874) u. a. Aus Dalmatien, wo die Litteratur, berührt von der nationalen Strömung der letzten Jahrzehnte, ebenfalls
wieder erwachte, sind als Dichter besonders Graf Medo Pučić (geb. 1821), Anton Kazali (geb. 1815; »Zlatka«, »Grobnicko
polje«),
der Dramatiker Matija Ban (geb. 1818; »Mejrima«, »Car Lazar«) und der patriotische Priester Jovan Sundečić
(geb. 1825) zu nennen.
Einen Mittelpunkt der litterarischen Bestrebungen in Damatien bildet die in Ragusa erscheinende Zeitschrift
»Slovinac«. - Die epische Volkspoesie der Kroaten fällt dem Stoff nach mit der der Serben zusammen. Sie zeichnet sich durch
ein besonderes Versmaß (aus 15 Silben bestehend, mit Cäsur nach der siebenten, oft auch mit einer Art
Refrain) aus und war im 16.-17. Jahrh. ziemlich reich; jetzt ist sie im Verschwinden begriffen.
Die handschriftlich erhaltenen epischen Volkslieder sind zum Teil in Miklosichs »Beiträgen zur Kenntnis der slawischen Volkspoesie«
(Bd. 1: »Die Volksepik
der Kroaten«, Wien 1870) mitgeteilt; eine vollständige Ausgabe besorgte Bogišić (»Narodne pjesme iz
starijih zapisa«, Belgrad
[* 19] 1878). Eine Sammlung andrer Volkslieder im kroatischen Dialekt veröffentlichte Kukuljević in Bd. 4 seiner
»Različita děla« (Agram 1847); Märchensammlungen gaben M. Valjavec (Warasdin 1858 und Agram 1875) und Krauß (in »Sagen und
Märchen der Südslawen«, Leipz. 1883-84, 2 Bde.),
Lieder und Sagen Plohl-Herdvigov (Warasdin 1868, 2 Bde.) und Kurelac (Agram 1871) heraus.
Vgl. Pypin und Spasović,
Geschichte der slawischen Litteraturen, Bd. 1 (deutsch, Leipz.
1880),
und die seit 1885 in Agram erscheinende »Kroatische Revue«.