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wie das andre seine Einheit in Gott als dem alles Endliche in sich enthaltenden Unendlichen findet, so geht die Aufgabe der Menschheit nach Krause dahin, einen allgemeinen Menschheitsbund zu begründen, welcher als Abbild des organisch gegliederten Weltalls und Geisterreichs in Gott einen organischen »Gliedbau« der Menschheit als eines in allen einzelnen Teilen gleichförmig vollendeten und harmonisch lebenden Ganzen darstellt. Die Anfänge dieser Idee, welche sich mit dem sozialen Problem einer Organisation der Gesellschaft nahe berührte, glaubte Krause im Freimaurerbund zu finden, welchem er 1805 beitrat, und in dessen Interesse er eine Reihe von Schriften verfaßte (»Die drei ältesten Kunsturkunden der Freimaurerbrüderschaft«, Dresd. u. Freiberg [* 2] 1810; 2. Aufl. 1820-21, 2 Bde.; »Höhere Vergeistigung der echt überlieferten Grundsymbole der Freimaurerei«, 3. Aufl., Dresd. 1820; »Urbild der Menschheit«, das. 1811, neue Ausg. 1851). Nach einigen Jahren geriet er jedoch mit dem Bund in Streitigkeiten, welche seinen Austritt und nach seiner und seiner Schüler Meinung sein weltliches Mißgeschick herbeiführten.
Die Lektüre seiner im edelsten Geiste der Humanität abgefaßten Schriften wird durch einen fast unverständlichen Purismus in der philosophischen Kunstsprache erschwert. Seine Schüler, zu welchen Ahrens, v. Leonhardi, Lindemann, Roeder u. a. gehören, haben seine Philosophie nach Belgien [* 3] (Tiberghien), Spanien [* 4] (del Rio) [* 5] und Südamerika [* 6] verpflanzt. Der Verbreitung seiner Philosophie war auch die von Leonhardi herausgegebene Zeitschrift »Die neue Zeit« (Prag [* 7] 1869-75, 4 Bde.) gewidmet.
Von seinen philosophischen Schriften sind besonders anzuführen: »Abriß des Systems der Logik als philosophischer Wissenschaft« (Götting. 1828);
»Vorlesungen über das System der Philosophie« (das. 1828; 2. Aufl., Prag 1869);
»Abriß des Systems der Philosophie des Rechts« (Götting. 1828);
»Vorlesungen über die Grundwahrheiten der Wissenschaft« (das. 1829; 2. Aufl., mit Benutzung des Nachlasses, u. d. T.: »Erneute Vernunftkritik«, Prag 1868).
Seinen handschriftlichen Nachlaß und seine Vorlesungen gaben Leonhardi, Leutbecher u. a. (Götting. 1834-48, in mehreren Abteilungen),
Röder (»System der Rechtsphilosophie«, Leipz. 1874) und in neuester Zeit Hohlfeld und Wünsche (das. 1882-86, darunter 4 Bände »Zur Kunstlehre«) in zahlreichen Bänden heraus.
Vgl. Hohlfeld, Die Krausesche Philosophie (Jena [* 8] 1879);
Procksch, Krause Chr. F. ein Lebensbild nach seinen Briefen (Leipz. 1880);
Eucken, Zur Erinnerung an Krause (das. 1881);
Martin, Krause Chr. F. Krauses Leben, Lehre [* 9] und Bedeutung (das. 1881).
3) Wilhelm, Maler, geb. zu Dessau, [* 10] widmete sich 1821-24 in Dresden, [* 11] dann in Berlin [* 12] unter Wach der Malerei, wirkte jedoch daneben fünf Jahre lang als Sänger beim Königsstädtischen Theater. [* 13] Er entnahm die Motive für seine Gemälde fast ausschließlich der See, namentlich seit er 1830 und 1831 Norwegen [* 14] und 1834 Holland bereist hatte. 1836 besuchte er auch die Normandie und später das Mittelländische Meer. Schon vorher war er zum Mitglied der Akademie zu Berlin erwählt worden.
Als Marinemaler behauptet Krause deshalb eine hervorragende Stellung, weil er diesen Zweig der Malerei zuerst in Berlin kultiviert und eine Schule der Marinemalerei begründet hat, welcher unter andern E. Hildebrandt und H. Eschke angehören. Seine Marinen wurden mit großem Beifall aufgenommen, vermögen sich aber wegen ihrer glatten Technik neben den Schöpfungen der modernen Schule nicht zu halten. Drei charakteristische Werke von ihm (Seesturm, pommersche Küste, schottische Küste bei Sturm) besitzt die Berliner [* 15] Nationalgalerie. Er starb in Berlin.
4) Heinrich, Theolog, Führer des kirchlichen Liberalismus in Preußen, [* 16] geb. zu Weißensee bei Berlin, wurde 1845 in Berlin Lizentiat der Theologie, beteiligte sich 1848 bei Gründung des dortigen, die Schleiermachersche Linke umfassenden und auf Organisation der Kirche im Sinn des Gemeindeprinzips hinarbeitenden Unionsvereins, 1864 auch bei Gründung des Deutschen Protestantenvereins. Vor allem aber widmete er seine Kraft [* 17] der von 1854 bis zu seinem Tod von ihm herausgegebenen »Protestantischen Kirchenzeitung für das evangelische Deutschland«. [* 18] Er starb in seinem Geburtsort.
Vgl. Späth, Protestantische Bausteine (Berl. 1873).
5) Ernst Ludwig, bekannter unter seinem Schriftstellernamen Carus Sterne, geb. zu Zielenzig, widmete sich der Pharmazie, verließ aber nach dem Staatsexamen diesen Beruf, um sich seinen früh begonnenen und an der Berliner Universität fortgesetzten natur- und kulturgeschichtlichen Studien zuzuwenden. Seit 1866 in Berlin lebend, erwarb er sich bald Verdienste um die Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse in weitern Kreisen, namentlich auch um die Ausbreitung der neuern, durch Darwin ins Leben geführten Weltanschauung.
Letzteres geschah vornehmlich durch seine in Verbindung mit Darwin und Häckel herausgegebene Monatsschrift »Kosmos« (Leipz. 1877-82). Er lieferte mehrere Arbeiten über die Prähistorie des Morgenlandes und die Naturkulte, das Orakelwesen, den Gebrauch von Pfeilgiften in Europa [* 19] und veranlaßte zahlreiche Untersuchungen über den Farbensinn der Naturvölker, welche seine im Gegensatz zu Gladstone, Geiger, Magnus ausgesprochenen Ansichten bestätigten. Seine historischen Studien ließen ihn als den eigentlichen Begründer der Deszendenztheorie den Großvater Ch. Darwins, den englischen Arzt und Dichter E. Darwin, erkennen, aus dessen Schriften Lamarck wahrscheinlich geschöpft hat.
Seine diesbezügliche Abhandlung wurde auf Betreiben Darwins ins Englische [* 20] übersetzt und durch eine ausführliche Biographie des Großvaters von Ch. Darwin ergänzt (Lond. 1879), worauf das Buch, mit einer Geschichte der Deszendenztheorie vermehrt, auch deutsch erschien (Leipz. 1880). Er schrieb noch: »Naturgeschichte der Gespenster« (Weim. 1863);
»Botanische Systematik in ihrem Verhältnis zur Morphologie« (das. 1866);
»Werden und Vergehen. Eine Entwickelungsgeschichte [* 21] des Naturganzen« (3. Aufl., Berl. 1884);
»Sommerblumen« (Leipz. 1884);
»Herbst- und Winterblumen« (das. 1885);
»Die Krone der Schöpfung« (Teschen 1884);
»Ch. Darwin und sein Verhältnis zu Deutschland« (Leipz. 1885);
»Plaudereien aus dem Paradiese. Der Naturzustand des Menschen« (Teschen 1886).
Auch gab er »Gesammelte kleinere Schriften von Ch. Darwin« (Leipz. 1886) heraus.
6) Aurel und Arthur, Reisende, als Brüder geboren zu Polnisch-Konopath bei Schwetz, der erstere der zweite studierten in Berlin Naturwissenschaften. Nachdem sie als Lehrer mehrere Jahre an der Luisenstädtischen Realschule gewirkt und promoviert hatten, unternahmen sie im Auftrag der Geographischen Gesellschaft zu Bremen [* 22] eine 1½jährige Forschungsreise nach der Beringsstraße und der Nordwestküste Nordamerikas und berichteten über den Verlauf derselben im ¶
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Organ der genannten Gesellschaft, den »Deutschen geographischen Blättern«, Bd. 4 und 5. Auch schrieb Aurel Krause:. »Die Tlinkitindianer« (Jena 1885).
7) Gottlob Adolf, Afrikareisender, geb. zu Ockrilla bei Meißen, [* 24] besuchte die Thomasschule in Leipzig, [* 25] die er aus Enthusiasmus für die Erforschung Afrikas verließ, landete in Tripolis und fand 1869 einen Dienst bei Fräulein Tinné, kehrte aber noch vor der Ermordung derselben nach Europa zurück. 1878 erhielt er eine Unterstützung seitens der Afrikanischen Gesellschaft in Deutschland, um nach Wadai zu gehen, bereiste aber nur Tripolis, wo er sich bis 1880 mit sprachlichen Studien beschäftigte.
Anfang 1884 verließ er Europa abermals, um im Auftrag Riebecks die Gebiete des Niger, Binuë und Tsad zu erforschen; diese Expedition kam aber infolge des frühzeitigen Todes Riebecks nicht zu stande, und Krause nahm nun den Wasserweg östlich von Lagos bis ins Nigergebiet auf und bereiste darauf auch letzteres. 1886 fuhr Krause den Volta aufwärts bis Kete, ging von dort zu dem großen Stapelplatz Salaga, um durch Erforschung des östlich gelegenen Hinterlandes des Togogebiets eine Verbindung zwischem ^[richtig: zwischen] diesem und Salaga herzustellen, und brach dann nach Timbuktu auf. In den »Mitteilungen der Riebeckschen Nigerexpedition« veröffentlichte er: »Ein Beitrag zur Kenntnis der fulischen Sprache [* 26] in Afrika« [* 27] und »Proben der Sprache von Ghat« (Leipz. 1884).