alle Hilfsleistungen an körperlich oder geistig kranke und sieche Individuen. Dieselben werden ausgeführt
entweder in Anstalten
(Krankenhäusern,
Irrenanstalten,
Blinden- und Taubstummeninstituten, Entbindungsanstalten, Bewahranstalten)
oder im
Haus des Erkrankten (Privatpflege). Aus dem
Altertum ist wenig über eine öffentliche Krankenpflege bekannt, nur
bei den
Indern beschäftigte sich die
Kaste der
Sudras mit der
Pflege der Kranken. Erst durch das
Christentum ist mit der
Erbauung
von
Krankenhäusern (s. d.) die in ein andres
Stadium getreten. Im
Mittelalter waren zur
Pflege der Kranken teils schon vor,
teils während der
Kreuzzüge mehrere Krankenpflegerorden, wie die Antonsbrüder,
Lazaristen,
SchwarzenSchwestern, Hospitalbrüder oder
Johanniter,
Barmherzigen Schwestern u.
Brüder,
Benediktiner u. a., thätig, von denen sich ein
großer Teil bis in die Gegenwart erhalten hat.
Seit dem Anfang des 16. Jahrh. wurden die ursprünglich für Aussätzige bestimmten Krankenanstalten
zur
Aufnahme von Alten und Gebrechlichen benutzt, und es fiel die Sorge für die Kranken wesentlich dem
Staat zur
Last. Erst in neuerer Zeit haben sich neben den staatlichen Anstalten auch solche von Privatleuten,
Städten und
Korporationen,
zum
Teil nachKonfessionen
[* 3] getrennt, gebildet.
Speziell der
Katholizismus hat durch seine geistlichen
Orden
[* 4] sowohl viele Krankenanstalten
gegründet, als auch Vorzügliches in der Krankenpflege geleistet.
Noch heute sind die zahlreichen katholischen
Orden und
Kongregationen in allen rein katholischen
Ländern
(Spanien,
[* 5]
Italien,
[* 6]
Österreich
[* 7] und mit einigen Einschränkungen seit den
Dekreten vom März 1880 auch
Frankreich etc.) mit der Kranken- und
Armenpflege, meistens
auch mit der
Erziehung der
Kinder betraut und üben dadurch einen mächtigen Einfluß auf das
Volk. In
Ländern
mit gemischten
Konfessionen kommt, da die Krankenpflege eine rein menschliche Aufgabe ist, mehr und mehr das
allgemeine
Krankenhaus
[* 8] in
Aufnahme. - Die öffentliche Krankenpflege hat für die zweckmäßige
Anlage und Einrichtung von
Krankenhäusern,
Irrenanstalten, Entbindungsanstalten,
Siechenhäusern etc. zu sorgen, bei
Epidemien besondere Seuchenlazarette zu errichten, die richtige Verteilung
von
Ärzten, besonders bei
Epidemien, und die Beschaffung eines geschulten Wärterpersonals ins
Auge
[* 9] zu fassen. Die öffentlichen
Krankenhäuser für die Zivilbevölkerung stehen teils unter rein ärztlicher, teils unter ärztlicher und Beamtenleitung,
haben als Krankenpfleger teils Wärter und Wärterinnen, teils katholische oder evangelische
Schwestern
(Diakonissinnen). -
Als sehr erfolgreiche Einrichtung zur
Sicherung ausreichender Krankenpflege sind die
Krankenkassen zu erwähnen. Über
Kriegskrankenpflege und die sich anschließende freiwillige Krankenpflege s.
Kriegssanitätswesen.
Die häusliche oder private Krankenpflege, die
Pflege des Erkrankten in seiner eignen Behausung, also in der
Familie, ist zwar dem Kranken
unbedingt am angenehmsten; doch läßt sich dieselbe nur bei den besser situierten
Ständen ausführen
und ist auch hier mit mannigfachen Schwierigkeiten, teils wegen des Fehlens der nötigen Einrichtungen, teils wegen der nicht
gut genug geschulten Wärter und Wärterinnen, verbunden.
Letztere absolvieren häufig einen
Kursus in einem
Krankenhaus, werden
vom Kreisphysikus geprüft und fungieren dann als »geprüfte
Krankenwärter«.
Das
Krankenzimmer muß den hygieinischen Anforderungen der Gegenwart entsprechen, wie dies in vollkommener
Weise in vielen neuern
Krankenhäusern der
Fall ist. In Privathäusern wird
man in der
Regel geringere Anforderungen stellen müssen,
da hier nur selten geleistet werden kann, was die für den speziellen
Zweck eingerichteten
Krankenhäuser leisten. Das
Krankenzimmer muß eine ruhige, helle, trockne und luftige
Lage haben, es soll dem Sonnenlicht zugänglich, aber vor
zu starker Erwärmung im
Sommer zu schützen sein. Im
Winter muß es gut zu heizen sein und namentlich eine auf längere Zeit
gleichmäßige
Temperatur zu erzielen gestatten.
Diese beträgt für bettlägerige Kranke 15-17°, für Kranke, die am
Tag aufstehen, 18° C. Für einen
Kranken soll das
Krankenzimmer wenigstens 40-60
cbm Luftraum enthalten, und wenn, wie gewöhnlich, keine Ventilationsvorrichtung
vorhanden ist, so muß durch Öffnen von
Fenstern und
Thüren für hinreichende Lufterneuerung gesorgt werden, wobei der Kranke
vor Zug
durch einen Bettschirm od. dgl. zu schützen
ist. Dabei ist alles zu vermeiden, was die
Luft verunreinigen könnte.
Die
Heizung
[* 10] ist sorgfältig zu überwachen, die
Lampe
[* 11] peinlich sauber zu halten und bei Anwendung von
Petroleum die
Flamme
[* 12] weder
zu groß noch zu klein zu machen. Die
Absonderungen und Ausleerungen des Kranken sind stets schnell zu beseitigen, und
das Nachtgeschirr ist auf das gründlichste mit heißem
Wasser zu reinigen. Nach der Benutzung desselben ist zu lüften, aber
nicht etwa zu räuchern. Im
Krankenzimmer sollen möglichst wenig
Möbel
[* 13] stehen, namentlich sind Vorhänge,
Teppiche, Polstermöbel
zu entfernen; der
Fußboden soll mit
Ölfarbe gestrichen sein, nachdem alle
Fugen sorgfältig verkittet worden
waren. Es wird täglich mit reinem
Wasser und einem reinen
Lappen oder
Schwamm aufgewaschen, aber niemals gekehrt. Das
Bett
[* 14] des
Kranken besteht am besten aus eisernem
Gestell, Roßhaarmatratze, leinenem Betttuch und einer, auch zwei wollenen (im
Sommer
einer baumwollenen)
Decken in leinenem Bezug. Schlummerrolle,
Luftkissen und ein festes Roßhaarkissen am
Fußende des
Bettes dienen zur Bequemlichkeit des
¶
mehr
Kranken. Stroh und Federn sind auszuschließen. Wenn nötig, sind Unterlagen von Kautschuktuch anzuwenden, um jede Verunreinigung
der Matratze zu vermeiden. Die Bezüge müssen häufig gewechselt werden, aber nur, nachdem man die frische Wäsche am Ofen
gründlich getrocknet und erwärmt hat. Zweckmäßig bringt man am Bett eine galgenartige Vorrichtung mit herabhängendem
Strick an, um dem Kranken das Aufrichten zu erleichtern. Das Fußkissen verhindert das sehr lästige Herabrutschen im
Bett.
Für manche Fälle ist es empfehlenswert, am Kopfende des Bettes ebenfalls eine galgenartige Vorrichtung anzubringen, um an
diese einen Eisbeutel so aufhängen zu können, daß er denKopf des Patienten berührt, aber nicht drückt.
Benutzte Wäsche wird stets sofort aus dem Krankenzimmer entfernt, bei ansteckenden Krankheiten aber nur in feuchte, mit Sublimatlösung
getränkte Tücher eingehüllt, um sie sofort zu desinfizieren. Wird das Zimmer nicht mehr benutzt, so ist es gründlich zu
reinigen und zu lüften.
Handelt es sich um eine ansteckende Krankheit, so entfernt man die Tapeten, desinfiziert dann gründlichst
und lüftet schließlich wenn möglich einige Wochen. Das Bett, speziell Matratze, Decken, Kissen, hüllt man in große Tücher,
welche mit Sublimatlösung getränkt sind, und übergibt sie einer Desinfektionsanstalt zur Behandlung mit Dampf.
[* 16] Die Bettstelle
ist mit Sublimatlösung zu scheuern und zu waschen und dann mit reinem Wasser zu spülen. Die desinfizierten
Gegenstände werden im Freien ausgeklopft, gelüftet und gesonnt, die Federn in einer Reinigungsanstalt gereinigt und erst
nach längerer Zeit wieder in Gebrauch genommen (s. Desinfektion).
[* 17]