mehr
unterscheidet: Saum- (Ufer-, Fransen-) Riffe, welche sich den Küsten direkt anschließen, Damm- (Wall-, Barriere-) Riffe [* ] (Fig. 1), welche entweder Inseln einschließen, oder die Küsten der Festländer begleiten, so zwar, daß sie vom Lande durch einen breitern oder schmälern Meereskanal getrennt sind, dessen ruhige Wasserfläche mit der tosenden Brandung am Außenrand des Riffs stark kontrastiert, und endlich Atolle (Lagunenriffe, [* ] Fig. 2 u. 3), niedrige, schmale, meist kreisrunde Inseln, die im Innern eine ruhige Wasserfläche (Lagune) einschließen.
Letztere sind die merkwürdigste Form, welche bei ihrer weiten Verbreitung im Indischen und noch mehr im Stillen Ozean schon seit Forsters Reise um die Welt die Aufmerksamkeit aller wissenschaftlichen Reisenden beschäftigt hat. Sie sind meist nur 300-400 m breit, bilden einen oft durch einen oder mehrere Kanäle, welche die Lagune mit dem Meer verbinden, unterbrochenen schmalen Ring von Land, gewöhnlich nur 0,5 m hoch über Fluthöhe. Manchmal erhebt sich auch das Riff nur in einzelnen, im Kreis angeordneten Inseln über das Meer, deren Längsdurchmesser dann zwischen wenigen Metern und mehreren Kilometern schwanken kann.
Zur Erklärung der Entstehung dieser Formen geht Darwin vom Saumriff aus und nimmt allgemein verbreitete Senkungen des Meeresbodens an. Läuft der Küste parallel untermeerisch ein Höhenzug, so entstehen bei einer solchen Senkung Dammriffe; eine versinkende Insel mit ursprünglichen Saumriffen liefert ein Lagunenriff. Dabei muß sich aber die Senkung stets so langsam vollziehen, daß die Korallen durch Fortbau nach oben ersetzen können, was ihnen durch zu tiefes Eintauchen (Darwin gibt als untere Grenze der Lebenszone der Korallen die Tiefe von 35 m an) entzogen wird. Gegen diese früher ganz allgemein adoptierte Hypothese Darwins sind neuer-
[* ] ^[Abb.: Fig. 1. Hohe Insel mit Wall- und Saumriff.
Fig. 2. Ansicht eines echten Atolles (nach Dana).
Fig. 3. Die Pfingstinsel (nach Darwin).]
mehr
dings mannigfaltige Bedenken seitens Dana, Jukes, Couthouy, Semper, besonders aber von Murray, dem Zoologen der Challenger-Expedition, erhoben worden, und zwar spitzen sich diese Einwürfe darin zu, daß das nahe Nebeneinandervorkommen der verschiedenen Formen der Korallenbildungen sich nach Darwin nur schwer erklären lasse, und daß dessen Hypothese die Existenz großer Senkungsgebiete an Stellen voraussetze, wo sich keine sonstigen Beweise für vorhandene Senkungen beibringen lassen, ja mitunter geradezu Hebungen nachweisbar sind.
Murray erinnert daran, daß das Hauptnahrungsmittel der Korallen der kohlensaure Kalk ist, der durch pelagische Organismen abgeschieden wird und nach dem Tode derselben dem Meer wieder anheimfällt. Wo aber, wie namentlich in größerer Tiefe, ein bedeutenderer Gehalt an Kohlensäure im Meerwasser vorhanden ist, verschwinden diese kalkigen Reste durch Auflösung, während sie sich an einzelnen Stellen, namentlich auf Erhöhungen des Meeresgrundes, welche meist vulkanischen Ursprungs sind, in großen Mengen aufhäufen.
Ragen solche Erhöhungen bis zur Lebenszone der Korallen empor, so bieten sie der Ansiedelung derselben ein ganz besonders günstiges Terrain. Bauen nun solche Polypen nach der Oberfläche zu, so werden die randständigen Individuen wegen der ihnen vom Meere reichlichst zugehenden Fülle von Lebensmitteln in bedeutendem Vorteil gegen die im Innern stehenden sein, eine Differenz, welche um so mehr ins Gewicht fällt, je größer das Riff ist, da ja bei quadratischer Zunahme der Fläche die Peripherie nur arithmetisch wächst.
Das führt zum Absterben der innern Individuen, die dann der lösenden Kraft des Meerwassers anheimfallen, wodurch im Zentrum eine sich mehr und mehr vergrößernde Lagune entsteht, während das Riff meerwärts wächst. Ganz ähnliche Verhältnisse müssen sich bei jedem breitern Saumriff abspielen, bei welchem die landwärts stehenden Polypenstöcke die benachteiligten sind, und welches sich dadurch in ein Dammriff verwandelt. Alle diese Formen sind also von der Bewegung des Untergrundes unabhängig u. können sich ebensowohl auf stationärem, als sinkendem, als hebendem Boden ausbilden.
Daß sich in geologischer Vorzeit Riffbildungen zahlreich vollzogen haben, beweisen die mitunter vorzüglich erhaltenen Korallenkalke der verschiedensten Formationen, schon mit der ältesten der petrefaktenführenden, der silurischen, beginnend. Nur darf an das Auffinden solcher prähistorischer Korallenriffe in andern als tropischen Gegenden nicht sofort die Folgerung angeknüpft werden, daß zur Bildungszeit der Riffe auch an diesen Stellen ein tropisches Klima geherrscht habe: handelt es sich doch bei diesen Korallen früherer Formationen nur um sehr entfernte Verwandte unsrer heutigen riffbauenden Polypen, so daß der tropische Charakter der heutigen Korallen nicht auf die frühern sofort übertragbar ist.
Vgl. Darwin, The structure and distribution of coral-reefs (deutsch von Carus, 2. Aufl., Stuttg. 1876);
Dana, Corals and coral-islands (Lond. 2. Aufl. 1879).