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Reliefplatten die Kreuzfahrer abrissen; zwischen beiden die berühmte Schlangensäule, welche einst den Untersatz zu jenem goldenen Dreifuß bildete, welchen die Griechen nach dem Sieg von Platää in Delphi weihten.
[Moscheen und Kirchen.]
Unter den zahlreichen Moscheen behauptet die Sophienmoschee (die ehemalige Sophienkirche, Hagia Sofia, s. Tafel »Baukunst [* 2] VII«, [* 3] Fig. 9-12) den ersten Rang. Sie wurde von Konstantin 325 der heiligen Weisheit (woraus man später eine Persönlichkeit machte) geweiht, dann durch Feuer zerstört und unter Justinian I. von Anthemius von Tralles, Isidor von Milet und Ignatius größer und prächtiger wieder hergestellt. Die kostbarsten Marmor-, Porphyr- und Granitarten wurden aus allen Teilen des römischen Reichs herbeigeschafft, z. B. acht Porphyrsäulen aus dem Tempel [* 4] von Baalbek und acht grüne Brecciensäulen aus dem Dianentempel zu Ephesos. [* 5]
Aber schon nach elf Jahren zerstörte ein Erdbeben [* 6] die östliche Hälfte der Kuppel und beschädigte das Innere. Der Dom wurde zwar wiederhergestellt, aber ohne die vorige Pracht. Später wurde die Sophienkirche von den Lateinern geplündert. Infolge der Eroberung der Stadt durch Mohammed II. fiel sie in die Hände der Türken und ward nun in eine Moschee verwandelt. Mohammed ließ ein Minaret und die beiden Strebepfeiler an der Südostseite errichten; Selim II. fügte ein zweites Minaret hinzu, Murad III. die beiden andern.
Ein von Murad III. aufgepflanzter riesiger bronzener Halbmond prangt auf der Hauptkuppel des Riesenbaues. Letztere ist sehr flach gewölbt und von noch acht niedrigern Kuppeln, zwei größern und sechs kleinern, die allmählich zur Hauptkuppel ansteigen, umgeben. Der Blick in das Innere zeigt eine Menge von kolossalen Säulen, [* 7] zwischen denen die mit weißem Marmor und Porphyr bekleideten Wände sichtbar sind. Im untern Raum der Kirche befindet sich in einer weiten Nische der mit vergoldeten Inschriften versehene Behälter des Korans. In einer Nische rechts ist eine Tribüne für die Geistlichen, links die mit einem vergoldeten Gitter geschlossene Loge des Sultans.
Große grüne Schilde mit den Namen des Propheten und der vier ersten Kalifen sind an den Wänden aufgehängt. In den Nächten des Ramasan wird die Kuppel mit Tausenden von Lampen [* 8] prachtvoll erleuchtet. Den Grundriß der Kirche bildet ein fast gleichschenkeliges Kreuz [* 9] (76 m lang, 71 m breit), in dessen Mitte sich die Hauptkuppel erhebt. Die Höhe der Hauptkuppel über dem Fußboden beträgt im Innern 67 m, der Durchmesser 25 m. Ihr Licht [* 10] empfängt sie durch 44 Fenster. Die Mosaiken auf Goldgrund sind jetzt übertüncht, soweit sie die durch den Islam verpönten menschlichen Figuren zeigen.
Die Kleine Hagia Sofia, die frühere Kirche des heil. Sergius und heil. Bachus, ein von einer Kuppel überdecktes Oktogon, wurde von der Kaiserin Theodora, der Gemahlin Justinians I., erbaut. Außerdem gibt es noch an 20 Moscheen, welche früher christliche Kirchen waren und von Mohammed II. in Moscheen verwandelt wurden. Unter den zehn von Sultanen erbauten und nach ihnen benannten ist die schönste die Moschee Solimans, die Suleimanije (1550-66 vom Architekten Sinan mit dem Material der Euphemiakirche von Chalcedon erbaut).
Sie ist ein Meisterstück türkischer Baukunst, ohne jedoch den fremden Ursprung zu verleugnen; das ganze Kuppelsystem ist dem der Hagia Sofia nachgebildet. An den großen Mitteldom schließen sich im O. und W. je eine Halbkuppel von geringerer Höhe an. Zu beiden Seiten rechts und links wölben sich fünf kleinere Kuppeln von verschiedener Größe. Die Kuppel ist 5 m höher als die der Sophienkirche, aber von gleichem Durchmesser. An der Westseite liegt ein quadratischer Vorhof mit einem Portikus von 24 Porphyr- und Granitsäulen und mit einer Fontäne in der Mitte.
Auf der Ostseite grenzt ein gartenähnlicher Friedhof an die Moschee, in welchem sich die Grabmäler (Türbe) des Sultans Suleiman und seiner Gattin Churrem (Roxelane), zwei nicht minder ausgezeichnete Prachtstücke türkischer Baukunst, befinden. Von den übrigen Moscheen sind bemerkenswert: die Achmed-Moschee (Ahmedije) auf dem Atmeidan (1610 von Achmed I. erbaut), mit sechs Minarets;
die Bajesid-Moschee (von 1505);
die Moschee Mohammeds des Eroberers (Mohammedije, 1469 auf dem Fundament der alten Apostelkirche erbaut);
die Jeni-Dschami (Neue Moschee) oder Moschee der Sultan-Walide;
die Schahsade- und die Laleli-Moschee, die Nuri-Osmanije, die Moschee Kachrije, ehedem christliche Klosterkirche mit wertvollen (neuerdings aufgedeckten) Darstellungen in Mosaik und Stuck;
die Seirek-Dschami (ehedem die Pantokratorkirche) u. a. Die griechisch-katholische Hauptkirche und der Sitz des ökumenischen Patriarchats befinden sich in der nördlichen Gegend der Stadt, am Hafen, wo das Fanar (s. d.) genannte Quartier der Griechen liegt.
Außerdem gibt es noch 40 griechische Kirchen, Klöster und Kapellen.
[Paläste und öffentliche Gebäude.]
Unter den Residenzschlössern der Sultane und den öffentlichen Gebäuden der Stadt steht in erster Linie das alte Serail oder Serai (»Palast«),
ein ganzes Stadtviertel, das die südöstlichste Spitze von Konstantinopel [* 11] einnimmt. Hier lagen das alte Byzanz und die Akropolis; [* 12] später befanden sich an dieser Stelle der Palast der Kaiserin Placidia, weiter gegen O. die Bäder des Arcadius, die Kirche des heil. Demetrios und die der Mutter Gottes Hodegetria; der große Palast der griechischen Kaiser lag etwas weiter südlich und nahm nur einen Teil der Gärten des Serails ein. Die Gebäude des heutigen Serails wurden von Mohammed II. errichtet und dienten als Wohnung der Sultane.
Nachdem der Sultan Abd ul Medschid seine Residenz nach Dolma-Baghtsche verlegt hatte, war das Serail der Wohnsitz der frühern Sultaninnen, die bisher im sogen. Eski-Serai (s. unten) residiert hatten, bis zum großen Brand von 1865. Der größte Teil des Palastes ist verbrannt; doch sind die Säle, welche ein historisches Interesse bieten, verschont geblieben. Das Serail ist von allen Seiten mit einer krenelierten und von viereckigen Türmen flankierten Mauer umgeben, die nach der Seeseite hin zugleich die Stadtmauer bildet, längs deren sich ein steiniges Ufer hinzieht.
Den ungeheuern von dieser Mauer umschlossenen Raum nehmen große, hauptsächlich mit Cypressen bestandene Gärten ein, in denen sich ganz unregelmäßig Gebäude und Kioske von einfacher, aber geschmackvoller Bauart erheben. Die Hauptgebäude befinden sich auf dem Gipfel des Hügels; neben denen, welche der Brand verschont hat, stehen noch die Ruinen derjenigen, welche er zerstörte. Insbesondere unterscheidet man von draußen einen ziemlich hohen viereckigen Turm und [* 13] eine größere Anzahl von kleinen Kuppeln. Durch das Hauptthor, Babi-Humaiun, in dessen Nähe der reizende Brunnen [* 14] Achmeds III. sich befindet, gelangt man in den ersten Hof, [* 15] den der Janitscharen, wo sich die Münze (Zarbhane) und die ehemalige, von Konstantin d. Gr. erbaute, dann nach einem Brand von Leo dem Isaurier restaurierte Kirche der heil. Irene (seither als ¶
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Waffenmuseum benutzt) sowie seit kurzem auch das Antiquitätenmuseum (im Tschinili-Kiosk) und die Kunstschule befinden. Ein zweites Thor (Orta-Kapussi) führt zu einem andern, von Säulen umgebenen Hof, an dessen hinterer Fronte der Sultan früher bei großen Festen Empfang hielt. Ein drittes Thor, Babi-Seadet (»Pforte der Glückseligkeit«) genannt, führt zu dem innersten Hof und dem Diwansaal, wo die Versammlungen des Reichsrats stattfanden, und wo die Gesandten Audienz erhielten.
Hier befindet sich auch der kaiserliche Schatz. Die Ereignisse, welche dem Regierungsantritt Mahmuds II. (s. d.) vorangingen, bestimmten ihn, das Serail zu verlassen. Er bezog den 1679 erbauten Palast von Beschiktasch in der Vorstadt gleichen Namens. In unmittelbarer Nähe desselben liegt der Palast von Dolma-Baghtsche, welchen Sultan Abd ul Medschid (s. d.) erbaut und zu seiner definitiven Residenz gemacht hatte. Der Palast zeigt in seinem Äußern eine Vermischung aller Stile und einen überladenen Reichtum an Ornamenten.
Das Innere ist nach modernem Geschmack dekoriert und enthält außer schönen Wohnräumen einen prachtvollen Thronsaal von außergewöhnlicher Höhe. Noch prächtiger ist der von Sultan Abd ul Asis 1863-67 erbaute, zwischen den Dörfern Beschiktasch und Ortaköj am Ufer des Bosporus [* 17] gelegene Palast von Tschiraghan. Der jetzige Sultan, Abd ul Hamid II., residiert in dem über Beschiktasch auf der Höhe gelegenen Palast von Jildis; vor dem Thor desselben erhebt sich eine schöne, im J. 1886 erbaute Moschee (Hamidije genannt) von eleganten architektonischen Formen.
Von den öffentlichen Gebäuden in Konstantinopel ist zunächst hervorzuheben: die Hohe Pforte (Babi-Ali, auch Pascha Kapussi, d. h. Pforte des Paschas, genannt), in welcher die Bureaus des Großwesirats, der Ministerien des Äußern und des Innern und diejenigen des Staatsrats sich befinden. Dieselbe liegt neben den Mauern des Serail nach der Stadt hin und macht, vom Goldenen Horn aus gesehen, einen imposanten Eindruck. Das Hauptthor ist mit Marmorpfeilern geschmückt und trägt an der Spitze eine türkische Inschrift.
Bei der Hagia Sofia liegt das große von Sultan Abd ul Medschid 1847 erbaute, Dar [* 18] ul Funun (»Haus der Wissenschaften«) genannte Gebäude (so benannt, weil der Erbauer es zu einer Universität bestimmt hatte), in welchem jetzt verschiedene Ministerien untergebracht sind. Ferner ist das Seraskierat (Kriegsministerium) zu erwähnen, das im Innern der Stadt auf dem Platz des Eski-Serai oder des Alten Serails steht, das nach der Eroberung von Konstantinopel anfangs vom Sultan Mohammed II. bewohnt wurde, dann, wie schon erwähnt, den frühern Sultaninnen zur Wohnung diente.
Das Gebäude nimmt einen weiten Raum ein, in welchen man durch zwei Thore gelangt. Seitwärts von dem einen Hauptthor (nach dem Platz Bajesid) sind zwei Pavillons angebracht, in welchen der Sultan bisweilen bei Paraden und Festlichkeiten Platz nimmt. Die Gebäude selbst sind neu und im modernen Baustil gehalten. Gegen die Mitte des weiten Hofs hin ragt ein hoher Turm, dessen Spitze, der höchste Punkt Konstantinopels, eine großartige Rundschau gewährt. Das sogen. Schloß der sieben Türme (Heptapyrgion, türk. Jedi-Kule), worin ehemals bei ausgebrochenem Krieg die Gesandten der feindlichen Mächte eingesperrt wurden, liegt am äußersten Südwestende der Stadt, unweit des Meers. Es ist ein ziemlich regelmäßiges Fünfeck, [* 19] von starken Mauern gebildet, in dessen Winkeln runde Türme standen; seine jetzige Gestalt erhielt es erst durch Mohammed II. In früherer Zeit diente es zur Aufbewahrung des Staatsschatzes, dann als Staatsgefängnis.
[Bazare, antike Überreste.]
Konstantinopel hat eine beträchtliche Anzahl von offenen Märkten und gedeckten Bazaren (Besestan), die mit allem, was der Orient Kostbares hat, angefüllt sind. Ziemlich in der Mitte der Stadt liegt der Große Bazar, der aus vielen gewölbten Hallen besteht. Der interessanteste Teil desselben ist der Bazar der Waffenhändler, wo Waffen [* 20] aller Art, alte und neue, zum Gebrauch oder als Schaustücke aufgehängt sind. Die Läden mit Waren derselben Art befinden sich immer nebeneinander.
Der Verkauf von Negerkindern und Tscherkessenmädchen findet nur noch im geheimen statt. Außer den eigentlichen Märkten gibt es auch Chane oder Karawanseraien, eine Art Hotels für Wechsler und Großhändler, welche hier ihre Geschäfte betreiben. Es sind meist viereckige, einen Hof einschließende Gebäude, innerhalb mit vielen Zellen und Säulengängen versehen, gewöhnlich fromme Stiftungen, welche zu Moscheen, Spitälern, Schulen u. dgl. gehören, denen ihr Ertrag zu gute kommt.
Außer den schon gelegentlich erwähnten Denkmälern alter Kunst haben sich wenige Überreste aus dem Altertum erhalten. Die sogen. Verbrannte Säule (türk. Dschemberli-Tasch), so genannt, weil sie von den Feuersbrünsten viel gelitten hat, in der neu hergerichteten Hauptstraße, hieß früher die purpurne Säule und besteht aus neun Cylindern von rotem Porphyr. Ursprünglich 55 m hoch und die eherne Statue des Kaisers Konstantin, der als Apollo-Helios dargestellt war, tragend, wurde sie unter Alexios Komnenos vom Blitz getroffen und zweier Cylinder sowie der Statue beraubt, aber durch den Kaiser Emanuel Komnenos (1180) wiederhergestellt.
Die Säule des Kaisers Marcian (Kys-Tasch genannt), ziemlich im Mittelpunkt der Stadt, ist 15 m hoch; ihr Kapitäl und Fußgestell sind aber sehr beschädigt. Die schönste Säule von allen, nämlich die, welche Arcadius seinem Vater Theodosius zu Ehren 401 errichten ließ, und welche nach Art der Trajanssäule in Rom [* 21] mit Basreliefs bedeckt war, mußte 1695 abgetragen werden; man sieht nur noch die Basis, einen kolossalen Marmorblock (jetzt Awret-Tasch genannt). Von den herrlichen Palästen der griechischen Kaiser, z. B. dem Bukoleon, in der Nähe des Atmeidan, sind kaum noch Spuren vorhanden; nur von einem, dem Hebdomonpalast (jetzt Tekir- oder Tekfur-Serai, »Palast des Prinzen«),
am nördlichen Ende der Stadt, sind noch ausgedehnte Ruinen übrig. Ferner gehören hierher die Überreste des Palastes Blachernä und der berühmten Blachernenkirche der heiligen Jungfrau, mit einem heiligen Quell (Hagiasma), sowie die korinthische Säule, welche zum Andenken eines Siegs über die Goten unter Claudius II. errichtet ward und in einem Garten [* 22] des Serails steht. Die meisten der antiken und mittelalterlichen Statuen und Basreliefs sind jedoch von den Türken verstümmelt worden; auch richteten die venezianischen u. französischen Kreuzfahrer, welche 1204 Konstantinopel eroberten, unter ihnen große Verwüstungen an. Noch sind die alten Zisternen und Wasserleitungen zu erwähnen, von denen eine noch heute benutzte, die sogen. Wasserleitung [* 23] des Valens (türk. Bosdoghan Kemeri), bis zu Hadrians Zeiten hinaufreicht, andre von den spätern griechischen Kaisern herrühren. Am bekanntesten sind außerdem die Zisterne Basilika [* 24] (Jere-Batan Serai), die der Tausendundeinen Säule (Binbir-Direk) und die Wasserleitung ¶