Erforderliche
Beschaffenheit
des
Wassers.
Gutes Trinkwasser soll 9–12° C. warm, klar, farb-
und geruchlos sein; die Gesamthärte (s. Härte des Wassers
) kann 25–30 deutsche
Grade betragen. Zu hoher Gehalt an Kalk
und
Magnesiumsalzen kann
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Verdauungsbeschwerden veranlassen. Weiches Wasser (mit weniger als 15 Härtegraden) ist jedoch für Haushalt und Industrie sowie für fast alle andern Zwecke vorzuziehen, sonstige Grenzwerte für die zulässige Menge fremder Bestandteile lassen sich nur schwer feststellen; doch müssen Verunreinigungen durch metallische Gifte (Blei, [* 3] Arsen) und durch menschliche Abgänge für das zu Genußzwecken dienende Wasser jedenfalls ausgeschlossen sein. Auch gilt als Regel, das; in 1 l nicht mehr als 50 mg organische Stoffe vorkommen dürfen. Da jedoch der Ursprung derselben eine große Rolle spielt, so ist hier nicht die chem., sondern die bakteriologische Untersuchung entscheidend.
Jedoch genügt es nicht, eine Quantität entnommenen Wassers
auf Bakterien zu untersuchen; es muß auch
die Brunnenanlage daraufhin untersucht werden, daß dieselbe vor Zuläufen von der Erdoberfläche gesichert ist. Salpetersaure
Salze sind für Zuckerindustrie, Eisensalze für Färberei, Druckerei, Papierfabrikation
[* 4] und die Wäsche nachteilig. Sehr weiches
Wasser befördert die Rostbildung der Eisenrohre; ist es zugleich kohlensäurehaltig, so greift es auch
das Innere der Bleirohre an und kann dann zu Bleivergiftungen Anlaß geben. In solchen Fällen dürfen zu den Zweigleitungen
im Innern der Häuser Bleirohre nur dann verwendet werden, wenn sie mit einem innern Zinnmantel überzogen sind.
Gewinnung des Wassers.
A. Cisternenanlagen. Dieselben dienen zur Ansammlung des
Regenwassers
in Gegenden,
wo die Herstellung von Brunnen
[* 5] wegen felsigen Untergrundes nicht möglich ist, oder deren Boden unbrauchbares Wasser liefert
(z. B. an flachen Seeküsten, wo das Brunnenwasser vielfach brackig, d. h.
mit Seewasser gemischt ist), endlich in heißen Landstrichen, wo infolge der starken Verdunstung von dem Regen nur wenig Wasser
in die tiefern Bodenschichten gelangt.
Das Wasser für die Hauscisternen wird meistens den Dachflächen der Gebäude entnommen und beträgt das 0,6–0,8fache der Regenmenge, also bei 100 qm Fläche und 50 cm Regenhöhe 30-40 cbm jährlich. Die Cisterne erhält zweckmäßig eine Sandfüllung, in welche das Wasser versinkt und dadurch gereinigt und kühl erhalten wird. Die in [* 2] Fig. 1 u. 2 der Tafel: Wasserversorgung I dargestellte, vor der Einführung der Wasserleitung [* 6] in Venedig [* 7] daselbst übliche Anordnung besteht aus einem brunnenartigen, 4 m tiefen Schacht, welcher sich in der Mitte eines mit Sand gefüllten, durch Eichenholzschalung (oder Mauerwerk) und Thonschlag gedichteten Behälters befindet.
Das durch Rohrleitungen zugeführte Wasser tritt durch offene Fugen in den untern Teil des
Brunnens ein
und wird durch eine Pumpe
[* 8] oder durch Schöpfeimer gehoben. Von Zeit zu Zeit muß eine Reinigung und Nachfüllung mit frischem
Sande vorgenommen werden. Große Cisternen, welche das Wasser von felsigen, oft künstlich gedichteten Flächen entnehmen, werden
überwölbt und mit einer Bodenschicht abgedeckt; vielfach sind sie auch in den natürlichen Felsen gehauen
und nehmen nicht nur Regenwasser, sondern auch die Zuflüsse von Quellen auf, welche sich nur zur Regenzeit bilden.
B. Quellfassungen. Die große Mehrzahl der Quellen schwankt erheblich in ihrer Ergiebigkeit (die geringste beträgt oft nur
10–20 Proz. der mittlern, letztere 30–50 Proz.
der größten). Da die geringste Ergiebigkeit in die Sommermonate fällt, wo der Bedarf am stärksten ist, so sind große
Städte
aus Quellen nur schwer zu versorgen und meistens zur Mitverwendung von Grund- oder Flußwasser gezwungen (Wien,
[* 9] Frankfurt
[* 10] a. M., Paris).
[* 11] Die Quellen treten entweder aus Abhängen zu Tage oder sie steigen von unten auf. Um gegen
Frost und Verunreinigung durch von oben zufließendes
Sickerwasser geschützt zu sein, erfolgt die Fassung mindestens
1,5–2
m tief mittels einer besteigbaren Brunnenstube (Brunnenkammer, Quellschacht, Wasserschloß), in welcher etwa mitgeführter
Sand zurückgehalten wird und in welche Abfluß-, sowie Entleerungs- bez. Überlaufleitung münden. In
[* 2]
Fig. 3 u. 4 ist S ein Seiher zur Zurückhaltung etwaiger Schwimmstoffe, H Überfall bei zu starken Zuflüssen, R die zum Entleerungs-
bez. Überlaufrohr führende Rinne und G Entleerungsschieber. Das Sickerwasser wird hier durch eine Abdeckung aus Thon von der
Quelle
[* 12] ferngehalten und durch die Leitung L abgeführt.
C. Gewinnung von Grundwasser.
[* 13] Grund- und Quellwasser haben den nämlichen Ursprung: sie entstammen dem versickerten Regenwasser,
welches die Zwischenräume in den Bodenarten und Gesteinen ausfüllt, sich auf den undurchlässigen Schichten fortbewegt
und da, wo diese die Oberfläche schneiden, als Quelle zu Tage tritt oder durch feine Wasseradern die offenen,
in die Bodenschichten eingeschnittenen Wasserläufe speist. Die Gewinnung des
Grundwassers
erfolgt in der Regel durch Brunnen,
seltener durch Sammelleitungen oder Stollen. Letztere sind da am Platze, wo mächtige wassergesättigte Gesteinsschichten
(Kreidemergel bei Lüttich,
[* 14] Kohlenkalk bei Aachen,
[* 15] Serizit bei Wiesbaden)
[* 16] vorhanden sind und durch wasserdichten Abschluß des
Tunnels aufgespeichert werden können. Sammelgräben für das Grundwasser des Dünensandes sind unter
andern für Amsterdam,
[* 17] Haag,
[* 18] Leiden
[* 19] und einige andere holländ. Städte ausgeführt.
Die Brunnen zerfallen nach ihrer Bestimmung in Haus- und Wasserwerksbrunnen, nach der Art ihrer Ausführung in gemauerte
oder Kessel- oder Schachtbrunnen und eiserne oder Rohrbrunnen. Das von den Hausbrunnen zu liefernde Wasser
ist der Menge nach in der Regel leicht zu gewinnen; meistens sind dieselben sog. Flachbrunnen, indem sie das Wasser der obersten,
in mäßiger Tiefe unter der Erde liegenden Grundwassers
chicht entnehmen. Sie erhalten gewöhnlich einen gemauerten Brunnenkessel
(Schacht) von 1 bis 1,5 m Durchmesser (Holz
[* 20] ist als Nährboden für Kleinwesen nicht zu empfehlen)
von Ziegeln (sog. Brunnensteinen), Bruchsteinen, Werkstücken oder Cementbeton.
Die Absenkung erfolgt 1–1,5 m unter dem niedrigsten Grundwasserstand
, die Entnahme durch eine auf der Abdeckung stehende
Pumpe, vielfach auch durch Schöpfeimer (Hebebrunnen im Gegensatz zu den Laufbrunnen, S. 544b). Für eine Hubhöhe bis 12 m
genügt eine einfache Saugpumpe mit mehr oder weniger tief liegendem und mit Ventilklappe versehenem Saugkolben
(Saugbrunnen). Da das der Oberfläche zunächst liegende Grundwasser in der Nähe bebauter Grundstücke oft eine mangelhafte
Beschaffenheit
besitzt (Wasser in weniger als 3–4 m Tiefe ist stets verdächtig), so verdient ein einfacher Rohrbrunnen
von 5 bis 7,5 cm Lichtweite
[* 2]
(Fig. 5) vor dem Kesselbrunnen den Vorzug, weil er sich durch Einrammen leicht
in größere Tiefe bringen läßt und nur einen geringen Fassungsraum besitzt, so daß das Wasser bei mäßiger Entnahme weniger
dem Stagnieren ausgesetzt ist.
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Die Benutzung von Brunnen zu Wasserwerksanlagen erfordert wegen der stärkern Entnahme in der Regel eine Voruntersuchung über
die Ergiebigkeit des Grundwassers
troms. Diese besteht in der Ermittelung seiner Breite
[* 22] und Tiefe sowie seines Gefälles (das
Nichtvorhandensein von Gefälle weist auf ein Grundwasserbecken ohne nennenswerten Zufluß hin, dessen Erschöpfung beim
Betriebe leicht eintreten kann), durch Eintreiben von Bohrlöchern, deren Spiegelhöhe gegeneinander
festgelegt wird und durch Beobachtung der Spiegel
[* 23] vorhandener Brunnen, besonders aber in dem Absenken eines Versuchsbrunnens,
welchem längere Zeit eine größere Wassermenge entnommen wird.
Besteht die Grundwasser liefernde Bodenschicht aus grobkörnigem Material, so sind gemauerte Brunnen am Platze, deren Wände
dicht oder (im Bereiche des Grundwassers
piegels) mit offenen Stoßfugen gemauert, oder aus Lochsteinen
hergestellt werden. Die Sohle ruht auf einem hölzernen oder besser eisernen Brunnenkranz (Brunnenschling, Brunnenschuh),
der keilförmig ausgebildet und durch aufgehende Anker
[* 24] aus Rundeisen mit dem Brunnenmauerwerk verbunden wird.
Diese Verbindung sowie die Festigkeit
[* 25] des Brunnenkörpers wird gefördert, wenn in 2–3 m Abstand Zwischenkränze
aus Flacheisen eingelegt und mit den Ankern verbunden werden. Das Niederbringen des Brunnens unter den Grundwassers
piegel erfolgt
in einzelnen Fällen durch Wasserhaltung, meistens aber durch Absenken desselben (Senkbrunnen) mittels Ausbaggern, am besten
mit der ind. Schaufel, bei sandigem Boden auch mit dem Senkbohrer, bez. unter gleichzeitiger Belastung
des Brunnens durch Schienen u. s. w. Die Weite des Brunnens ist so zu wählen, daß die Eintrittsgeschwindigkeit nicht zu groß
wird und dadurch Versandung des Brunnens eintritt.
Zur Vergrößerung der zulässigen Eintrittsgeschwindigkeit in die Sohle empfiehlt sich das Einbringen von Filterschichten in den Brunnen, welche nach oben zu gröber werden. Auch die durchlässigen Wandungen der Brunnen kann man mit solchen Schichten umgeben, die zwischen einem Doppelmantel unter Zuhilfenahme cylindrischer Bleche dergestalt eingebracht werden, daß die Korngröße von außen nach innen zunimmt (Filterbrunnen von Gill in Berlin). [* 26] Die Verwendung von Moos zum Ausfüllen der Fugen behufs Zurückhaltung des feinen Sandes ist wegen allmählichen Zuschlämmens der Zwischenräume und der Zersetzung des Mooses unzulässig. Damit die Eintrittsgeschwindigkeit sich möglichst gleichmäßig über die Sohle verteile, ist der Sauger thunlichst in der Mitte des Brunnens und in der Höhe des Brunnenhalbmessers über der Sohle aufzuhängen. Statt des Mauerwerkes wendet man vielfach gußeiserne Ringe (Tubbings) an, deren unterster mit einer Schneide versehen ist; diese stellen sich im westl. Deutschland [* 27] etwa von 3 m Durchmesser des Brunnens ab billiger als gemauerte.
Besteht der Untergrund aus Sand oder aus einer Mischung von Sand und nicht zu grobem Kies, so läßt sich das Wasser zwar auch durch gemauerte Filterbrunnen gewinnen; zweckmäßiger ist aber die Anwendung von Rohrbrunnen. Zunächst wird ein Futterrohr (Bohrschale) eingetrieben und in dieses der eigentliche Rohrbrunnen eingesetzt: darauf wird das Futterrohr bis über den durchlässigen Teil des Brunnenrohrs wieder herausgezogen. Letzterer besteht in dem sog. Filterkorb (oder Seiher, einem meist mit Rippen versehenen durchbrochenen oder geschlitzten Rohr, welches von einer ein- oder mehrfachen Lage von Kupfer- oder Messinggewebe umgeben ist. Die Länge desselben richtet sich nach der Stärke [* 28] der wasserführenden Schicht; der in den Filterkorb gelangte Sand wird von Zeit zu Zeit mittels eines Bohrers aus dem Brunnen entfernt. Das Gewebe [* 29] kann auch ersetzt werden durch mehrere den Seiher umgebende Sandschichten, welche mit Hilfe cylindrischer Bleche eingebracht werden, und deren Korngröße nach dem Rohre hin zunimmt (Filtervorlagen, Sandsperren).
Enthält die wasserführende Schicht feinere und gröbere Teile, so erfolgt die Bildung eines natürlichen, den Filterkorb umgebenden Sandfilters allmählich von selbst durch den Betrieb, indem der Sand, welcher feiner ist als die Öffnungen des Korbes, durch diese hindurchgeht und sich auf der Sohle des Brunnens ablagert, von wo er zeitweilig entfernt wird. Damit er nicht mit in die Pumpen [* 30] gelangt, wird nach [* 21] Fig. 6 ein zweiter, innerer Filterkorb angeordnet, der mit feiner Gaze bekleidet ist und herausgenommen werden kann, um den in die Sohle des Brunnens eingetriebenen Sand zu entfernen.
Kleine Rohrbrunnen, auch Abessinische Brunnen, amerikanische Rohrbrunnen oder Nortonbrunnen (nach dem engl. Ingenieur Norton) genannt [* 21] (Fig. 5), sind 25–75 mm weit, und werden, wie oben bei den Hausbrunnen erwähnt, in den Boden durch Rammen oder auch (bis etwa 6 m Tiefe) durch Einschrauben eingetrieben; in letzterm Falle ist die Spitze mit einer flachen Schraube versehen. Sie werden vielfach zu Hausbrunnen, zu Vorarbeiten für Wasserversorgungsanlagen und zur vorübergehenden Wassergewinnung benutzt, sind aber auch, z. B. in Brooklyn (zwei Entnahmestellen von je 100 Stück 50 mm weiter Rohrbrunnen), zur Erlangung großer Wassermengen bei dauernden Anlagen mit Erfolg zur Anwendung gebracht.
Das Absenken größerer Rohrbrunnen erfolgt nach dem im Artikel Bergbohrer
[* 31] beschriebenen Verfahren und zwar meist unter Anwendung
von Wassers
pülung. Nicht selten gelingt das Aufschließen von Wasser erst in größerer Tiefe; dasselbe wird aber erst dann
recht nutzbar, wenn es bis in die Nähe der Oberfläche ansteigt, d. h. wenn der Brunnen artesisch wirkt,
weil das Einbauen tiefliegender Pumpen umständlich und schwierig ist. Solche Brunnen werden in neuerer Zeit in großer Zahl
ausgeführt, nachdem die Art ihrer Herstellung wesentlich vervollkommnet und dadurch billiger geworden ist (s.
Bohrbrunnen). In der Regel ist das aus großer Tiefe stammende Wasser weniger kühl, enthält auch mehr
feste Bestandteile als das Wasser der obern Schichten.
D. Entnahme aus oberirdischen Wasserläufen, Seen und Sammelteichen. Das oberirdische Wasser ist stets mehr oder weniger durch
organische Beimengungen und Sinkstoffe verunreinigt; es sollte deshalb nur verwendet werden, wenn gutes Grundwasser in
genügender Menge nicht aufzufinden ist, stets aber vor dem Gebrauche zu Versorgungszwecken eine genügende Reinigung erfahren.
Bei Flüssen ist die Schöpfstelle stets oberhalb der Stadt zu legen, damit das Wasser von den durch Schmutzwasserkanäle oder
Notauslässe
[* 32] in den Fluß gelangenden Verunreinigungen freibleibt; sie muß sich ferner unter dem niedrigsten Wassers
piegel
des Flusses befinden und so liegen,
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