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Schloßthor, und am Ende der Südseite erhebt sich der 84,5 m hohe Schloßturm, von dessen Galerie man die ganze Stadt und Umgegend und das Frische Haff übersieht. Außer dem Dom und der neuen, in gotischem Ziegelbau errichteten Altstädtischen Kirche mit einem von massenhaften Pfeilern getragenen Schiff [* 2] wird unter den 15 Kirchen der Stadt ein architektonisch interessantes oder altes Gebäude vergebens gesucht. Der Dom, jetzt die Kneiphofsche Stadtkirche, wurde 1333 vom Hochmeister Luderus von Braunschweig [* 3] im gotischen Stil gegründet und 1856 einer durchgreifenden Restauration unterworfen. Er ist 92,3 m lang und 25,7 m breit.
Der schlanke, 50 m hohe Turm und [* 4] die schönen drei Schiffe [* 5] machen einen majestätischen Eindruck; letztere enthalten einen figurenreichen Altar [* 6] und manche interessante Grabdenkmäler, darunter das des Markgrafen Georg Friedrich und das prächtige Marmormonument des Kanzlers von Kospoth. An der Nordseite des Doms befindet sich ein offener Bogengang, die sogen. Stoa Kantiana, und daran ein dem Andenken Kants gewidmeter und mit dessen Büste geschmückter kapellenartiger Raum, unter dessen Steinboden die Gebeine des großen Philosophen ruhen.
Ein Denkmal Kants (Nachbildung der am Denkmal Friedrichs II. in Berlin [* 7] befindlichen Statue von Rauch) wurde 1864 in der Nähe des Schlosses errichtet, sein mit einer Marmortafel geziertes kleines ehemaliges Wohnhaus [* 8] befindet sich wenige Schritte davon in der Prinzessinstraße. Auf die genannten ältesten Stadtteile beschränkt sich noch heute der Handel, daher die Handels- und Verkehrsanstalten meistens hier zu finden sind. Die neue Börse, nach dem Plan H. Müllers in Bremen [* 9] im italienischen Renaissancestil mit einem Aufwand von 1¾ Mill. Mk. erbaut und 1875 vollendet, das imposanteste Gebäude der Neuzeit und zugleich Sitz des Vorsteheramtes der Kaufmannschaft, steht auf dem südlichen Pregelufer.
In der Nähe liegen die Bahnhöfe. [* 10] Die neuesten Stadtteile sind die nördlich vom Schloß gelegenen, die, in der herzoglichen Zeit gar nicht oder spärlich bebaut, den meisten Raum für die Erweiterung bei zunehmender Bevölkerung [* 11] darboten. Hinter dem Schloß bis an den Steindamm und die Vorstadt Tragheim dehnte sich der fürstliche Tiergarten, jetzt Paradeplatz, aus; nach O. erstreckt sich, 9,35 Hektar groß, der Schloßteich, dessen Ufer mit reichem Baumwuchs in wohlgepflegten Gärten bestanden sind.
Eine durchgreifende Änderung in der Bauart ging von der Königsstraße (ehedem »Neue Sorge«) aus, besonders seit Friedrich Wilhelm I. sich 1731 hier ein Palais erbaut hatte. Letzteres ist seit 1810 der Universitätsbibliothek eingeräumt und der ebenfalls in der Königsstraße gelegene Jägerhof 1843 der durch Theodor v. Schöns Einfluß gestifteten Malerakademie gewichen. Das moderne Königsberg [* 12] zeigt fortgesetzt das Bestreben, diese höher gelegenen und darum gesündern Stadtteile immer dichter zu bebauen.
Das schöne, durch einen 1885 begonnenen Umbau erheblich erweiterte Bussesche Postgebäude, die oben erwähnte neue Kirche der Altstadt, das neue Universitätspalais, zu dem 1844 beim 300jährigen Jubelfest der Universität der Grund gelegt wurde (nach Stülers Plänen 1865 vollendet), das Stadttheater (von Val. Müller), die drei neuen Gerichtsgebäude auf dem Theaterplatz, die Halle [* 13] des Börsengartens am Schloßteich gehören zu den nennenswertesten Bauten des heutigen Königsberg. Sie liegen alle in der Nähe des größten und schönsten Platzes der Stadt, des Parade- oder Universitätsplatzes, den seit 1852 das 5 m hohe bronzene Reiterstandbild Friedrich Wilhelms III. (von Kiß) schmückt, und als dessen Avenue die elegante Tragheimer Pulvergasse angesehen werden kann.
In der Mitteltragheimer Straße ist in den letzten Jahren ein neues Regierungsgebäude, zugleich als Sitz des Oberpräsidiums für Ostpreußen, [* 14] entstanden, während das stattliche Landeshaus der Provinzialverwaltung in der Königsstraße errichtet ist. Die frühern schönen Spaziergänge der Königsberger: der Philosophendamm, wo Kant einst lustwandelte, und das bepflanzte Glacis zwischen dem Roßgärter und dem Königsthor werden kaum mehr benutzt, seitdem die erstere zum Eisenbahnviertel gezogen und vor das genannte Thor die Mehrzahl der Kirchhöfe verlegt ist. Zur Zeit bilden die Hufen vor dem Steindammer Thor den Hauptvergnügungsplatz für das Königsberger Publikum.
Der Bau der Festungswerke, welche die Stadt jetzt einschließen, begann erst 1843 unter Friedrich Wilhelm IV. Sie stehen in Verbindung mit einer großen Kette von Außenwerken, welche die nächste, ehedem so ländlich angenehme Umgebung der Stadt gänzlich verändert haben, und eine Linie von detachierten Forts, die zum größten Teil jetzt schon vollendet sind, trägt solche Veränderungen noch auf Meilenweite hinaus. Den zum Teil geschmackvoll ausgeführten neuen Festungsthoren, unter denen neben dem Königs- und dem Friedländer Thor das Steindammer Thor am beachtenswertesten ist, haben sämtliche Stadtthore der frühern Enceinte weichen müssen, wie die alten innern Stadtthore dem immer weiter sich ausdehnenden Straßenverkehr. Die riesigen Werke der Ostseite dienen der Garnison als Kasernen; eine Kavalleriekaserne samt Reitplatz ist auf der Nordseite neben den Festungswerken geschaffen worden.
Die Zahl der Einwohner belief sich 1885 mit der Garnison (ein Grenadierreg. Nr. 1, 2 Füsilierbat. Nr. 33, ein Infanteriebat. Nr. 41, 2 Infanteriebat. Nr. 43, ein Kürassierreg. Nr. 3, ein Feldartilleriereg. Nr. 1, ein Fußartilleriereg. Nr. 1 und ein Trainbat. Nr. 1) auf 151,151 Seelen gegen 112,123 im J. 1871. Darunter befanden sich 139,795 Evangelische, 6174 Katholiken und 4155 Juden. Industrie und Handel sind sehr bedeutend. Als besonders hervorragend kann namentlich die Eisenindustrie (Guß und Maschinenbau) bezeichnet werden.
Sonstige Erwerbszweige sind: Garn- und Zwirnspinnerei, Fabrikation von Manufakturwaren, Tuch, Konfektionsgegenständen, Leinwand, Shoddy, Tabak [* 15] und Zigarren, Dachpappe, Tapeten, Chemikalien, Knochenmehl, Mineralwasser, Essig, Spiritus, [* 16] Pianinos, Marzipan etc., Dampf- und Ölmüllerei, Bierbrauerei, [* 17] Weißgerberei, Kalkbrennerei, Buchdruckerei. Eigentümlich ist für Königsberg neben Danzig [* 18] die Bernsteinindustrie. Für Gewinnung des Materials waren 1885 im ganzen 1650 Personen thätig.
Der Ertrag stellte sich durch Dampfbaggerei (Schwarzort) auf 670, durch Bergwerksbetrieb (Palmnicken und Kraxtepellen) auf 1030, durch Taucherei, Stechen, Schöpfen und Lesen auf 85 Doppelzentner. Der Handel, begünstigt durch Eisenbahnverbindungen, namentlich aber durch die Lage Königsbergs an einem schiffbaren Fluß, dessen Mündung durch das Frische Haff vor den Meeresfluten gesichert ist, hat der Stadt eine bedeutende Stelle unter den Handelsplätzen des Nordens verschafft. Der äußere Hafen von Königsberg befindet sich in Pillau. Viele Schiffe müssen hier leichtern, da das Haff nur durch Baggerungen Tiefgang erhält, viele werden in Pillau selbst umgeladen. Eine Besserung dieser den Verkehr erschwerenden Kalamität steht durch Anlage ¶
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einer 6 m tiefen Haffrinne in Aussicht. Es sind nicht allein die Erzeugnisse des Landes: Getreide, [* 20] Hülsenfrüchte, Flachs, Hanf, Holz, [* 21] Holzwaren, Pferde, [* 22] Vieh, Chemikalien, Artikel der Textilindustrie etc., sondern auch eingeführte Produkte, die eine in stetem Steigen begriffene Handelsprosperität nachweisen. Namentlich ist Königsberg Hauptstapelplatz des gesamten kontinentalen Theehandels. Für den Handel mit Getreide zählt es zu den größten Exportplätzen. Es betrug der Wert der Einfuhr 1886: 179 Mill. Mk., darunter an über See bezogenen Waren 69,5 Mill. Mk. Der Wert der Ausfuhr betrug 150,5 Mill. Mk., davon für über See ausgeführte Artikel 62,8 Mill. Mk. 1885 belief sich der gesamte Seeverkehr auf 3412 Schiffe. Es kamen an: mit Ladung 1180 Schiffe zu 300,764 Registertons, in Ballast oder leer 485 Schiffe zu 115,357 Registertons. Es gingen ab: mit Ladung 1709 Schiffe zu 427,453 Registertons, in Ballast oder leer 38 Schiffe zu 13,490 Registertons. An Handels- und Verkehrsanstalten besitzt Königsberg eine Hauptstelle der Reichsbank (Umsatz 1886: 1014 Mill. Mk.), die Königsberger Vereinsbank (Umsatz 1886: 512 Mill. Mk.), eine Ostpreußische landschaftliche Darlehnskasse (Umsatz 1886: 327 Mill. Mk.), eine Ländliche Genossenschaftsbank, eine Genossenschaftliche Grundkreditbank, eine Rentenbank, eine Provinzialfeuersocietät etc., ein Vorsteheramt der Kaufmannschaft, eine Börse, einen Gewerberat, eine Reedereigesellschaft, eine Dampfschiffahrtsgesellschaft und eine Schiffswerfte. Den Verkehr in der Stadt vermittelt eine Pferdeeisenbahn.
Unter den Bildungsanstalten nimmt die Universität (Collegium Albertinum) die erste Stelle ein. Dieselbe wurde vom Herzog Albrecht I. von Preußen [* 23] als eine »echt lutherische« 1544 gegründet und erfreut sich mit den Anstalten, die zu ihr gehören, der 1811 von Bessel errichteten Sternwarte, [* 24] dem 1819 von Karl v. Baer gegründeten zoologischen Museum und dem 1809 von Schweigger angelegten botanischen Garten, [* 25] 9 Kliniken, die jetzt als Muster dastehen, Laboratorien und Seminaren sowie zum Teil bedeutenden Sammlungen, besonders der über 220,000 Bände zählenden Bibliothek (neben welcher die Stadtbibliothek nur für Spezialitäten in Betracht kommt), einer immer gediegener sich gestaltenden Ausstattung.
In der Aula befinden sich Fresken von Rosenfelder, Gräf, Piotrowski u. a. Die Zahl der Studierenden betrug im Wintersemester 1886/87: 815. (Vgl. Witt, Die dritte Jubelfeier der Albertus-Universität zu Königsberg, Königsb. 1844.) An andern Schulanstalten hat Königsberg 4 Gymnasien, ein Progymnasium, 2 Realgymnasien, eine höhere Bürgerschule, 2 Taubstummen- und eine Blindenanstalt. Hierzu kommen für besondere Bildungszwecke eine Anzahl von Instituten, darunter die Handelsschule, die Provinzialkunstschule und die Malerakademie mit dem Stadtmuseum (etwa 270 Gemälde der neuern und neuesten Zeit enthaltend), eine Musikschule, die archäologische Sammlung der Prussia, die geologischen der Physikalisch-Ökonomischen Gesellschaft etc. An Wohlthätigkeitsanstalten sind besonders zu nennen: das große städtische Krankenhaus, [* 26] das von einem Verein geleitete Krankenhaus der Barmherzigkeit, das königliche Waisenhaus (1701 gestiftet), das große königliche Hospital und eine sehr große Zahl von Wohlthätigkeitsvereinen aller Art. Königsberg zählt 20 Magistratsmitglieder und 102 Stadtverordnete und ist Sitz des Oberpräsidiums der Provinz Ostpreußen, des Konsistoriums, eines Generalsuperintendenten, des Provinzialschul- und Medizinalkollegiums, des Provinzialarchivs, der Provinzialsteuerdirektion, einer Oberpostdirektion, der Landesdirektion für Ostpreußen, eines Oberlandes- und eines Landgerichts, einer Regierung, eines Landratsamtes, verschiedener Konsulate etc. Von militärischen Behörden befinden sich hier: das Kommando und der Stab [* 27] des 1. Armeekorps, der 1. Infanterie- und 1. Kavalleriedivision, der 1. und 2. Infanterie-, 1. Kavallerie- und 1. Feldartilleriebrigade. Die drei hier erscheinenden Zeitungen sind die »Hartungsche Zeitung«, die »Ostpreußische Zeitung« und die »Königsberger Allgemeine Zeitung«. Zum Landgerichtsbezirk Königsberg zählen die acht Amtsgerichte zu Allenburg, Fischhausen, Königsberg, Labiau, Mehlauken, Pillau, Tapiau und Wehlau.
[Geschichte.]
Königsberg (Altstadt), dessen Burg vom Deutschen Orden [* 28] 1255 zum Schutz gegen die heidnischen Samländer und zwar auf den Rat des böhmischen Königs Ottokar erbaut ist, wurde 1256 in der Gegend des heutigen Steindammes angelegt, nach der Zerstörung durch die Preußen 1263 in dem Thal [* 29] unterhalb des Schloßbergs bis an den Pregel [* 30] wieder aufgebaut und erhielt 1286 Stadtrecht. Der Stadtteil Löbenicht wurde 1300, die Insel Kneiphof 1327 mit Stadtrecht begabt. Von 1457 an war Königsberg die Residenz der Hochmeister, 1525-1618 der Herzöge Preußens; [* 31] deshalb führt es auch noch den Titel »Haupt- und Residenzstadt«.
Von 1626 datiert die Befestigung der Stadt durch Wälle und Gräben; seit 1843 ist Königsberg zu einer Festung [* 32] ersten Ranges umgeschaffen (s. oben). In Königsberg wurde ein Vertrag zwischen Schweden [* 33] und Brandenburg [* 34] geschlossen, durch welchen dieses für Preußen die schwedische Lehnshoheit statt der polnischen anerkannte und Ermeland zu Lehen erhielt. 1758 ward Königsberg von den Russen, 1807 von den Franzosen besetzt. König Friedrich Wilhelm I. vereinigte 1724 die drei Städte zu Einer, fortan gab es nur Einen Magistrat und Ein Stadtgericht.
Vgl. Faber, Die Haupt- und Residenzstadt in Preußen (Königsb. 1840);
Rosenkranz, Königsberger Skizzen (das. 1842);
Schubert, Zur 600jährigen Jubelfeier Königsbergs (das. 1855);
Frischbier, Die Zünfte der Königsberger Junker und Bürger im Kneiphof (das. 1880).
Der Regierungsbezirk Königsberg (s. Karte »Ost- und [* 14] Westpreußen«) hat einen Flächeninhalt von 21,107 qkm (383,31 QM.) mit (1885) 1,171,116 Einw. (1880: 1,155,545 Einw.), darunter 910,235 Evangelische, 243,153 Katholiken und 10,586 Juden, und besteht aus 20 Kreisen:
Kreise | QKilometer | QMeilen | Einwohner 1885 | Auf 1 QKil. |
---|---|---|---|---|
Allenstein | 1357 | 24.65 | 68973 | 51 |
Braunsberg | 946 | 17.18 | 53469 | 55 |
Preußisch-Eylau | 1232 | 22.38 | 55828 | 45 |
Fischhausen | 1061 | 19.27 | 52243 | 49 |
Friedland | 880 | 15.98 | 45553 | 52 |
Gerdauen | 848 | 15.40 | 37298 | 44 |
Heiligenbeil | 908 | 16.49 | 46332 | 51 |
Heilsberg | 1096 | 19.91 | 55495 | 51 |
Preußisch-Holland | 859 | 15.60 | 44142 | 51 |
Königsberg (Stadt) | 20 | 0.36 | 151151 | - |
Königsberg (Land) | 1051 | 19.09 | 53972 | 51 |
Labiau | 1064 | 19.32 | 53150 | 50 |
Memel | 841 | 15.27 | 58551 | 70 |
Mohrungen | 1265 | 22.98 | 55869 | 44 |
Neidenburg | 1632 | 29.61 | 57001 | 35 |
Ortelsburg | 1708 | 31.02 | 69040 | 40 |
Osterode | 1551 | 28.17 | 67694 | 44 |
Rastenburg | 874 | 15.87 | 45132 | 52 |
Rössel | 852 | 15.47 | 50167 | 59 |
Wehlau | 1062 | 19.29 | 50056 | 47 |
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