Der Mongoleneinfall 1241; dagegen Schwammel, Über die angebliche Mongolenniederlage bei Olmütz, in »Sitzungsberichte der
königlichen Akademie der Wissenschaften« 1860, Bd. 33). Das vierte Gedicht
schildert den Sieg über Vlaslaw, von welchem der Chronist Kosmas berichtet, das fünfte ein altböhmisches Turnier; das sechste
feiert den Sieg der heidnischen Häuptlinge Zaboj und Slavoj über einen christlichen Feldherrn Lüdek
(Ludwig?) angeblich 805. Der Rest besteht aus kleinern Liedern im Volkston ohne besondere Aufschriften. Die Echtheit der ist
ebenso eifrig angefochten wie verteidigt worden. Unter den slawischen Linguisten äußerte zuerst Kopitar vielfache Bedenken;
in neuerer Zeit haben Feifalik (»Die , Wien 1860),
Büdinger (in Sybels »Historischer Zeitschrift« 1859 und
»Die und ihre neuesten Verteidiger«, Leipz.
1859),
Wattenbach (in genannter Zeitschrift 1863),
Vasek (1879),
Schembera (Wien 1882 u. 1886) sowie die Professoren der böhmischen
Universität Gebauer, Massaryk und Goll (in der Prager Zeitschrift »Ateneum«) gegen ihre Echtheit gewichtige und begründete
Anklagen erhoben. Umständliche Verteidigungen lieferten außer Palacky (s. oben) Nebesky (»Rukopis Kralodvorský«, Prag 1853),
die Gebrüder Jirecek (1862 u. 1878), Hattala (1871), Brandl (1879, 1880) u. a.
[* ] Schmelz, Dorf im preuß. Regierungsbezirk Königsberg, Kreis Memel, an der Mündung der
Schmelz und des König Wilhelms-Kanals in das Kurische Haff, hat Sägemühlen, Holzhandel, Schiffahrt, Neunaugenfang und (1885) 3885 meist
evang. Einwohner, wovon etwa die Hälfte Litauer sind.
(dän. Kongs-Aa), Fluß auf der Grenze zwischen Schleswig-Holstein und Jütland, fließt von NO. nach SW. und
mündet nach 75 km langem Lauf in die Nordsee.
ehedem Bezeichnung für die königliche Regierungsgewalt überhaupt, namentlich für die königliche
oder die vom König übertragene höhere Gerichtsbarkeit. S. Bann.
[* ] 1) in Preußen (poln. Krolewiec, lat. Regiomontum; hierzu der Stadtplan),
befestigte Hauptstadt der preuß. Provinz Ostpreußen u. des Regierungsbezirks gleichen Namens, Krönungs- und dritte Residenzstadt
der Monarchie, liegt unter 54° 42' nördl. Br. und 20° 29' östl. L. v. Gr., 4,8
m ü. M., zu beiden Seiten des Pregels, 7,5 km vor seiner Mündung in das Frische Haff und im Knotenpunkt
der Linien Seepothen-Eydtkuhnen, Königsberg-Kranz und Königsberg-Labiau der Preußischen Staats- und Pillau-Prostken der Ostpreußischen Südbahn,
auf hügeligem Boden und besteht aus den drei Hauptteilen: Altstadt (um die alte Burg im 13. Jahrh. entstanden), Löbenicht
und Kneiphof (Insel). Zu jedem dieser Teile gehören Vorstädte (die ältesten im N.: Steindamm, altes
Fischerdorf, wo die älteste Kirche, St. Niklas, steht, und Tragheim; auf dem Südufer: St. Anton oder Vordere Vorstadt, St.
Georg oder Hintere Vorstadt, Haberberg etc.), welche seit
der Vereinigung jener drei Städte (1724) zum Weichbild gezogen wurden.
Das Ganze hat jetzt einen Umfang von etwa 15 km. Der Pregel durchströmt die Stadt von O. nach W. in zwei
Armen (Alter und Neuer Pregel), welche unterhalb der Grünen Brücke sich vereinigen. Wo er in die Stadt eintritt, liegt der sogen.
Litauer, wo er aus derselben austritt, der sogen. Holländer Baum, die ehemaligen städtischen Zollgrenzen.
Seine größte Breite innerhalb der Stadt beträgt 82-85 m. Die Stadt trägt einen modernen Charakter. Das Mittelalterliche
ist bis auf einen Flügel des Schlosses, einen Fortifikationsturm der Altstadt und die Kathedrale der ehemaligen Bischöfe des
Samlandes gänzlich geschwunden.
Unter den Distrikten, in welche das heutige Königsberg geteilt ist, sind die auf dem rechten Pregelufer
die vornehmsten. Sie bestehen aus den ältesten Stadtteilen, welche mit den auf dem linken Flußufer gelegenen und mit der
Kneiphofinsel durch sieben Fahrbrücken und die neue Eisenbahnbrücke (eiserne Gitterbrücke) verbunden sind. Die Altstadt
zeigt trotz der engen Bauart eine regelmäßige Anlage: eine Langgasse mit ihren Parallelen, von Querstraßen
durchschnitten.
Geräumiger und stattlicher zeigt sich in gleicher Anlage der Kneiphof, dessen Langgasse sich bis vor kurzem noch als Sitz
des einstigen Großbürgertums oder der reichen Kauf- und Handelsherren der vorigen Jahrhunderte darstellte. Die Löbenichtsche
Langgasse, einst Sitz der reichen Großbürger der Malzbräuerzunft, besteht jetzt fast nur aus Wohngebäuden.
Das einstige Rathaus am Altstädtischen Markt ist noch als ein der Stadt gehöriges Gebäude vorhanden und wird zu verschiedenen
öffentlichen und privaten Zwecken benutzt.
Das früher Löbenichtsche Rathaus ist schon längst in Privatbesitz übergegangen und umgebaut. Das Kneiphofsche Rathaus in der
Brotbänkenstraße (1695 umgebaut), ist jetzt Amtslokal des Magistrats, in dem danebenliegenden Kneiphöfschen
Junkerhof befindet sich der Sitzungssaal der Stadtverordneten. Der Altstädtische Junkerhof wurde 1875 zu Läden umgebaut. Von
den mittelalterlichen »Artushöfen« hat sich keine Spur erhalten. Unter den sieben Marktplätzen hat einzig der Markt der Altstadt
noch altertümliches Aussehen.
Das hervorragendste Gebäude der Altstadt ist das königliche Schloß, ein längliches Viereck, 104 m lang
und 66,8 m breit, 1255 im Bau begonnen (s. unten, Geschichte), später Sitz der Hochmeister des Deutschen Ordens und seit 1525 Residenz
der Herzöge von Preußen. Die Nordseite rührt noch aus der Ordenszeit her, das übrige ist im 16. und 18. Jahrh.
angebaut. Auf dem Westflügel befinden sich die Schloßkirche (1592 erbaut), in welcher sich Friedrich
I. 1701 und König Wilhelm I. die Königskrone aufsetzten, und der mächtige, zu allen großen Festen benutzte
sogen. Moskowitersaal (83 m lang, 17,9 m breit und 6 m hoch), auf
den dieser Name wahrscheinlich von einem Gemach übertragen ist, in welchem die moskowitischen Gesandten
aufgenommen wurden, die sich 1516 hier befanden, als der Hochmeister Markgraf Albrecht ein Bündnis mit dem Großfürsten Wasilij
gegen den König von Polen einging. Unter Friedrich I. erhielt das Schloß den prächtigen, von Schlüter 1708-12 erbauten Pavillon,
vor dem die Statue des genannten Königs (ebenfalls von Schlüter) steht. Auf dem Ostflügel ist das große
Schloßthor, und am Ende der Südseite erhebt sich der 84,5 m hohe Schloßturm, von dessen Galerie man die ganze Stadt und
Umgegend und das Frische Haff übersieht. Außer dem Dom und der neuen, in gotischem Ziegelbau errichteten Altstädtischen
Kirche mit einem von massenhaften Pfeilern getragenen Schiff wird unter den 15 Kirchen der Stadt ein architektonisch
interessantes oder altes Gebäude vergebens gesucht. Der Dom, jetzt die Kneiphofsche Stadtkirche, wurde 1333 vom Hochmeister
Luderus von Braunschweig im gotischen Stil gegründet und 1856 einer durchgreifenden Restauration unterworfen. Er ist 92,3 m
lang und 25,7 m breit.
Der schlanke, 50 m hohe Turm und die schönen drei Schiffe machen einen majestätischen Eindruck; letztere
enthalten einen figurenreichen Altar und manche interessante Grabdenkmäler, darunter das des Markgrafen Georg Friedrich und
das prächtige Marmormonument des Kanzlers von Kospoth. An der Nordseite des Doms befindet sich ein offener Bogengang, die
sogen. Stoa Kantiana, und daran ein dem Andenken Kants gewidmeter und mit dessen Büste geschmückter kapellenartiger
Raum, unter dessen Steinboden die Gebeine des großen Philosophen ruhen.
Ein Denkmal Kants (Nachbildung der am Denkmal Friedrichs II. in Berlin befindlichen Statue von Rauch) wurde 1864 in der Nähe des
Schlosses errichtet, sein mit einer Marmortafel geziertes kleines ehemaliges Wohnhaus befindet sich wenige
Schritte davon in der Prinzessinstraße. Auf die genannten ältesten Stadtteile beschränkt sich noch heute der Handel, daher
die Handels- und Verkehrsanstalten meistens hier zu finden sind. Die neue Börse, nach dem Plan H. Müllers in Bremen im italienischen
Renaissancestil mit einem Aufwand von 1¾ Mill. Mk. erbaut und 1875 vollendet,
das imposanteste Gebäude der Neuzeit und zugleich Sitz des Vorsteheramtes der Kaufmannschaft, steht auf dem südlichen Pregelufer.
In der Nähe liegen die Bahnhöfe. Die neuesten Stadtteile sind die nördlich vom Schloß gelegenen, die, in der herzoglichen
Zeit gar nicht oder spärlich bebaut, den meisten Raum für die Erweiterung bei zunehmender Bevölkerung
darboten. Hinter dem Schloß bis an den Steindamm und die Vorstadt Tragheim dehnte sich der fürstliche Tiergarten, jetzt Paradeplatz,
aus; nach O. erstreckt sich, 9,35 Hektar groß, der Schloßteich, dessen Ufer mit reichem Baumwuchs in wohlgepflegten Gärten
bestanden sind.
Eine durchgreifende Änderung in der Bauart ging von der Königsstraße (ehedem »Neue Sorge«) aus, besonders
seit Friedrich Wilhelm I. sich 1731 hier ein Palais erbaut hatte. Letzteres ist seit 1810 der Universitätsbibliothek eingeräumt
und der ebenfalls in der Königsstraße gelegene Jägerhof 1843 der durch Theodor v. Schöns Einfluß gestifteten Malerakademie
gewichen. Das moderne Königsberg zeigt fortgesetzt das Bestreben, diese höher gelegenen und
darum gesündern Stadtteile immer dichter zu bebauen.
Das schöne, durch einen 1885 begonnenen Umbau erheblich erweiterte Bussesche Postgebäude, die oben erwähnte neue Kirche der
Altstadt, das neue Universitätspalais, zu dem 1844 beim 300jährigen Jubelfest der Universität der Grund gelegt wurde (nach
Stülers Plänen 1865 vollendet), das Stadttheater (von Val. Müller), die drei neuen Gerichtsgebäude auf
dem Theaterplatz, die Halle des Börsengartens am Schloßteich gehören zu den nennenswertesten Bauten des heutigen Königsberg. Sie
liegen alle in der Nähe des größten und schönsten Platzes der Stadt, des Parade- oder Universitätsplatzes, den seit 1852 das 5 m
hohe bronzene Reiterstandbild Friedrich
Wilhelms III. (von Kiß) schmückt, und als dessen Avenue die elegante
Tragheimer Pulvergasse angesehen werden kann.
In der Mitteltragheimer Straße ist in den letzten Jahren ein neues Regierungsgebäude, zugleich als Sitz des Oberpräsidiums
für Ostpreußen, entstanden, während das stattliche Landeshaus der Provinzialverwaltung in der Königsstraße errichtet
ist. Die frühern schönen Spaziergänge der Königsberger: der Philosophendamm, wo Kant einst lustwandelte,
und das bepflanzte Glacis zwischen dem Roßgärter und dem Königsthor werden kaum mehr benutzt, seitdem die erstere zum Eisenbahnviertel
gezogen und vor das genannte Thor die Mehrzahl der Kirchhöfe verlegt ist. Zur Zeit bilden die Hufen vor dem Steindammer
Thor den Hauptvergnügungsplatz für das Königsberger Publikum.
Der Bau der Festungswerke, welche die Stadt jetzt einschließen, begann erst 1843 unter Friedrich Wilhelm IV. Sie stehen in
Verbindung mit einer großen Kette von Außenwerken, welche die nächste, ehedem so ländlich angenehme Umgebung der Stadt gänzlich
verändert haben, und eine Linie von detachierten Forts, die zum größten Teil jetzt schon vollendet sind,
trägt solche Veränderungen noch auf Meilenweite hinaus. Den zum Teil geschmackvoll ausgeführten neuen Festungsthoren,
unter denen neben dem Königs- und dem Friedländer Thor das Steindammer Thor am beachtenswertesten ist, haben sämtliche Stadtthore
der frühern Enceinte weichen müssen, wie die alten innern Stadtthore dem immer weiter sich ausdehnenden
Straßenverkehr. Die riesigen Werke der Ostseite dienen der Garnison als Kasernen; eine Kavalleriekaserne samt Reitplatz ist
auf der Nordseite neben den Festungswerken geschaffen worden.
Die Zahl der Einwohner belief sich 1885 mit der Garnison (ein Grenadierreg. Nr. 1, 2 Füsilierbat.
Nr. 33, ein Infanteriebat. Nr.
41, 2 Infanteriebat. Nr. 43, ein Kürassierreg. Nr.
3, ein Feldartilleriereg. Nr. 1, ein Fußartilleriereg. Nr. 1 und
ein Trainbat. Nr. 1) auf 151,151 Seelen gegen 112,123 im J. 1871. Darunter befanden sich 139,795 Evangelische, 6174 Katholiken
und 4155 Juden. Industrie und Handel sind sehr bedeutend. Als besonders hervorragend kann namentlich die
Eisenindustrie (Guß und Maschinenbau) bezeichnet werden.
Sonstige Erwerbszweige sind: Garn- und Zwirnspinnerei, Fabrikation von Manufakturwaren, Tuch, Konfektionsgegenständen, Leinwand,
Shoddy, Tabak und Zigarren, Dachpappe, Tapeten, Chemikalien, Knochenmehl, Mineralwasser, Essig, Spiritus, Pianinos, Marzipan etc., Dampf-
und Ölmüllerei, Bierbrauerei, Weißgerberei, Kalkbrennerei, Buchdruckerei. Eigentümlich ist für Königsberg neben Danzig die
Bernsteinindustrie. Für Gewinnung des Materials waren 1885 im ganzen 1650 Personen thätig.
Der Ertrag stellte sich durch Dampfbaggerei (Schwarzort) auf 670, durch Bergwerksbetrieb (Palmnicken und Kraxtepellen) auf
1030, durch Taucherei, Stechen, Schöpfen und Lesen auf 85 Doppelzentner. Der Handel, begünstigt durch Eisenbahnverbindungen,
namentlich aber durch die Lage Königsbergs an einem schiffbaren Fluß, dessen Mündung durch das Frische Haff
vor den Meeresfluten gesichert ist, hat der Stadt eine bedeutende Stelle unter den Handelsplätzen des Nordens verschafft.
Der äußere Hafen von Königsberg befindet sich in Pillau. Viele Schiffe müssen hier leichtern, da das Haff nur durch Baggerungen Tiefgang
erhält, viele werden in Pillau selbst umgeladen. Eine Besserung dieser den Verkehr erschwerenden Kalamität
steht durch Anlage
mehr
einer 6 m tiefen Haffrinne in Aussicht. Es sind nicht allein die Erzeugnisse des Landes: Getreide, Hülsenfrüchte, Flachs, Hanf,
Holz, Holzwaren, Pferde, Vieh, Chemikalien, Artikel der Textilindustrie etc., sondern auch eingeführte Produkte, die eine in stetem
Steigen begriffene Handelsprosperität nachweisen. Namentlich ist Königsberg Hauptstapelplatz des gesamten kontinentalen
Theehandels. Für den Handel mit Getreide zählt es zu den größten Exportplätzen. Es betrug der Wert der
Einfuhr 1886: 179 Mill. Mk., darunter an über See bezogenen Waren 69,5 Mill. Mk. Der Wert der Ausfuhr betrug 150,5 Mill. Mk.,
davon für über See ausgeführte Artikel 62,8 Mill. Mk. 1885 belief sich der gesamte
Seeverkehr auf 3412 Schiffe. Es kamen an: mit Ladung 1180 Schiffe zu 300,764 Registertons, in Ballast oder leer 485 Schiffe zu
115,357 Registertons. Es gingen ab: mit Ladung 1709 Schiffe zu 427,453 Registertons, in Ballast oder leer 38 Schiffe zu 13,490
Registertons. An Handels- und Verkehrsanstalten besitzt Königsberg eine Hauptstelle der Reichsbank (Umsatz 1886: 1014 Mill.
Mk.), die Königsberger Vereinsbank (Umsatz 1886: 512 Mill. Mk.), eine Ostpreußische landschaftliche Darlehnskasse (Umsatz 1886: 327 Mill.
Mk.), eine Ländliche Genossenschaftsbank, eine Genossenschaftliche Grundkreditbank, eine Rentenbank, eine Provinzialfeuersocietät
etc., ein Vorsteheramt der Kaufmannschaft, eine Börse, einen Gewerberat, eine Reedereigesellschaft, eine Dampfschiffahrtsgesellschaft
und eine Schiffswerfte. Den Verkehr in der Stadt vermittelt eine Pferdeeisenbahn.
Unter den Bildungsanstalten nimmt die Universität (Collegium Albertinum) die erste Stelle ein. Dieselbe wurde vom Herzog Albrecht
I. von Preußen als eine »echt lutherische« 1544 gegründet und erfreut sich
mit den Anstalten, die zu ihr gehören, der 1811 von Bessel errichteten Sternwarte, dem 1819 von Karl v.
Baer gegründeten zoologischen Museum und dem 1809 von Schweigger angelegten botanischen Garten, 9 Kliniken, die jetzt als Muster
dastehen, Laboratorien und Seminaren sowie zum Teil bedeutenden Sammlungen, besonders der über 220,000 Bände zählenden Bibliothek
(neben welcher die Stadtbibliothek nur für Spezialitäten in Betracht kommt), einer immer gediegener sich
gestaltenden Ausstattung.
In der Aula befinden sich Fresken von Rosenfelder, Gräf, Piotrowski u. a. Die Zahl der Studierenden betrug im Wintersemester
1886/87: 815. (Vgl. Witt, Die dritte Jubelfeier der Albertus-Universität zu Königsberg, Königsb. 1844.) An andern Schulanstalten
hat Königsberg 4 Gymnasien, ein Progymnasium, 2 Realgymnasien, eine höhere Bürgerschule, 2 Taubstummen- und eine
Blindenanstalt. Hierzu kommen für besondere Bildungszwecke eine Anzahl von Instituten, darunter die Handelsschule, die Provinzialkunstschule
und die Malerakademie mit dem Stadtmuseum (etwa 270 Gemälde der neuern und neuesten Zeit enthaltend), eine Musikschule, die
archäologische Sammlung der Prussia, die geologischen der Physikalisch-Ökonomischen Gesellschaft etc. An Wohlthätigkeitsanstalten
sind besonders zu nennen: das große städtische Krankenhaus, das von einem Verein geleitete Krankenhaus
der Barmherzigkeit, das königliche Waisenhaus (1701 gestiftet), das große königliche Hospital und eine sehr große Zahl
von Wohlthätigkeitsvereinen aller Art. Königsberg zählt 20 Magistratsmitglieder und 102 Stadtverordnete und ist Sitz des Oberpräsidiums
der Provinz Ostpreußen, des Konsistoriums, eines Generalsuperintendenten, des Provinzialschul- und Medizinalkollegiums,
des Provinzialarchivs, der Provinzialsteuerdirektion, einer Oberpostdirektion, der Landesdirektion für Ostpreußen, eines
Oberlandes- und eines Landgerichts, einer Regierung,
eines Landratsamtes, verschiedener Konsulate etc. Von militärischen Behörden
befinden sich hier: das Kommando und der Stab des 1. Armeekorps, der 1. Infanterie- und 1. Kavalleriedivision, der 1. und 2. Infanterie-, 1. Kavallerie-
und 1. Feldartilleriebrigade. Die drei hier erscheinenden Zeitungen sind die »Hartungsche Zeitung«, die »Ostpreußische Zeitung«
und die »Königsberger Allgemeine Zeitung«. Zum Landgerichtsbezirk Königsberg zählen die acht Amtsgerichte zu Allenburg, Fischhausen,
Königsberg, Labiau, Mehlauken, Pillau, Tapiau und Wehlau.
[Geschichte.]
Königsberg (Altstadt), dessen Burg vom Deutschen Orden 1255 zum Schutz gegen die heidnischen Samländer
und zwar auf den Rat des böhmischen Königs Ottokar erbaut ist, wurde 1256 in der Gegend des heutigen Steindammes angelegt,
nach der Zerstörung durch die Preußen 1263 in dem Thal unterhalb des Schloßbergs bis an den Pregel wieder aufgebaut und erhielt 1286 Stadtrecht.
Der Stadtteil Löbenicht wurde 1300, die Insel Kneiphof 1327 mit Stadtrecht begabt. Von 1457 an war Königsberg die
Residenz der Hochmeister, 1525-1618 der Herzöge Preußens; deshalb führt es auch noch den Titel »Haupt- und Residenzstadt«.
Von 1626 datiert die Befestigung der Stadt durch Wälle und Gräben; seit 1843 ist Königsberg zu einer Festung ersten
Ranges umgeschaffen (s. oben). In Königsberg wurde ein Vertrag zwischen Schweden und Brandenburg geschlossen, durch welchen
dieses für Preußen die schwedische Lehnshoheit statt der polnischen anerkannte und Ermeland zu Lehen erhielt. 1758 ward Königsberg von
den Russen, 1807 von den Franzosen besetzt. König Friedrich Wilhelm I. vereinigte 1724 die drei Städte zu
Einer, fortan gab es nur Einen Magistrat und Ein Stadtgericht.
Vgl. Faber, Die Haupt- und Residenzstadt in Preußen (Königsb.
1840);
Rosenkranz, Königsberger Skizzen (das. 1842);
Schubert, Zur 600jährigen Jubelfeier Königsbergs (das. 1855);
Frischbier,
Die Zünfte der Königsberger Junker und Bürger im Kneiphof (das. 1880).
Der Regierungsbezirk Königsberg (s. Karte »Ost- und
[* ] Westpreußen«) hat einen Flächeninhalt von 21,107 qkm (383,31 QM.)
mit (1885) 1,171,116 Einw. (1880: 1,155,545 Einw.),
darunter 910,235 Evangelische, 243,153 Katholiken und 10,586 Juden, und besteht aus 20 Kreisen:
Kreise
QKilometer
QMeilen
Einwohner 1885
Auf 1 QKil.
Allenstein
1357
24.65
68973
51
Braunsberg
946
17.18
53469
55
Preußisch-Eylau
1232
22.38
55828
45
Fischhausen
1061
19.27
52243
49
Friedland
880
15.98
45553
52
Gerdauen
848
15.40
37298
44
Heiligenbeil
908
16.49
46332
51
Heilsberg
1096
19.91
55495
51
Preußisch-Holland
859
15.60
44142
51
Königsberg (Stadt)
20
0.36
151151
-
Königsberg (Land)
1051
19.09
53972
51
Labiau
1064
19.32
53150
50
Memel
841
15.27
58551
70
Mohrungen
1265
22.98
55869
44
Neidenburg
1632
29.61
57001
35
Ortelsburg
1708
31.02
69040
40
Osterode
1551
28.17
67694
44
Rastenburg
874
15.87
45132
52
Rössel
852
15.47
50167
59
Wehlau
1062
19.29
50056
47
mehr
2) in der Neumark, Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Frankfurt, ehemals Hauptort der Neumark, an der Röhrike und der Linie
Breslau-Stettin der Preußischen Staatsbahn, 19 m ü. M., hat eine gotische
Kirche aus dem 13. Jahrh., ein gotisches Rathaus, ein Gymnasium, ein Schullehrerseminar, eine Präparandenanstalt, 2 Hospitäler,
ein Amtsgericht, ein Warendepot der Reichsbank, Filzwaren- und Peitschenfabrikation und (1885) 5958 meist
evang. Einwohner. - 3) in Franken, Stadt im Herzogtum Koburg (Exklave im bayr. Regierungsbezirk Unterfranken), hat 2 Kirchen,
eine Burgruine mit schöner Aussicht, ein Amtsgericht, eine Maskenfabrik, Wein- und vortrefflichen Obstbau und (1885) 924 evang.
Einwohner. Königsberg ist Geburtsort des Astronomen Johann Müller, genannt Regiomontanus, dem daselbst ein Denkmal
gesetzt ist. - 4) Stadt in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Falkenau, an der Eger und der Prag-Egerer Eisenbahn, hat eine schöne
Pfarrkirche, Reste einer 1634 von den Schweden zerstörten Burg, Baumwollweberei, Alizarinfabrikation, Kunsttischlerei, Braunkohlenbergbau,
Viehmärkte, eine Tischlerschule und (1880) 4041 Einw. Nahe dabei die Baumwollspinnerei und -Weberei Liebauthal.
- 5) (tschech. Klimkovice) Stadt in Österreichisch-Schlesien, Bezirkshauptmannschaft
Troppau, mit Schloß, (1880) 1366 Einw., Samtband- und Likörfabrikation und
Bezirksgericht. - 6) (ungar. Ujbánya) Bergstadt im ungar.
Komitat Bars, zwischen kahlen Bergen, unweit der Gran, mit 2 kath. Kirchen, (1881) 4190 Einw. (Slawen und Ungarn), ehemals
ergiebigem Bergbau auf Gold, Silber und Kupfer, einer Mühlstein- und Glasfabrik und einer Gewerbeschule.