erhob die Akademie zu Bonn zur Universität und hielt seine Gerechtsame dem Papst gegenüber mit Energie aufrecht. Er mußte indessen
infolge der französischen Revolution schon 1794 das Erzstift verlassen. und starb Um die Existenz des Erzstifts
zu retten, wählte das Domkapitel zwar den Erzherzog Amadeus Viktor zu seinem Nachfolger; allein durch den
Lüneviller Frieden 1801 wurde jenes säkularisiert, und der Teil auf dem linken Rheinufer fiel an Frankreich, während die
auf dem rechten Rheinufer gelegenen Reste, mit Ausnahme der Ämter Altenwied und Neuenburg,
welche der Fürst von Wied-Runkel erhielt,
an Nassau-Usingen fielen. Das Herzogtum Westfalen kam an Hessen-Darmstadt und die Grafschaft Recklinghausen
an den Herzog von Arenberg, 1811 an den Großherzog von Berg. Die am linken Rheinufer gelegenen zum Erzstift gehörenden Pfarreien
wurden dem Bistum Aachen, die auf dem rechten den Generalvikaren in Deutz und Arnsberg unterstellt.
Im ersten Pariser Frieden 1814 mußte Frankreich auch den bisher französischen Anteil des Erzstifts Köln zurückgeben;
derselbe ward Preußen zugeteilt, desgleichen die auf dem rechten Rheinufer gelegenen Reste des Erzbistums, welche Nassau besessen
hatte, die Grafschaft Recklinghausen und das Herzogtum Westfalen. Bei der neuen Organisation des Erzstifts auf Grund der päpstlichen
Bulle »De salute animarum« 1821 wurden die Bestandteile des wieder aufgehobenen Bistums Aachen sowie die an
Preußen gefallenen Diözesen Lüttich und Roermonde und die früher zum Sprengel von Köln gehörigen Kirchen, außer Recklinghausen,
Westfalen etc., zu dem neuen Erzstift geschlagen und demselben die Bistümer Trier, Münster und Paderborn unterstellt sowie der
Freiherr Joseph Anton, Graf Spiegel zum Desenberg und Canstein, im Dezember 1824 zum Erzbischof von Köln ernannt
und im Juni 1825 als solcher eingesetzt, ein wissenschaftlich gebildeter und freisinniger Mann, der viel für Einleitung eines
bessern Einvernehmens zwischen den Katholiken und Protestanten in seinem Sprengel, Hebung des Schulwesens und Forderung der Künste
und Wissenschaften that.
Ihm folgte 1835 Klemens August, Freiherr v. Droste zu Vischering (s. d.), vorher Weihbischof zu Münster, in
mehrfacher Hinsicht das Gegenstück zu seinem Vorgänger. Der Streit über gemischte Ehen (Kölnischer Kirchenstreit) gab dem
Staat Veranlassung einzuschreiten und endigte 1837 mit der Amtssuspension des Erzbischofs. Das Erzbistum ward nun vom Domkapitel
mittels eines Verwesers und Kapitelvikars, Hüsgen, verwaltet, dem auch im Mai 1838 die päpstliche Sanktion
erteilt ward.
Später (1841) wurde mit Zustimmung des Erzbischofs Droste zu Vischering der Bischof Johannes v. Geissel (s. d.) zu Speier zum Koadjutor
cum jure succedendi ernannt, der 1842 sein Amt antrat, ein ruhiges Verhalten beobachtete und nach seines Vorgängers
Tod demselben in der Würde als Erzbischof von Köln folgte. Ihm folgte 1864 der Bischof von Osnabrück, Paul Melchers (s. d.),
der auf dem vatikanischen Konzil eine traurige Rolle spielte und sich nicht scheute, nach seiner Rückkehr die Geistlichen zur
Unterwerfung unter eine Lehre zu zwingen, die er in Rom selbst bekämpft hatte.
Ein Märtyrer eigner Art, verließ er ohne jede Veranlassung im Herbst 1875 seine Diözese und wurde durch den Gerichtshof
für kirchliche Angelegenheiten abgesetzt. Nachdem er zum Kardinal erhoben
worden, verzichtete er auf sein erzbischöfliches
Amt, und im Einverständnis mit der preußischen Regierung ernannte der Papst 1885 den Bischof Krementz zum
Erzbischof von Köln.
Vgl. Binterim und Mooren, Die alte und neue Erzdiözese Köln (Mainz 1828-31, 4 Tle.);
Mering, Die Bischöfe und
Erzbischöfe von Köln (Köln 1842-44, 2 Bde.);
Ennen, Geschichte der Reformation in der Erzdiözese Köln (das. 1849);
Derselbe,
Frankreich und der Niederrhein oder Geschichte von Stadt und Kurstaat Köln seit dem Dreißigjährigen Krieg
bis zur französischen Okkupation (das. 1855, 2 Bde.);
Podesta, Sammlung der Verordnungen etc. seit der Wiederherstellung des Erzbistums Köln (das.
1851);
Walter, Das alte Erzstift und die Reichsstadt Köln Entwickelung ihrer Verfassung vom 15. Jahrhundert bis zu ihrem
Untergang (Bonn 1866);
Hennes, Der Kampf um das Erzstift Köln zur Zeit des Kurfürsten Gebhard Truchseß (das. 1878);
Podlech, Geschichte
der Erzdiözese Köln (Mainz 1879);
Maurenbrecher, Die preußische Kirchenpolitik und der Kölner Kirchenstreit (Stuttg. 1881).
[* ] (Cöln, Köln am Rhein, franz. Cologne; hierzu der Stadtplan und zwei Tafeln »Dom zu Köln«),
Hauptstadt
des gleichnamigen Regierungsbezirks (s. unten) und Festung in der preußischen Rheinprovinz, ehedem mächtige freie Reichs-
und Hansestadt sowie Sitz einer Universität und einer berühmten Malerschule, jetzt einer der reichsten und blühendsten Industrie-
und Handelsplätze des Deutschen Reichs, liegt in Form eines gewaltigen Halbkreises unmittelbar am linken Ufer des
Rheins, 44,7 m ü. M. Die Stadt war bis vor kurzem
landwärts von einer aus dem 12. und 13. Jahrh. herrührenden Mauer (mit acht Thoren) eingeschlossen, welche jede räumliche
Erweiterung verhinderte. Es ist deshalb für Kölns Zukunft von hervorragender Bedeutung, daß 1881 durch einen Vertrag mit
der Reichsregierung die alten Festungswerke für 11 4/5 Mill. Mk. von der Stadt
erworben wurden; dadurch wurde das früher nur 397 Hektar betragende Areal um 122½ Hektar erweitert und stieg inkl. der sich
anschließenden Privatterrains auf 849 Hektar.
In den Jahren 1881-85 wurden die alten Festungswerke abgetragen u. auf dem neugewonnenen Terrain Straßen angelegt, in welchen
bis 1886 über 800 Neubauten entstanden. Über den Rhein nach dem gegenüberliegenden Deutz führen eine Schiff- und eine feste
eiserne Brücke, letztere 1855-59 nach dem Entwurf des Wasserbauinspektors Wallbaum mit einem Kostenaufwand von ca. 12 Mill.
Mk. erbaut, von 6 Türmen flankiert u. auf der Deutzer Seite mit dem Standbild des Königs Wilhelm (von Drake),
auf der Kölner mit dem Friedrich Wilhelms IV. (von Bläser) geschmückt (die alte Schiffbrücke ward 1822 an Stelle der seit 1674 bestehenden
fliegenden Brücke errichtet). Unter den Plätzen der Stadt sind der Alte und der Heumarkt, der Appellhof- und der Wallrafplatz,
der Georgsplatz, Gereonhof und besonders der mit vierfacher Baumreihe besetzte Neumarkt hervorzuheben;
unter den Straßen die Severinsstraße, Hochstraße (Mittelpunkt des Geschäftslebens), die Marzellen-, Eigelstein-, Bayen- und
Gereonstraße.
[Kirchliche Bauwerke.]
Köln ist an prächtigen romanischen Kirchen reicher als jede andre Stadt der Welt. Von ihnen sind folgende
hervorzuheben: Santa Maria in Capitolio, 1049 vom Papst Leo IX. eingeweiht;
eine Pfeilerbasilika, verbunden
mit einem weit gedehnten Chorbau, in welchem byzantinisie-
Begonnen 1248 von Gerhard, fortgef. 1295 von Arnold, 1822 von Ahlert u. 1833 von Zwiener. 1880 vollendet.
1509-1822 vollständige Bauruhe.
3 Innenansicht.
4 Senkrechter Querschnitt mit Ansicht der Strebepfeiler
u. Strebebogen.
5 Wimperge.
6 Pfeiler.
7 Grundriss eines Pfeilers.
8 Strebebogen u. Strebepfeiler mit Fiale.
9 Krabbe.
10 Kreuzblume.
11-16 Gotische Bogenformen.
Zum Artikel »Köln«.
mehr
rende Reminiszenzen zu einem neuen, höchst eigentümlichen Ganzen entwickelt sind. Die Kirche ist mit Ausnahme des ursprünglichen
westlichen Einganges und der Türme in der jüngsten Zeit stilgerecht restauriert und im Innern mit Wandgemälden nach Vorbildern
der romanischen Kunstepoche geschmückt worden. Die alte Kirche von St. Gereon, angeblich von der heil.
Helena gegründet, erfuhr einen völligen Umbau durch den Erzbischof Anno. Das alte Dekagon wurde im 13. Jahrh. niedergelegt
und durch das jetzige Schiff, ein längliches Zehneck, ersetzt; Spuren des römischen Baues sind noch an den untern Teilen des
Dekagons zu sehen.
Dieser prächtige Kuppelbau, 16,9 m breit und 18,2 m
lang, wurde 1219 begonnen und 1227 vollendet. Die St. Cäcilienkirche stammt in ihren ältesten Teilen aus dem 10. Jahrh.
Im W. derselben befindet sich eine auf vier Pfeilerreihen ruhende Empore; westlich neben dieser liegt die Krypte, welche für
einen Rest der von Maternus erbauten Bischofskirche, sicher mit Unrecht, ausgegeben wird. Die St. Pantaleonskirche
(jetzt Garnisonkirche) datiert mit ihren Fundamenten von 964. Im J. 980 geweiht, wurde sie im Anfang des 13. Jahrh. umgebaut.
Im 17. Jahrh. wurde das Mittelschiff der ursprünglich flach gedeckten Pfeilerbasilika neu
eingewölbt und bei dieser Gelegenheit das Chor in spätgotischem Stil umgebaut; der obere Teil des Hauptturms
ist mit einer Galerie umgeben; er diente zu Anfang dieses Jahrhunderts dem optischen Telegraphen, jetzt der Militärbrieftaubenstation.
St. Martin, früher auf einer Rheininsel gelegen, wurde 1172 vom Erzbischof Philipp eingeweiht und hat im Innern unter allen
kölnischen Kirchen die sorgfältigste stilgerechte Ausstattung. Der gewaltige Ostbau mit dem majestätischen Turm
wurde erst im Anfang des 13. Jahrh. errichtet. St. Andreas zeigt in seinen einzelnen Bauteilen eine Zusammenstellung der verschiedenen
Stilarten, welche die Hauptperioden der kirchlichen Baukunst charakterisieren. St. Georg wurde vom Erzbischof Anno II. erbaut
und 1067 eingeweiht.
Ursprünglich eine schlichte Säulenbasilika mit einer Krypte auf acht Säulen, ganz denen des Oberbaues
entsprechend, wurde sie im 12. Jahrh. eingewölbt. Die Vorballen stammen aus dem Jahr 1536 St.
Severin wurde unter Erzbischof Bruno I. begonnen, im 11. Jahrh. aber gänzlich umgestaltet. Einen neuen Umbau nahm man in den
30er Jahren des 13. Jahrh. vor; der Turm wurde von 1393 bis 1411 errichtet. St. Kunibert, 1247 durch Erzbischof
Konrad unter Assistenz Alberts d. Gr. eingeweiht, ist eine gewölbte Basilika mit zwei Querschiffen. Die Apostelkirche wurde
von Erzbischof Heribert 1021 an Stelle einer ältern Kapelle begonnen und von Pilgrim gegen 1030 vollendet. Nach wiederholtem
Brandunglück fand gegen Ende des 12. Jahrh. ein Neubau statt. Die Kirche St. Ursula wurde nach der normännischen
Invasion neu aufgebaut; bedeutende Umgestaltungen erfuhr sie im 12. Jahrh., die Wölbung
stammt aus gotischer Zeit.
Von den Kirchen der gotischen Zeit ist vor allen andern der Dom zu nennen (s. beifolgende Tafeln »Dom zu Köln I, II«). Schon
Engelbert der Heilige hatte den Plan gefaßt, an der Stelle der alten romanischen Kathedrale einen Neubau
aufzuführen, welcher der Bedeutung der Kölner Kirche und dem Ruf der im alten Dom aufbewahrten Reliquienschätze entspreche.
Dieser Gedanke sollte unter Konrad von Hochstaden zur Ausführung gebracht werden. 1247 lag der Plan zur Errichtung einer völlig
neuen Domkirche vor.
Der Grundstein zu derselben
wurde gelegt. Während man aber am Chor der neuen Kirche rüstig arbeitete, wurde der
zureichend restaurierte alte Dom zum Kapitelsgottesdienst weiter benutzt. Als der geniale Schöpfer des großartigsten Wunderwerkes
gotischer Baukunst wird vielleicht der Dombaumeister Gerhard, welchem das Domkapitel 1257 eine Baustelle
an der Marzellenstraße überließ, angesehen werden dürfen. Nur langsam schritt der Bau des Chors fort.
Kollektengelder, Opfer, Zinsen, Vermächtnisse, die Einkünfte suspendierter Benefiziaten, versessene Präsenzgelder boten den
Provisoren der Baukasse die Mittel, die ungeheuren Kosten des gewaltigen Werkes zu bestreiten. Die Bausteine wurden vom Drachenfels
bezogen. Schon 1297 konnte Gottesdienst in den Kapellen um das Hochchor gehalten werden, während man noch
mit dem Bau des Chors selbst beschäftigt war. Nach W. erhielt das Chor durch eine starke, bis in die höchste Spitze reichende
Mauer einen provisorischen Abschluß. 1322 waren die Seitenkapellen vollendet, die feierliche Einweihung fand 27. Sept. durch
den Erzbischof Heinrich von Virneburg statt.
Die Baumeister, die beim Dombau thätig gewesen, sind: Gerhard von Rile (auch von Ketwich genannt), Meister Arnold, dann dessen
Sohn Johann, welcher 1330 starb, nach diesem Meister Rütger, nach ihm Meister Michael;
darauf Meister Andreas von Everdingen, der
noch 1412 als »Werkmeister in dem Doyme« erscheint,
Nikolaus von Buren (gest. 1446), Meister Konrad Kuyn, endlich Johann von Frankenberg.
Gleich nach der Einweihung des Chors schritt
man zur Fundamentierung des nördlichen Kreuzschiffs, 1325 zu der des südlichen. Die alte Kirche wurde in ihren einzelnen
Teilen nach Maßgabe des Fortschreitens des Neubaues niedergelegt. 1447 war der südliche Turm so hoch
aufgeführt, daß er die Glocken, von denen die größte 125 Doppelzentner wog, aufnehmen konnte. Neben diesen alten Glocken
ist neuerlich die aus eroberten französischen Kanonen gegossene neue »Kaiserglocke« im Gewicht von 250 Doppelzentnern aufgehängt,
jedoch erst kirchlich geweiht worden.
Vom Hauptbau des eigentlichen Kirchenschiffs war 1388 ein Teil so weit vorgeschritten, daß derselbe
mit Altären versehen und für den Gottesdienst eingerichtet werden konnte; der Fortbau wurde aber mit immer schwächern Kräften
betrieben. Am Ende des 15. Jahrh. gab man jede Hoffnung auf, die Kirche nach dem ursprünglichen Plan vollenden zu können;
Langschiff und Seitenhallen wurden durch ein provisorisches Dach geschlossen. Die vier ersten Kompartimente
des nördlichen Seitenschiffs wurden 1508 eingewölbt, um die für dieses Schiff bestimmten großen Glasgemälde aufnehmen
zu können. 1796 ward der Dom von den Franzosen zu einem Frucht- und Furagemagazin erniedrigt, dann 1801 zur Pfarrkirche für
denjenigen Stadtbezirk erklärt, der früher größtenteils zu St. Paulus, St. Maria im Pesch, St. Johann
und St. Lorenz gehört hatte.
Das Gebäude geriet immer mehr in Verfall und drohte völligen Einsturz, wenn nicht auf eine gründliche Reparatur Bedacht
genommen wurde. Da gelang es Sulpice Boisserée und Joseph v. Görres, den Kronprinzen von Preußen und das
deutsche Volk für den Plan einer Restauration des Doms zu begeistern. Auf Betreiben des Kronprinzen beauftragte Friedrich Wilhelm
III. den Oberbaurat Schinkel, den baulichen Zustand des Doms an Ort und Stelle zu untersuchen, und auf Grund von dessen Gutachten
und Vorstellungen befahl der König, daß »das Vorhandene erhalten
mehr
werden solle«. Aber erst 1823 wurden die Restaurationsarbeiten unter Leitung des Bauinspektors
Ahlert begonnen, anfangs schwach, seit 1825 mit erhöhter Kraft. Nach Ahlerts Tod wurde 1833 der Landbaumeister Zwirner mit
der Leitung der Domarbeiten betraut. Es gelang ihm, eine Bauhütte zu gründen, die sich bald des besten Rufs erfreute, und
in der Kräfte gebildet wurden, welche, wie V. Statz, Fr. Schmidt und Fr. Schmitz, zu den gefeiertsten Meistern der gotischen Baukunst
gehören.
Zwirner schwang sich zuerst zu dem Gedanken auf, den Dom ganz auszubauen. Nach seinem Anschlag sollten sich die Kosten auf 1,200,000
Thlr. belaufen; sein Plan ließ aber allen ornamentalen Schmuck und die Gewölbe außer Rücksicht. In Köln wurde 1840 der
Gedanke angeregt, durch Gründung eines Dombauvereins der allgemein Begeisterung für die große Sache einen kräftigen Halt
zugeben, und wurde das Statut dieses Vereins von Friedrich Wilhelm. IV. genehmigt. Am wurde der Grundstein
zum Fortbau gelegt und nun jährlich eine Summe von etwa 300,000 Mk. auf denselben verwandt.
Reichlichere Mittel verschaffte seit 1863 die wiederholt erneuerte Dombaulotterie, und konnte endlich in Gegenwart
des Kaisers Wilhelm und vieler deutscher Fürsten die Vollendung des großen Werkes mit großer Pracht begangen werden. Die
Grundform des Doms ist die des Kreuzes. Die Langkirche hat fünf Schiffe, das Querhaus drei. Von den Schiffen des Langhauses finden
die beiden äußersten beim Beginn des Chorhauptes ihr Ende; statt ihrer Fortsetzung zieht sich um dieses Chorhaupt ein Kranz
von sieben polygonalen Kapellen, während die beiden mittlern Seitenschiffe sich als Umgang um das Hauptchor
fortsetzen.
Die Hauptfronte wird durch die beiden westlich sich an die Seitenschiffe anlehnenden kolossalen viereckigen, vom vierten
Stockwerk an achteckigen Türme mit dem zwischen ihnen sich entwickelnden Hauptportal und dem darüber aufsteigenden Mittelfenster
gebildet. Das südliche Turmportal ist schon seit dem 15. Jahrh. mit einem
Teil seiner Skulpturen versehen. Diese Figuren, in edlem Stil gehalten, verraten, was Gedanken wie Ausführung betrifft, eine
hohe künstlerische Bildung ihres Meisters; wahrscheinlich sind sie ein Werk des Meisters Konrad Kuyn.
Vgl. Boisserée, Geschichte
und Beschreibung des Doms zu Köln (2. Aufl., Stuttg. 1842);
Schmitz, Der Dom zu Köln, seine Konstruktion und Ausstattung
(150 Tafeln, mit historischem Text von Ennen, Köln 1868-1877);
Bock; Der Kunst- und Reliquienschatz des Kölner Doms (das. 1870);
Wiethase, Der Dom zu Köln (40 Lichtdrucktafeln mit Text, Frankf. 1884 ff.).
Ein andrer hervorragender gotischer Bau ist die Minoritenkirche, eine Basilika mit schmalen Seitenschiffen und einem einschiffigen
Chor ohne Querschiffe, neuerdings durch die Freigebigkeit des Kaufmanns J. H. ^[Johann Heinrich] Richartz restauriert. Erwähnung
verdienen auch die Ratskapelle, ein kleiner gotischer Bau von 1426, mit einem äußerst zierlichen, bleigedeckten Dachreiter
und einer 1474 angebauten, durch das frei stehend gearbeitete Maßwerk ihres schönen Gewölbes ausgezeichneten Sakristei, und
die prächtige neue Mauritiuskirche, die 1861-65 nach dem Plan von V. Statz aufgeführt ward und 51,15
m lang, 36,4 m breit, im Mittelschiff 21,97 m hoch ist, mit einem
Turm von 72,18 m Höhe.
Die Jesuitenkirche, ein vortreffliches Muster der gotisierenden Jesuitenrenaissance, wurde 1618 begonnen und 1629 vollendet.
Das prächtige Gewölbe, die kühne Bogenspannung des Mittelschiffs und
die mächtigen Säulen machen einen
überwältigenden Eindruck. Die Evangelischen besitzen zwei Kirchen, die eine war ehemals Klosterkirche der Antoniter, die andre
ist die 1857-59 neu erbaute Trinitatiskirche. Endlich verdient noch die Synagoge in der Glockengasse, ein von Zwirner ausgeführter
Bau in maurischem Stil, erwähnt zu werden.
Fast alle Kölner Kirchen sind, obgleich in den Stürmen der Revolutionszeit vieles verloren gegangen ist, noch jetzt außerordentlich
reich an Kunstschätzen. Der Dom birgt die romanische Prachttumba der heiligen drei Könige, ein Meisterwerk kölnischer Goldschmiedearbeit
des 12. Jahrh., den Sarkophag des heil. Engelbert, prächtige Vortragekreuze und Monstranzen. Beachtenswert sind
dort auch die Bischofsgräber im Chor. Sehr reich ist die Schatzkammer von St. Ursula. In St. Maria in der Schnurgasse, einer
ehemaligen Karmeliterinnenkirche, befinden sich die Reliquien der Heiligen Albinus und Maurinus. Vieles aus untergegangenen
Kirchen ist in das Museum Wallraf-Richartz und in das erzbischöfliche Museum gerettet worden.
[Profanbanten.]
Von hervorragenden alten Profanbauten sind zu nennen: Das Tempelhaus, der Familiensitz
der Overstolzen in der Rheingasse, ein prächtiger romanischer Bau aus dem 12. oder 13. Jahrh., der im Erdgeschoß rundbogige,
im zweiten Geschoß kleebogige, im dritten rundbogige Fenster, im Staffelgiebel teils rundbogig, teils staffelförmig überdeckte
Blenden hat. 1836 wurde dasselbe von der Stadt erworben und restauriert. Romanische Baureste finden sich
noch an einem Haus in der Georgstraße sowie an Gebäuden auf dem Alten Markt, im Filzengraben, auf dem Gereonsdriesch, am
Einfahrtsthor zum Haus Wolkenburg, am alten Kamperhof, am Eingangsthor des alten Waisenhauses.
Von den gotischen Profanbauten nimmt den ersten Platz das Rathaus ein. Sein ältester Teil, der hinter
dem Portal gelegene Mittelbau mit dem schön restaurierten Hansasaal, stammt aus dem Anfang des 15. Jahrh.
Der nördlich vom Hansasaal liegende prächtige fünfstöckige Turm wurde 1407-14 erbaut; 1540 wurde der südöstlich an den
Turm anstoßende Löwenhof vom Steinmetzmeister Lorenz in dem eben aus Italien nach Deutschland gekommenen
Stil der Renaissance »auf antik« ausgeführt.
Der nach dem Alten Markt hin gelegene Teil wurde 1549-50 erbaut. Der Hauptteil dieses Marktbaues, der unter dem Namen »Muschel«
bekannte Saal, ist ein Werk von 1761. Die Gobelins, womit derselbe geschmückt ist, sind nach Zeichnungen von Wouwerman durch
D. Vos ausgeführt und wurden vom Rat aus dem Nachlaß des Kurfürsten Clemens August angekauft. Die Fassade
des Marktbaues wurde 1591 vollständig umgebaut und in der Weise ausgeführt, wie sich dieselbe bis zu ihrer Abtragung 1870 erhalten
hat.
Die neue, im Stil der Alten gehaltene Fassade ist von Jul. Raschdorff entworfen. Der zierlichste Bauteil
des Rathauses ist das in der edelsten Renaissance ausgeführte Portal, die prachtvollste von allen derartigen Rathauslauben
der Renaissancezeit (durch den Bildhauer Wilhelm Vernickel 1569-71 aufgeführt). Dem Rathausturm gegenüber liegt der 1887 wiederhergestellte
sogen. Spanische Bau, ein Werk des 17. Jahrh., mit schöner Halle und kühnem Giebel. Der Bau des bekannten
Gürzenich wurde 1441 begonnen, um als Festsaal zu dienen; der untere Raum wurde zu einem öffentlichen Kauf- u. Lagerhaus hergerichtet
und das erste großartige Fest daselbst 1475 zu Ehren des Kaisers Friedrich III. gefeiert. Im 17. und 18. Jahrh. geriet der große
Saal
mehr
allmählich in Verfall, und erst in neuerer Zeit wurde er seiner ursprünglichen Bestimmung zurückgegeben. In den Jahren 1855-57
baute ihn Jul. Raschdorff völlig um. Der Hauptsaal hat 54,61 m Länge und 23,85 m Breite und ist auf der nördlichen Langwand
geschmückt mit Darstellungen aus dem historischen Festzug bei Vollendung des Doms. Das unter dem Hauptsaal
liegende Lagerhaus wurde 1875 vom Stadtbaumeister Weyer zu einer prachtvollen Börsenhalle umgebaut. Das an der Wollküche
gelegene alte Patrizierhaus Wolkenburg stammt aus dem 15. Jahrh. und zeichnet sich durch seine
schöne Gotik aus; es wurde 1874 stilgerecht restauriert und ist jetzt Eigentum des weithin bekannten
Kölner Männergesangvereins. Zu diesen hervorragenden Gebäuden aus älterer Zeit gesellt sich eine Reihe erst in unsern Tagen
entstandener palastähnlicher Wohn- und Geschäftshäuser, von denen wir folgende anführen: das Haus des Freiherrn Ed. v. Oppenheim,
das Geschäftshaus der Colonia und der Schaaffhausensche Bankverein unter Sachsenhausen, das Scheebensche Haus gegenüber dem
Domportal, das Waltersche Haus an der Stockgassenecke, das Deichmannsche Haus in der Trankgasse, die Häuser
der Herren Mevissen und Königs in der Zeughausstraße, das v. Mummsche Haus und das Haus von Statz auf der Apernstraße, das
Mülhenssche und das Liebmannsche Haus in der Glockengasse, das Steinmannsche Haus auf dem Neumarkt, das
Erbensche Haus in der Landsberger Straße, die Gewerbebank am Theater u. a. Von öffentlichen Bauten sind neben einer Reihe von
geräumigen, luftigen Elementarschulhäusern entstanden: das Regierungsgebäude, das neue Justizgebäude an Stelle des Appellhofs,
das Arresthaus, die ehemalige Jesuitenbibliothek, die Stadtbibliothek, das Apostelgymnasium, die höhere Töchterschule,
die Realschule, die Provinzialgewerbeschule, das Kaiser Wilhelms-Gymnasium, der Rathausbau am Alten Markt;
ferner verdienen Erwähnung das Bürgerhospital, das Gebärhaus, das Museum, der Bahnhof, die Verwaltungsgebäude der ehemaligen
Rheinischen u. Köln-Mindener Eisenbahn, das Stadttheater (1870-1872 erbaut, Eigentum einer Aktiengesellschaft), verschiedene Militärverwaltungsgebäude,
das Schlachthaus und das 1885 eröffnete Hohenstaufenbad. Von öffentlichen Denkmälern sind zu nennen: das Denkmal König
Friedrich Wilhelms III. auf dem Heumarkt, aus freiwilligen Beiträgen der Rheinländer 1865-78 errichtet, die Bismarckstatue
aus dem Augustinerplatz enthüllt), die Moltkestatue auf dem Laurenzplatz (seit 1881) und der Jan v.
Werth-Brunnen (seit 1884, vom Kölner Verschönerungsverein angelegt.)
[Bevölkerung.]
Köln, dessen Einwohnerzahl in dem Zeitraum 1754-1817 von 44,512 auf 49,145
Seelen angewachsen war, besaß 1885 eine Bevölkerung von 161,401 Seelen (davon 5754 Mann Militär). Neben 130,721 Katholiken
waren 25,115 Evangelische und 5309 Juden. Während die Zahl der weltlichen Häuser in den Jahren 1754-1817 von 7231 auf 6993 sank,
ist sie seitdem auf 11,200 gestiegen.
[Industrie und Handel.]
Kölns Hauptbedeutung liegt auf dem Gebiet des Handels und der Industrie. Die Kölner
Großindustrie besteht in der Fabrikation von Zucker, Schokolade, Konditorwaren, Tabak und Zigarren, Leim, Goldleisten, Likör, Mineralwasser,
Kölnischem Wasser, Teppichen, Möbelstoffen, Möbeln, Stärke, Essig, Seife, Lichten, Farben, Firnis, Lack, Öl, Samt, Seide, Woll- und
Baumwollwaren, Garn, Gummi- und Guttaperchawaren, Trikotwaren, Maschinen, Zinkgußgegenständen, Brücken-
und Dezimalwagen, Telegraphendrähten, Draht- und Hanfseilen, Pumpen, Spritzen, hydraulischen Pressen,
Blechwaren, Marmorwaren
etc. Dazu kommen die bedeutenden Fabrikanlagen in den Nachbarorten Ehrenfeld, Lind, Bayenthal, Nippes, Riehl und Kalk zur Herstellung
von Maschinen, Dampfkesseln, chemischem Dünger, Pferde- und Eisenbahnwagen, Glas, Porzellan, Steingut, Tapeten etc. Der Kölner Handel
hat einen gewaltigen Aufschwung genommen seit der Einführung der Dampfschiffahrt auf dem Rhein, der Gründung des Zollvereins
und der Eröffnung mehrerer Schienenwege nach allen Richtungen.
Von Köln, bez. der auf der rechten Rheinseite belegenen Stadt Deutz aus erstrecken sich die Linien der nunmehr verstaatlichten
Rheinischen, Köln-Mindener und Bergisch-Märkischen Eisenbahn-Gesellschaften und zwar von Köln (Zentral-Personenbahnhof
unweit des Doms) nach Aachen, Bingerbrück, Zevenaar und Trier, von Deutz nach Minden, Elberfeld und Gießen. Die Artikel, welche
hauptsächlich dem Kölner Handel seine Bedeutung geben, sind: Getreide, Kaffee, Rohtabak, Häute, Schiefer, Kohlen, Metalle, Baumaterialien,
Farb- und Materialwaren, deutsche und ausländische Arzneien, Parfümerien, Leinen, Weißwaren, Plüsche, Seidenstoffe,
Bänder und Spitzen. Im J. 1886 sind im Kölner Hafen beladene Schiffe angekommen:
zu Berg
1505 mit
2,359,302 metr. Ztr.
zu Thal
3354 mit
2,297,259 metr. Ztr.
zusammen
4859 mit
4,656,561 metr. Ztr.
Aus dem Hafen fuhren beladene Schiffe ab:
zu Berg
2015 mit
1,304,160 metr. Ztr.
zu Thal
1175 mit
1,322,681 metr. Ztr.
zusammen
3190 mit
2,626,841 metr. Ztr.
Außerdem wurden an Flößen zu Thal angebracht 138,742 metr. Ztr. Der Güterverkehr betrug 1885/86
auf den Kölner Stationen der Linksrheinischen (früher Rheinischen) Eisenbahn 954,728 Ton., auf den Stationen Köln und Deutz der
Rechtsrheinischen Eisenbahn 301,301 T., auf der Station Deutz der Bergisch-Märkischen Eisenbahn 112,272
T. Aktiengesellschaften, welche dem Handel u. der Industrie, sei es zur Fabrikation oder zum Vertrieb oder zum Transport oder
zur Versicherung, dienen, gibt es in Köln im ganzen 40, deren Betriebskapital sich auf mehrere Hundert Millionen Mark stellt.
Die Stadt ist Sitz einer Reichsbankhauptstelle (für Rheinpreußen); die andern bedeutendsten Geldinstitute
sind: der Schaaffhausensche Bankverein, die Bank für Rheinland u. Westfalen, die Kölnische Wechsler- und Kommissionsbank, die
Kölner Gewerbebank, die Rheinisch-Westfälische Genossenschaftsbank, die Rheinische Volksbank, die städtische Sparkasse, das
städtische Leihhaus. Von den Versicherungsanstalten sind zu nennen: Concordia (Lebensversicherung), Colonia (Feuerversicherung),
Agrippina (Transportversicherung), Rhenania (Transport- und Unfallversicherung), Kölnische Unfallversicherungs-,
Kölnische Rückversicherungs und Kölnische Hagelversicherungsgesellschaft. Die Verwaltung der Handelsangelegenheiten liegt
in der Hand der Handelskammer; zur Handhabung der Handelsjustiz besteht eine Kammer für Handelssachen. Die Handelsbörse, 1820 eröffnet,
befindet sich seit in den untern Räumen des Gürzenich (s. oben). Die Länge der Pferdebahnlinien
beträgt 1887: 43 km.
[Bildungsanstalten.]
In Köln bestehen ein kath. Priesterseminar (1886 wieder eröffnet), 4 königliche
Gymnasien (3 katholische und ein simultanes), ein städtisches Realgymnasium, eine städtische
mehr
Oberrealschule und eine höhere Bürgerschule. Auch die zur Vorbildung junger Techniker bestimmte gewerbliche Fachschule nebst
Fortbildungsschule ist eine städtische Anstalt, ebenso die Zeichenschule für Kunsthandwerker und eine höhere Töchterschule;
dagegen ist die Taubstummen-Lehranstalt ein Privatunternehmen. Für das Elementarschulwesen sorgt die Stadt in einer großen
Zahl meist in der Neuzeit hergestellter stattlicher Neubauten und liefert zu den Gesamtkosten (1887-88:
820,542 Mk.) einen Zuschuß von 711,573 Mk. In Köln erscheinen ca. 50 Zeitungen und Zeitschriften, darunter die »Kölnische Zeitung«
(im Verlag von DuMont-Schauberg) und die ultramontane »Kölnische Volkszeitung«.
Ausschließlich der Kunst gewidmet ist das Museum Wallraf-Richartz in der Nähe des Doms. Dasselbe enthält
eine äußerst reichhaltige Sammlung von Bildern (über 400) aus der altkölnischen Schule, ferner Kupferstiche, Münzen, Waffen
etc., meist herrührend aus dem Vermächtnis des Kanonikus F. Wallraf (gest. 1824). Im obern Kreuzgang befindet sich eine von
den Gebrüdern Boisserée geschenkte Sammlung kostbarer Glasgemälde. Der Kölnische Kunstverein veranstaltet seine Ausstellung
moderner Gemälde in einem Flügel des obern Stockwerkes.
Das Treppenhaus des Museums ist von Ed. Steinle mit Freskogemälden, Begebenheiten aus der Geschichte Kölns darstellend, geschmückt.
Auch des erzbischöflichen Diözesanmuseums am Domhof, das hauptsächlich kirchliche Kunstgegenstände enthält, ist hier
zu gedenken. Bemerkenswert sind der 1860 eröffnete zoologische Garten, einer der größten in Deutschland,
in dessen Nähe die großartigen Anlagen der Aktien-Gartenbaugesellschaft Flora, nach Lennés Plänen 1863 angelegt, und der etwa 4 km
von der Stadt entfernt gelegene, 1810 eröffnete Friedhof Melaten, der allmählich bis zu mehr als 34 Hektar erweitert worden
ist und eine große Zahl künstlerisch ausgeführter Denkmäler aufweist.
Für gesellige Unterhaltung bestehen die Gesellschaften: Kasino, Erholung, Wolkenburg-Kasinogesellschaft,
Bürgergesellschaft, Lesegesellschaft u. a. m. Wohlthätigkeitszwecken dienen nach genannte
Anstalten: das städtische Bürgerhospital, das städtische Invalidenhaus, die städtische Irrenanstalt Lindenburg, das Versorgungshaus
für Invaliden (Stiftung de Noël), das städtische Waisenhaus, das Kinderhospital (Stiftung der Freifrau Abraham v. Oppenheim),
das Marienhospital für Unheilbare (aus freiwilligen Zuwendungen gestiftet und unterhalten), das Asyl
für arme Mädchen, das Klara-Elisenhospital (gestiftet von den Eheleuten Karl Zoest), das israelitische Asyl für Kranke und
Altersschwache, die Augenheilanstalt für Arme, die spezialärztliche Poliklinik, der Kölner Wohlthätigkeitsverein und der
Verein Meisterschaft, dessen Zweck ist, zurückgegangene Familien durch zinsfreie Darlehen vor der Verarmung zu bewahren.
[Behörden etc.]
Staatliche Behörden sind in Köln: die königliche Regierung, die königliche Provinzial-Steuerdirektion, das
Polizeipräsidium, die Oberpostdirektion, das Oberlandesgericht, das Landgericht und das Amtsgericht. An Militärbehörden haben
hier ihren Sitz: die Stäbe der 15. Division und der 29. Infanteriebrigade. Die Garnison besteht aus 2 Infanterieregimentern
(Nr. 16 und 65), einem Füsilierregiment (Nr.
40) und einer Abteilung Feldartillerie (Nr. 23). An der Spitze der katholischen Kirchenangelegenheiten steht der Erzbischof
und das erzbischöfliche Generalvikariat.
Die Stadt ist in 19 katholische Pfarreien eingeteilt. An der Spitze der Gemeindeverwaltung
steht das Bürgermeisteramt, dem
eine Anzahl von Deputationen zur Verwaltung der Gas- und Wasserwerke, des Schulwesens, der Stadterweiterung
und des Armenwesens unterstellt sind. Der Gesamtetat der Kommunalverwaltung für 1887/88 schließt ab auf 6,185,400 Mk.
Zum Oberlandesgericht Köln gehören die neun Landgerichte: Aachen, Bonn, Düsseldorf, Elberfeld, Kleve, Koblenz, Köln, Saarlouis, Trier;
zum Landgericht Köln die neun Amtsgerichte: Bensberg, Bergheim, Gummersbach, Kerpen, Köln, Lindlar, Mülheim a. Rh., Wiehl
und Wipperfürth.
Die Festungswerke Kölns bestehen aus einer neuen Umwallung und vielen detachierten größern und kleinern
Forts und Lünetten, die in ihrer Kehle von kreisförmigen Reduits geschlossen werden; sie sind meist 7.-8 km vom Dom gelegen.
Das Wappen der Stadt Köln (s. Abbildung, S. 945) zeigt einen zweigeteilten Schild, oben rot und unten weiß;
im obern Feld befinden sich drei goldene Kronen, im untern 11 schwarze Flocken oder Flammen. Als Schildhalter hat das Wappen jetzt
einen Löwen und einen Greif. S. auch das Kärtchen der Umgebungen Kölns auf der Karte »Rheinprovinz«.
Geschichte der Stadt Köln.
Die Geschichte der Stadt Köln reicht hinauf bis in die vorrömische Zeit. Die von der rechten
auf die linke Rheinseite hinübergeführten Ubier hatten hier schon eine Ansiedelung, als die Römer in den niederrheinischen
Gebieten festen Fuß faßten. Bei der Ara Ubiorum hatten zwei römische Legionen ihre Standquartiere; 50 n. Chr. Siedelte Agrippina,
die Gemahlin des Kaisers Claudius, eine römische Veteranenkolonie hier an und versah den etwa 70 Hektar
umfassenden Ort mit einer starken Mauer und festen Thoren.
Reste dieser Festungswerke stehen jetzt noch an einzelnen Stellen zu Tage. Zuerst 355 nahmen die Franken von der Colonia Agrippinensis
für wenige Jahre, dann 462 dauernd Besitz. Unter ihrem Andrang stürzten die römischen Tempel, Paläste
und Staatsgebäude größtenteils in Trümmer; nur die römischen Festungswerke scheinen von dieser Zerstörung wenig betroffen
worden zu sein. Die ripuarischen Könige nahmen in der alten römischen Kolonie ihren Sitz. Christentum und fränkisches Heidentum
bestanden in Köln friedlich nebeneinander, bis unter König Theuderich (511-534) der heil.
Gallus die Altäre des heidnischen Kultus zerstörte. Köln war Hauptstadt von Ripuarien, aber nicht mehr Sitz der Könige von Austrasien.
Im 7. Jahrh. kam es in besondern Ruf durch den Einfluß, welchen der Kölner Bischof Kunibert im austrasischen Reich besaß.
Im 8. Jahrh. bot es der Witwe Pippins von Herstal, Plektrudis, Schutz und Sicherheit.
Nach seinem Sieg über die Neustrier zwang Karl Martell seine Stiefmutter, ihm die Thore der Stadt Köln zu öffnen. Der erste Erzbischof,
der kaiserliche Erzkaplan Hildebold, erbaute die älteste Domkirche und stattete dieselbe mit der jetzt noch vorhandenen kostbaren
Hildeboldschen Bibliothek aus. Das fränkische Köln wurde im 9. Jahrh. bei
den zwei Verheerungszügen der Normannen in grausiger Weise verwüstet, doch bot der rasch aufblühende Handel die Mittel, die
Spuren der Verwüstung zu tilgen, die zerstörten Kirchen wieder aufzubauen und zu ihrem Schutz feste Mauern, Thore und Wälle
aufzuführen. Nur eine Reihe von Straßennamen erinnern jetzt noch an die Festungswerke, welche die damalige
Stadt, etwa die Hälfte der jetzigen, umgaben. Seit 870 gehörte auf Grund des Mersener Vertrags zu dem ostfränkischen Reich
bis gegen Anfang des 10. Jahrh. Nachdem es 911
mehr
wieder unter den westfränkischen König gekommen war, brachte 923 König Heinrich I. Lothringen und mit demselben die Stadt
Köln zum Deutschen Reich zurück.
Köln war in der karolingischen Zeit der Hauptort des Kölngaues und der Sitz der Kölner Gaugrafen. Mit Hilfe der ihnen vom Kaiser
erteilten nutzbaren Rechte und andrer Privilegien gaben die Erzbischöfe sich Mühe, die Oberherrlichkeit
über die Stadt an sich zu reißen; doch diejenigen Einwohner, welche hauptsächlich durch den Handel zu großem Reichtum gelangt
waren, machten dem Erzbischof seine Oberherrlichkeit mit Erfolg streitig. Die Elemente, in welchen das Leben der Stadt pulsierte,
waren Kaufleute, Hofbesitzer, Gewerbtreibende, Ackerbauer, bischöfliche Ministerialen, Stifts-, Kloster-
und Weltgeistliche.
Aus den Kaufleuten und Hofbesitzern entwickelte sich bald ein mächtiges, herrschsüchtiges Patriziat, welches unter der
Bezeichnung »Geschlechter« in der Kölner Geschichte eine hervorragende Rolle spielte. Zuerst kam es zwischen Anno und der Bürgerschaft
bezüglich des Stadtregiments 1074 zu blutigem Zusammenstoß. Anno unterlag anfänglich und mußte zur
Rettung seines Lebens heimlich aus der Stadt flüchten. Wenn er auch später wieder das Übergewicht gewann, so blieb er doch
von seinem Ziel, der unbedingten Oberherrlichkeit über die Stadt, weit entfernt.
Nicht minder harte. Kämpfe hatte die Bürgerschaft gegen die Erzbischöfe Philipp von Heinsberg, Konrad von Hochstaden, Engelbert
von Falkenburg und Siegfried von Westerburg zu bestehen. Vielfach schwankte die Entscheidung; endlich entschied die Schlacht bei
Worringen den langen Kampf zu gunsten der städtischen Unabhängigkeit, und Siegfried sah sich gezwungen, seine
Residenz von Köln zuerst nach Brühl, später nach Bonn zu verlegen. Vergebens suchten dann einzelne Erzbischöfe,
wie schon Konrad und Engelbert gethan, die innern Streitigkeiten zwischen dem Patriziat und den Zünften auszubeuten, um durch
Unterstützung der einen Partei die andre zu unterdrücken und so die Mittel zur Unterjochung der ganzen Stadt zu erhalten.
Aber auch der Stadt glückte es nicht, den Erzbischof aus sämtlichen nutzbaren und Hoheitsrechten innerhalb
des städtischen Bereichs zu verdrängen. Sie mußte ihn im Besitz der höchsten Gerichtsbarkeit sowie einer Reihe von Nutzungen,
die ihm aus kaiserlicher Verleihung zustanden, lassen. Scheinbar war die Stadt in ihrem Kampf gegen die Erzbischöfe unterlegen,
denn beim Eintritt eines jeden neuen Erzbischofs mußte sie den Huldigungseid leisten; bei dieser Huldigung
schwur sie ihm aber nur »so lange treu zu sein, als er sie in Recht, in Ehren und in ihren alten guten Gewohnheiten, die ihr
von ihren Vorfahren überbracht seien, halten werde«. Zu solchen Rechten rechnete sie vor allen ihre Reichsfreiheit, die auf
den Privilegien von 1207 und 1212 beruhte, durch welche Philipp von Schwaben der Stadt die Anlage von Festungswerken
und Otto IV. auch die Erhebung eines Brau- und Mahlpfennigs erlaubte. 1231 war die Stadt Köln bereits auf dem Reichstag zu Worms
vertreten; 1274 erteilte ihr König Rudolf ausdrücklich das Recht, die Reichstage zu beschicken.
Bei der Kreiseinteilung wurde die Stadt Köln dem westfälischen, das Kurfürstentum Köln dem rheinischen
Kreis zugewiesen. Blutiger noch als die Kämpfe gegen die Erzbischöfe waren die zwischen den Parteien in der Stadt selbst: zwischen
den Geschlechtern untereinander sowie zwischen den Zünften und Geschlechtern kamen die Waffen nicht zur Ruhe, bis 1396 in
einem blutigen Aufstand die Zünfte einen vollständigen Sieg
errangen und alle ihre Gegner aus der Stadt vertrieben.
Der prächtige Rathausturm, der aus den von den unterlegenen Patriziern eingezogenen Strafgeldern 1406-13 erbaut wurde, sollte
allen kommenden Geschlechtern den Sieg verkünden, welchen die volkstümlichen Elemente über die städtische Aristokratie davongetragen.
Die infolge dieses Aufstandes vereinbarte demokratische Verfassung blieb aber nicht ohne Anfechtung. Neue Revolutionen sah die
Stadt in den Jahren 1482, 1513, 1608, 1681. Trotz aller Kämpfe und Wirren stieg der Reichtum der Bürgerschaft, und der Handel
erreichte eine nie gekannte Blüte.
Mit verschiedenen Städten brachte die Kölner Verwaltung günstige Schutz- und Handelsverträge zum Abschluß. 1367 trat
Köln bei der gegen Waldemar von Dänemark abgeschlossenen hansischen Konföderation ganz besonders in den Vordergrund. Seit dieser
Zeit blieb es eins der maßgebenden Glieder des hansischen Städtebundes. Die vielen noch jetzt die Bewunderung der Kunstkenner
und Kunstfreunde erregenden Erzeugnisse der Kölner Malerschule geben von der Höhe, welche die Kölner Kunst
im 14. und 15. Jahrh. erreicht hat, glänzendes Zeugnis.
Die Kölner Profan- und Kirchenbauten, so namentlich die 1200-1260 von der Bürgerschaft errichteten Mauern und Thorburgen, der
Rathausturm, der Gürzenich, der Dom und eine Reihe der prächtigsten Kirchen romanischen wie gotischen Stils, gereichen noch
jetzt zur höchsten Zier. Die Stadt setzte ihren Stolz darein, stets als eine treue Tochter der römischen Kirche angesehen
zu werden, und bewährte dies auch den Reformationsversuchen des Erzbischofs Hermann von Wied (1515 bis 1546) gegenüber.
Auf ihrem Siegel führte sie den heil. Petrus und um dasselbe die Legende: »Sancta Colonia sanctae Romanae
Ecclesiae fidelis filia«. Wie sie 1425 die Juden für immer aus ihren Mauern verjagt hatte, so wollte sie auch lange Zeit keinem
Lutheraner, Calvinisten oder Wiedertäufer den Aufenthalt auf ihrem Boden gestatten. Durch die auf Grund der Bulle des Papstes
Urban VI. vom errichtete und eröffnete Universität wurde sie in dieser Unduldsamkeit
dauernd bestärkt.
Als sie sich später gezwungen sah, den Protestanten den Aufenthalt in der Stadt zu gestatten, konnte sie sich doch nicht
entschließen, denselben gleiche Rechte mit den andern Bürgern einzuräumen. Der Erzbischof Maximilian Franz, duldsamer als der
städtische Rat, stellte 1788 den Protestanten ein vor den Mauern der Stadt ankerndes Schiff zur Abhaltung ihres Gottesdienstes
zur Verfügung. Erst als die französische Republik jeder Religion freie Übung ihres Kultus gestattete, erhielten die Protestanten
das volle Bürgerrecht, und auch den Juden wurde damals die Niederlassung in der Stadt zugestanden.
Im 15. Jahrh. stand noch auf einer hohen Stufe von Glanz, Reichtum und Macht, obwohl die Einwohnerzahl, die zu Anfang des 14. Jahrh.
auf 120,000 Menschen geschätzt werden darf, zu sinken begann. Zur Zeit Karls V. gehörte noch zu den größten Städten Europas
und stand nur Gent und Paris an Umfang nach. Es kam im 16. Jahrh. ein zeitweiliger Stillstand, dann, nachdem
der hansische Handel seine frühere Bedeutung verloren hatte, ein erst langsamer, dann rascherer Rückgang. Die niederländischen
Wirren, der Truchseßsche, der Dreißigjährige Krieg, die französischen Raubzüge, der spanische, dann der österreichische
Erbfolgekrieg, der Siebenjährige Krieg ließen nachhaltige, traurige Spuren in Köln zurück. Um 1780 hatte
Köln nur 6000 selbständige Bürger, 8000 Häuser,
mehr
aber nur 40,000 Einw., unter denen 2500 der Geistlichkeit angehörten. Beim Ausbruch der französischen Revolution war in Köln der
Boden für eine revolutionäre Erhebung hinreichend bereitet. Mit Jubel wurden die Jakobiner als die glückverheißenden Retter
aus aller Not begrüßt. Die alte Verfassung wurde über den Haufen geworfen, und ratlos wurde hin und her
experimentiert, bis der Anschluß erst an die Cisrhenanische, dann an die französische Republik erfolgte.
Damit war die Selbständigkeit Kölns vernichtet, das städtische Eigentum Nationalgut geworden. Das Aussehen der Stadt hatte
sich geändert, indem ein großer Teil der vermögenden Einwohner weltlichen und geistlichen Standes aus der Stadt geflohen,
die Universität geschlossen war und die Klöster aufgehoben wurden. Erst als die Fremdherrschaft 1815 gebrochen und Köln dem
preußischen Staat zugeteilt worden war, begann die Stadt allmählich bürgerlich, geistig und materiell aufzuleben.
Bald spürte sie den Segen, einem großen, mächtigen Staatswesen anzugehören. Bei der Reorganisation der Rheinlande wurde sie
zwar nicht Sitz der obersten Behörden, wie ihr als erster Stadt der Provinz gebührt hätte. Dagegen
hat sie sich bald zum Mittelpunkt des rheinischen Großhandels emporgeschwungen. Von den alten für Wissenschaft, Wohlthätigkeit
und soziales Leben bestimmten Instituten haben sich nur einige Konvente und die Klöster der Lungenbrüder und Barmherzigen Schwestern
bis ins letzte Jahrzehnt erhalten.
Die Stiftshäuser und Klöster sind mit einer Reihe von Kirchen und Kapellen (nicht weniger als 112) entweder abgebrochen oder
umgebaut und zu Fabriken, Magazinen und Privathäusern eingerichtet worden. Einer der glänzendsten Momente in Kölns Geschichte
ist der an welchem die Vollendung des Doms in Gegenwart Kaiser Wilhelms festlich begangen wurde.
Vgl. Ennen, Geschichte der Stadt Köln (Köln 1863-79, 5. Bde.;
Auszug in 1 Bd., 1880);
Derselbe, Zeitbilder aus der neuern Geschichte der Stadt Köln (das. 1857);
»Quellen zur Geschichte der
Stadt Köln« (hrsg. von Ennen u. Eckertz, das. 1860-79, Bd.
1-6);
»Chroniken deutscher Städte«, Bd. 12-14: Köln (Leipz.
1875-77);
Höhlbaum, Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln (das. 1883 ff.);
Veith, Das römische Köln (Bonn 1886);
»Das Buch Weinsberg, Kölner Denkwürdigkeiten aus dem 16. Jahrhundert« (bearbeitet von Höhlbaum,
Leipz. 1887);
Ennen, Führer durch die Stadt Köln (Köln 1877);
Helmken, Köln und seine Denkwürdigkeiten (3.
Aufl., das. 1883).
Der Regierungsbezirk Köln (s. Karte »Rheinprovinz«) umfaßt 3975,9 qkm (72,19 QM.)
mit (1885) 754,228 Einw. (1880: 702,934 Einw.),
darunter 115,058 Evangelische, 626,925 Katholiken und 11,082 Juden, und besteht aus den elf Kreisen: