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Heribert. Der folgende Erzbischof, Pilgrim, 1021 gewählt, war Kanzler Heinrichs II. Pilgrims Nachfolger Hermann II. erscheint als Erzkanzler des apostolischen Stuhls in Papsturkunden. Auf ihn folgte Anno H. (1056-1075), Kanzler Heinrichs III. und Vormund Heinrichs IV. sowie Reichsverweser. Arnold II., ein Graf von Wied (1151-56), erhielt vom Papste die unmittelbare Abhängigkeit der Metropolitane von Rom [* 2] sowie das Recht zugestanden, den Kaiser in seinem Sprengel zu salben; auch wurde der Kirche zu Köln [* 3] die Berechtigung eingeräumt, sieben Kardinalpriester zu haben. Erzbischof Reinald von Dassel (1159-67) begleitete den Kaiser Friedrich I. nach Italien [* 4] und half daselbst diesem bei Tusculum einen Sieg über die Römer [* 5] erringen, wofür er von ihm den Königshof in Andernach erhielt. Sein Nachfolger Philipp von Heinsberg (gest. 1191) benutzte die Zerwürfnisse Heinrichs des Löwen mit dem Kaiser, um einen Teil der Länder des Geächteten, nämlich den westlichen Teil des alten Engern und Westfalen, [* 6] für das Erzstift zu erwerben.
Seitdem schrieben sich die Erzbischöfe von Köln Herzöge von Westfalen und Engern. Seit dem 13. Jahrh. erblicken wir das Erzstift fast beständig in Feindseligkeiten begriffen, teils mit den benachbarten Dynasten, teils mit den Städten, welche sich, wie Soest [* 7] und Köln, nur unter der Bedingung der Aufrechthaltung ihrer Freiheiten und Rechte dem Stift unterworfen hatten. Die langen Streitigkeiten mit der Stadt Köln begannen schon unter Philipp von Heinsberg und erreichten ihre Höhe unter Konrad von Hochstaden (1238-61), Engelbert von Falkenburg (1261-74) und Siegfried von Westerburg (1275-97). Wenn sie auch nach der Austreibung des Erzbischofs Siegfried aus der Stadt an ihrer Schärfe vieles verloren, so hörten sie doch nicht eher ganz auf, als bis die Selbständigkeit sowohl des Erzbischofs als der Stadt unter der Wucht der französischen Revolution zu Grabe getragen wurde.
Die vielen Fehden, welche Wikbold von Holte (1297-1304), Heinrich von Virneburg (1304-32), Walram von Jülich (1332-49), Wilhelm von Gennep (1349-62), Adolf II. von der Mark (1363-64) und Engelbert III. von der Mark (1364-69) zu führen hatten, stürzten das Erzstift in eine bedeutende Schuldenlast, und manche Verpfändungen fanden statt. Als der Erzbischof Dietrich von Mors (1414-63) der Stadt Soest neue Lasten auflegen wollte, begab sich dieselbe in den Schutz des Herzogs Adolf von Kleve und fiel nach einer heftigen Fehde mit dem Erzstift 1449 an die Grafschaft Mark. Neue Steuererhöhung durch den Erzbischof und Pfalzgrafen Ruprecht bei Rhein (seit 1463) sowie dessen Eingriffe in die Rechte der Pfandherren und der erzstiftischen Stände hatten zur Folge, daß letztere ihm den Gehorsam kündigten und in der Person des Domherrn, Landgrafen Hermann von Hessen, [* 8] dem Stift einen Administrator bestellten. Es nützte Ruprecht nichts, daß Karl von Burgund ihm zu Hilfe kam;
vergeblich belagerten sie die Stadt Neuß [* 9] (1474);
der Burgunder zog ab, und Ruprecht unterlag in dem Kampf;
er starb auf der Feste Blankenstein. Am wurde Hermann zu seinem Nachfolger gewählt;
derselbe erhielt den Namen des »Friedfertigen« und starb 1515.
Hermann V. (1515-46), Graf von Wied, zeigte sich anfangs als heftigen Eiferer gegen die Verbreitung der reformatorischen Grundsätze. 1542 ließ er jedoch Bucer die Lehrsätze Luthers in Bonn [* 10] öffentlich vortragen, weshalb die Universität und die Geistlichkeit seine Absetzung erwirkten. Gebhard II., Truchseß von Waldburg, erklärte sich offen für einen Anhänger des Protestantismus und verehelichte sich 1583, wurde jedoch einige Monate später exkommuniziert und abgesetzt.
Zwar behauptete er sich, unterstützt vom Kurfürsten von der Pfalz, gegen den neuerwählten Erzbischof, Herzog Ernst von Bayern, [* 11] mehrere Jahre unterlag aber endlich durch das Einschreiten der Spanier und Bayern, mußte flüchten und zog mit seiner Gemahlin Agnes von Mansfeld nach Straßburg, [* 12] wo er 1601 als Domdechant starb. (Vgl. Lossen, Der Kölnische Krieg, Gotha [* 13] 1882 ff.) Infolge dieses Kriegs schuldete das Erzstift allein an Bayern 1,600,000 Thlr., und bayrische Truppen spielten von da ab im Erzstift die Herren.
Ernsts Nachfolger und Neffe Ferdinand (1612-50) schloß sich im Dreißigjährigen Krieg der Liga an. Er wählte 1642 den bayrischen Prinzen Maximilian Heinrich zum Koadjutor, wofür Bayern auf die oben gedachte Schuld Verzicht leisten mußte. Letzterer folgte 1650 als Erzbischof und nahm wichtigen Anteil an den Kriegsereignissen der Zeit. So schloß er ein Bündnis mit Ludwig XIV., und kölnische Truppen rückten 1672 mit den französischen in Holland ein. Dafür wurde das ganze Erzstift später von den Kaiserlichen und Holländern besetzt und erst im Nimwegener Frieden (1679) zurückgegeben.
Maximilian Heinrich ist auch der Schöpfer der Rechtsordnung, welche als Kölnisches Landrecht oder Kölnische Rechtsordnung bis in die neuere Zeit Gültigkeit hatte. Nach seinem Tod ward der kurz vorher zum Koadjutor erwählte, aber vom Papst verworfene Prinz Wilhelm Egon von Fürstenberg auf den erzbischöflichen Thron [* 14] berufen; allein der Papst erklärte die Wahl desselben für ungültig, weil er die kanonisch festgesetzten zwei Drittel der Stimmen nicht gehabt hatte, und bestätigte den Prinzen Joseph Clemens, Sohn des Kurfürsten Ferdinand Maria von Bayern, der nur neun Stimmen erhalten hatte, als Erzbischof.
Das Domkapitel beugte sich dem päpstlichen Spruch, Fürstenberg bemächtigte sich aber der Schätze des verstorbenen Kurfürsten und begab sich im April 1689 nach Paris. [* 15] Joseph Clemens hielt es im spanischen Erbfolgekrieg mit Frankreich, mußte aber nach dem Einrücken der holländischen Truppen ins Kölnische 1702 und nach der Eroberung von Bonn 1703 sich unter französischen Schutz begeben. Überdies ward er 1706 in die Reichsacht erklärt und blieb in der Verbannung, meist in Lille, [* 16] bis er durch die Friedensschlüsse zu Rastatt [* 17] und Baden [* 18] 1714 wieder in sein Land eingesetzt wurde.
Joseph Clemens starb 1723, nachdem er bereits seit Mai 1722 zum Koadjutor den bisherigen Bischof von Münster [* 19] und Paderborn, [* 20] seinen Neffen Clemens August, Sohn des Kurfürsten Maximilian Emanuel von Bayern, angenommen hatte. Die Kriegsmacht von 12,000 Mann, die dieser Fürst unterhielt, sowie die Lage seiner Staaten gaben seiner Stimme ein Gewicht, wie es noch nie ein Kurfürst von Köln gehabt hatte. Im Siebenjährigen Krieg stand er auf kaiserlicher Seite, wofür er von Frankreich bedeutende Subsidien bezog.
Mit seinem Tod (1761) endigte die Reihe der Erzbischöfe aus dem Haus Bayern, und durch die gegen Bayern, Frankreich, Österreich [* 21] und die mittelrheinischen Fürsten agitierende kleine Partei im Domkapitel wurde Maximilian Friedrich, Graf von Königseck-Aulendorf, gewählt, unter dessen Regierung eine Akademie in Bonn gestiftet wurde. Sein Nachfolger, Erzherzog Maximilian Franz von Österreich (seit 1785), regierte ganz im Geiste des Kaisers Joseph II., verwendete die Ersparnisse des Hofs zum Besten des Staats, förderte Künste u. Wissenschaften. ¶
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erhob die Akademie zu Bonn zur Universität und hielt seine Gerechtsame dem Papst gegenüber mit Energie aufrecht. Er mußte indessen infolge der französischen Revolution schon 1794 das Erzstift verlassen. und starb Um die Existenz des Erzstifts zu retten, wählte das Domkapitel zwar den Erzherzog Amadeus Viktor zu seinem Nachfolger; allein durch den Lüneviller Frieden 1801 wurde jenes säkularisiert, und der Teil auf dem linken Rheinufer fiel an Frankreich, während die auf dem rechten Rheinufer gelegenen Reste, mit Ausnahme der Ämter Altenwied und Neuenburg, [* 23] welche der Fürst von Wied-Runkel erhielt, an Nassau-Usingen fielen. Das Herzogtum Westfalen kam an Hessen-Darmstadt und die Grafschaft Recklinghausen [* 24] an den Herzog von Arenberg, 1811 an den Großherzog von Berg. Die am linken Rheinufer gelegenen zum Erzstift gehörenden Pfarreien wurden dem Bistum Aachen, [* 25] die auf dem rechten den Generalvikaren in Deutz und Arnsberg [* 26] unterstellt.
Im ersten Pariser Frieden 1814 mußte Frankreich auch den bisher französischen Anteil des Erzstifts Köln zurückgeben; derselbe ward Preußen [* 27] zugeteilt, desgleichen die auf dem rechten Rheinufer gelegenen Reste des Erzbistums, welche Nassau besessen hatte, die Grafschaft Recklinghausen und das Herzogtum Westfalen. Bei der neuen Organisation des Erzstifts auf Grund der päpstlichen Bulle »De salute animarum« 1821 wurden die Bestandteile des wieder aufgehobenen Bistums Aachen sowie die an Preußen gefallenen Diözesen Lüttich [* 28] und Roermonde und die früher zum Sprengel von Köln gehörigen Kirchen, außer Recklinghausen, Westfalen etc., zu dem neuen Erzstift geschlagen und demselben die Bistümer Trier, [* 29] Münster und Paderborn unterstellt sowie der Freiherr Joseph Anton, Graf Spiegel [* 30] zum Desenberg und Canstein, im Dezember 1824 zum Erzbischof von Köln ernannt und im Juni 1825 als solcher eingesetzt, ein wissenschaftlich gebildeter und freisinniger Mann, der viel für Einleitung eines bessern Einvernehmens zwischen den Katholiken und Protestanten in seinem Sprengel, Hebung [* 31] des Schulwesens und Forderung der Künste und Wissenschaften that.
Ihm folgte 1835 Klemens August, Freiherr v. Droste zu Vischering (s. d.), vorher Weihbischof zu Münster, in mehrfacher Hinsicht das Gegenstück zu seinem Vorgänger. Der Streit über gemischte Ehen (Kölnischer Kirchenstreit) gab dem Staat Veranlassung einzuschreiten und endigte 1837 mit der Amtssuspension des Erzbischofs. Das Erzbistum ward nun vom Domkapitel mittels eines Verwesers und Kapitelvikars, Hüsgen, verwaltet, dem auch im Mai 1838 die päpstliche Sanktion erteilt ward.
Später (1841) wurde mit Zustimmung des Erzbischofs Droste zu Vischering der Bischof Johannes v. Geissel (s. d.) zu Speier [* 32] zum Koadjutor cum jure succedendi ernannt, der 1842 sein Amt antrat, ein ruhiges Verhalten beobachtete und nach seines Vorgängers Tod demselben in der Würde als Erzbischof von Köln folgte. Ihm folgte 1864 der Bischof von Osnabrück, [* 33] Paul Melchers (s. d.), der auf dem vatikanischen Konzil eine traurige Rolle spielte und sich nicht scheute, nach seiner Rückkehr die Geistlichen zur Unterwerfung unter eine Lehre [* 34] zu zwingen, die er in Rom selbst bekämpft hatte.
Ein Märtyrer eigner Art, verließ er ohne jede Veranlassung im Herbst 1875 seine Diözese und wurde durch den Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten abgesetzt. Nachdem er zum Kardinal erhoben worden, verzichtete er auf sein erzbischöfliches Amt, und im Einverständnis mit der preußischen Regierung ernannte der Papst 1885 den Bischof Krementz zum Erzbischof von Köln.
Vgl. Binterim und Mooren, Die alte und neue Erzdiözese Köln (Mainz [* 35] 1828-31, 4 Tle.);
Mering, Die Bischöfe und Erzbischöfe von Köln (Köln 1842-44, 2 Bde.);
Ennen, Geschichte der Reformation in der Erzdiözese Köln (das. 1849);
Derselbe, Frankreich und der Niederrhein oder Geschichte von Stadt und Kurstaat Köln seit dem Dreißigjährigen Krieg bis zur französischen Okkupation (das. 1855, 2 Bde.);
Podesta, Sammlung der Verordnungen etc. seit der Wiederherstellung des Erzbistums Köln (das. 1851);
Walter, Das alte Erzstift und die Reichsstadt Köln Entwickelung ihrer Verfassung vom 15. Jahrhundert bis zu ihrem Untergang (Bonn 1866);
Hennes, Der Kampf um das Erzstift Köln zur Zeit des Kurfürsten Gebhard Truchseß (das. 1878);
Podlech, Geschichte der Erzdiözese Köln (Mainz 1879);
Maurenbrecher, Die preußische Kirchenpolitik und der Kölner [* 36] Kirchenstreit (Stuttg. 1881).