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ein Buch über die Wissenschaft des Essens (»Science de la gueule«) zu schreiben. Papst Pius V. ließ durch seinen Leibkoch Bartolommeo Scuppi ein Kochbuch des Papstes publizieren (1570), und Ludwig XIII. legte ganz besondern Wert auf seinen Ruhm als Verfertiger feinerer Konfitüren. Unter Ludwig XIV. erfand der Sieger von Rocroi, Condé, die berühmte, nach ihm benannte Bohnensuppe, und der Minister Colbert fügte seinem Ruhm als Staatsmann den als Erfinder der vortrefflichen Sauce Colbert hinzu.
Ebenso führte der
Haushofmeister des
Königs,
Herr v.
Béchamel,
Marquis von Nointal, die weitgehendsten Verbesserungen in der
Zubereitung der
Speisen, namentlich der
Fische,
[* 2] ein, erfand die heute noch als unübertroffen geltende
sauce
à la
Béchamel und das vol-au-vent, um schließlich die
Summe seiner
Erfahrungen unter dem
Pseudonym Le
[* 3]
Bas in dem
Buch
»Sur
l'art du cuisinier« niederzulegen. Ein 1655 in
Paris
[* 4] erschienenes
Buch: »Le pâtissier Elzepries«, ist heute noch von praktischem
Wert und wurde 1867 in einer
Auktion mit 1050
Frank bezahlt. So hoch wurde damals der durch die
Küche erworbene
Ruhm gestellt, daß ein namhafter Mißerfolg den Leibkoch des
Königs, Vatel, zum
Selbstmord treiben konnte (1671). Auch in
Deutschland
[* 5] erschienen zu dieser Zeit die ersten nennenswerten Werke über die Kochkunst
, z. B. 1643 in
Hamburg
[* 6] der Jugendspiegel von
Christ. Actatius Hagerius Francommont
Missn. (»Über die Art zu essen«) und 1655 das
»New köstliche und nützliche Kochbuch der Fraw
Anna Wecker«; endlich in
Nürnberg
[* 7] 1702 »Der aus Parnasse ehemals entlaufenen
vortrefflichen Köchin Gemerkzettel, woraus zu erlernen, wie man 1928
Speisen wohlschmeckend zubereiten solle«.
Unter Ludwig XV. förderte namentlich der Sieur de la Varenne, Küchenmeister des Marquis d'Uxelles, die Weiterentwickelung dieser Kunst durch sein epochemachendes Werk »L'école des ragoûts« (1730). Gleichzeitig erschien in Nürnberg (1734) »Die in ihrer Kunst vortrefflich geübte Köchin, oder auserlesenes und vollständig vermehrtes Nürnbergisches Kochbuch«. Selbst Friedrich d. Gr. wendete der Prüfung und Korrektur der täglichen Speisezettel eine ganz besondere Aufmerksamkeit zu, und sein Koch Noël, genannt der Saucenkünstler, war eine einflußreiche Person.
Montier, der Leibkoch Ludwigs XV., hatte, um sich in seiner Kunst zu vervollkommnen, Medizin und Chemie studiert. Der Prinz von Soubise hat durch die Hammelkoteletten mehr Ruhm erworben als durch seine Feldherrnthaten; wer Truthahn à la Régence oder pains à la d'Orléans ißt, denkt milder über den Regenten, ebenso über die Frau, wer filets à la Pompadour genießt. Zur Regierungszeit Ludwigs XVI. glänzen als Sterne erster Größe am Firmament der Küche die Marschälle von Richelieu und Duras, der Herzog von Lavallière, der Marquis von Brancas und Graf Tessé.
Kaum waren die
Schrecken der
Revolution vorüber, so begann in
Frankreich die eigentliche
Blütezeit der Kochkunst;
sie wurde sogar
eine politische Macht. Der Anfang des
Jahrhunderts brachte zunächst einen Dichterkoch, Barchoux, welcher ein didaktisches
Gedicht: »La gastronomie«, in der Hauptsache eine Übersetzung der
Hauptstücke des Werkes von
Quintus
Ennius (s.
oben),
herausgab. Es entstanden damals zwei sich scharf bekämpfende Richtungen, die romantische und die klassische Schule. Als Vertreter der erstern gilt Beauvillers' »L'art de la cuisine« (grundlegendes Werk), der letztern M. A. Carême (s. d.), der, wie auch Montmireil, als der historische Koch des Wiener Kongresses zu nennen ist. Der Herzog-Kanzler Cambacelès, von der Ansicht ausgehend, daß man zum großen Teil durch die Tafel regiere, und daß also ein Staatsmann, der keinen guten Tisch führe, überhaupt keine diplomatischen Erfolge erringen könne, beherrschte mit seinem Küchenchef Benaud einen Teil Europas.
Auf gleichen
Bahnen wandelte
Talleyrand mit seiner berühmten Küchenbrigade (Véry etc.). Über
den
Parteien aber thronte als allseitig anerkannte
Autorität
Alexander Balthasar
Laurent (s.
Grimod de la Reynière). Diese gute
Zeit hielt auch nach der
Restauration an, denn
Ludwig XVIII. war zugleich Feinschmecker und Vielesser (vgl.
Vard, Le cuisinier
royal, 1815). In
Deutschland war
man in dieser Zeit auch in Bezug auf die
Küche ganz unter französischer
Herrschaft, obgleich
Kant zu den
Gourmands gehörte und sich eingehend über das
Essen
[* 8] und dessen Zubereitung zu unterhalten
pflegte. Erst
Königs
»Geist der Kochkunst«
(neue Ausg. von
Rumor, 1822; 2. Aufl., Stuttg. 1832) brachte den deutschen
Namen auf diesem
Gebiet wieder zu
Ehren. Freilich wurde dieser bald wieder verdunkelt durch
Brillat-Savarins weltberühmtes, bisher unerreichtes
Buch »La physiologie du goût« (1825; deutsch von Kochkunst
Vogt, 4. Aufl., Braunschw. 1878). Hiermit gelangte die
Entwickelung der
Kochkunst
zu einem vorläufigen
Abschluß. Die spätern Werke, unter denen die
»Gastrosophie« des
Barons Vaerst (Leipz.
1851) und »Das
Menü« von E. v.
Malortie (2. Aufl., Hannov. 1883) besonders hervorzuheben sind,
bauen sich in der Hauptsache auf den
Resultaten der klassischen
Periode auf. Ganz originell ist das
»Grand dictionnaire de cuisine«
von Alex.
Dumas dem ältern (Par. 1873). - Von Kochbüchern im eigentlichen
Sinn des
Wortes sind zu erwähnen:
die von
Henriette
Davidis,
Wilhelmine v.
Sydow,
Graf
Münster
[* 9]
(»Gute
Küche«, nach
Lady St. Clairs »Dainty dishes«; 3. Aufl.,
Berl. 1877),
Scheibler, Buckmaster (»Cookery lectures«);
das »Universallexikon der Kochkunst«
(3. Aufl.,
Leipz. 1887, 2 Bde.).
Vgl. auch Kudriaffsky, Die historische Küche (Wien [* 10] 1878);
Eckardt, Wörterbuch der Küche und Tafel (das. 1886).
Ein Verzeichnis der neuern Litteratur gibt Malorties »Menü«, Bd. 1, S. 273 ff.
[Kochkunst
in prähistorischer Zeit.]
Zahlreiche Funde von Kohlenstücken in den ältesten menschlichen Niederlassungen, in den Höhlen Deutschlands, [* 11] Frankreichs und Englands, im Löß des Rheinthals u. a. O. neben den Gebeinen der Hyänen und des Mammuts weisen darauf hin, daß der Mensch in ältester Vorzeit bereits angefangen habe, Feuer zu erzeugen und für seine Zwecke zu verwenden, zu einer Zeit schon, wo er noch nicht einmal verstand, ein Thongeschirr anzufertigen, eine Kunst, welche sich bis in die Renntierzeit hinein verfolgen läßt. Es ist demnach sicher anzunehmen, daß man damals trotz des Fehlens irdener Geschirre auch schon Methoden des Kochens gehabt.
Über letztere geben die noch jetzt bei vielen auf primitiver Kulturstufe stehenden Völkerschaften gebräuchlichen Arten des Kochens Aufschluß. Man kann nämlich zwei Methoden unterscheiden, einmal das Kochen über hellem Feuer, sodann das Kochen durch glühend heiße Steine, die sogen. Steinkocherei. Dazu kommt, daß man kleineres Wildbret und Fische, auf einen Stock gespießt, direkt über dem Feuer braten kann. Einige Indianerstämme Brasiliens braten in dieser Weise kleinere Affen, [* 12] Stücke von Schlangen [* 13] und die ungarischen Fischer manchmal auch Fische. Aber auch größere Tiere kann man über hellem Feuer in ihrer eignen Haut [* 14] gar machen, wie Herodot z. B. von den Skythen erzählte, daß sie die ¶
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Knochen [* 16] der Tiere als Brennmaterial benutzten und die Tiere in ihrer eignen Haut mit Wasser kochten. Statt der Haut des Tiers wird von manchen Völkern Baumrinde als Umhüllung oder Kochbehälter angewendet. Bei der Steinkocherei werden bis zum Glühen erhitzte Steine in die zu kochende Substanz oder in das zum Kochen zu benutzende Wasser gethan (so beschreibt Musters die Zubereitung eines frisch erlegten Straußes bei den Patagoniern durch erhitzte Steine); doch läßt sie sich natürlich auch in Gefäßen von Holz, [* 17] Baumrinde und Fruchtschalen (Kürbissen) anwenden, wie dies bei nordamerikanischen und nordasiatischen Stämmen der Fall ist.
Man kann die glühenden Steine aber auch in einfache mit Thon ausgeschmierte Gruben legen, wie dies in Südaustralien vorkommen soll. An letzteres erinnern uns auch die Befunde in unsern Gegenden. Nicht selten findet man in und neben den Gräberfeldern, z. B. bei Giebichenstein bei Halle, [* 18] bei Schmöckwitz und bei Selchow in der Nähe Berlins, mit Steinen ausgesetzte Gruben, welche mit Kohlen und Asche gefüllt sind, und in denen sich Tierknochen, allerdings aber auch Scherben von Thongefäßen befinden. Obwohl man verstand, Thongefäße anzufertigen, behielt man doch die Sitte, in Gruben zu kochen, bei; denn wahrscheinlich waren doch diese Gruben nicht außerhalb, sondern innerhalb der Wohnung belegen und die Anlage der Grube nicht durch die Rücksicht auf Wind und Zugluft geboten, wie dies sonst beim Kochen im Freien der Fall ist.