(Kochheim), Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk
Koblenz,
[* 2] an der
Mosel und an der
LiniePerl-Koblenz der Preußischen
Staatsbahn (hier mit einem 4100 m langen
Tunnel),
[* 3] hat ein
Schloß, ein
Amtsgericht,
Gerberei, starken Mühlenbetrieb, bedeutenden
Weinbau und (1885) 3225 fast nur kath. Einwohner. - Kochem war
zunächst als Reichslehen imBesitz der
Pfalzgrafen von
Aachen
[* 4] und wurde nach deren Aussterben von König
Konrad III. eingezogen. Bis zum Ende des 13. Jahrh. hatten dort
Burggrafen ihren Sitz, bis König
Adolf 1294 an Kurtrier verpfändete.
Albrecht I. überließ es 1298 dem Erzstift völlig. Die
Franzosen verbrannten 1689 einen großen Teil der Stadt,
das jetzt beinahe wieder vollständig hergestellte
Schloß sowie die nahen
Burgen
[* 5] Winneburg und
Beilstein, die heute noch als
Ruinen die Umgegend schmücken.
Loschen (Kochemerloschaun, verderbt Kokumloschen, v. hebr.
chacham, klug, und laschon,
Sprache),
[* 6] der gaunerklassische
Ausdruck für den vollkommenen
Begriff der
Gaunersprache,
d. h. der
Sprache des
Gauners vom
Fach.
Gleich klassisch ist der
Ausdruck Chessenloschen (v. hebr. chess, klug), auch wohl Chessenkohl
(von kol,
Stimme,
Sprache), davon auch das weniger gebräuchliche Kochemerkohl. Die
Ausdrücke: Kochemersprache, Kaloschen- oder
Galoschensprache,
Jenische Sprache sind keine echten Gaunerausdrücke, sondern von
Polizei und
Volk gemacht;
ebenso
Schurersprache (v. zigeunerischen schorr,
Dieb), obwohl schuren, schorren
(Handel treiben, stehlen) ein gebräuchlicher Gaunerausdruck
ist.
Plattenkohl (v. hebr. polat, glatt sein, entkommen) war der jetzt
veraltete stehende
Ausdruck in der
Bande des Balthasar Krummfinger in der Mitte des 18. Jahrh. Der
AusdruckKocheme Waldiwerei,
den
Bischoff in sein (unzuverlässiges) »Gaunerwörterbuch«
(Neust. 1822) aufgenommen hat, ist eine
Erfindung des
Autors und niemals von wirklichen
Gaunern für ihre Kunstsprache verwandt
worden. Im Dreißigjährigen
Krieg kam der rein deutsche
AusdruckFeldsprach auf, der sich jedoch nicht lange gehalten hat.
Für »sprechen« ist in der
Gaunersprache üblich: dabbern, dibbern, medabber sein, dawern, diwern (sämtlich
v. hebr. dabar, dowor,
Wort, reden), schmusen (v. hebr. schmuo, Gerücht,
Erzählung) und kochem schmusen sowie kochem dibbern.
Die
Gaunersprache ist durchaus deutsche Volkssprache, welche ihren Zufluß aus allen deutschen
Mundarten und, je nach der mehr
oder minder starken Berührung und Vermischung der verschiedenen verbrecherischen
Elemente untereinander, aus fremden Sprachtypen
empfangen hat.
Jedes dieser mundartlichen und fremden
Elemente bewahrt mit Hartnäckigkeit eine
Menge des eigentümlichen
Stoffes, der freilich,
im langen, lebhaft bewegten Zug
von einer
Stelle zur andern geführt, sich oft bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet findet. So
erscheint die
Gaunersprache in ihren
Typen als eine konventionelle oder gemachte
Sprache, im
Gegensatz zu
einer naturgemäß gewordenen, und zeichnet sich durchgängig durch
Scharfsinn, reiche
Phantasie, lebhafte
Bilder, übermütigen
Witz und verwegene
Sprünge aus, z. B.:
Kraut fressen, abkrauten, aus der Gefangenschaft (ins freie
Feld) fliehen, ebenso die
Krautsuppe essen;
Viel ist zu diesem Vorrat auch aus dem eigentümlichen
Sprachvorrat deutscher Volksgruppen hinzugebracht worden, z. B. aus derStudenten-,
Bauern-,
Jäger-,
Schiffer-,
Bergmanns-,
Handwerker-,
Soldaten-,
Kellner-,
Kutscher-,
Spieler-, Schinder- und Freudenmädchensprache, welch letztere besonders
vom
Klerus des
Mittelalters mit meistens latinisierenden
Bereicherungen versehen worden ist. Die ersten
Spuren eines Vokabulars
findet man im Notatenbuch des
Kanonikus Dithmar von Meckebach in
Breslau
[* 15] um die Mitte des 14. Jahrh. Bemerkenswert ist
das Vokabular des Ratsherrn
Gerold Edlibach (Zürich
[* 16] 1488) sowie auch das sogar von
Luther 1523 herausgegebene
»Liber vagatorum«, welches
(abgesehen von einzelnen originellen und verdienstvollen Sammlungen, wie z. B.
Mejer,
Grolmann und
Zimmermann) die Grundlage
aller spätern »rotwelschen« Vokabulare und
Grammatiken geblieben und vielfach von unwissenden
Epigonen entstellt worden ist.
Das merkwürdigste, weil einzige unmittelbar von einem gefährlichen
Gauner herrührende,
Wörterbuch ist
die »Wahrhafte
Entdeckung der
Jauner- oder Jenischensprache von dem ehemals berüchtigten
Jauner Kostanzer
Hanß. Auf
Begehren
von Ihme selbst aufgesetzt und zum
Druck befördert«
(Sulz am
Neckar 1791),
welches sich bei
Avé-Lallemant (»Gaunertum«, Bd.
4) vollständig abgedruckt findet. Die namentlich von
Thiele aufgestellte besondere
»JüdischeGaunersprache«,
welche es ebensowenig gibt wie ein besonderes jüdisches Gaunertum, ist eine nur durch Unwissenheit veranlaßte
Verwechselung
und Identifizierung des Jüdisch-deutschen
Dialekts (s. d.) mit der
Gaunersprache. Über die gleichfalls häufig mit der
Gaunersprache
verwechselte Zigeunersprache s.
Zigeuner. Vgl.
Zinken und
Rotwelsch.
s. v. w.
Sieden (s. d.); in der
Technik und im
Haushalt die Behandlung verschiedenartiger
Substanzen bei der Siedetemperatur
des
Wassers unter gewöhnlichem, höherm oder niederm
Drucke. Durch das Kochen werden mancherlei
Zwecke verfolgt.
Flüssigkeiten
kocht man, um in ihnen enthaltene
Gärungs- und Fäulniserreger zu töten
und sie dadurch haltbarer zu
machen
(Milch,
Fruchtsäfte etc.); durch anhaltendes Kochen werden
Flüssigkeiten verdampft (Salzlösungen, Pflanzenauszüge etc.),
und wenn die in der
Flüssigkeit gelösten
Körper bei Siedetemperatur des
Wassers und unter dem Einfluß der
Luft zersetzt werden,
so kocht man im geschlossenen
Gefäß,
[* 17] mit welchem eine
Luftpumpe
[* 18] verbunden ist, unter niedrigem
Druck, bei welchem
die
Flüssigkeit leichter siedet
¶
Speisen werden beim in solchen Apparaten nicht nur sehr viel schneller gar, sondern es werden manche auch weich und zart, die
im offenen Topfhart und ungenießbar bleiben. Dabei erleiden viele Nahrungsmittel
[* 21] durch das Kochen eine solche Veränderung
ihrer Beschaffenheit, daß ihre Verdaulichkeit erheblich wächst. Sehr häufig und namentlich im Haushalt kocht man über freiem
Feuer und benutzt dazu mehr oder minder kompliziert konstruierte Kochherde für gewöhnliches Brennmaterial, für Grude, auch
Gas- und Petroleumkochapparate; im größern Betrieb aber wird das Kochen mit Dampf
[* 22] vorgezogen.
Man erzeugt Wasserdampf in einem besondern Kessel und leitet denselben durch ein Rohr direkt in die zu
kochende Flüssigkeit. Anfangs wird der Dampf durch letztere vollständig verdichtet, dabei gibt er aber seine Dampfwärme
an die Flüssigkeit ab, und bald beginnt diese zu sieden. Durch den verdichteten Dampf ist ihr Volumen vergrößert worden.
Soll dies vermieden werden, so benutzt man Kochgefäße mit doppeltem Boden und leitet den Dampf in den
Raum zwischen beiden Böden, oder man legt ein spiralförmig gebogenes Rohr (Dampfschlange) auf den Boden des Kochgefäßes und
leitet den Dampf durch das Rohr. In sehr einfacher Weise kocht man z. B. Kartoffeln mit Dampf, indem man an
ein siebartig durchlöchertes Blech kurze Füße lötet und dies Tischchen in einen Topf stellt, dessen Durchmesser nicht viel
größer als der des Bleches ist.
Man gießt so viel Wasser in den Topf, daß dasselbe das Blech noch nicht berührt, und schüttet die Kartoffeln auf das letztere.
Der Dampf durchdringt dann die Kartoffeln und macht sie gar, ohne daß das Wasser darauf einwirkt. Statt
der Blechscheibe kann man auch einen Cylinder aus gelochtem Blech oder Drahtgewebe anwenden und hat dann den Vorteil, die Kartoffeln
leicht aus dem Kochtopf herausnehmen zu können. Ähnliche Vorrichtungen haben sich gut bewährt zum Kochen der
Wäsche, auch hat man für diese einfache Kochapparate konstruiert, in denen das Wasser durch den Druck emporgehoben wird und
durch die Wäsche hindurchfließt, um von neuem gehoben zu werden.
Die Kochgefäße sind sehr verschiedener Art. Am häufigsten findet man metallene (guß- und schmiedeeiserne, kupferne, messingene,
zinnerne) Kessel, Kasserollen, Cylinder etc. Je dünnwandiger das Gefäß ist, um so leichter wird die Wärme
[* 23] übertragen; bisweilen aber wirkt das Metall nachteilig auf die zu kochende Flüssigkeit ein, und in solchem Fall wird Eisen
[* 24] emailliert,
Kupfer
[* 25] verzinnt. So werden Pflanzensäfte in eisernem oder verzinntem Geschirr mißfarbig, sie behalten ihre Farbe am schönsten
in Kupfer; wenn sie aber sauer sind, so dürfen sie nicht in dem kupfernen Geschirr erkalten, weil sich
bei Einwirkung der Luft (die während des Kochens durch den Dampf abgehalten wird)
Kupfer löst. In neuerer Zeit ist vernickeltes
Küchengeschirr sehr beliebt geworden.
Bei irdenem Kochgeschirr kommt die Beschaffenheit der Glasur in Betracht, die bei gewöhnlichen Thonwaren
[* 26] in der Regel bleihaltig ist und dann oft an saure FlüssigkeitenBlei
[* 27] abgibt. Die saubersten Kochgefäße sind die porzellanenen
und die gläsernen; ihrer Anwendbarkeit sind leider durch das leichte Springen der erstern und die Zerbrechlichkeit der letztern
enge Grenzen
[* 28] gesetzt. Recht empfehlenswert sind die in neuerer Zeit bekannt gewordenen Kochgeschirre aus
Weißblech mit doppeltem Boden, die das Anbrennen verhindern und bei gutem Verschluß mindestens ebenso schnell gare Speisen
liefern wie die gewöhnlichen Kochtöpfe mit lose aufliegendem Deckel. Vgl. Kochherde und Kochkunst.