Nach dem
Tode des
KönigsGeorg V. gab er eine
Biographie desselben heraus (Hamb. 1878). Da ihm die Vollendung der
Ausgabe von
Leibniz' Werken, von denen bis 1884: 11
Bände erschienen, durch das Verbot, das
Archiv in
Hannover zu benutzen, unmöglich gemacht
war, begann er die Ausarbeitung eines weitschichtig angelegten Werkes: »Der
Fall der
Stuarts«
(Wien
[* 8] 1875-86, Bd. 1-13),
worin er dies Ereignis im Zusammenhang der europäischen Geschichte nicht bloß
als gerecht, sondern auch als den
Wünschen und
Interessen der katholischen
Kirche entsprechend darzustellen suchte.
Ferner schrieb
er: »Das Jahr 1683 und der folgende große Türkenkrieg«
(Graz
[* 9] 1882).
(Cloppenburg), Amtsstadt im Großherzogtum
Oldenburg,
[* 12] an der
Soeste und der
LinieOldenburg-Osnabrück der
Oldenburgischen Staatsbahn, hat eine schöne kath.
Pfarrkirche, eine evang.
Kapelle, ein
Amtsgericht,
Leder- und Bijouteriewarenfabrikation,
besuchte Pferdemärkte und (1885) 2027 meist kath. Einwohner.
Klößchen oder kotelettförmige
Scheiben aus gehacktem
Rindfleisch oder aus einer Mischung von
Rind-,
Kalb- und
Schweinefleisch, werden entweder gebraten, oder gedünstet und dann mit einer pikanten weißen
Sauce serviert (Klops
à laKönigsberg);
FriedrichGottlieb, der frühste unter den klassischen deutschen Dichtern des 18. Jahrh., durch
sein poetisches Auftreten bahnbrechend und epochemachend, wurde als das älteste unter 14
Kindern des
Kommissionsrats und
Advokaten
Klopstock zu
Quedlinburg
[* 19] geboren. Die
Ausbildung des Dichters, vom
Vater früh vorzugsweise auf körperliche
Entwickelung gerichtet, fand in dieser Hinsicht besondere
Forderung durch den Umstand, daß die
Familie um 1735 auf das in
Pacht
genommene Amtsgut Friedeburg bei
Quedlinburg zog.
Seit 1737
Schüler des
Gymnasiums in letzterer Stadt, verriet Klopstock, angeregt durch die Bekanntschaft mit Vergils
»Äneide«, die
ersten
Spuren poetischer Begabung, und seine jugendliche
Phantasie faßte den
Gedanken einer epischen Verherrlichung
des Städtegründers
Heinrich I. Seit 1739 Zögling der
Schule zu
Pforta, machte er sich innig vertraut mit den altklassischen
Schriftstellern. Die
Notwendigkeit eines nationalen
Heldengedichts war herrschender litterarischer Glaubenssatz; der
Instinkt
des
Genius verriet sich bei Klopstock darin, daß er von dem weltlichen
Stoff absah und unter dem
Eindruck des
»Verlornen
Paradieses« von
Milton den
Plan zur
Epopöe »Der
Messias« faßte.
Die religiöse
Gesinnung und
Empfindung, die gerade damals milder, unkirchlicher, poetischer ward, war die einzige in den bürgerlichen
KreisenDeutschlands allgemein vorhandene Gemütsstimmung, und Klopstock traf mit seiner Stoffwahl
durchaus das
Rechte. Zu
Jena,
[* 20] wohin sich Klopstock 1745 begab, um
Theologie zu studieren, entstanden die drei ersten
Gesänge der
»Messiade«
und zwar in
Prosa. Die anfängliche Absicht, das Gedicht überhaupt in ungebundener
Rede abzufassen, welche besonders in dem
Widerwillen des Dichters gegen den hölzernen Modevers, den
Alexandriner, wurzelte, wurde erst während
Klopstocks Studienzeit in
Leipzig
[* 21] (schon nach dem ersten
Semester war er mit seinem
VetterSchmidt aus
Langensalza
[* 22] dorthin übergesiedelt)
aufgegeben. An einem Sommernachmittag 1746 formte Klopstock den Anfang seines Gedichts, zuerst am Erfolg zweifelnd,
in
Hexameter um, und dieser Übergang zu dem antiken
Metrum sollte für die moderne
Dichtung höchst bedeutsam
werden. In
Leipzig trat in
Verbindung mit dem
Kreis
[* 23] junger
Poeten, die, von der Gottschedschen
Richtung abgefallen, in Klopstock
Chr.
Gärtner (s. d.) ihren kritischen
Führer, in den sogen.
»Bremer Beiträgen« ihr litterarisches
Organ hatten. Die letztern brachten
denn auch (1748 im 4.
Band)
[* 24] die drei ersten
Gesänge von Klopstocks
»Messias« in die
Öffentlichkeit.
Bodmer
erkannte sofort im
Sänger des
»Messias« den Geistesverwandten
Miltons und weissagte ihm in aufrichtiger
Begeisterung eine große
Zukunft. Klopstock, der auch als
Lyriker bereits in
Leipzig produktiv gewesen war und dort einige seiner schönsten
Oden (»Der
Lehrling
der Griechen«,
»Wingolf«, »AnGiseke«, »Die künftige Geliebte«) gedichtet hatte, war inzwischen
als
Hauslehrer in eine angesehene
Familie nach
Langensalza gegangen.
Dort faßte er leidenschaftliche, doch unerwiderte
Neigung zu der
Schwester des
oben genannten
VettersSchmidt,
MarieSophie, in
Klopstocks
Dichtungen unter dem
Namen
»Fanny« verewigt. Die Fruchtlosigkeit seiner Bemühungen, die Gegenliebe des Mädchens
zu erwerben, bewog neben andern Umständen den Dichter, einer Einladung
Bodmers nach Zürich
[* 25] zu folgen. Im Juli 1750 traf
er hier ein. Unterdessen war das anfängliche Schweigen über das Messiasfragment in
Deutschland
[* 26] dem lauten Lärm eines heftigen
litterarischen Streits gewichen.
Der
Professor der
Philosophie,
Meier zu
Halle,
[* 27] hatte 1749 eine lobpreisende Beurteilung des Gedichts veröffentlicht.
Gottsched, anfänglich bemüht, durch die Schilderhebung von Dichterlingen kläglichsten
Schlags, wie des
Freiherrn v.
Schönaich,
den neuen
»Messias« zu beseitigen, trat endlich selbst in die
Schranken, als auch von seiten der eigentlichen Gelehrtenwelt,
wie durch den
GothaerRektor Stuß, die
Aufmerksamkeit der Lesewelt auf das verhaßte
Phänomen gelenkt wurde.
Gottsched bekämpfte energisch, aber völlig
¶
mehr
fruchtlos, die Begeisterung für den »Messias«; er isolierte sich durch seinen Widerstand mehr und mehr. In Zürich
enttäuschte Klopstocks
jugendliches, genußfrohes Auftreten und Verhalten Bodmer und dessen alte Freunde, die einen »heiligen« Dichter erwartet hatten.
Bodmer zürnte in unfreundlichster Weise; Klopstock aber ging in seinem überreizten Selbstgefühl einen Schritt zu
weit, so daß ein Bruch erfolgte, welcher vor Klopstocks Weggang aus Zürich
nur notdürftig geheilt werden konnte.
Inzwischen hatte Klopstock 1751 durch Vermittelung des Ministers v. Bernstorff vom König Friedrich V. von Dänemark
[* 29] einen Gnadengehalt
von 400 Reichsthaler erhalten, damit er in Kopenhagen
[* 30] die »Messiade« mit guter Muße und »ohne Distraktion«
beendigen könne. Auf der Hinreise lernte in Hamburg
[* 31] die für sein Gedicht begeisterte MetaMoller kennen, die im Juni 1754 seine
Gattin wurde. Die ersten Jahre seiner sehr glücklichen Ehe sahen den Dichter auch auf dem Höhepunkt seines dichterischen
Schaffens. 1755 war der »Messias« bis zum zehnten Gesang beendigt und in doppelter Ausgabe erschienen. Um
dieselbe Zeit entstanden Klopstocks frühste prosaische Abhandlungen; 1757 machte der Dichter mit dem »TodAdams« den ersten
dramatischen Versuch, und gleichzeitig war er besonders fruchtbar in der Gattung des geistlichen Liedes. 1758 nahm der Tod seine
treue Meta (Cidli nannte sie der Dichter in den schönen an sie gerichteten Oden) während eines Besuchs
in Hamburg ihm von der Seite, und mit diesem Ereignis schließt Klopstocks glücklichlichster ^[richtig: glücklichster]
Lebensabschnitt.
Die Hoffnungen, welche der Dichter in den letzten 60er Jahren auf den neuen Kaiser, Joseph II., setzte, erfüllten
sich in keiner Weise. 1771 veranstaltete Klopstock, veranlaßt durch die Sammlung seiner Oden, welche die Landgräfin Karoline von
Darmstadt,
[* 33] und die inkorrekte, welche der Dichter Dan. Schubart kurz vorher veröffentlicht hatten, eine selbständige Ausgabe
derselben, die bei Bode zu Hamburg erschien. Nach BernstorffsTod wohnte Klopstock eine Zeitlang im Haus von dessen
Gemahlin zu Hamburg; dann bezog er das Haus eines Herrn v. Winthem daselbst, dessen Witwe später (1791) seine zweite Frau und
die treue Pflegerin seines Alters wurde. 1772 ward das Trauerspiel »David« beendigt, 1773 der »Messias« endlich abgeschlossen.
In der herrlichen Ode »An den Erlöser« ward des Dichters inniger Dank gegen Gott ausgesprochen, daß er
ihm die Vollendung des großen Werkes vergönnt habe. Weit über DeutschlandsGrenzen
[* 34] hinaus war der Ruhm des Gedichts erschollen.
Übertragungen in die italienische, französische und englische Sprache hatten es dem Ausland zugänglich gemacht. In das Jahr 1773 fällt
auch die Beendigung der prosaischen Schrift »Die deutsche Gelehrtenrepublik«, unter deren wenigen Bewunderern
sich merkwürdigerweise Goethe befand.
Wie tief und stark die Verehrung und Begeisterung für Klopstock im allgemeinen, besonders aber bei der damaligen Jugend, war, zeigt
am deutlichsten das Verhältnis, in welchem die Mitglieder des Göttinger Dichterbundes (s. d.) zu dem Dichter
der »Messiade« standen. Sie
sahen in Klopstock ihr Ideal und unbedingtes Vorbild; bei den Versammlungstagen lagen stets seine Oden,
meist bekränzt, auf dem Tisch. Klopstock trat auch in persönliche Beziehung zu den Hainbündlern, und als er 1774 der Einladung,
die MarkgrafKarlFriedrich vonBaden
[* 35] an den »Dichter der Religion und des Vaterlandes« zum dauernden Besuch
an seinem Hof
[* 36] hatte ergehen lassen, folgte, verweilte er in Göttingen
[* 37] im Kreis der begeisterten Verehrer.
Von des Dichters damaliger Einkehr in GoethesWohnhaus
[* 38] berichtet »Wahrheit und Dichtung«. Schon im Frühjahr 1775 verließ Klopstock, des
Hoflebens müde, Karlsruhe
[* 39] und traf nach einer Reise in die Schweiz,
[* 40] die ihn mit Goethe und den Stolbergs
zusammenführte, im Juni wieder in Hamburg ein. Das gute Verhältnis zu Goethe verwandelte sich übrigens bald in dauernde Entfremdung,
als Klopstock 1776 sich beikommen ließ, durch unberufene und ziemlich unmotivierte Einmischung in das weimarische
Treiben den HerzogKarlAugust und Goethe tief zu verletzen.
Die letzten 28 Jahre seines Lebens verbrachte in zunehmender Stille und Zurückgezogenheit. Von der Entwickelung, welche die
deutsche Poesie vornehmlich seit dem Erscheinen des »Götz von Berlichingen« genommen, sich abwendend, verdrossen durch die
kühle Ausnahme der »Gelehrtenrepublik« und seiner seltsamen linguistischen
Versuche (»Fragmente über Sprache
[* 41] und Dichtkunst«, 1779 und 1780), spann sich der Dichter immer mehr in
seiner Sonderstellung ein.
Der Odendichtung blieb er bis wenige Jahre vor seinem Tode treu, doch litt seine spätere Lyrik großenteils an Unverständlichkeit
und Schwerfälligkeit des Ausdrucks. Mehr und mehr der deutsch-patriotischen Richtung sich ergebend (die Dramen: »Hermann und
die Fürsten« und »HermannsTod« sind Zeugnisse hierfür), nahm Klopstock auch lebhaften Teil an den damaligen
großen weltgeschichtlichen Vorgängen im Ausland. Schon der nordamerikanische Unabhängigkeitskrieg hatte ihn hoch begeistert,
die Einberufung der französischen Reichsstände (1787) feierte er durch eine Ode.
Ein Diplom, das ihn zum französischen Bürger ernannte, war die Anerkennung für diese und ähnliche Kundgebungen.
Seiner Enttäuschung, welche nicht lange auf sich warten ließ (den Entwickelungsgang der Revolution mißbilligte er in einem
Schreiben an den Präsidenten des Konvents sehr nachdrücklich), gab er gleichfalls poetischen Ausdruck (Ode »MeinIrrtum«). Die
an äußern Ehren reichen letzten Lebensjahre des Dichters verflossen unter eifriger Beschäftigung mit
Ausfeilung seiner Schriften. Im Winter 1801 begann er zu kränkeln, seit Februar 1803 verließ er sein Lager
[* 42] nicht mehr. Er starb,
im Geist mit seinem großen Epos beschäftigt, Das Leichenbegängnis (22. März) war fürstlich großartig. Zur Ruhestätte
hatte sich Klopstock den Friedhof des DorfsOttensen bei Altona
[* 43] gewählt, wo seine erste Gattin begraben war. Dort
trägt ein weißer Marmorstein die Inschrift: »Saat von Gott gesäet, am Tage der Garben zu reifen. Bei seiner Meta und seinem
Kind ruhet FriedrichGottlieb Klopstock«. Am ward zu Quedlinburg und Altona Klopstocks Säkularfeier begangen und ihm
in ersterer Stadt ein Denkmal errichtet, in Quedlinburg, Schulpforta und anderwärts das 150jährige Jubiläum des
Dichters gefeiert.
Will man Klopstocks Bedeutung für die deutsche litterarische Entwickelung und das geistige Leben unsrer Nation überhaupt gerecht
würdigen, so ist vor allen Dingen der absolute ästhetische Wert seiner Schöpfungen bei der Beurteilung
streng zu
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