Außer zahlreichen
Arbeiten kristallographischen
Inhalts, namentlich auch über die
Struktur der optisch-anomalen
Kristalle,
[* 8] wie
Boracit,
Granat,
[* 9]
Perowskit,
Leucit,
[* 10] schrieb er: Ȇber Zwillingsverbindungen und Verzerrungen und ihre
Beziehungen zu den Symmetrieverhältnissen der Kristallsysteme« (Heidelb. 1869);
»Einleitung in die Kristallberechnung« (Stuttg.
1875).
1879-84 beteiligte er sich an der Redaktion des »Jahrbuchs für
Mineralogie etc.«
9)
HermannJoseph, Astronom und Meteorolog, geb. zu
Köln,
[* 11] widmete sich dem
Buchhandel, verließ denselben aber wieder
und studierte unter
HeisMathematik und
Astronomie.
[* 12] Er errichtete in
Köln eine Privatsternwarte und stellte
auf derselben hauptsächlich
Beobachtungen über die
Topographie des
Mondes an. Eine
Frucht dieser
Beobachtungen war der 1877 geführte
Nachweis der
Neubildung eines großen, kraterförmigen
Objekts nahe der Mitte der Mondscheibe. Von seinen zahlreichen
Schriften
führen wir an: »Handbuch der allgemeinen Himmelsbeschreibung« (Braunschw.
1872, 2 Bde.);
die große westasiat.
Halbinsel, die, zwischen 36° und 42° nördl.
Br. und zwischen
26° 20' und 42° östl. L. v. Gr. gelegen, sich westwärts
vom
Euphrat zwischen dem
Schwarzen und dem
MittelländischenMeer bis an das Ägeische und das
Marmarameer ausdehnt und jetzt
einen Teil des türkischen
Reichs bildet (s.
Karte
»Türkisches Reich« u. »Mittelmeerländer«).
Gegen O. hat Kleinasien keine natürliche geographische oder ethnographische
Grenze; eine
Linie, von
Trapezunt oder
der Rionmündung nach der
Spitze des Issischen
Meerbusens gezogen,
ist als östliche Begrenzung rein willkürlich.
Ebenso hatte das
Altertum keinen eignen
Namen für das Land; derselbe kam erst im 5. Jahrh.
n. Chr. auf, gleichsam im
Gegensatz
zum übrigen
Asien,
[* 14] ist aber auch in anderm
Sinn zutreffend, insofern die
Halbinsel in allgemeinen
Umrissen
die Bodengestalt des großen
Asien wiederholt:
Tafelland in der Mitte, Randgebirge und Terrassenländer an den Seiten. Vom
armenischen
Hochland ziehen die
Ketten aus, welche das
Tafelland der Mitte umschließen; sie verfolgen im allgemeinen die
Richtung
von ONO. nach WSW.
Den Nordrand bildet ein durch die
Thäler der Pontuszuflüsse häufig durchbrochener Bergzug, der, dem
Rande des
SchwarzenMeers
parallel, nach W. bis zum
Ida und dem
KapBaba zieht und in seinen höchsten Gipfeln die
Höhe von 2200 m erreicht. Den Südrand
bildet der
Taurus mit seinen Fortsetzungen, ebenfalls keine zusammenhängende
Kette, aber doch einheitlicher
und gewaltiger als die
Berge im N. Vom armenischen
Plateau zieht ein mächtiger Zug
nach
SW. und trägt im N. der
Bucht von
Alexandrette
Gipfel von 3200 m. In nördlicher Fortsetzung begleitet er die
Küste des
Mittelmeers,
[* 15] erreicht im
BulgarDagh 3477 mHöhe,
steigt im
LykischenTaurus noch einmal zu 3200
m an und läuft schließlich in langen, schmalen
Halbinseln ins
Ägeische Meer
aus.
An der
Nord- und Südseite lassen die schroff abstürzenden
Gebirge nur einen schmalen Küstensaum; nur nach W. senkt sich
das Bergland sanfter und in mehreren
Terrassen dem
Meer zu. Die
Küsten selbst sind fast überall steil
und ausgebuchtet, namentlich auf der Westseite in seltenster
Weise ausgezackt; längs der Südküste reichen die steilen und
hohen Felsenmassen oft bis an das
Meer. Nach dem Innern dachen sich die Randgebirge allmählich ab und bilden die im
Durchschnitt
800-1000 m ü. M. gelegene Scheitelfläche von Kleinasien, welche
teils aus welligen
Becken, teils aus völlig horizontalen
Plateaus besteht und eine
Menge unregelmäßiger Bergzüge und einzelne
Hochgipfel enthält.
An den Berghängen finden sich wohl einzelne gut bewässerte
Strecken sowie fruchtbare Thalmulden; im ganzen aber ist das
innere
Tafelland (fast ein Drittel des Ganzen) ein wasserloses, pflanzenarmes, oft sogar steppenartiges,
daher einförmiges und heißes Gebiet, während die Randterrassen sich durch eine reiche
Vegetation und hochstämmige
Wälder
auszeichnen. Das
Tafelland hat das
Klima
[* 16] des nördlichen
Frankreich oder
Deutschland,
[* 17] nur daß die
Winter viel kälter und die
Sommer viel heißer und trockner sind.
Der
Boden ist vielfach mit Salzkristallen geschwängert; auch zahlreiche
Salzseen und Steppenflüsse gibt
es. Ohne
Zweifel ist auch dieses
Tafelland durch vulkanische Thätigkeit erschüttert und unterwühlt worden; dafür sprechen
der
Name des »verbrannten
Phrygien« und die erloschenen
Vulkane:
[* 18] der 3860 m hohe
Ardschisch (Argäus der Alten) bei
Kaisarieh
und südwestlich davon der Hassan
Dagh (2400 m). Die
Flüsse
[* 19] Kleinasiens sind entweder Gebirgswasser kürzern
Laufs, die vom Randgebirge zum
Meer gehen, oder größere
Flüsse, die auf dem
Tafelland entspringen und die Randgebirge durchbrechen.
Die
Wasserscheide zwischen dem
SchwarzenMeer und
Mittelmeer geht mitten durch das
Tafelland. Sie sind sämtlich nur als Ernährer
der
Vegetation wichtig, schiffbar ist keiner. Der bei weitem größte
Fluß ist der
Kisil Irmak (ein Pontuszufluß);
dem
SchwarzenMeer gehen ferner zu der
Sakaria (bei den Alten Sangarius) und der
Jeschil Irmak
(Iris). Ins
Marmarameer fließen:
die vereinigten Susurlu
Tschai und Adyrnas
Tschai¶
Von den zahlreichen Seen sind der SalzseeTus Tschöllü
im NO. und der Beischehr Göl und Egerdir oder Hoiran Göl im W. von Konia, der IsnikGöl im NO. von Brussa, der Abolonia- und Maniassee
im S. des Marmarameers die namhaftesten.
Kleinasien ist in Bezug auf historische Erinnerungen und auf die Lage für den Handel mit keinem andern Lande des
Orients zu vergleichen, obschon es sich gegenwärtig infolge der Türkenherrschaft in einem traurigen Zustand befindet,
und nicht ohne Grund hat Roß das Land deutschen Kolonisten eifrig empfohlen. Der Boden ist, mit Ausnahme der sterilen Strecken
der Tafelfläche, ergiebig und zum Teil sehr fruchtbar; er wird nie gedüngt und nur von einem sehr rohen
Pflug
[* 21] aufgerissen, und dennoch gibt er immer Frucht.
Mohn, zur Bereitung von Opium, wird in ganz Kleinasien gebaut, besonders aber auf den Plateaus im großen. AllesOpium Kleinasiens führt England nach Ostasien. Unter dem Vieh in Kleinasien ist vor allen die Angoraziege zu nennen, die nur in Einer
Gegend, westlich vom Kisil Irmak, fortkommt und in jeder andern ausartet, deren Zahl aber durch Futtermangel und Kälte im
Winter 1874/75 beträchtlich reduziert wurde. Auf den hohen Tafelländern nomadisieren Herden von Schafen,
Ziegen und Pferden, von denen besonders letztere (Nachkommen der alten kappadokischen Rasse) durch Behendigkeit und Stärke
[* 29] ausgezeichnet
sind.
Der SeeTusGöl ist eine einzige ungeheure Masse kristallinischen Salzes, auch die Salzsümpfe des WilajetsSiwas sind
reich an
Salz.
[* 35] Seesalz gewinnt man an den Küsten. Unter den Metallwerken Kleinasiens befindet sich nur eine einzige nach europäischer
Art eingerichtete Hütte, zu Tokat. Der Binnenhandel Kleinasiens ist unbedeutend. Wie oben schon erwähnt,
ist ein fahrbarer Wasserweg in ganz Kleinasien nicht vorhanden; aber auch an gebahnten Wegen fehlte es bis vor kurzem
dem Land. Erst in den letzten Jahren ist ein verhältnismäßig dichtes Netz von Chausseen gebaut worden, beziehentlich im Bau
begriffen.
Dazu kommt, daß die wilden Horden, welche ihre Herden in diese Gebiete treiben, die Karawanen vielfach
beunruhigen und ausplündern. In neuerer Zeit wurden Eisenbahnen von Smyrna einerseits nach Alaschehr, anderseits nach Ödemusch,
Tire, Aidin und Serai Köi, von Skutari nach Ismid und von Mersin nach Adana gebaut. Es sind dies die Anfangsglieder der großen,
von englischen Kapitalisten seit Jahren geplanten Euphratbahn, welche Kleinasien von Skutari aus durchschneiden
und entweder, dem Euphrat folgend, den Golf von Persien
[* 36] erreichen und an dessen Nordgestade nach Karatschi fortgeführt werden
soll, oder, den genannten Strom überschreitend, über Herat und Kabul an das indische Eisenbahnnetz sich anzuschließen bestimmt
ist.
Die Küsten sind reich an Baien und Reeden, die sich für Handelsorte auf das trefflichste eignen; aber
die meisten sind verödet. Der Exporthandel geht in den Hafenstädten des Südens meist durch die Hände europäischer Spekulanten,
die dadurch den ganzen Vorteil an sich ziehen. An der den Nordwinden sehr ausgesetzten Nordküste ist Trapezunt durch seine
Verbindung mittels österreichischer und englischer Dampfschiffe nach Konstantinopel jetzt deshalb wichtig geworden, weil der
schwierige Karawanenweg nach Smyrna allmählich aufgegeben wird und die Produkte ihren Weg nach Trapezunt nehmen, wie denn auch
die europäischen Waren nicht mehr über Smyrna, sondern über Konstantinopel und Trapezunt in das Innere befördert werden. -
Die Bevölkerung
[* 37] wird auf 5-6 Mill. geschätzt und ist im W. am dichtesten (rund 1½ Mill.). Den Hauptteil derselben bilden
die ottomanischen Türken; 1/20 der Bewohner mögen Griechen sein, welche besonders im W., an der nordöstlichen Küste und
in Kappadokien ansässig sind und nebst den Armeniern und Juden fast den ganzen Handelan sich gerissen haben.
Außerdem finden sich Turkmenen, nomadisierende Juruken, Kurden, wenige Araber und eine kleine Anzahl Zigeuner im Land.