vorkommenden, namentlich aber im
Mittelalter und in der Renaissancezeit und bis gegen das Ende des 17. Jahrh. erlassenen
Gesetze, welche bestimmten, wie eine jede
Klasse der
Staatsbürger sich kleiden sollte. Da im Übertretungsfall alles durch
Geldstrafen gebüßt werden sollte, so waren sie eigentlich immer nur
Luxussteuern und fruchteten wenig, zumal
sie sehr nachsichtig gehandhabt und häufig abgeändert wurden. Eine Trauerordnung wurde noch 1777 in
Preußen
[* 2] erlassen.
die dem
Menschen in höhern
Breiten für die
Erhaltung seiner
Gesundheit, ja seinesLebens
unentbehrliche
Hülle, welche hauptsächlich den Wärmeaustausch zwischen unserm
Körper und den ihn umgebenden
Medien in zweckmäßiger
Weise regulieren soll. Neben diesem
Zweck diente die Kleidung stets und überall zum
Ausdruck des sich geltend machenden individuellen
ästhetischen
Gefühls, und so sehen wir die Kleidung bezüglich des
Materials, ihrer
Farbe und Form beständig
schnellstem und mannigfachstem
Wechsel unterworfen (s.
Kostüm),
[* 4] ohne daß immer den Anforderungen, welche die
Gesundheitspflege
an die Kleidung zu stellen hat, Genüge geleistet worden wäre.
Die von unsrer
Haut
[* 5] abgegebene
Wärme
[* 6] wird von der Bekleidung aufgenommen, bis zu deren Oberfläche fortgeleitet und dann an
die kältere Umgebung ausgestrahlt. Zwischen
Haut und Kleidung befindet sich aber eine Luftschicht, und diese
nimmt zunächst die Körperwärme auf und erreicht eine
Temperatur von 24-30° C. Der
Ausgleich der großen
Differenz zwischen
der
Körpertemperatur und der
Temperatur der
Atmosphäre wird mithin durch die Kleidung von unsrer gefäß- und nervenreichen
Haut
auf ein lebloses, unempfindliches
StückZeug verlegt. Je mehr
Kleider wir übereinander anziehen, um so
mehr verlangsamt sich der Abfluß der Körperwärme, indem sich jede nach außen folgende
Hülle zu der unter ihr liegenden
verhält wie die unterste
Hülle zur
Haut.
Das
Vermögen der Kleidung, die
Wärme zurückzuhalten, ist nun aber von derBeschaffenheit der
Stoffe, aus welchen
sie besteht, abhängig. Zunächst kommt das Ausstrahlungsvermögen der Kleidungsstoffe in Betracht, welches aber nach Kriegers
überraschenden Versuchsergebnissen bei den einzelnen Kleidungsstoffen
(Wolle,
Waschleder,
Baumwolle,
[* 7]
Seide,
[* 8]
Leinwand) für dunkle
Wärmestrahlen nicht wesentlich verschieden ist und auch für leuchtende Wärmestrahlen keine großen Verschiedenheiten zeigt,
sofern die Kleidungsstoffe gleiche
Farbe besitzen.
Bei weißen oder gleichfarbigen Kleidungsstoffen ergeben sich nämlich für das Ausstrahlungsvermögen folgende Verhältniszahlen:
Baumwolle 100,
Leinen 98,
Flanell 102,
Seide 108. Verschieden gefärbte Kleidungsstoffe verhalten sich aber gegen leuchtende
Wärmestrahlen ungemein verschieden. Bei
Schirting ergaben sich z. B. für
Weiß 100, Blaßschwefelgelb 102, Dunkelgelb 140,
Hellgrün 155, Dunkelgrün 168,
Türkischrot 165, Hellblau 198,
Schwarz 208. Diese
Zahlen entsprechen der
alltäglichen
Erfahrung, auffallend ist nur, daß Hellblau dem
Schwarz fast gleichwertig erscheint.
Die
Kleider können offenbar um so weniger
Wärme an die Umgebung ausstrahlen, je geringer das Leitungsvermögen der
Stoffe
ist. Es hat sich aber gezeigt, daß auch das Leitungsvermögen bei den einzelnen Kleidungsstoffen nicht
erhebliche
Differenzen zeigt.
Krieger fand nämlich für die
Hemmung des Wärmeverlustes durch Leitung folgende Verhältniszahlen:
dünnes Seidenzeug 3,
Schirting 5, feine
Leinwand 5, dickeres Seidenzeug 6, dickere
Leinwand 9,
Waschleder 10-12,
Flanell 14,
Sommerbuckskin 12, Winterbuckskin 16-26, Doppelstoff 25-31. Mithin bildet das entscheidende
Moment bezüglich
der Leitung nicht sowohl die
Substanz als vielmehr die Form und das
Volumen (die
Dicke) des Kleidungsstoffs.
Dies zeigte besonders auch ein
Versuch, bei welchem
Watte in lockerm und in platt gedrücktem Zustand miteinander verglichen
wurde. Bei der zusammengepreßten
Watte steigerte sich der Wärmeverlust um 40 Proz. Hiermit steht im
Einklang die
Erfahrung, daß neuwattierte
Kleider wärmer halten als bereits getragene. Es erklärt sich hieraus aber auch die
durch
Versuche bestätigte
Erfahrung, daß ein zweites
Kleid über dem ersten den Wärmeverlust sehr stark herabmindert.
Eine zweite
Hülle, welche von der ersten um 0,5-1
cm absteht, bewirkt eine starke, aber für die verschiedenen
Kleidungsstoffe auch wieder ziemlich gleich starke
Hemmung des Wärmeabflusses. In
Prozenten ausgedrückt beträgt nämlich
die Verlangsamung bei
Leinwand 32,
Schirting 33,
Seide 32,
Flanell 29,
Waschleder 30 Proz. Von größter Wichtigkeit ist nach
diesen
Versuchen die in unsrer Kleidung eingeschlossene Luftmenge, und es ergibt sich als höchst belangreich
für unser Wohlbefinden, daß die Kleidung den Luftwechsel in angemessener
Weise reguliert.
Von allen
Stoffen ist der
Flanell am luftigsten. Setzt man seine Durchgängigkeit = 100, so beträgt dieselbe unter fast gleichen
Verhältnissen bei mittelfeiner
Leinwand 58, Seidenzeug 40,
Buckskin 58,
Glaceeleder 1 und bei sämischgarem
Leder 51.
Nun ist
bekannt, daß ein wollenes
Gewebe
[* 9] von der Lockerheit des
Flanells bei bewegter
Luft wenig wärmt, offenbar weil der Luftwechsel
zu stark ist, daß aber ein überraschend stärkerer
Effekt erreicht wird, wenn man den lockern
Flanell mit einer auch nur
dünnen
Schicht eines wenig durchlässigen
Stoffes verbindet.
Die
Ventilation in der Kleidung muß so reguliert werden, daß der
Körper sich in windstiller
Luft befindet;
aber der Luftwechsel soll nicht völlig gehemmt werden wie durch die wasser- und luftdichten Kleidungsstoffe, die uns unerträglich
sind, weil sie die
Ausdünstung verhindern und die den
Körper umgebende
Luft sich mit
Feuchtigkeit sättigen lassen. DieFeuchtigkeit
der in der Kleidung eingeschlossenen
Luft ist von großem Einfluß auf den Gesamteffekt, den die Kleidung hervorbringt.
Ein auf dem nackten
Körper unter der Kleidung getragenes
Hygrometer ergibt einen
Taupunkt von 25°, und dabei befinden wir uns wohl,
während eine
Luft, deren
Taupunkt bei 19° liegt, beim Einatmen schon die
Empfindung der Schwüle hervorbringt.
Man kann im
Zimmer leicht durch
Verdampfen von
Wasser eine schwüle
Luft hervorbringen und wird dann bei 20° über drückende
Hitze klagen, während
man in trockner und bewegter
Luft ein Kältegefühl empfinden kann. Steigt unter unsrer Kleidung die
Temperatur
auf 32-35°, und sättigt sich dieLuft dabei mit
Feuchtigkeit (Verhältnisse, die unter einem Gummimantel
sehr leicht eintreten können), dann fühlen wir uns sehr unbehaglich und empfinden erst Erleichterung, wenn die
Ventilation
in der Kleidung wiederhergestellt wird.
Unsre Kleidungsstoffe sind in sehr verschiedenem
Grad befähigt, Wasserdampf aus der
Atmosphäre aufzunehmen.
Flanell absorbiert
im
Maximum 175, imMinimum 75 pro
Minute,
Leinwand nur 111, resp. 41 pro
Minute. Dagegen bindet und verliert
Leinwand das
Wasser viel schneller als
Wolle. Je hygroskopischer die Kleidung ist, um so abhängiger sind wir von der relativen
Feuchtigkeit
der atmosphärischen
¶
mehr
Luft, und es ist bekannt, wieviel mehr wir in naßkalter Luft frieren als in trockenkalter. Hier kommt das große Wärmeleitungsvermögen
des Wassers und die durch Aufnahme desWassers verminderte oder völlig unterdrückte Durchlässigkeit der Kleidung für Luft in Betracht.
Die Schnelligkeit, mit welcher die Luft in dem Kleidungsstoff vom Wasser verdrängt wird, hängt einerseits
von der Adhäsionsfähigkeit des Wassers zu dem bezüglichen Stoff, anderseits von der letzterm zukommenden spezifischen Elastizität
ab. Nun ist im feuchten Zustand die Faser der Leinwand, Baumwolle und Seide viel weniger elastisch als im trocknen, während die
Wollfaser im nassen wie im trocknen Zustand von gleicher Elastizität ist.
Die Undurchgängigkeit für Luft durch Benetzung wird daher bei Leinwand, Baumwolle und Seide sehr schnell, bei Schafwolle sehr
schwer und vollständig fast niemals erreicht. Wir erkälten uns daher viel weniger, wenn wir in Wolle, als wenn wir in Leinwand
und Seide gekleidet sind, während letztere vorzügliche Dienste
[* 11] leisten, wo wir die Haut möglichst kühl
zu erhalten wünschen. NasseLeinwand verdunstet ihr Wasser viel schneller als nasse Wolle. Von 1000 Teilen Leinwand werden verdunstet
in den ersten 75 Minuten 511 Teile Wasser, von 1000 Teilen Wolle 456 Teile Wasser, hingegen in den folgenden 30 Minuten von Leinwand
130, von Wolle aber noch 148 und in weitern 30 Minuten von Leinwand 44, von Wolle 115 Teile. Der Trocknungsprozeß
ist bei Wolle ein gleichmäßigerer als bei Leinwand und mithin auch die Bindung der Verdunstungswärme. Alle diese Verhältnisse
erklären hinlänglich das außerordentlich verschiedene Verhalten des Körpers in wollenem und in leinenem Hemd
und sprechen auch für den Sommer zu gunsten des erstern.
Die Absorptionsfähigkeit der Kleidung für Gase
[* 12] ist bei tierischen Stoffen größer als bei vegetabilischen und am größten bei
Seide. Aber auch die Faser übt einen Einfluß aus. Schwarze und dunkelblaue Stoffe absorbieren am reichlichsten, weiße am schwächsten,
und dazu halten die schwarzen Stoffe z. B. üble Gerüche am hartnäckigsten fest. Schließlich kommt hierbei
auch die hygroskopische Beschaffenheit in Betracht, insofern feuchte Stoffe reichlicher Gase absorbieren als trockne, und endlich
die Oberflächenbeschaffenheit, da die Absorptionsfähigkeit bei jedem Material bei rauhen Stoffen größer ist als bei glatten.
Hat man also Gefahren durch Aufnahme von Gasen zu fürchten, dann sind glatte Kleidungsstoffe aus vegetabilischen
Substanzen zu wählen. Bei gefärbten Kleidungsstoffen können durch Benutzung giftiger FarbenGefahren entstehen. Es kommen
hierbei besonders Arsen, Antimon, Blei
[* 13] und Zink in Betracht. Besonders gefährlich sind Kleidungsstoffe, denen die giftige Farbe
nur mechanisch anhaftet, so daß sie beim Tragen der Kleider abstäubt. Zink- und Antimonverbindungen können
auf der HautGeschwüre und Ausschläge erzeugen, und auch manche Teerfarben scheinen ähnlich zu wirken. Nach den Vereinbarungen
der bayrischen Chemiker sind die genannten Metalle für die Verwendung auf Kleidungsstoffe ausgeschlossen, es ist aber nicht
möglich, die Anwendung unschädlicher Farbstoffe nur dann zu gestatten, wenn sie absolut frei von schädlichen
Metallen ist, und es ist deshalb zulässig, daß 100 qcm von Kleidungsstoffen 0,002 g Arsen oder Antimon enthalten, aber nur
in im Wasser unlöslicher Form. - Über die Geschichte der Kleidung s. außer den Spezialartikeln
den ArtikelKostüm; über die Kleidung der Geistlichen s. Klerus.