Amtsgericht, ein Forstamt, Holzdraht-, Zigarrenkisten-, Schuh- und Schäftefabrikation, Buchbinderei und (1885) 3395 meist
evang. Einwohner. Auf dem schönen Kirchhof ein Denkmal für die hier 14. Juni 1849 gefallenen Freischärler. Kirchheimbolanden ist Hauptort
der Herrschaft Kirchheimbolanden und Stauff, die ehemals im Besitz der Fürsten von Nassau-Weilburg war.
unter Teck, Oberamtsstadt im württemberg. Donaukreis, an der Lauter und der Kirchheimer
Eisenbahn, unweit der Teck, eines mit einer Schloßruine versehenen Bergkegels vor dem Nordwestrand der Rauhen Alb, 311 m ü. M.,
hat ein königliches Schloß, eine Latein- und eine Realschule, eine Handelslehranstalt, ein Amtsgericht, ein Forstamt, ein reiches
Hospital, Fabrikation von Baumwollwaren, Damast, Fortepianos, Maschinen, Zement, Lampions etc., mehrere Wollspinnereien,
Bierbrauereien, eine Getreideschranne, ansehnliche Schweine-, Holz- und Fruchtmärkte, den bedeutendsten Wollmarkt in Süddeutschland
(jährlicher Umsatz etwa 8000 Doppelzentner Wolle) und (1885) 6606 meist evang. Einw.
der eine Kirche umgebende Platz, bis zum 14. Jahrh. fast allgemein der Begräbnisort für die betreffende
Kirchengemeinde, daher der Name Coemeterium (Ruhestätte);
dann überhaupt s. v. w. Begräbnisplatz (s. d.).
1) Gustav Robert, Physiker, geb. 12. März 1824 zu Königsberg, studierte daselbst seit 1842 Mathematik und Physik,
habilitierte sich 1848 an der Berliner Universität, ging 1850 als außerordentlicher Professor nach Breslau, 1854 als Professor
der Physik nach Heidelberg und 1874 als Mitglied der Akademie und Professor der mathematischen Physik an der
Universität nach Berlin. Kirchhoffs erste Arbeiten aus der Elektrizitätslehre führten ihn zu der strengen Ableitung des Ohmschen
Gesetzes und zu den nach ihm benannten Gesetzen der Stromverzweigung; weitere Arbeiten beziehen sich auf die Ströme in nicht
linearen Leitern, die Bewegungsgleichungen der Elektrizität u. a. Höchst bedeutsam sind Kirchhoffs Arbeiten
über die Elastizität, die mechanische Wärmetheorie, die Wärmeleitung und auf dem Gebiet der Optik.
Mit Bunsen entdeckte er die Spektralanalyse, der er in dem berühmten Kirchhoffschen Gesetz über das Verhältnis von Emission
und Absorption die theoretische Grundlage gab. Folge dieser Entdeckung war die genaue Durchmusterung des
Sonnenspektrums und Bestimmung derjenigen dunkeln Linien desselben, welche mit hellen Linien in den Spektren irdischer Stoffe
zusammenfallen (»Untersuchungen über das Sonnenspektrum und die Spektren chemischer
Elemente«. Abhandlungen der Berliner Akademie, 1861). Es erschienen von ihm: »Vorlesungen über mathematische Physik. Mechanik«
(Leipz. 1876; 3. Aufl. 1883);
»Gesammelte Abhandlungen« (das. 1882).
2) Adolf, ausgezeichneter Philolog und Altertumsforscher, geb. 6. Jan. 1826 zu Berlin, besuchte seit 1842 die Universität daselbst,
wurde 1846 Adjunkt, dann Oberlehrer und Professor am Joachimsthalschen Gymnasium, 1860 ordentliches Mitglied der Akademie der
Wissenschaften und 1865 ordentlicher Professor der klassischen Philologie an der Universität. Kirchhoff hat sich
teils um die Kritik griechischer Schriftsteller, teils um die Epigraphik hohe Verdienste erworben. In ersterer Beziehung lieferte
er besonders für Homer »Quaestionum Homericarum particula« (Inauguraldissertation, Berl. 1846),
sodann »Die Homerische Odyssee
und ihre Entstehung« (das. 1859) und »Die Komposition der Odyssee«, gesammelte Aufsätze (das. 1869),
die er in 2. Auflage
zu »Die
Homerische Odyssee« (das. 1879) vereinigte und erweiterte, für Plotinus eine Textausgabe (Leipz.
1856, 2 Bde.),
für Euripides eine kritische Ausgabe (Berl. 1855, 2 Bde.) und
eine Textausgabe (das. 1867-68, 3 Bde.),
für Herodot »Über die Abfassungszeit des Herodotischen Geschichtswerks«
(das. 1868, 2. Aufl. 1878),
für Xenophon eine Ausgabe der Schrift »De re publica Atheniensium« (das. 1874, 2. Aufl.
1881),
für Äschylos eine Textausgabe (das. 1880). Von seinen epigraphischen Studien bezogen sich die ersten Resultate auf
Italien; es erschienen: »Die umbrischen Sprachdenkmäler« (mit Aufrecht, Berl. 1849-51, 2 Bde.)
und »Das Stadtrecht von Bantia« (das. 1853). Sodann veröffentlichte er
über die germanischen Runen: »Das gotische Runenalphabet« (Berl.
1852) und »Die fränkischen Runen« (in Haupts »Zeitschrift für deutsches Altertum«, 1855). Endlich und vorzüglich hat er die
griechische Inschriftenkunde gefördert. Er bearbeitete für das »Corpus inscriptionum graecarum« den 2. Faszikel des 4. Bandes
(die christlichen Inschriften enthaltend, Berl. 1859) und führte das ganze Unternehmen zu
Ende, leitet im Auftrag der Akademie das »Corpus inscriptionum atticarum«, zu welchem er selber den 1. Band (die Inschriften
vor Euklid enthaltend, das. 1873) geliefert hat, und schrieb: »Studien zur Geschichte des griechischen Alphabets« (das. 1863, 4. Aufl.
1887). Auch war er 1866-81 an der Redaktion des »Hermes« beteiligt.
3) Albrecht, Bibliograph und Buchhändler, Bruder des vorigen, geb. 30. Jan. 1827 zu Berlin, eröffnete mit dem Buchhändler Georg
Wigand in Leipzig 1856 eine Antiquariatsbuchhandlung, die nach dem Tod Wigands (1858) in seinen alleinigen Besitz überging, bis
er 1863 seinen Bruder Otto als Teilhaber aufnahm. Er bearbeitete zwei Bände des »Fünfjährigen Bücherkatalogs«
(1851-60),
dessen Fortsetzung von der Hinrichsschen Buchhandlung herausgegeben wurde, und machte sich besonders durch einige
historische Untersuchungen verdient: »Beiträge zur Geschichte des deutschen Buchhandels« (Leipz. 1851-53, 2 Tle.);
»Die Handschriftenhändler
des Mittelalters« (das. 1853; Nachtrag, Halle 1855);
»Die Entwickelung des Buchhandels in Leipzig bis in das 2. Jahrzehnt
nach Einführung der Reformation« (das. 1886) und andre Arbeiten im »Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels«, herausgegeben
von der historischen Kommission des Börsenvereins, welcher er seit ihrer Begründung (1878) angehört.
Auch besorgte er die
Herausgabe des von Fr. Kapp unvollendet hinterlassenen ersten Bandes von dessen »Geschichte des deutschen
Buchhandels« und veröffentlichte außerdem: »Die Anfänge der kirchlichen Toleranz in Sachsen. August der Starke und die Reformierten«,
zwei Vorträge (Leipz. 1872),
und »Geschichte der reformierten Gemeinde in Leipzig« (das. 1874). Die Universität Leipzig verlieh
ihm 1878 das Ehrendoktordiplom.
4) Alfred, Naturforscher und Geograph, geb. 23. Mai 1838 zu Erfurt, studierte 1858-61 in Jena und Bonn Naturwissenschaften,
war darauf Lehrer an den Realschulen zu Mülheim a. d. Ruhr und Erfurt, seit 1865 an der Luisenstädtischen Gewerbeschule in Berlin,
seit 1871 zugleich Dozent der Erdkunde an der Kriegsakademie daselbst und wurde 1873 als Professor der Erdkunde an die Universität
Halle berufen. Er schrieb: »De Labiatarum organis vegetativis« (Erfurt 1861);
»Schulbotanik« (in 3 Kursen,
Halle 1865);
»Die Idee der Pflanzenmetamorphose bei Wolff und Goethe« (Berl. 1867);
»Die ältesten Weistümer der Stadt Erfurt«
(Halle 1870);
mehr
»Erfurt im 13. Jahrhundert« (Berl. 1870);
»Beiträge zur Bevölkerungsstatistik von Erfurt« (Erf. 1871);
»Schulgeographie« (7.
Aufl., Halle 1887);
»Thüringen doch Hermundurenland« (Leipz. 1882);
»Volapük. Hilfsbuch zum schnellen und leichten Erlernen
dieser Weltsprache« (1.-3. Aufl., Halle 1887).
Seit 1885 gibt er unter Mitwirkung von Fachgelehrten ein umfangreiches Handbuch
der Erdkunde: »Unser Wissen von der Erde« (Leipz. u. Prag),
heraus. Auch bearbeitete er die 5. und 6. Auflage
von Peschels »Völkerkunde« (Leipz. 1881 u. 1885) und veröffentlichte
»Rassenbilder« (Kassel 1883, 12 Tafeln); »Charakterbilder zur Länderkunde« (mit A.
Supan, das, 1884).