hatten, aber in verkehrter Anwendung, wie sie sich bis auf den heutigen Tag gehalten haben. Über die Bedeutung der Namen bei
den Griechen vgl. Griechische Musik (Oktavengattungen).
Die Kirchentöne waren:
1) Der erste Kirchenton oder erste authentische (Authentus protus) DEFGa^cd (unser: d e fgahc'd'), seit Hucbald der dorische
Ton genannt.
2) Der zweite oder plagale erste (Plagius proti, plaga proti, lateralis, subsugulis proti) ABCDEFGa (= AHcdefga),
der hypodorische Ton.
3) Der dritte oder zweite authentische (Authentus deuterus) EFGa^cde(=efgahc'd' e'), der phrygische Ton.
4) Der vierte oder plagale zweite (Plagius deuteri) BCDEFGa^ (=Hcdefgah), der hypophrygische Ton.
5) Der fünfte oder dritte authentische (Authentus tritus) FGa^cdef(= fgahc'd'e'f'), der lydische
Ton.
6) Der sechste oder plagale dritte (Plagius triti) CDEFGa^c (=cdefgahc'), der hypolydische Ton.
7) Der siebente oder vierte authentische (Authentus tetartus) Ga^cdefg (= gahc'd'e'f'g'), der mixolydische Ton.
8) Der achte oder plagale vierte (Plagius tetarti) DEFGa^cd (=defgahc'd'), der hypomixolydische Ton (seit dem 11. Jahrh.).
Die plagalen Töne (2. 4. 6. 8.) galten als bloße Verschiebungen der authentischen, sie hatten den Hauptton (Schlußton, Finalis)
nicht als Grenzton der Oktave, sondern in der Mitte, als vierten Ton; Finalis des 1. und 2. Tons ist also D, des 3. und 4. E,
des 5. und 6. F, des 7. und 8. G. Der 8. und 1. sind deshalb keineswegs identisch. Keiner der vier authentischen
Töne hat den Schlußton C oder A; es fehlen daher die beiden Tongeschlechter, welche heute die einzigen sind: (C) Dur und (A)
Moll.
Das 16. Jahrh., welches zuerst die Prinzipien der Harmonie begriff (vgl. Zarlino) und den Weg zu den modernen
Tonarten fand, stellte deshalb zwei neue authentische Töne nebst ihren plagalen auf, den ionischen cdefgahc' und äolischen
ahc'd'e'f'g'a', resp. hypoionischen GAHcdefg und hypoäolischen efgahc'd'e'; so daß nun 12 Kirchentöne existierten
(vgl. Glareanus). Das Beste über die harmonische Behandlung der Kirchentöne im 16.-17. Jahrh.
hat Kirchentöne v. Winterfeld im 2. Band seines Werkes »Johannes Gabrieli und sein Zeitalter« (1834) geschrieben.
(lat. Patres Ecclesiae, auch Doctores Ecclesiae, Kirchenlehrer), nach dem Sprachgebrauch der protestantischen
Theologie die Männer, welche die Träger des kirchlichen Bewußtseins vom 2. Jahrh. an bis zum 6. Jahrh. n. Chr.
waren, während die katholische Theologie ihre Reihe bis ins 13. Jahrh., selbst bis zum Tridentinum, fortführt. Der Kenntnis
ihres Lebens und ihrer Schriften widmet sich die theologische Disziplin der Patristik oder Patrologie.
Unter diesen Kirchenvätern gelten als Kirchenlehrer im eminenten Sinn (per eminentiam): die griechischen Väter Athanasius,
Basilius, Gregor von Nazianz und Chrysostomos und die lateinischen Ambrosius, Hieronymus, Augustinus und Gregor
d. Gr. Dazu kommen als Kirchenlehrer im gewöhnlichen Sinn: Leo d. Gr., Hilarius von Poitiers, Johannes Damascenus, Petrus Chrysologus,
Isidor von Sevilla, Petrus Damiani, Anselm von Canterbury, der heil. Bernhard, Thomas von Aquino, Bonaventura und seit 1871 auch
Alfons von Liguori, endlich seit 1877 Franz von Sales.
Unterschieden werden von den Kirchenvätern nach katholischem Brauch die Kirchenschriftsteller (Scriptores ecclesiastici),
deren Orthodoxie nicht in allen Punkten feststeht, wie Tertullian, Clemens von Alexandria und Origenes. Von Gesamtausgaben der
Kirchenväter sind besonders
zu nennen: »Maxima bibliotheca veterum patrum« (Leid. 1677, 27 Bde.; darin die griechischen
Schriften in lateinischer Übersetzung);
Gallandis »Bibliotheca veterum patrum« (Vened.
1765-81, 14 Bde.);
Mignes (s. d.) in Paris seit 1844 erscheinender »Patrologiae cursus completus«.
Eine Fortsetzung liefert
Horoy: »Medii aevi bibliotheca patristica sive patrologia ab anno 1216 usque ad
concil. Tridentinum«; 1. Serie: »Doctores eccl. lat.« (Par. 1879 ff.).
Eine auf Vergleichung aller bekannten Handschriften beruhende Ausgabe liefert die Wiener Akademie als »Corpus
scriptorum ecclesiasticorum latinorum« (Wien 1866-86, Bd. 1-14). Eine Auswahl in deutscher Übersetzung
bietet die von Reithmayr und Thalhofer herausgegebene »Bibliothek der Kirchenväter« (Kempten, seit 1869).
die rechtliche Organisation der Kirchengemeinschaft. Die frühsten Christengemeinden hatten
die Gestalt jüdischer Synagogen und wurden durch nichts als durch ihre Glaubensgemeinschaft, durch das natürliche Übergewicht
der Mutterkirchen und durch den Apostolat zusammengehalten. Seit dieser ausstarb, traten an der Spitze von Presbyterkollegien
größerer Gemeinden Bischöfe (der Name kam ursprünglich allen Presbytern, vorzugsweise aber den an der Spitze der Diakonen stehenden
Vermögensverwaltern der Gemeinde zu) hervor, die ihr Kirchenregiment dann auch über Presbyter benachbarter kleinerer Gemeinden
ausdehnten. Im 3. Jahrh. erheben sich ähnlich über den Bischöfen die Erzbischöfe, je einer über einen Kreis von Bischöfen,
der dadurch zusammengehalten wird, daß er am erzbischöflichen Sitz regelmäßige Synoden (s. d.) zu halten gewohnt ist.
Nachdem sodann die Kirche vom Staat anerkannt worden war (s. Kirchenpolitik), wurde das römische Reich in noch größere kirchliche
Sprengel eingeteilt, indem die Erzbischöfe zu Rom, Konstantinopel, Alexandria und Antiochia als Patriarchen den Erzbischöfen ihres
Bezirks übergeordnet wurden. Die Patriarchen von Alexandria und Antiochia sind später durch den Islam der
Sache nach beseitigt worden; die von Konstantinopel und Rom blieben und beanspruchten jeder die Gesamtherrschaft (Primat) in der
Kirche, wobei der römische sich seit dem 5. Jahrh. auf seine Stellung als Nachfolger des Apostelfürsten Petrus berief.
Da es keinem von beiden Patriarchen gelang, allgemeine Anerkennung zu gewinnen, so trennten sich die griechische
und die römische Kirche. In der griechischen behauptet der konstantinopolitanische Patriarch noch heute einen Rest seines
Einflusses, nur daß er für Rußland durch ein oberstes, vom Kaiser ernanntes Regierungskollegium (heilige Synode) ersetzt
ist. In der römischen Kirche gelang es dem Nachfolger Petri, indem er im Lauf der Zeit als Stellvertreter
Christi anerkannt wurde, eine absolut monarchische Gewalt zu entwickeln, so daß Erzbischöfe und Bischöfe zu päpstlichen Bevollmächtigten
herabsanken.
Dies seit Papst Gregor VII. durchgeführte sogen. kuriale oder papale System hat der päpstliche Hof seitdem als das gottgeordnete
und daher ausschließlich gültige verteidigt, mußte aber erleben, daß seit dem 14. Jahrh.
sich im Gegensatz dazu eine Ansicht ausbildete, welche vielmehr der Gesamtheit der Erzbischöfe und Bischöfe (dem Generalkonzilium)
die oberste Regierungsgewalt in der Kirche zuschrieb und den Papst bloß als vorsitzenden Beamten dieser Aristokratie anerkennen
wollte (sogen.
mehr
Episkopalsystem). Die heutige römisch-katholische Kirche hat die Verfassungsformen der vorreformatorischen Kirche festgehalten,
und seit 1870 ist ihr die Beseitigung des Episkopalsystems wirklich gelungen (s. Kirchenpolitik). Die Reformation brachte in
den protestantischen Territorien die Kirchengewalt an die Landesherren, und die Kirche erschien hier fortan lediglich als ein
Bestandteil des Staats (Territorialsystem). Die Aufsicht über die Kirche des Landes (das Kirchenregiment) ließ
jetzt der Landesherr durch kollegialisch verfaßte, aus Theologen und Juristen gemischte Behörden, Konsistorien, und unter
ihnen durch von ihm angestellte Superintendenten verwalten (sogen. Konsistorialverfassung). Wo das Kirchenregiment solchergestalt
von der Landesherrschaft nicht übernommen werden konnte, weil sie, wie z. B. in
Frankreich, der Reformation, ohne sie doch unterdrücken zu können, feindlich gegenüberstand, da gestaltete sich die evangelische
als Verein; in Frankreich speziell unter dem Einfluß der Calvinschen Idee: die Einrichtung, daß die Einzelgemeinde von einem
Ältestenkollegium (Presbyterium, consistoire) regiert werde, gehöre zur göttlich vorgeschriebenen Kirchenform. So formierte
Einzelgemeinden schlossen sich dann zu größern Kreisen zusammen, die sich durch Synoden, aus geistlichen
und weltlichen Abgeordneten der Presbyterien zusammengesetzt, gemeinschaftlich regierten.
Diese Gestalt der evangelischen Kirchenverfassung, die von Belgien und Holland her zur Zeit der Albaschen Verfolgung auch an den Niederrhein
verpflanzt wurde, wird von ihren zwei Hauptelementen die presbyterial-synodale genannt (Presbyterial-Synodalverfassung).
Sie hat sich in Deutschland weiter ausgebreitet, seit durch die Entwickelung der staatlichen Toleranz das Landeskirchentum zurücktritt,
erscheint hier aber gewöhnlich in der Art, daß Presbyterien und Synoden nur neben beibehaltenen Konsistorien und Superintendenturen
eingerichtet werden (sogen. gemischte Kirchenverfassung). S. Kirche.
Vgl. Friedberg, Die geltenden Verfassungsgesetze der evangelischen deutschen
Landeskirchen (Freiburg
1885).