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mit 21 Mill. Frank die Neutralität erkaufte, drang Bonaparte 1797 doch in die Romagna ein, eroberte Imola, Faenza, Forli, Cesena, Urbino etc. und zwang durch den Frieden zu Tolentino den Papst, Avignon und Venaissin an die Franzosen sowie Bologna, Ferrara [* 2] und die Romagna an die Transpadanische Republik abzutreten. Ancona [* 3] blieb von den Franzosen besetzt, welche den Kirchenstaat durch Kontributionen aussaugten und die Bildung einer demokratischen Partei begünstigten, die eine französische Intervention betrieb.
Nach einer förmlichen Kriegserklärung von französischer Seite rückten französische Truppen in das päpstliche Gebiet ein und besetzten die Engelsburg; am 20. März ward auf dem Campo Vaccino die Römische [* 4] Republik proklamiert, nachdem der Papst bereits 20. Febr. nach Siena geflüchtet war. Alle öffentlichen und Privatkunstschätze wurden geplündert, die dem Kirchenstaat auferlegte Kriegssteuer richtete den Staatskredit völlig zu Grunde. Als sich die zweite Koalition gegen Frankreich bildete und ein russisches Heer zu den Neapolitanern stieß, mußten die Franzosen das römische Gebiet räumen (September 1799). Rom [* 5] mit der Engelsburg ward von den Neapolitanern besetzt und 1800 dem neuen Papst Pius VII. überliefert.
Derselbe sicherte durch das mit Bonaparte abgeschlossene Konkordat das Fortbestehen des Kirchenstaats. Kaum aber hatte Rom angefangen, sich von den erlittenen Drangsalen zu erholen, als Napoleon I. 1805 Ancona wieder besetzen ließ, angeblich um die Engländer von Italien [* 6] abzuhalten; französische Truppen, die das Jahr darauf das römische Gebiet durchzogen, nahmen Benevent und Pontecorvo in Besitz, und endlich erklärte sich Napoleon I. als Nachfolger Karls d. Gr. für den Oberherrn von Italien.
Von der römischen Regierung forderte er den Unterhalt für seine Truppen, auch sollte sie mit ihm ein Bündnis gegen England eingehen. Als der Papst sich diesen harten Bedingungen nicht unterwerfen wollte, wurden von den Franzosen erst die römischen Häfen und im Februar 1808 auch Rom und die Engelsburg besetzt. Die Provinzen Urbino, Ancona, Macerata u. a. wurden darauf dem Königreich Italien einverleibt, und ward Rom nebst dem noch übrigen Teil des Kirchenstaats für einen Teil des französischen Reichs erklärt. Pius VII. ward gefangen nach Fontainebleau gebracht, das Land aber in zwei Departements geteilt, das des Tibers und das des Trasimenus. Die Klöster und geistlichen Stifter wurden aufgehoben und alles entfernt, was an die ehemalige Regierung erinnern konnte. Der Papst willigte ein, in Frankreich zu residieren, und verzichtete im Konkordat von Fontainebleau auf seine weltliche Herrschaft.
Nach Napoleons I. Niederlage bei Leipzig [* 7] bemächtigte sich Joachim Murat, König von Neapel, [* 8] der südlichen Provinzen des ehemaligen römischen Staats, und nach dem Scheitern seines Plans, seine Herrschaft über ganz Italien auszubreiten, besetzte er Rom und die Marken. Da jedoch die Herstellung des Kirchenstaats durch den Pariser Frieden ausgesprochen worden war, kehrte Pius VII. nach Rom zurück. Der Art. 103 der Wiener Schlußakte errichtete den Kirchenstaat wieder in seinem frühern Umfang; nur der am linken Poufer gelegene Teil von Ferrara fiel an das Lombardisch-Venezianische Königreich, und Österreich [* 9] erhielt das Besatzungsrecht von Ferrara und Comacchio.
Venaissins und der Stadt Avignon ward in dem betreffenden Artikel nicht gedacht, weshalb der Papst gegen denselben protestierte. Nach Napoleons I. Flucht von Elba forderte König Murat 1815 den Durchzug durch das römische Gebiet; seine Absicht, den Papst gefangen zu nehmen, mißlang jedoch, da Pius VII. sich bereits im März nach Genua [* 10] begeben hatte. Nach Murats Sturz kehrte Pius VII. im Juli 1815 für immer nach Rom zurück. Der leitende Staatsmann Consalvi war nun bestrebt, der Verwaltung des Kirchenstaats Einheit und Gleichförmigkeit zu geben, und kümmerte sich um die alten Privilegien der Städte, des Adels und der Provinzen nicht.
Die revolutionären Reformen der Napoleonischen Zeit wurden wieder abgeschafft, und die Regierung lenkte ganz in die Bahnen rücksichtsloser Reaktion ein. Von den politischen Stürmen, die Neapel 1820 und 1821 erschütterten, blieb auch der Kirchenstaat nicht gänzlich verschont. Auch hier unterhielten die Karbonari Verbindungen, die entdeckt und mit Strenge bestraft wurden. Manche Schritte, dem traurigen Zustand der römischen Finanzen wieder aufzuhelfen, that Leo XII. (1823-29). Auch sein Nachfolger Pius VIII. ließ es sich sehr angelegen sein, den Wohlstand des Landes zu fördern, begünstigte den Ackerbau, die Manufakturen, Künste und Wissenschaften und errichtete zur Regulierung der Finanzen eine Staatskommission.
Dennoch brach 1830 auch im K. eine Revolution aus; sie wurde bald unterdrückt, und der Papst berücksichtigte ein wenig den Wunsch der Großmächte, den Laien einen größern Anteil an der Verwaltung des Staats zu gewähren. Nach dem Tode Pius' VIII. bestieg am Gregor XVI. den päpstlichen Stuhl. Aufstände in Bologna und der Mark bewogen ihn, die Intervention der Österreicher und Franzosen anzurufen, und unter dem Schutz fremder Bajonette errichtete Gregor ein despotisches Polizeiregiment. Die Cholera suchte 1836 und 1837 Rom heim, ihr folgte Hungersnot und infolgedessen neuer Aufruhr. Das Defizit wuchs von Jahr zu Jahr, eine neue Anleihe von 20 Mill. Frank mußte bei dem Haus Rothschild aufgenommen werden.
Als Gregor XVI. starb, gab es im Konklave drei Meinungen: die einen schlugen eine Säkularisation der Verwaltung vor, die andern erwarteten Ruhe und Rettung allein von einem Schreckensregiment, die dritte Meinung siegte;
ihr Vertreter, der neugewählte Papst Pius IX. (seit hielt zwar fest an dem göttlichen Rechte des Pontifikats über den Staat, glaubte aber alle billigen Forderungen des Volkes erfüllen zu müssen. Er begann seinen Regierungsantritt mit Aufhebung der verhaßten Militärkommissionen in der Romagna, Absetzung mehrerer unwürdiger Beamten, Abschaffung übertriebener polizeilicher Beschränkungen, einer Amnestie für alle wegen politischer Vergehen Verhafteten oder Verurteilten.
Die Begeisterung für Pius IX. kannte keine Grenzen. [* 11] Nichts aber kräftigte die Zuversicht der Liberalen in die Absichten des Papstes so sehr als ein von Pius IX. erlassenes Dekret über die Einsetzung einer Art Volksvertretung, der Staatskonsulta. Am 15. Nov. trat dieselbe zusammen. Die Pariser Februarrevolution von 1848 vermochte den Papst zu einem weitern Zugeständnis. Am 14. März proklamierte die päpstliche Regierung das konstitutionelle Staatsgrundgesetz. Es sollten zwei Kammern zusammentreten, deren erste unmittelbar von der Regierung ernannt, die zweite nach Zensus und Volkszahl gewählt werden sollte. Doch jedes in beiden Versammlungen genehmigte Gesetz sollte erst in einer geheimen Sitzung der Kardinäle geprüft werden, ehe es die päpstliche ¶
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Bestätigung erhielt. So blieb die höchste Autorität doch in den Händen des Klerus. Gleichzeitig wurde der in den Kampf für die italienische Unabhängigkeit gegen Österreich fortgerissen. Durch zahlreiche Freiwillige verstärkt, zogen die römischen Truppen nach Oberitalien, [* 13] wo sie aber bei Vicenza besiegt und zur Kapitulation gezwungen wurden.
Dies ermutigte den Papst, in einem öffentlichen Protest sein Verdammungsurteil über den Krieg Italiens [* 14] gegen Österreich auszusprechen. Hiermit war das Band, [* 15] welches bisher Pius IX. und sein Volk vereinigt hatte, zerrissen. Die gemäßigten Liberalen und die Republikaner verschmolzen sich in Eine Partei; täglich war der Ausbruch der Revolution zu befürchten. Unter diesen Verhältnissen richteten die gemäßigten Patrioten ihre Blicke auf den Grafen Pellegrino Rossi, dessen konstitutionelle Neigungen bekannt waren.
Pius IX. ernannte ihn zum ersten Minister. Aber seine herbe Strenge und der Erfolg, den sein energisches Regiment erzielte und noch mehr versprach, regten alle Leidenschaften gegen ihn auf. Als er 15. Nov. bei der Wiedereröffnung der Kammern beim Eintritt in das Ständehaus durch den Dolch [* 16] eines Meuchelmörders fiel, war das Signal zum Ausbruch der längst gefürchteten Revolution gegeben. Bald war der Quirinal von allen Seiten dicht umlagert, schon machte ein Teil der Menge den Versuch, gewaltsam in den Hof [* 17] zu dringen, da endlich entschloß sich Pius IX., das demokratische Ministerium (Mamiani, Rosmini, Sterbini, Campello, Lunati, Sereni) anzunehmen, die nationale Frage aber der Entscheidung des Parlaments anheimzustellen. Am 25. Nov. floh er nach Gaeta und erklärte durch ein Dekret vom 27. Nov. alle Handlungen der neuen Regierung für nichtig.
Dieselbe war übrigens gar nicht zu stande gekommen, da alle Minister die Ernennung des Papstes abgelehnt hatten. Die Deputiertenkammer ernannte darauf eine provisorische Regierung und dekretierte 29. Dez. die Zusammenberufung einer konstituierenden Nationalversammlung, die aus allgemeinem Stimmrecht mit direkter Wahl hervorgehen sollte. Obwohl Pius IX. von Gaeta aus die Wähler exkommunizierte, so eröffnete doch 5. Febr. die Konstituante ihre Sitzungen im Kanzleipalast, wo auch die Mitglieder der provisorischen Regierung (Armellini, Muzzarelli, Galetti, Mamiani, Sterbini und Campello) erschienen, und beschloß 6. Febr. nach stürmischen Verhandlungen mit 120 gegen 23 Stimmen die Proklamierung der Römischen Republik. Hierauf antwortete Pius IX. 14. Febr. mit einem Protest, an dessen Schluß er auf eine bewaffnete Intervention der katholischen Mächte zur Wiederherstellung seiner weltlichen Gewalt hindeutete.
Um die Mitte des März 1849 war kaum in Rom bekannt geworden, daß Karl Albert 12. März Österreich den Waffenstillstand aufgekündigt habe, als die Konstituante sogleich beschloß, daß Rom sich mit einem Kontingent von 10,000 Mann unter dem Befehl des Obersten Mezzacappa an dem Unabhängigkeitskampf auf den Feldern der Lombardei beteiligen solle. Noch hatten indessen die römischen Scharen die Grenze nicht überschritten, als bereits die Hoffnungen Italiens nach einem dreitägigen Feldzug durch die Schlacht bei Novara 23. März niedergeworfen waren.
Die Konstituante ernannte nun ein diktatorisches Triumvirat, aus Mazzini, Saffi und Armellini bestehend, welches sich sofort mit einem neuen Ministerium umgab. Schon im Februar hatten die Vertreter von Österreich, Frankreich, Spanien [* 18] und Neapel mit dem Papst sich zu Gaeta über eine bewaffnete Intervention geeinigt. Die französische Regierung beschloß, den andern zuvorzukommen. Am 24. April erschien eine französische Flotte von zehn Schiffen unter General Oudinot im Hafen von Civitavecchia und landete 25. April ungestört. In Rom wurden nun die nötigen Vorbereitungen zum Kampf getroffen. Am 28. April rückte Oudinot mit 9000 Mann gegen die Stadt heran und begann die Belagerung.
Doch erst 5. Juni, nachdem jede diplomatische Unterhandlung sich fruchtlos erwiesen, unternahm er den Sturm bei dem Thor San Pancrazio. Dreimal nahmen die Franzosen das Thor, und dreimal wurden sie von den Römern wieder geworfen. Hierauf begannen die Franzosen ein regelmäßiges Bombardement der offenen Stadt und erzwangen 3. Juli die Übergabe derselben. Die Regierung und die Konstituante sowie die politischen Klubs lösten sich auf, und die Republik ging in einer militärischen Fremdherrschaft unter.
Mit dem 15. Juli begann die Restauration des Papsttums; gleichzeitig wurde die Regierungskommission aus drei Kardinälen eingesetzt, die sich wegen ihrer Verfolgungssucht und ihrer reaktionären Maßregeln den Beinamen des »roten Triumvirats« erwarb. Mitglieder der Konstituante wurden nach langer Präventivhaft mit 15-20jähriger Gefängnisstrafe belegt. Sogar sehr gemäßigte Liberale mußten ihr Heil in der Flucht suchen. Auch in Ancona, Bologna, Terni, Rimini u. a. O., wo der Aufstand durch Österreicher und Neapolitaner inzwischen niedergeworfen war, wüteten sowohl die Militär als die geistlichen Tribunale mit blutiger Grausamkeit.
Die geheime Polizei wurde wiederhergestellt, und die Indexkommission trat wieder in volle Thätigkeit. Die Regierungskommission beeilte sich, die Gregorianischen Gesetze wiederherzustellen, und erließ strenge Strafgesetze wider Ungehorsam gegen die kirchlichen Satzungen. Die wiedergekehrten Jesuiten wurden beauftragt, über die Beobachtung dieser Gesetze zu wachen. Oudinot verließ Rom gegen Ende August 1849, und die dortige französische Okkupation wurde auf Rom und Civitavecchia beschränkt, während die Österreicher Bologna und Ancona besetzt hielten.
Der Papst hielt erst von französischen Truppen geleitet, seinen Einzug in Rom, nachdem er eine Amnestie erlassen hatte, von der jedoch alle politischen Autoritäten der Revolution ausgeschlossen waren. Die Kerker fand er mit Tausenden politischer Gefangenen überfüllt, das platte Land organisierten Räuberbanden preisgegeben, überall Elend und Demoralisation; der Staat war geteilt zwischen zwei fremden Armeen, die nach Willkür schalteten. Bei Veröffentlichung des Staatsbudgets für 1852 ergab sich ein Defizit von 1,756,745 röm. Skudi, infolge dessen zu außerordentlichen Maßregeln geschritten werden mußte. Am versammelte sich zum erstenmal die Finanzkonsulta, eine Art Notabelnversammlung und Landesvertretung.
Auf ihren Antrag wurde zunächst die Einlösung des Papiergeldes beschlossen; um das Defizit zu decken, mußte eine Anleihe von 800,000 Skudi aufgenommen werden. Eine Zusammenstellung der Staatsschulden ergab 1853 eine Gesamtsumme von 100 Mill. franz. Frank, deren Verzinsung ungefähr 5 Mill. Frank jährlich oder 1/10 der Staatseinnahme forderte. Beim Beginn des italienisch-österreichischen Kriegs 1859 erklärte die päpstliche Regierung 3. Mai ihre Neutralität. Kaum hatten aber Anfang Juni die Österreicher ihre Truppen aus Bologna, Ferrara und Ancona zurückgezogen, als nach dem Vorgang der ¶