Ringwaldt,
Phil.
Nicolai,
Val.
Andreä,
HansSachs u. a. Die ältern dieser evangelischen
Lieder, die sich zunächst an das Vorbild
Luthers hielten, sind von der reinsten religiösen
Begeisterung und Glaubensgewißheit erfüllt und in
einer
Sprache
[* 2] abgefaßt, die in ihrer schlichten
Hoheit und volkstümlichen
Kraft
[* 3] nie wieder erreicht worden ist. Gegen Ende
des 16. und im 17. Jahrh. tritt im
Kirchenlied das
Dogma und konfessioneller
Eifer schärfer hervor; doch erhielt es durch die
Drangsale des Dreißigjährigen
Kriegs einen neuen Aufschwung, der eine edle
Subjektivität des religiösen
Gefühls zum
Ausdruck brachte und dabei dem
Schwulst und der gelehrten Unnatur der schlesischen Dichterschulen gegenüber an den
ältern volkstümlichen
Formen zunächst noch festhielt.
Jene pietistische Liederdichtung beschäftigt sich meist nur mit den Seelenzuständen der
Frommen, die
sie bis ins kleinlichste schildert. Aber wenn sich die
Lieder aus dem Beginn dieser
Periode, wie die von
Löscher,
Phil.
Spener,
E.
Neumeister, B.
Schmolck, Kasp.
Schad,
Tersteegen, noch durch wahre, wenn auch oft überschwenglich und sentimental ausgedrückte
Herzensfrömmigkeit auszeichnen, so verfallen die der Spätern, wie Joach.
Lang, Anast.
Freylinghausen,
Bogatzky u. a., ihrem ganzen
Wesen nach in Tändelei und Geschmacklosigkeit.
In der Aufklärungsperiode des 18. Jahrh. treten uns zunächst
Klopstock und
Gellert als hervorragende Dichter geistlicher
Lieder entgegen. Beide halten im wesentlichen noch an den alten
Glaubenslehren fest, allein während die lebhaftePhantasie
des erstern die
Schranken des volkstümlichen
Liedes nur selten einzuhalten weiß, macht sich bei
Gellert die moralisierende
und didaktische
Richtung, welche die ganze
Periode charakterisiert, schon stark bemerklich.
Das
Charakteristische dieser modernen geistlichen
Lyrik liegt in dem
Streben, die dem Lutherschen
Kirchenlied eigentümlichen
Vorzüge der Glaubensfreudigkeit und objektiven Heilsgewißheit mit der subjektivern
Frömmigkeit und
den ästhetischen
Forderungen der Neuzeit in
Einklang zu bringen. Hiermit steht auch das Bestreben im Zusammenhang, die alten,
im
Lauf der Zeit vielfach veränderten und entstellten
Kirchenlieder, so weit thunlich, in der ursprünglichen Gestalt wieder
einzubürgern, in welcher
Richtung besonders
Bunsen,
Raumer, Stier,
Knapp u. a. mit
Maß und
Geschmack thätig
waren, während die Anhänger der kirchlichen
Reaktion für das
Alte ohne jegliche Veränderung eintraten (vgl.
Gesangbuch).
Auch die Katholiken blieben schließlich nicht ohne Beteiligung an der auf dem Gebiet des
Kirchenlieds
entstandenen
Bewegung.
Um denWirkungen des reformatorischen
Gesanges zu begegnen, wurden auch von ihnen geistliche Liedersammlungen
veranstaltet, in denen teils ältere
Lieder mitgeteilt, teils ältere
Strophen durch neu hinzugedichtete erweitert wurden,
teils auch ganz neueLiederAufnahme fanden; sogar rein lutherische
Gesänge gingen in diese
Bücher über.
Derselbe, Das deutsche
Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des 17.
Jahrhunderts (Leipz. 1864-77, 5 Bde.);
Koch, Geschichte des
Kirchenlieds und Kirchengesangs der christlichen, insbesondere der deutschen evangelischen
Kirche (3. Aufl.,
Stuttg. 1866-76, 8 Bde.);
die wissenschaftliche
Darstellung der Entstehung und
Entwickelung der christlichen
Kirche. Sie zerfällt nach dem zu behandelnden
Stoff in eine äußere, welche die Ausbreitung der
Kirche und deren
Verhältnis
zum
Staat behandelt, und eine innere, welche die Kirchenlehre, den
Kultus, die
Kirchenverfassung und das kirchliche
Leben berücksichtigt.
Hinsichtlich ihrer Zeitepochen teilt man die in alte, mittlere und neuere. Die Grenzscheide zwischen
der alten und mittlern Geschichte der
Kirche ist
¶
mehr
im allgemeinen zu bezeichnen durch den Übergang des Schwerpunkts der Entwickelung von der alten klassisch gebildeten Welt auf
die neuen Völkerströme germanischer und slawischer Abstammung. Den Anfangspunkt der neuern Kirchengeschichte bezeichnet
die Reformation, an deren Stelle die neuern katholischen Kirchengeschichtschreiber den Humanismus oder die EntdeckungAmerikas
setzen. Will man diese Zeitalter wieder in Perioden abteilen, so bietet sich ungesucht je eine Zweiteilung
dar: für die alte Zeit durch den vollendeten Sieg des Christentums über das griechische Heidentum unter Konstantin d. Gr.,
für die mittlere durch den Höhepunkt der Papstgewalt unter Innocenz III. und für die neuere Zeit durch die reichsgesetzliche
Anerkennung und Feststellung des Protestantismus im WestfälischenFrieden. Die Geschichte der Gründung des
Christentums durch Christus und die Apostel pflegt man als Leben Jesu und Geschichte des apostolischen Zeitalters selbständig
zu behandeln. Der geschichtlichen Darstellung aller dieser Zeitalter wird aber vorangehen müssen die Vorgeschichte der christlichen
Kirche, welche die Alte Welt in ihren Beziehungen zum entstehenden Christentum zum Verständnis zu bringen
hat (s. Kirche, geschichtliche Entwickelung).
Die Quellen der Kirchengeschichte zerfallen in zwei Hauptgruppen:
2) Quellen, welche Geschichte überliefern: a) Quellen, welche, indem sie praktische Ziele in der Kirche verfolgen, unabsichtlich
Geschichte überliefern, wie z. B. Kalendarien, Martyrologien und Nekrologien; b) Quellen, die absichtlich Geschichte in irgend
welcher Form überliefern wollen, z. B. Legenden, Annalen, Chroniken etc.
Der älteste Kirchengeschichtschreiber, dessen Werk wir haben, ist Eusebios von Cäsarea (s. d.), der um 325 schrieb,
jedoch schon das für uns verloren gegangene Werk des Hegesippos (s. d.) benutzte. An ihn schließen sich als Fortsetzer in
griechischer Sprache an: Sokrates (bis 439), Sozomenos (bis 423), Theodoretos (bis 428), Philostorgios (bis 425), Theodoros (bis
527) und Evagrios (bis 594). In der lateinischen Kirche verfaßte der gallische PresbyterSulpiciusSeverus
seine »Historia sacra« (bis 400);
Rufinus (s. d.) übersetzte die Kirchengeschichte des Eusebios und setzte sie bis 395 fort;
PaulusOrosius
(s. d.) verfaßte »Historiarum libri
VIII«, die auch die Kirchengeschichte bis 416 enthalten;
dieses Werk war für das Mittelalter die Hauptquelle kirchenhistorischer
Kenntnis.
Von Hieronymus (s. d.) wurde die bis 325 reichende Chronik des Eusebios von Cäsarea übersetzt und bis 378 fortgesetzt;
an ihn schlossen sich wieder die Chroniken des Prosper von Aquitanien, Idacius und Marcellinus an. Im Mittelalter
wurde vornehmlich der unerschöpfliche Vorrat von Heiligengeschichten und
Legenden zusammengetragen; Beiträge zur Kirchengeschichte von
größerm Wert lieferten die Annalisten und Chronikenschreiber. In der abendländischen Kirche sind zu nennen: Gregor von Tours
(s. d.), Beda Venerabilis (s. d.), Haymo, Bischof von Halberstadt,
[* 12] Anastasius von Rom
[* 13] (s. d.), Adam von Bremen
(s. d.) und Ordericus Vitalis(gestorben alsMönch in der Normandie nach 1142). Vielfach fand die Papstgeschichte Behandlung
von seiten der KardinälePetrus Pisanus, Pandulf und Boso (alle im 12. Jahrh.); die »Chronica summorum
pontificum imperatorumque« des Martinus Polonus (gest. 1279) war, obwohl eine ganz oberflächliche
Kompilation, das verbreitetste Geschichtsbuch des Mittelalters. Den gleichen Zweck, die Kaisergeschichte sowie die Papstgeschichte
dem Gregorianischen Papalsystem gemäß darzustellen, verfolgt der Dominikaner Tolomeo von Lucca
[* 14] (Ptolemäus de Fiadonibus,
gest. 1327) in seinen »24 Büchern der Kirchengeschichte« bis 1313. Alle die genannten Schriftsteller wie auch die Verfasser der zahllosen
Annalenwerke haben keinen Begriff von Entwickelung und geschichtlichem Werden.
Die Kirche ist ihnen etwas schlechthin Göttliches, von Anfang an Fertiges; nur ihre äußere Gestalt wechselt, und das Dogma
wächst quantitativ. Mit der Reformation, welche zu ihrer Begründung und Rechtfertigung der Geschichte nicht weniger als der
Schrift bedurfte, wurde der Geist eigentlicher kritischer Forschung und wissenschaftlicher Behandlung der
Kirchengeschichte geweckt und belebt. So brachte ein Verein lutherischer Theologen, an deren SpitzeMatthiasFlacius (s. d.) stand, ein großartiges
kirchenhistorisches Werk in 13 Folianten zu stande, die sogen. Magdeburgischen Centurien (1559-74), welche allerdings das Unmögliche
versuchten, das lutherische Dogma in die Zeit der Kirchenväter zu verpflanzen, im übrigen aber das kirchenhistorische
Material vervollständigten und mit scharfer Kritik die Gewebe
[* 15] kurialistischer Geschichtsfälschung zerstörten.
Jetzt bemächtigten sich die gelehrten Mönchsorden in Frankreich der Kirchengeschichte und lieferten riesenhafte Materialiensammlungen, wie
der DominikanerAlexanderNatalis (Par. 1677-86, 24 Bde.),
an den sich ClaudeFleury (s. d.), Bossuet (s. d.) und der Jansenist Tillemont (s. d.) anreihen. Von den neuern französischen
Bearbeitungen der allgemeinen Kirchengeschichte sind besonders zu erwähnen: Henrion, Histoire ecclésiastique depuis la création jusqu'au
pontificat de Pie IX (hrsg. von Migne, Par. 1852 ff., 25 Bde.),
und Rohrbacher, Histoire universelle de l'église catholique (das. 1842-48 u.
öfter, 29 Bde.).
Nach dem Vorgang der Centurien und des Auszugs daraus von LukasOsiander begnügte man sich lange in der protestantischen Kirche,
die Kirchengeschichte nur zu polemischen Zwecken auszubeuten oder sie in trockne Register von Begebenheiten, Zahlen und Namen zu verwandeln.
Erst GeorgCalixtus (s. d.) wies in einer Reihe von Abhandlungen auf das wissenschaftliche Interesse einer
unbefangenen Erforschung der Thatsachen hin, und GottfriedArnold (s. d.) drehte die bisherige dogmatische Tendenz der Geschichtsbehandlung
um, indem er allenthalben der
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