Zugleich fanden förmliche
Kreuzzüge gegen die Ketzer statt; ihnen erlagen im 13. Jahrh. die
Albigenser und
die Stedinger. Seit der
Reformation werden von der römisch-katholischen
Kirche vornehmlich die
Protestanten und in letzter
Zeit auch die Altkatholiken (s. d.) als Ketzer bezeichnet, wiewohl nach
den Bestimmungen des
WestfälischenFriedens im
DeutschenReich die
Angehörigen beider
Konfessionen
[* 3] sich gegenseitig jenen
Namen
nicht beilegen sollten. Auch in der protestantischenKirche fing man bald an, Rechtgläubige (»Orthodoxe«)
und Häretiker
(»Heterodoxe«) zu unterscheiden. Religiöse Unduldsamkeit ist noch heute der Charakterzug der herrschenden
Theologie, wenngleich ihr der
Staat nicht mehr den
Gefallen thut, die Ketzer von bürgerlichen
Ehren, Ämtern und
Würden oder gar
vom
Rechte derExistenz auszuschließen.
Vgl.
Hilgenfeld, Die Ketzergeschichte des Urchristentums (Leipz.
1883).
Stadt im preuß. Regierungsbezirk
Potsdam,
[* 4]
Kreis
[* 5]
Osthavelland, an der
Havel, hat bedeutende Thongruben und Ziegelbrennerei
und (1885) 3033 meist evang. Einwohner.
Dieser Zustand kann schon nach 6-8
Tagen in den eigentlichen
Krampfhusten übergehen, aber auch mehrere
Wochen anhalten. Der
eigentliche
Krampfhusten ist charakterisiert durch Hustenanfälle von eigentümlicher Art, die sich anfangs nur dadurch bemerklich
machen, daß der
Husten einen gewissen scharfen, trocknen
Ton annimmt, in gehäuftern
Stößen erfolgt und
den Kranken mehr erschüttert als der gewöhnliche
Husten etwa beim
Katarrh, bald aber ihre charakteristische Form annehmen.
Die erste
Inspiration geht gewöhnlich noch mit Leichtigkeit in die Hustenstöße über; aber schon nach der zweiten
Inspiration
tritt oft ein heftiger
Krampf der
Stimmritze ein, der unter unsäglicher
Angst und bei sichtlicher
Erstickungsnot
nur mühsam durch Anstrengung aller Brustmuskeln überwunden wird. Es erfolgen zahlreiche Hustenstöße, oft wird gleichzeitig
der
Inhalt des
Magens erbrochen, zuweilen werden auch
Urin und
Stuhl entleert. So folgen sich Hustenstöße und gewaltsame Atemzüge
noch einigemal, bis endlich die
Gewalt nachläßt, die
Inspirationen ruhiger geschehen und mit dem
Husten
eine meist nicht beträchtliche
Menge zähen
Schleims entleert wird.
Das
Kind ist im höchsten
Grad erschöpft und erholt sich erst nach einigen
Minuten allmählich wieder. Zuweilen treten in einem
heftigen Anfall auch
Blutungen aus
Mund,
Nase
[* 6] und
Lungen ein. Die Dauer eines solchen Anfalls ist ½-2
Minuten,
selten länger. Die Zahl der Anfälle innerhalb eines
Tags ist gleichfalls sehr verschieden; auf der
Höhe der
Krankheit kommen
gewöhnlich 20-40 Paroxysmen auf 24
Stunden. Die Anfälle sind nicht an eine bestimmte Zeit gebunden, doch abends und nachts
häufiger, besonders auf der
Höhe der
Krankheit.
Die Dauer der heftigen Anfälle und des Höhestadiums der
Krankheit währt von 14
Tagen bis zu 2
Monaten
und noch länger. Meist werden 10-14
Tage lang die Anfälle immer heftiger und häufiger, dann aber erhält sich die Heftigkeit
derselben eine Zeitlang auf der gleichen
Höhe.
Schon nach den ersten
Wochen sind die katarrhalischen
Erscheinungen
gewöhnlich vollständig zurückgetreten; das
Kind fiebert nicht mehr, befindet sich, solange es keinen Anfall hat, vollständig
wohl oder ist nur müde und angegriffen.
Die Anfälle treten meist ohne alle Veranlassung ein; doch kann jede kleine Veranlassung, namentlich aber
Weinen und
Ärger,
sie hervorrufen. Zu schnelles
Schlingen, kalte
Luft,
Rauch und ein Hustenanfall bei einem andern
Kind bringt
sie gleichfalls leicht hervor. Nachdem die Anfälle längere oder kürzere Zeit sich auf der
Höhe erhalten haben, fangen
sie unmerklich an, sowohl seltener zu werden, als von ihrer krampfhaften Art und Heftigkeit zu verlieren. So löst sich die
Krankheit allmählich und geht nach
ca. 8-12
Wochen unter immer leichter vor sich gehendem
Auswurf in den
Normalzustand über. Am häufigsten wird der Keuchhusten vom zweiten bis fünften, seltener im ersten Lebensjahr sowie
vom fünften bis siebenten beobachtet.
Erwachsene befällt er nur ausnahmsweise. Mädchen oder krankhaft reizbare, zarte
Kinder sind demselben mehr
unterworfen als
Knaben und kräftige
Kinder.
Höchst selten befällt der Keuchhusten zum zweitenmal dasselbe
Individuum. Meist herrscht
der in wahren
Epidemien; auch wo er sporadisch vorkommt, sind immer mehrere
Kinder zu gleicher Zeit befallen. Die
Epidemien
treten am häufigsten am Ende des
Winters und im ersten Frühjahr, etwas seltener im
Herbst und
Winter,
am seltensten im
Sommer auf.
Viele unleugbare
Thatsachen machen eine kontagiöse Verbreitung in hohem
Grad wahrscheinlich, wenn nicht gewiß; doch scheint
die
Ansteckung meist nur in der
Nähe stattzufinden. Die höchste
Intensität der Ansteckungsfähigkeit fällt mit der
Höhe
der
Krankheit zusammen. Obwohl der
an sich meist wenig gefährlich ist, wird er es in hohem
Grade durch
gewisse
Komplikationen und Nachkrankheiten. Die häufigsten
Komplikationen sind entzündliche
Affektionen der feinern
Bronchien
und des Lungengewebes (katarrhalische
Lungenentzündung), welche häufig zur
Lungenschwindsucht führen. Bei sehr langer Dauer
des Keuchhustens verfallen schwächliche
Kinder zuletzt nicht selten in einen Zustand von
Abzehrung und
Marasmus, aus dem sie sich schwer oder gar nicht wieder erholen. Oft wird
¶
mehr
auch durch lange andauernden Keuchhusten und durch die davon abhängige Schwächung die Disposition zu verschiedenen chronischen Kinderkrankheiten
geweckt oder begründet.
Was die Behandlung anlangt, so gibt es unter der großen Zahl der versuchten und empfohlenen Mittel kein einziges bewährtes.
Doch ist zur Erleichterung und Abkürzung des Übels und zur Verhütung der gefahrbringenden Komplikationen
ärztliche Überwachung und Behandlung dringend nötig. Herrscht eine Keuchhustenepidemie, so muß jeder Brustkatarrh bei
Kindern mit verdoppelter Vorsicht behandelt werden; man schütze die Kinder sorgfältigst vor jeder Erkältung, namentlich aber
beuge man jedem Verkehr derselben mit am Keuchhusten leidenden Kindern vor.
Ist ein Kind aber vom Keuchhusten befallen, so lasse man es, wenn nicht ganz warme und milde Witterung ist, gar nicht
ins Freie. Bei Hustenanfällen komme man dem Patienten mit Verabreichen warmer schleimiger Getränke (Thee aus präpariertem
Leinmehl, Althee mit Süßholz, Milch mit Selterwasser, warmes Zuckerwasser) zu Hilfe. Durch Klystiere, Manna, gebackenes Obst etc.
sorge man für gehörige Leibesöffnung. Dabei suche man den Patienten durch Verabreichung nahrhafter,
aber reizloser Kost (ungewürzte Bouillonsuppe mit Ei,
[* 8] Milch etc.) bei Kräften zu erhalten, ihn auch vor jeder gemütlichen
oder körperlichen Aufregung zu Bewahren.
Bei heftigen Hustenanfällen richte man ihn auf, unterstütze den Kopf, entferne den zähen Schleim aus dem
Mund. Größere und kräftigere Kinder halte man dazu an, daß sie denHusten soviel wie möglich unterdrücken, da jeder Hustenstoß
die Kehlkopfschleimhaut von neuem reizt und dadurch zu neuen Anfällen führt. Günstig und oft überraschend schnell wirkt
ein Ortswechsel; namentlich ist der Aufenthalt auf dem Land in sonniger, trockner Lage und eine Milchkur
sehr anzuempfehlen.