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fertig wurde. Die Disputa ist Kellers Hauptwerk, worin sich Sorgfalt des Stichels und malerische Weichheit in gleicher Weise geltend machen. Sodann ging an den Stich der Sixtinischen Madonna von Raffael, wozu er eine von Schurig in Dresden [* 2] hergestellte, von ihm selbst überarbeitete Zeichnung benutzte. Macht sich in den frühern Arbeiten Kellers noch die Manier des Kartonstichs geltend, so ist dieselbe bei der Sixtinischen Madonna ganz abgestreift; bei derselben ist jedoch die zu große Weichheit und Unbestimmtheit der Formengebung zu tadeln, so daß der Stich hinter F. Müller und Mandel zurückbleibt. Keller starb in Düsseldorf. [* 3]
7) Heinrich Adelbert von, Germanist und Romanist, geb. zu Pleidelsheim in Württemberg, [* 4] studierte in Tübingen [* 5] Theologie, wandte sich aber zugleich unter Uhlands Leitung mittelalterlichen Sprachstudien zu. Als Frucht eines 13monatlichen Aufenthalts in Paris [* 6] erschien: »Li Romans des sept sages« (Tübing. 1836). Im Herbst 1835 habilitierte sich als Privatdozent der germanischen und romanischen Litteratur in Tübingen, wo er von 1837 bis 1841 auch das Amt eines Unterbibliothekars der Universität bekleidete. In dieser Zeit gab er heraus: »Altfranzösische Sagen« (2. Aufl., Heilbr. 1876),
veranstaltete mit Notter eine deutsche Ausgabe sämtlicher Romane des Cervantes (Stuttg. 1838-42, 12 Bde.),
edierte den »Romancero del Cid« (das. 1840) und »Zwei Fabliaux« (das. 1840) und übersetzte außer anderm die »Gudrun« (das. 1840). Aus Gesundheitsrücksichten ging er 1840 nach Italien, [* 7] wo er zu Rom und [* 8] Venedig [* 9] die bedeutendsten Bibliotheken durchforschte. Eine reiche Ausbeute von schätzbaren Beiträgen zur Geschichte mittelalterlicher Dichtung veröffentlichte er in seiner »Rômvart« (Mannh. 1844). Nach seiner Rückkehr zum außerordentlichen, 1844 zum ordentlichen Professor und zugleich zum Oberbibliothekar ernannt, gab er heraus: »Diokletians Leben« von Bühel (Quedlinb. 1841);
die »Gesta Romanorum« (Stuttg. 1842);
»Li Romans dou chevalier au leon« (Tübing. 1841);
mit Rapp eine Übersetzung Shakespeares (Stuttg. 1843-46);
»Altdeutsche Gedichte« (Tübing. 1846);
»Alte gute Schwänke« (2. Aufl., Heilbr. 1876);
»Lieder Heinrichs von Württemberg« (Tübing. 1849);
»Lieder Guillems von Burgunden« (Mitau [* 10] 1849);
»Meister Altwerts Werke« (Stuttg. 1850);
»Italienischer Novellenschatz« (Leipz. 1851-52, 6 Bde.) und »Fastnachtsspiele aus dem 15. Jahrhundert« (Stuttg. 1853).
1850 legte er seine Stelle als Oberbibliothekar nieder; dagegen ward er 1849 Präsident des »Litterarischen Vereins« in Stuttgart [* 11] und hat seitdem seine litterarische Thätigkeit vorzugsweise in den Schriften des Vereins entwickelt, für welchen er den »Simplicissimus« (1854-62, 4 Bde.),
»Ayrers Dramen« (1864-65, 5 Bde.),
»Das deutsche Heldenbuch« (1867),
»Hans Sachs« (1870-1881, Bd. 1-13),
»A. Tüngers Facetiae« (1875),
»Widmann, Fausts Leben« (1881) und »Das Nibelungenlied nach der Piaristenhandschrift« (1880) zum Druck beförderte. Noch ist seine Schrift »Uhland als Dramatiker, mit Benutzung seines handschriftlichen Nachlasses dargestellt« (Stuttg. 1877) zu erwähnen. Er starb
Vgl. Fischer, Nekrolog für A. v. Keller (Berl. 1884).
8) Gottfried, Dichter, geb. zu Glattfelden bei Zürich, [* 12] widmete sich zuerst der Landschaftsmalerei und verweilte zu seiner künstlerischen Ausbildung 1840-42 in Wien, [* 13] kehrte dann aber in seine Heimat zurück und wurde sich hier bald darüber klar, daß sein schöpferisches Talent ihn weit mehr auf die Poesie als auf die bildende Kunst hinweise. Die Herausgabe der ersten Sammlung seiner »Gedichte« (Heidelb. 1846), in denen sich eine scharf geprägte Originalität neben tiefer Innigkeit und quellender Lebensfülle bekundete, entschied über seinen Beruf. Er ging, um Philosophie zu studieren, 1848 nach Heidelberg, [* 14] 1850 nach Berlin [* 15] und bethätigte seinen produktiven Drang wie sein eigentümliches Talent durch die Sammlung seiner »Neueren Gedichte« (Braunschw. 1851) sowie durch den großen Roman »Der grüne Heinrich« (das. 1854, 4 Bde.; neue, wesentlich umgearbeitete Ausg., Stuttg. 1879-80), welcher eine Fülle äußerer und innerer Erlebnisse, echt poetischer Stimmungen in einer allerdings lockern und stellenweise über den prosaischen Bericht sich nicht erhebenden Erfindung und Komposition enthält und jedenfalls zu den an poetischem Detail reichsten Romanen der neuern deutschen Litteratur gezählt werden muß.
Ganz entscheidend und über jeden Zweifel hinaus dokumentierte der Dichter seine Bedeutung in den Erzählungen: »Die Leute von Seldwyla« (Braunschw. 1856),
welche ihn unter die ersten Novellendichter der deutschen Litteratur einreihen. In Ernst und Humor enthält die Sammlung vollendete Meisterstücke (darunter: »Romeo und Julie auf dem Dorf«, »Die drei gerechten Kammmacher«). Keller erwies darin neben der Fülle und Wärme [* 16] sinnlich-anschaulichen Lebens eine seltene psychische Tiefe und Feinheit, schlagende Kraft [* 17] der Charakteristik und den liebenswürdigsten Humor, welcher nur vereinzelt in schneidige Satire und Ironie umschlägt. 1861 ward Keller zum ersten Staatsschreiber des Kantons Zürich erwählt. Da in die ersten Jahre nach seinem Amtsantritt mehrere Verfassungsrevisionen fielen, so ward ihm die freie Muße empfindlich verkümmert. Erst seit er 1876 von seiner amtlichen Stellung zurückgetreten, konnte er eine Reihe neubegonnener poetischer Arbeiten zu Ende führen. Vorher war die um eine Anzahl köstlicher Erzählungen, wie: »Dietegen«, »Der Schmied seines Glücks« und »Kleider machen Leute«, vermehrte 2. Auflage der »Leute von Seldwyla« (Stuttg. 1873-74, 4 Bde.; 5. Aufl. 1887, 2 Bde.) sowie die humoristisch-kecken, farbenreichen »Sieben Legenden« (das. 1872, 3. Aufl. 1883) erschienen;
jetzt trat die obengedachte große und vielfach glückliche Neubearbeitung des »Grünen Heinrich« und die Sammlung »Züricher Novellen« (Stuttg. 1878, 2 Bde.; 4. Aufl., Berl. 1886, 2 Bde.) hervor, die in ihrer einrahmenden Erzählung wie in den einzelnen Geschichten (namentlich »Der Landvogt von Greifensee« und »Das Fähnlein der sieben Aufrechten«) wiederum eine wunderbare Fülle innern Lebens und Meisterstücke in Scherz und Ernst aufwies.
Wenn die folgenden Novellen (»Das Sinngedicht«, 4. Aufl., Berl. 1884) trotz einzelner vorzüglicher Momente eine gewisse Ermattung des Dichters befürchten ließen, so ward diese Befürchtung durch alle neuern Gedichte, welche in den »Gesammelten Gedichten« Kellers (Berl. 1883) zu Tage traten, sowie durch den Musterroman »Martin Salander« (das. 1886) entscheidend widerlegt. Letzterer, von höchster Einfachheit der Komposition, birgt einen seltenen Reichtum des Lebens, eine Fülle charakteristischer Gestalten, satirischer Zeitschilderung und tiefpoetischer Situationen, in mustergültiger Vollendung anschaulichen und eigentümlichen Stils, und stellt allein schon Keller den tiefsten und reichsten schöpferischen Naturen der neuesten deutschen Litteratur an die Seite.
Vgl. Brahm, Gottfried Keller (Berl. 1883).
9) Emile, franz. Politiker, geb. zu Belfort, [* 18] besuchte die polytechnische Schule, trat 1857 ¶
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als Regierungskandidat in den Gesetzgebenden Körper, sprach sich entschieden gegen die Haltung Napoleons in der römischen Frage aus und wurde der Vorkämpfer ultramontaner Politik in Frankreich, unterlag aber bei den Wahlen von 1863 und kam erst 1869 wieder in die Kammer. Als französierter klerikaler Elsässer that er sich 1870 beim Ausbruch des Kriegs durch seinen Preußenhaß hervor, errichtete und befehligte das erste elsässische Freikorps in den Kämpfen gegen Werder und protestierte als Deputierter des Oberrheins in der Nationalversammlung zu Bordeaux [* 20] gegen die Abtretung Elsaß-Lothringens. Nach der Niederlegung seines Mandats von neuem in Belfort gewählt, war er einer der Führer der klerikal-legitimistischen Partei in der Nationalversammlung und zeichnete sich durch seinen Eifer in den Untersuchungskommissionen gegen Bazaine u. a. aus. 1876 wurde er in Belfort in die Deputiertenkammer gewählt. Außer einigen Broschüren über die Encyklika (1860 u. 1865) schrieb er: »Histoire de France« (Par. 1858, 2 Bde.; 8. Aufl., Tours [* 21] 1883);
»Le [* 22] général de Lamoriclère, sa vie militaire, politique et religieuse« (1873, 2 Bde.; 2. Aufl. 1880);
»Les congrégations religieuses en France« (Tours 1880).
10) Gerard, niederländ. Schriftsteller, geb. zu Gouda, wurde im Haag [* 23] gebildet, ward 1849 Stenograph der Ersten Kammer und übernahm 1864 die Redaktion des »Arnhemsche Courant«. Von seinen Arbeiten nennen wir vor allen die weitverbreiteten Reisebilder: »Een zomer in het noorden« (Arnh. 1861);
»Een zomer in het suiden« (das. 1864);
»Het belegerde Parijs« (das. 1871) und »Het vermoorde Parijs« (das. 1872);
»Weenen. Bezoek aan Wilhelmshöhe, Dresden, Praag etc.« (das. 1872);
»Waldeck [* 24] in vogelvlucht« (Haarl. 1879, bei Gelegenheit der Vermählung des Königs der Niederlande [* 25] mit der waldeckischen Prinzessin) und »Europa [* 26] in al zijn heerlijkheid geschetst« (Rotterd. 1877-80).
Auch schrieb er zahlreiche (zum Teil auch ins Deutsche [* 27] übersetzte) Novellen (gesammelt, Haag 1882, 5 Bde.),
von denen angeführt seien: »Het huisgezin van den praeceptor« (1858);
»Binnen en buiten« (1860);
»De hypotheek op Wasenstein« (1865);
»Van huis« (1867);
»Oude kennissen« (1871);
»Overkompleet« (1871);
»Flikkerende vlammen« (1884) und »Nemesis« (1885).
Daneben war als Redakteur der »Kunstkronick« auf dem Gebiet der niederländischen Kunstgeschichte thätig und trat auch als dramatischer Dichter (»Het blauwae lint«, »Duitsch en fransch«, »De dochter van den barbier«) sowie als beliebter Jugendschriftsteller auf.
11) Franz, genannt Keller-Leuzinger, Ingenieur, Schriftsteller und Maler, Sohn von Keller 4), geb. zu Mannheim, [* 28] besuchte die polytechnische Schule in Karlsruhe [* 29] und begleitete 1855 seinen Vater nach Brasilien. [* 30] Er leitete nach dessen Heimkehr noch ein Jahr die dortigen Arbeiten. Nach Karlsruhe zurückgekehrt, gab er die von ihm mit Illustrationen versehene Reisebeschreibung »Vom Amazonas und Madeira« [* 31] (Stuttg. 1874) heraus und widmete sich in der Folge der Kunst, vornehmlich der Hebung [* 32] des Kunstgewerbes. Er wurde mit der Leitung der von der Großherzogin von Baden [* 33] gegründeten Schule für Kunststickerei etc. betraut und nach zwei Jahren in ähnlicher Stellung nach Hamburg [* 34] berufen, von wo er jedoch 1879 nach Stuttgart zurückkehrte. Er beschäftigt sich vornehmlich mit der Illustration geographischer und ethnologischer Werke.
12) Otto, Philolog und Altertumsforscher, Sohn von Keller 7), geb. zu Tübingen, studierte in Bonn, [* 35] bereiste Griechenland [* 36] und Italien, ward in der Folge Rektor des Lyceums zu Öhringen, 1872 Professor an der Universität Freiburg [* 37] und wirkt seit 1876 in gleicher Eigenschaft an der Universität Graz. [* 38] Er schrieb: »Untersuchungen über die Geschichte der griechischen Fabel« (Leipz. 1862);
»Vicus Aurelii, oder Öhringen zur Zeit der Römer« [* 39] (Bonn 1872);
»Die Entdeckung Ilions zu Hissarlik« (Freiburg 1875),
die Frucht eines Ausflugs nach Kleinasien;
»Epilegomena zu Horaz« (Leipz. 1879-80, 3 Tle.) und »Der saturnische Vers als rhythmisch erwiesen« (Prag [* 40] 1883-86).
Mit A. Holder veranstaltete er eine kritische Ausgabe von Horaz' Werken (Leipz. 1864-70, 2 Bde.; kleine Ausgabe in 1 Band [* 41] 1878),
selbständig gab er die »Rerum naturalium scriptores graeci minores« (das. 1877, Bd. 1) heraus.
13) Ferdinand, Maler, Sohn von Keller 4), geb. zu Karlsruhe, besuchte das Lyceum daselbst, folgte jedoch 1857 seinem Vater und Bruder, welche als Ingenieure zu Straßen- und Brückenbauten nach Brasilien berufen worden waren. Hier sammelte Keller eine große Anzahl Naturstudien in den tropischen Wäldern. 1862 nach Karlsruhe zurückgekehrt, bildete er sich an der dortigen Kunstschule unter J. W. ^[Johann Wilhelm] Schirmers Leitung weiter aus. Seit 1864 lernte er unter Canon die [* 19] Figurenmalerei, ohne jedoch der Landschaft ganz untreu zu werden.
Sodann besuchte er vier Winter lang Italien, besonders Rom. Kellers erstes größeres Historienbild: Tod Philipps II. von Spanien, [* 42] unter Canon für die Pariser Weltausstellung von 1867 gemalt, erhielt in Rio de Janeiro [* 43] den ersten Preis der dortigen internationalen Kunstausstellung. Nun folgten kleinere Bilder: der Alchimist, die moderne Diana, ferner größere Landschaften: brasilischer Urwald etc., auch viele Porträte, [* 44] sodann Nero beim Brand Roms, welches Bild dem Künstler auf der Wiener Weltausstellung 1873 die Medaille für Kunst erwarb.
Allgemein bekannt wurde sein Name durch die Konkurrenz für den neuen Theatervorhang in Dresden, bei welcher er für seine Skizze den Preis gewann. Der ausgeführte Vorhang zeigt die geflügelte Phantasie mit den Künsten des Dramas und der Musik. Keller versuchte sich auch im Fresko; nachdem er schon um 1870 in der Jesuitenkirche zu Heidelberg eine Himmelfahrt Mariä a fresco gemalt, führte er im Sommer 1875 ein Wandgemälde: die Vertreter der Kunst und der Wissenschaft im Altertum, in einem neuen Staatsgebäude seiner Vaterstadt aus. Seine spätern Werke: Sieg des Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden bei Salankemen (Kunsthalle zu Karlsruhe), Hero und Leander (1880), einige Porträte, und dekorative Arbeiten in der Aula der Universität zu Heidelberg und für Privathäuser, sind seine reifsten Schöpfungen, welche ihn als einen der hervorragendsten Vertreter des modernen Kolorismus kennzeichnen. Er ist Professor an der Kunstschule zu Karlsruhe.