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Lavater, der in seiner Physiognomik großes Wesen von ihm machte und ihm einen Platz gleich nach Christus gab, das Deutsche Reich, [* 2] Hohen und Niedern, Weisen und Gelehrten eine Zeitlang imponierend, selbst dem Herzog Karl August und Goethe in Weimar, [* 3] welch letzterer indessen ihn bald durchschaute. Ein wahrer Panurg, »alles könnend, was er will, alles wollend, was er kann«, gab er vor, mit einem frühern Menschenalter in Berührung gestanden zu haben und keines Schlafes zu bedürfen, lebte nur von Vegetabilien und Milch, vollbrachte als Arzt Wunderkuren, erzählte von seinen Heldenthaten in Persien, [* 4] unterhielt einen ausgedehnten Briefwechsel und forschte überall nach guten kindlichen Menschen, zu deren Aufspürung er eine besondere Gabe zu besitzen behauptete, daher er in Maler Müllers »Faust« unter dem Namen »Gottes Spürhund« als handelnde Person eingeführt und persifliert wurde. Nach Riemer soll auch mit Goethes »Satyros« Kaufmann gemeint sein. Schließlich erhielt derselbe die Stelle eines Arztes bei den Herrnhutern und starb als solcher in Berthelsdorf.
Vgl. Düntzer, Christoph Kaufmann (Leipz. 1882).
3) Alexander, Dichter, geb. zu Bonn, [* 5] studierte daselbst die Rechte, leitete 1842-43 die Erziehung des Erbprinzen Karl zu Löwenstein, trieb dann in Berlin [* 6] deutsche Altertumswissenschaft und lebt seit 1850 als fürstlich Löwensteinscher Archivrat zu Wertheim a. M. Kaufmann gehört zu den Lieblingsdichtern des Rheinlandes. Seine innigen, frischen und lebensfreudigen Poesien erschienen gesammelt unter den Titeln: »Gedichte« (Düsseld. 1852),
»Mainsagen« (Aschaffenb. 1853; die »Quellenangaben« dazu Köln [* 7] 1862) und »Unter den Reben«, Lieder und erzählende Gedichte (Berl. 1871). Außerdem veröffentlichte er: »Cäsarius von Heisterbach; ein Beitrag zur Kulturgeschichte des 12. und 13. Jahrhunderts« (2. Aufl., Köln 1862). - Seine Gattin Mathilde, geborne Binder, geb. zu Nürnberg, [* 8] ward durch Daumer zur Poesie geführt und machte sich zuerst unter dem Namen Amara George durch ihre schwermütigen »Blüten der Nacht« (Leipz. 1856) einen Namen. Darauf gab sie »Mythen und Sagen der Indianer Amerikas« (Düsseld. 1856) und »Mythoterpe«, eine Sammlung von Mythen-, Sagen- und Legendendichtungen (gemeinsam mit Kaufmann und Daumer, Leipz. 1858) heraus.
Sie verheiratete sich 1857 mit Kaufmann und trat 1858, fast gleichzeitig mit Daumer, doch ohne dessen Wissen, zur katholischen Kirche über. Weitere Schriften von ihr sind: »Vor Tagesanbruch«, Novellen und Gedichte (Frankf. 1859);
»Clara Maitland. Aus dem Leben eines Kindes« (Köln 1860);
»Auf deutschem Boden«, Erzählung (Würzb. 1877);
»Die Jungfrau von Orléans«, [* 9] ein Lebensbild (das. 1877);
»Sophie Swetchine« (Freib. 1878);
»Dissonanzen und Akkorde«, Roman (Mainz [* 10] 1879) u. a.
4) Konstantin von, russ. General, geb. zu Maidani bei Iwangorod als Sohn eines russischen Generals aus einer holsteinischen Familie, trat 1838 als Ingenieurleutnant in die Armee und ward 1843 in den Kaukasus versetzt, wo er in den Kämpfen mit den Tscherkessen zweimal verwundet wurde und sich besonders 1855 bei der Belagerung von Kars auszeichnete. Nach dem Frieden zum Stab [* 11] des Ingenieurkorps versetzt, wurde er 1857 Generalmajor, 1861 Kanzleidirektor im Kriegsministerium, 1864 Generalleutnant, 1865 Generalgouverneur in Wilna [* 12] und 1867 in der neuerrichteten Provinz Turkistan, welche er zu organisieren und gegen innere Aufstände wie äußere Feinde zu verteidigen hatte. Am eroberte er bei einem Feldzug gegen Bochara Samarkand. 1873 befehligte er die Expedition gegen Chiwa mit solcher Umsicht, daß sie in kürzester Frist ohne erhebliche Verluste und mit glänzendem Erfolg beendet wurde: 11. Juni wurde Chiwa besetzt, am 24. der Friede mit dem Chan geschlossen, dem 10. Okt. ein Vertrag mit Bochara folgte. Als Generalgouverneur von Turkistan arbeitete Kaufmann mit Geschick und Erfolg weiter daran, Zentralasien [* 13] dem russischen Einfluß und damit auch der Kultur zu eröffnen und die Herrschaft Rußlands am Aralsee zu befestigen. Er starb in Taschkent.
5) Richard von, Nationalökonom, geb. zu Köln, studierte in Bonn, Heidelberg [* 14] und Berlin Staatswissenschaften, war dann in einem Berliner [* 15] Bankinstitut praktisch thätig, wurde 1879 Lehrer der Nationalökonomie an der landwirtschaftlichen Hochschule und, nachdem er sich vorher an der Berliner Universität habilitiert hatte, in demselben Jahr Professor an der technischen Hochschule in Aachen; [* 16]
1883 erhielt er eine Stelle im Finanzministerium, von der er jedoch bald wieder zurücktrat, um seine Lehrthätigkeit an der Berliner Universität wieder aufzunehmen. Er schrieb: »Die Zuckerindustrie« (Berl. 1878);
»Die Vertretung der wirtschaftlichen Interessen Europas in den Staaten« (das. 1879);
»L'association douanière de l'Europe centrale« (Par. 1880);
»Die Finanzen Frankreichs« (Leipz. 1882; ins Französische übersetzt, Par. 1884);
»Die Reform der Handels- und Gewerbekammer« (Berl. 1883).