über welchen Gegenstand er zwei Jahre zuvor einen sehr beifällig aufgenommenen
Bericht an die
Pariser Académie des sciences
erstattet hatte. Die »singenden
Flammen« werden durch
Verbrennung von
Leuchtgas
[* 4] in Glasröhren von entsprechend abgestufter
Länge erzeugt, und auf
Grund seiner
Entdeckung des
Prinzips ihrer
Interferenz durch Anwendung je zweier,
statt einer,
Flammen gelang es ein eigentümliches musikalisches
Instrument, von ihm
Pyrophon (»Feuerorgel«) genannt, zu erfinden,
dessen
Töne sich in überraschender
Weise der menschlichen
Stimme nähern. Die
Erfindung erregte, gleich dem auf denselben
Grundsätzen
beruhenden, von Kastner konstruierten »singenden
Kronleuchter«, bei hervorragenden Musikern, wie
Gounod,
Berlioz,
Liszt, lebhaftes
Interesse. Mit der Untersuchung über die Anwendung der
Elektrizität auf das
Pyrophon beschäftigt, starb Kastner bereits in
Bonn.
[* 5]
Seine »Geschichte der
Mathematik«
(Götting. 1796-1800, 4 Bde.) ist im einzelnen ein scharfsinniges
Werk, doch fehlt ihr der umfassende Überblick der Gesamtheit der mathematischen
Wissenschaften. Am bekanntesten machten Kästner seine
»Sinngedichte«, die zuerst ohne seine Bewilligung 1781 zu
Gießen
[* 8] erschienen und dem Verfasser durch ihren
beißenden
Witz und ihre scharfe
Ironie auf verschiedene Persönlichkeiten viele
Fehden zuzogen. Sie wurden später in seine
»Vermischten
Schriften«
(Altenburg
[* 9] 1783, 2 Bde.) aufgenommen und erschienen auch
in seinen »Gesammelten poetischen und prosaischen schönwissenschaftlichen Werken«
(Berl. 1841, 4 Bde.)
sowie neuerdings in
Kürschners
»Nationallitteratur«, Bd. 73 (hrsg.
von
Minor, Stuttg. 1883).
2)
Viktor, siebenbürgisch-sächs. Dialektdichter, geb. 1826 zu
Kerz in
Siebenbürgen, studierte in
Hermannstadt,
[* 10] trat dann bei der k. k. Finanzlandesdirektion in den
Staatsdienst und starb Er
veröffentlichte: »Gedichte in siebenbürgisch-sächsischer
Mundart«, mit hochdeutscher Übersetzung und
einer
Einleitung: Ȇber Volkssprache und
Mundarten« (Hermannst. 1862), worin die
Naivität und Gemütlichkeit der siebenbürgischen
Sachsen
[* 11] mit vielem
Glück zum
Ausdruck kommt.
(Hämmling, lat. Castratus, ital. Castrato), ein im Knabenalter
der Mannheit Beraubter. Die
Operation der Kastration, d. h. der Ausrottung beider
Hoden, hemmt die geistige und körperliche
Entwickelung, also auch das
Mutieren der
Stimme, und erhält dem Mann die Knabenstimme. Das mosaische
Gesetz verbot
die Kastration an
Menschen wie an
Tieren. Bei einigen asiatischen Völkern war sie dagegen in
Gebrauch, wie z. B. die
Priester
der
Kybele
[* 17] sich selbst mittels eines steinernen
Messers oder scharfer
Scherben entmannen mußten.
Bei den Griechen war sie in der frühern Zeit nicht gebräuchlich, später aber fand sie besonders bei
den kleinasiatischen Griechen Eingang. Bei den
Römern verboten
Cäsar, Domitian,
Nerva und
Konstantin d. Gr. die Kastration;
im oströmischen
Reich aber ward sie besonders unter Justinian sehr gebräuchlich, und christliche Fanatiker, wie z. B.
Origenes, nahmen sie aus übertriebenem asketischen
Eiferan sich selbst vor.
In den mohammedanischen
Ländern dienen Kastraten
(s.
Eunuch) allgemein als Haremswächter.
Das
kanonische Recht verbietet die Kastration, und in mehreren päpstlichen
Bullen wird sie bei
Strafe des
Kirchenbanns untersagt.
Gleichwohl wurde sie in
Italien
[* 18] behufs der Erzielung guter Diskantsänger häufig ausgeübt, und noch im 18. Jahrh.
rechnete man mehr als 4000
Knaben, welche in
Italien, namentlich im
Kirchenstaat, jährlich kastriert wurden;
ja bis in die neuere Zeit
gab es in
Rom und
[* 19] allen großen
StädtenItaliens
[* 20] zahlreiche Kastraten, welche zur
Messe sangen sowie
in
Opern und
Konzerten auftraten.
Die
Stimme des Kastraten vereinigt mit dem
Timbre der Knabenstimme die entwickelte
Brust und
Lunge
[* 21] des
Mannes, so daß
der
Sänger endlos scheinende
Passagen auszuführen und das
messa di voce erstaunlich auszudehnen vermag. Auch nach
Frankreich,
England und
Deutschland
[* 22] wurden die Kastraten mit der italienischen
Oper eingeführt, bezogen zum Teil (zu
HändelsZeiten) enorme
Honorare, sind jedoch auch mit derselben verschwunden. In
Dresden
[* 23] fungierten sie auch als Kirchensänger. Besonders
berühmte Kastraten waren:
Farinelli, Senesino, Cusanino,
Ferri, Momoletto, Gizziello,
Bernacchi,
Caffarelli,
Crescentini, Pacchierotti,
Manzuoli,
Marchesi, Salimbeni, Velluti. - In medizinischer Hinsicht wird die Hinwegnahme eines oder beider
Hoden bei
Menschen
notwendig, wenn der
Hoden der Sitz einer durch andre
Mittel nicht zu heilenden Erkrankung, namentlich Geschwulstbildung, ist.
Auch dieEntfernung der häufig erkrankenden
Eierstöcke wird als Kastration bezeichnet (s.
Ovariotomie).
Die
¶
mehr
Haustiere werden zu ökonomischen Zwecken häufig kastriert. Wird die Operation bei männlichen Tieren in der Jugend ausgeführt,
so nähern sich dieselben mehr dem Typus der weiblichen Tiere; sie sind leichter ernährungs- und mastfähig, zahmer und verträglicher;
auch das Fleisch wird zarter und schmackhafter. ÄltereHengste kastriert man, um sie ruhiger und zur Arbeitsleistung
geeignet zu machen. Männliche Schafe
[* 25] und Schweine
[* 26] sind am bequemsten im ersten halben Jahr, männliche Kälber im zweiten Jahr
zu kastrieren. Von den weiblichen Schweinen ist die Operation nur bei den groben Rassen zweckmäßig, bei welchen die Funktion
der Eierstöcke stark entwickelt ist. Die Mastung junger Hähne und Truthähne wird durch die Kastration
(das Kapaunen) wesentlich gefördert.
Vgl. Ableitner, Die Verschneidung (Kastration) der Haustiere (Brem. 1879).