Die künstlerisch vollendetsten Karyatiden des
Altertums sind die sechs weiblichen
Statuen, welche das Gebälk der aus der Südseite
des
Erechtheions zu
Athen
[* 5] in ionischem
Stil erbauten Vorhalle tragen (s. diese auf Tafel
»Baukunst
[* 6] IV«,
[* 7] Fig.
7; außerdem vgl. Tafel
»Bildhauerkunst
[* 8] VI«,
[* 9] Fig. 10, und die nebenstehende Abbildung).
Daher karyatidische
Ordnung die Bauart,
bei welcher statt der
Säulen weibliche
Figuren zum Tragen der
Decke
[* 10] oder des Gebälks angebracht werden.
(Nelkengewächse), dikotyle
Familie aus der
Ordnung der Centrospermen,
[* 11]
Kräuter und
Stauden mit meist gegenständigen Blättern und gabelförmig verzweigten, häufig knotigen
Stengeln. Die an der
Basis häufig
zusammengewachsenen, gegenständigen
Blätter sind ungeteilt und ganzrandig.
Nebenblätter fehlen meist, nur in der ersten
Gruppe der
Familie kommen sie als trockenhäutige
Schuppen vor. Dem
Blütenstand
[* 12] liegt in der ganzen
Familie
der cymöse
Typus zu
Grund; häufig ist derselbe aus Dichasien mit Wickeltendenz zusammengesetzt.
Bisweilen wird der
Blütenstand kopfähnlich und ist dann von trocknen, braunen Deckblättern umgeben, z. B.
bei der
Nelke. Die regelmäßigen
Blüten haben einen nach dem Verblühen stehen bleibenden grünen oder trocknen
Kelch, dessen 4 oder 5
Blätter
entweder bis fast zum
Grund frei oder in eine
Röhre verwachsen sind, die am
Rande den Blättern entsprechende
Zähne
[* 13] hat. Die
mit den Kelchblättern abwechselnden, auf dem Blütenboden eingefügten
Blumenblätter sind immer frei, mehr oder weniger
genagelt, ganz oder zweiteilig bis handförmig mehrteilig, zwischen
Platte undNagel bisweilen mit Schüppchen
besetzt; in einigen
Fällen fehlen die
Blumenblätter.
Die
Staubgefäße
[* 14] sind ebenfalls dem Blütenboden eingefügt, meist frei, seltener zu fünf in einem einfachen, mit den
Blumenblättern
abwechselnden
Kreis,
[* 15] meist zu zehn in zwei miteinander abwechselnden
Kreisen. Der oberstaudige, bisweilen auf etwas stielförmig
verlängerter Blütenachse stehende
Fruchtknoten ist meist einfächerig, seltener im untern Teil zwei-
bis fünffächerig und enthält eine als Mittelsäule auftretende
Placenta, auf welcher in der
Regel zahlreiche
Samenknospen
erzeugt werden; nur bei den meisten
Gattungen der ersten und denen der zweiten
Gruppe findet sich eine einzige grundständige
Samenknospe.
Ihr Nutzen ist ein sehr beschränkter:
manche, zumal die
SaponariaofficinalisL., enthalten in ihren
Wurzeln seifenartig schäumendes
Saponin
und werden anstatt
Seife angewendet;
der Spergel oder
Spark,
SpergulaarvensisL., wird als Futterpflanze angebaut.
russ.
Gouvernement, welches nördlich an das
GouvernementWjatka, östlich
an
Ufa, südlich an
Simbirsk und
Samara, westlich an
Nishnij Nowgorod grenzt, mit einem Flächenraum von 63,714,8 qkm (1157 QM.).
Das Land, dem untern Wolgagebiet angehörig, wird von der
Wolga und deren Zuflüssen:
Wetluga, Swiaja,
Kama, Kasanka,
Wjatka
(auf der Ostgrenze) etc., bewässert und ist von welliger
Beschaffenheit. Die
Wolga friert meistens Mitte
November zu und geht Mitte April auf; die
Schiffahrt dauert also etwa 200
Tage. In wasserreichen
Jahren steigt der
Fluß im
Frühling
oft um 21
m und überschwemmt auf weite
Strecken die
Ufer.
Rechts von der
Wolga erhebt sich das Land zu 16-33
m, links ist es von unübersehbaren
Wiesen und
Morästen erfüllt; in der
Nähe der Stadt Kasan
¶
Der Boden ist lehmig oder sandig, bis auf den südlichen Teil aber vorherrschend aus Schwarzerde bestehend. Das Areal besteht
aus 49 Proz. Ackerland, 11 Proz. Wiesen, 35 Proz. Wald und 5 Proz. Unland. Das Klima
[* 27] ist meist streng, aber
sehr veränderlich. Der Unterschied zwischen der mittlern Temperatur im Sommer und im Winter bewegt sich zwischen -29,4° und
+36,5° C.; dabei kommen an einem Tag oft Unterschiede von 22° vor. Die Bevölkerung
[* 28] beträgt (1883) 1,992,985
Seelen (28 pro QKilometer), in den Städten 206,239, auf dem Land 1,786,746, welche der Hauptmasse nach zur griechisch-orthodoxen
Kirche gehören.
Der Rest setzt sich aus Mohammedanern, Sektierern, Römisch-Katholischen, Protestanten, Armeno-Gregorianern, Juden und Heiden
zusammen. Die Zahl der Eheschließungen betrug 1883: 18,146, der Gebornen 92,010, der Gestorbenen 70,860. Der Acker-
und Gartenbau ist die Hauptbeschäftigung der Bevölkerung. Die Ernte
[* 29] war pro Hektar der betreffenden Ackerfläche bei Roggen (1884) 11,9, bei Sommerweizen 5,5, bei
Hafer
[* 30] 11,7, bei Kartoffeln 53,2 hl. Der Viehstand belief sich 1883 auf 435,962 Pferde,
[* 31] 374,236 Stück Hornvieh, 1,015,870 einfache, 7064 feinwollige
Schafe,
[* 32] 154,122 Schweine,
[* 33] 44,437 Ziegen.
Der Fischfang ist ergiebig. An Fabriken und industriellen Anstalten bestanden 1882: 293 mit 7527 Arbeitern
und 13,8 Mill. Rubel Produktionswert. Namentlich Getreidemüllerei (3,8 Mill. Rub.), Branntweinbrennerei (1,6 Mill. Rub.), Destillation
[* 34] (1,1 Mill. Rub.), Talg-, Stearin-, Seife- (2,7 Mill. Rub.) und Lederfabrikation (1½ Mill. Rub.) wird getrieben; auch gibt es mechanische
Werkstätten, Gießereien, Meiereien, Seilereien, Wachs- und Mattenfabriken u. a. Auf 72 abgehaltenen Jahrmärkten
betrug der Umsatz 567,000 Rub., bei einer Zufuhr im Wert von 1,497,000 Rub. Die Zahl sämtlicher Lehranstalten ist (1883) 684,
die der Lernenden 34,489; nämlich eine Universität mit 939 Studierenden, 670 mittlere und elementare Schulen mit 32,140 Schülern
und 13 Fachschulen mit 1410 Lernenden.
Interessant ist die Angabe der Historiker des 11-13. Jahrh., wonach der Schnee
[* 36] selbst im Sommer nicht überall auftaute und man
im Winter des hohen Schnees wegen nur mit Hunden fahren konnte. Von den mehr als 30 Städten aus jener Zeit
ist jetzt nichts mehr vorhanden, außer einigen Ruinen der Stadt Bolgar (s. Bolgary) u. a. Dafür sind in neuester Zeit viele
alte Münzen
[* 37] gefunden worden, namentlich aus den Jahren 789-913 und aus dem 12.-14. Jahrh. Um 1437 gründete
Ulu
Machmet aus dem alten Bulgarien
[* 38] das Zarenreich Kasan, welches jedoch bald (1467) in Kriege mit Rußland geriet, die damit
endigten, daß ganz Kasan 1550 von Iwan Wasiljewitsch Rußland einverleibt wurde. Erst 1836 entdeckte man im Saratowschen Gouvernement,
nahe bei der Stadt Zarew, die Trümmer von Sarai, der alten Residenz jenes Reichs, welches sich ehemals noch
weit über Astrachan hin erstreckte und vom 13.-15. Jahrh. halb Europa
[* 39] in Schrecken setzte.
Die Stadt Kasan (tscheremiss. Oson), Hauptstadt des ehemaligen Tatarenreichs und des jetzigen Gouvernements Kasan, liegt 58 m ü. M.
und 4½ km vom linken Wolgaufer, von der Kasanka und vier andern Flüßchen durchflossen, und ist auf
sieben Hügeln erbaut. Sie besteht aus dem Kreml, der eigentlichen Stadt und den Vorstädten oder Sloboden. Der Kreml liegt am
nördlichen Ende der Stadt auf einer Anhöhe und bildet ein längliches, von einer mit fünf Türmen geschmückten Mauer umgebenes
Viereck,
[* 40] das auf drei Seiten von schroffen Abhängen, auf der vierten von einem tiefen Graben umgeben ist.
Von den Mauertürmen sind zwei mit Thoren versehen, deren eins mittels einer steinernen Brücke
[* 41] die Stadt mit dem Kreml verbindet.
Innerhalb des Kremls befinden sich mehrere Kirchen, darunter die Kathedrale der Verkündigung Mariä (1552 gegründet) mit zahlreichen
Türmen und Kuppeln und dem wunderthätigen Bilde der »MutterGottes von Kasan«, dabei ein prächtiges Kloster (1555 gegründet) und
ein Waisenhaus für Popentöchter; ferner ein Artilleriearsenal, das Haus des Generalgouverneurs etc. Die eigentliche Stadt
zerfällt in drei Viertel, hat kleine, einstöckige, von Gärten umgebene Häuser, 41 griechisch-kath. Kirchen und 5 Klöster, 2 Kirchen der
Altgläubigen, eine lutherische und eine römisch-kath. Kirche sowie 12 mohammedanische Moscheen; sie wird vorzugsweise von
Russen bewohnt, während in den Vorstädten meist Tataren zu Hause sind.
Der Handel ist besonders nach Vorderasien bedeutend, und der Bazar von Kasan bildet ein überaus buntes Bild.
Kasan hat 5 Buchhandlungen, eine Pulvermühle und eine Bank (eine der größern in Rußland). An Bildungsanstalten besitzt Kasan eine
Universität (1804 von Alexander I. gestiftet) mit einer historisch-philologischen, physiko-mathematischen, juristischen und
medizinischen Fakultät (1883 Zahl der Zuhörer: 939), einer Bibliothek von 78,000 Bänden, einer Sternwarte,
[* 42] einem botanischen Garten
[* 43] und verschiedenen Sammlungen;
5 Gymnasien (eins davon mit adliger Pension, 2 für Mädchen);
außerdem ein Irrenhaus, ferner ein Theater
[* 44] und mehrere Hospitäler. Kasan ist Sitz eines griechisch-katholischen Erzbistums
(Kasan und Swiaschk) und eines Militärbezirks.
Die malerischen Umgebungen der Stadt werden als die Kasansche Schweiz
[* 45] bezeichnet.
- Kasan bestand wahrscheinlich schon vor dem 13. Jahrh., lag aber ursprünglich 45 km
nordöstlich von der jetzigen Stadt, wo noch jetzt ein ovaler
¶