Europa
[* 2] liegt die
Gefahr der Einschleppung sehr nahe, da sowohl der
Käfer
[* 3] auf seiner
Wanderung recht wohl die
Schiffe
[* 4] erreichen
als auch die
Larve durch
Gemüse an
Bord gelangen und im lebenden Zustand bei uns eintreffen kann. Es sind deshalb Vorkehrungsmaßregeln
getroffen worden, um dieser
Gefahr möglichst vorzubeugen.
Vgl. »Der Kartoffelkäfer«
[* 5] (hrsg.
im Auftrag des preußischen
Ministeriums, Berl. 1875);
eine bestimmte unter den
Krankheiten der Kartoffelpflanze, welche durch ihre Kontagiosität, ihr
meist epidemisches Auftreten und durch folgende
Symptome charakterisiert ist. Sie wird zuerst am
Kraute der
Kartoffel ungefähr
Ende Juni oder Anfang Juli bemerklich, indem an einzelnen Blättchen braune
Flecke entstehen, welche gewöhnlich
am
Randoder an der
Spitze, in der
Regel unter
Kräuselung, beginnen und allmählich an
Ausdehnung
[* 7] zunehmen, wobei, besonders bei
feuchter
Luft, die kranke
Stelle mehr oder weniger deutlich von einer weißlichen, schimmelähnlichen
Zone umsäumt erscheint.
Oft bilden sich rasch zahlreiche braune
Flecke, nehmen schnell an
Umfang zu, so daß binnen kurzem das
ganze
Kraut und dann häufig gleichmäßig das ganze
Feld binnen wenigen
Tagen schwarz und abgestorben dasteht. Bisweilen bleibt
die
Krankheit auf das
Kraut beschränkt; dann sind doch die
Knollen
[* 8] erntefähig, wiewohl der
Ertrag um so geringer ausfällt,
je früher die
Krankheit aufgetreten ist, und je vollständiger sie die
Blätter getötet hat. Oft aber
ergreift die
Krankheit auch die
Knollen, ist bei der
Ernte
[* 9] oft in geringem
Grad bemerklich und macht die
Knollen erst während
der
Aufbewahrung unbrauchbar. Es treten auf der Oberfläche schmutzigbraune
Flecke von verschiedener
Größe auf,
die zugleich etwas eingefallen und runzelig erscheinen. Im
Durchschnitt zeigt sich das
Gewebe der
[* 10]
Knolle an diesen
Stellen zunächst
nur in geringer Tiefe braun gefärbt und abgestorben.
Mit der Zeit werden die
Flecke größer, und die Bräunung dringt tiefer in die
Knolle ein, welche so zum großen Teil verderben
kann. An das
Absterben schließt sich noch ein wirkliches Verfaulen unter Auftreten von
Schimmelpilzen;
das
Innere verwandelt sich entweder in eine jauchige, stinkende
Masse (nasse
Fäule), oder schrumpft bei geringerer
Feuchtigkeit
zu einer bröckeligen
Masse zusammen (trockne
Fäule).
Halb verdorbene
Knollen können wenigstens noch zur
Brennerei verwendet
werden; indes wird durch den Fäulnisprozeß das
Stärkemehl nach und nach zerstört und dadurch die
Knolle
ganz wertlos.
Die Kartoffelkrankheit hat in der
Heimat der Kartoffelpflanze vielleicht von jeher bestanden und kam mit den
Knollen schon frühzeitig nach
Europa. Im Anfang dieses
Jahrhunderts zeigte sich in
Frankreich eine
Fäulnis der
Kartoffel, und 1830 trat die
Krankheit der
Knollen, die mit der gegenwärtigen unzweifelhaft identisch ist, auch in
Deutschland
[* 11] auf, aber mehr lokal. Zu
einer allgemeinen und furchtbar wütenden
Epidemie gestaltete sich die Kartoffelkrankheit aber erst in dem nassen
Sommer 1845, wo sie in
Deutschland,
Frankreich,
Belgien,
[* 12]
Holland,
England,
Dänemark
[* 13] bis Rußland hauste und den Kartoffelbau zu vernichten drohte.
In nahezu gleichbleibender Heftigkeit dauerte die
Krankheit bis 1850; von da an ging sie zurück, ohne jedoch bis jetzt erloschen
zu sein, in nassen
Lagen und
Jahren verderblicher als in trocknen sich zeigend.
In den Blättern kommt dasselbe in einer noch grünen
Zone in der Umgebung der abgestorbenen
Flecke vor, und in dem
Maß, als
es sich hier nach allen Seiten ausbreitet, nimmt der
Umfang des braunen
Fleckes zu; zwischen den abgestorbenen
Zellen des letztern ist aber der
Pilz wieder verschwunden. Dadurch kennzeichnet sich der letztere als ein wahrer
Schmarotzer
und zugleich als die alleinige
Ursache des
Absterbens des
Gewebes. An der von ihm bewohnten
Zone um die braunen
Stellen bildet
er auch seine Fruktifikationsorgane, welche dem bloßen
Auge
[* 15] als der
oben erwähnte weißliche Schimmelanflug
erscheinen.
Die Fruchthyphen (s.
Hyphe) sind
oben baumartig verzweigt und schnüren an den
Spitzen derZweige einfache ovale
Zellen ab, welche,
sobald sie ihre
Ausbildung erreicht haben, von selbst abfallen. Diese
Zellen stellen die
Sporen des
Pilzes dar. Wenn kranke
Knollen
zerschnitten werden, so sprossen auf der Schnittfläche nach kurzer Zeit aus der noch lebenden
Zone um
die gebräunten
Stellen dieselben Fruchthyphen hervor.De Bary hat nachgewiesen, daß und wie der
Pilz aus seinen
Sporen keimt
und in jedes gesunde
Organ der
Kartoffel eindringt.
Auf Wassertropfen ausgesäet, keimen die
Sporen schon binnen wenigen
Stunden: entweder entwickeln sie einen
Keimschlauch, oder ihr
Protoplasma-Inhalt zerfällt in 6-16
Portionen, welche als
Schwärmsporen ausschlüpfen, nach etwa halbstündigem
Schwärmen zur
Ruhe gelangen, eine Zellmembran bekommen und zu einem Keimschlauch auswachsen. Auf der Oberfläche von Teilen
der Kartoffelpflanze dringen die Keimschläuche rasch ins
Innere derselben ein, indem sie auf Blättern durch
die
Spaltöffnungen oder direkt die
Epidermis
[* 16] durchbohrend, an jungen
Knollen die Korkschicht durchwachsend, ins
Innere gelangen,
wo sie sich unmittelbar zu den Myceliumfäden entwickeln.
Besonders an den
Knollen ist die
Übertragung der
Krankheit durch kranke Teile oder durch Zutritt der
Keime des
Pilzes mittels
künstlicher Infektionsversuche, wie sie zuerst Speerschneider 1857 anstellte, erwiesen worden. Die
Krankheit
läßt sich selbst dann hervorbringen, wenn auf die Oberfläche pilzfreien
Sandes, in welchem die
Knolle liegt, oberhalb derselben
Sporen des
Schmarotzers gebracht werden. Hiernach und angesichts der raschen
Keimung und
Entwickelung der
Peronospora ist es leicht
erklärlich, wie dieselbe,
Feuchtigkeit vorausgesetzt, auf demAcker von
Blatt
[* 17] zu
Blatt, von einem
Stock zum
andern, sogar vom
Laub auf die
Knollen gelangen und unter ihr günstigen
Bedingungen in verhältnismäßig kurzer Zeit weit
um sich greifen kann.
stattfinden und die Krankheit unter dem Boden weiter verbreitet werden. Aber auch das Mycelium kann aus einer kranken Knolle
in die sich entwickelnden Triebe derselben, sowohl in die unterirdischen als auch in die grünen Sprossen, hineinwachsen und
auf diese Weise schon frühzeitig ins Laub und in die jungen Knollen gelangen. Ob derPilz, wie andre Peronosporeen,
auch durch Oosporen überwintert, ist bis jetzt nicht sicher festgestellt. Die PeronosporainfestansCasp. kommt auch auf den
Blättern der in Gärten kultivierten Tomaten (Solanum lycopersicum) und andrer aus der Heimat der Kartoffel stammenden Arten,
wie S. etuberosumLindl., S. stoloniferum Schl.,
S.utileKl., S. MagliaMolin., S. verrucosum Schl.,
die ebenfalls in unsern Gärten gezogen werden, aber auf keiner unsrer einheimischen Solanum-Arten vor; nur auf SolanumDulcamara
läßt er sich kümmerlich kultivieren.
In der südamerikanischen Heimat der Kartoffelpflanze ist die Krankheit durchaus heimisch. Die unter den Laien verbreitete Meinung,
daß der auf den faulen Knollen auftretende Schimmel
[* 20] der Pilz der Kartoffelkrankheit und die Ursache der Weiterverbreitung
der Krankheit sei, ist irrig; denn Versuche haben erwiesen, daß aus den Sporen dieser Schimmelarten (gewöhnlich Fusisporium
solaniMart. und Spicaria solani Harting) immer nur dieselben Pilze,
[* 21] nie die Peronospora sich erziehen lassen, daß es Fäulnisbewohner
sind, die mit den Parasiten nichts zu thun haben.
Die Verhütungsmaßregeln gegen die Kartoffelkrankheit haben sich fast ausschließlich zu erstrecken auf die Fernhaltung
der Peronospora im Saatgut und auf Herstellung solcher Bedingungen, welche die Vegetation des Schmarotzers vereiteln oder am
meisten erschweren. Sorgfältige Auswahl guter, gesunder Knollen zur Aussaat ist Haupterfordernis. Ein
Hauptbeförderungsmittel der Vegetation und der Vermehrung derPeronospora ist die Feuchtigkeit. In der That tritt die in nassen
Jahren und feuchten Lagen am heftigsten auf, der Landwirt aber kann ihr durch Wahl eines trocknen und leicht trocknenden Bodens
und freier Lage des Ackers wenigstens einigermaßen vorbeugen. S. Tafel »Pflanzenkrankheiten«,
[* 22] Fig. 7-10.
Vgl. de Bary, Die gegenwärtig herrschende Kartoffelkrankheit, ihre Ursache und ihre Verhütung (Leipz. 1861);