der König eine Kommission zur Untersuchung ihres Betragens nieder; dieselbe vermochte ihr jedoch nur Unbesonnenheit zur Last
zu legen. Im August 1814 verließ Karoline, mit Bewilligung ihres Gemahls, England, bereiste Deutschland, verweilte in Rom und Neapel
und begab sich über Algier, Tunis und Konstantinopel nach Jerusalem, worauf sie sich, nach Italien zurückgekehrt,
für längere Zeit auf einer Villa am Comersee niederließ. Abermals verbreiteten sich anstößige Gerüchte über ihren Umgang
mit dem Italiener Bergami, den sie als Kurier in ihre Dienste genommen hatte.
Als ihr Gemahl 1820 den Thron Englands bestieg, stellte er die Forderung an sie, sich künftig des Namens
und der Rechte einer Königin von England zu enthalten und nie nach England zurückzukehren. Sie wies jedoch den Antrag zurück
und hielt sogar (6. Juni) unter dem Jubel des Volkes einen triumphierenden Einzug in London. Nun aber trat Lord Liverpool mit einer
Anklage auf Ehebruch im Parlament gegen sie auf, und es begann ein skandalöser Prozeß. Fast aus allen Ländern
hatte die Regierung Zeugen verschrieben; die öffentliche Stimme aber sprach sich so stark zu gunsten der von Lord Brougham verteidigten
Königin aus, daß man die in zweiter Lesung mit nur sehr kleiner Majorität 10. Nov. im Oberhaus durchgegangene Strafbill fallen
lassen mußte. Karoline lebte hierauf zu Brandenburgh House im Genuß königlichen Ranges; von der Krönung ihres Gemahls 19. Juli 1821 wurde
sie indes zurückgewiesen. Sie starb 7. Aug. 1821. Ihr Leichnam wurde, ihrem letzten Willen gemäß, nach Braunschweig gebracht.
Ihre Tochter Charlotte war als Gemahlin des spätern Königs der Belgier, Leopolds I., schon 1817 verstorben.
Vgl. »Historische Denkwürdigkeiten und Aktenstücke aus dem Leben und über den Prozeß der Königin Karoline von England« (Leipz. 1820).
3) Karoline Henriette Christiane, Landgräfin von Hessen-Darmstadt, geb. 9. März 1721 zu Bergzabern, Tochter des Pfalzgrafen Christian III.
von Zweibrücken-Birkenfeld, vermählte sich 1741 mit dem Erbprinzen Ludwig von Hessen-Darmstadt, der zu
Buchsweiler residierte und ein französisches Regiment in Straßburg befehligte, dann aber in Pirmasens sich ein eignes Heer schuf
und 1744 in preußische Dienste trat. Sein Regiment stand in Prenzlau. Karoline trat von da ab in freundschaftliche Beziehungen zu
Friedrich d. Gr., dem sie auch nach ihrer Rückkehr nach Hessen 1756 stets begeisterte Verehrung zollte.
Als ihr Gemahl 1768 als Ludwig IX. Landgraf geworden, übte sie auf die Regierung, zu der Moser als Minister berufen wurde, den
segensreichsten Einfluß. Künste und Wissenschaften begünstigte sie eifrigst, und ihr Hof zu Darmstadt wurde von den berühmtesten
Geistern jener Zeit, Goethe, Wieland, Herder u. a., besucht. Durch ihre Töchter Friederike und Wilhelmine
wurde sie die Großmutter Friedrich Wilhelms III. von Preußen sowie der Kaiser Alexander I. und Nikolaus von Rußland; ihre dritte
Tochter, Luise, war an Karl August von Weimar verheiratet. Sie starb 30. März 1774, wegen ihres tüchtigen, männlichen Geistes
und ihrer bedeutenden Verdienste um ihr Land »die große Landgräfin« genannt. Friedrich d. Gr. weihte ihr ein Denkmal mit
der Inschrift: »Femina sexu, ingenio vir«.
Vgl. Walther, Die »große Landgräfin« (Darmst.
1873);
»Briefwechsel der großen Landgräfin Karoline von Hessen« (hrsg. von Walther, Wien 1877, 2 Bde.).
4) Karoline Marie, Königin von Neapel, Tochter Kaiser Franz' I. und der Maria Theresia, geb. 13. Aug. 1752, vermählte
sich 12. Mai 1768 mit König Ferdinand IV. von Neapel. Herrschsüchtig
und intrigant, verdrängte sie 1777 den Minister Tanucci,
um unter dem Nachfolger desselben, Sambuca, größern Einfluß auf die Regierungsgeschäfte zu erlangen. Als 1784 auch dieser
seine Entlassung genommen, herrschte sie in Verbindung mit Sir John Acton (s. d.), den sie zum Premierminister erhob, unumschränkt
über den König und ganz Neapel und zwar, besonders seit der Hinrichtung ihrer Schwester Maria Antoinette (1793), aus Haß gegen
die Revolution mit großer Härte gegen die Liberalen.
Auch trieb sie zum Kriege gegen Frankreich, infolgedessen sie mit ihrer Familie 1799 nach Sizilien fliehen
mußte. Durch die vom Kardinal Ruffo erregte Insurrektion gegen die Franzosen nach Neapel zurückgeführt, verübte sie die ärgsten
Greuelthaten gegen die französisch gesinnten Neapolitaner und gestattete der berüchtigten Lady Hamilton den verderblichsten
Einfluß auf die Regierung. 1805 mußte sie wieder nach Sizilien übersiedeln, entzweite sich aber daselbst
mit den Engländern und begab sich 1812 über Konstantinopel nach Wien. Dort lebte sie größtenteils in Schönbrunn und starb 8. Sept. 1814 zu
Hetzendorf.
Vgl. v. Helfert, Königin Karoline von Neapel und Sizilien im Kampf gegen die französische Weltherrschaft (Wien 1878);
Derselbe, Marie Karoline von Österreich, Königin von Neapel und Sizilien (das. 1884);
Palumbo, Maria Carolina, regina delle Due Sicilie;
suo carteggio con Lady Hamilton (Neapel 1877);
Gagnières, La reine Marie-Caroline de Naples (Par. 1886).
span. Inselgruppe im westlichsten Teil des Stillen Ozeans, zu Mikronesien gehörig (s. Karte »Ozeanien«),
erstreckt
sich zwischen den Philippinen im W. und den Marshallinseln im O. durch 32 Längengrade (131° 4'-163° 6' östl. L.) und 9 Breitengrade
(10° 6'-1° 3' nördl. Br.) und zerfällt in zwei Gruppen: eine westliche, 750 qkm (13,6 QM.) groß, bestehend
aus den Palauinseln und der Gruppe Yap, und eine östliche, 700 qkm (12,7 QM.)
groß, welche durch eine breite Meeresstraße abermals in zwei Gruppen, eine zentrale und eine östliche, zerfällt. Die Bevölkerung
wird für die westlichen auf 14,000, für die östlichen auf 22,000, also zusammen auf 36,000 Seelen berechnet. Der bei weitem
größte Teil des Umfanges und der Bevölkerung entfällt auf die folgenden fünf hohen vulkanischen, gut
bewässerten und üppig fruchtbaren Inseln (vgl. auch die betreffenden Artikel):
Babelthouap
300 QKilom.,
10000 Einw.
Yap
207 "
2750 "
Ruck
132 "
12000 "
Ponape
347 "
2000 "
Kusaie
112 "
400 "
Die niedrigen Laguneninseln, deren Zahl 42 beträgt, sind weniger fruchtbar, aber doch teilweise mit
schönen Waldungen bedeckt und, sechs ausgenommen, sämtlich bewohnt. Die wichtigsten sind Lukunor, Sotran, Etal, Losap, Namoluk,
Los Martires, Elato, Wolea, Pingelap, Uluthi. Hauptprodukte sind: Kokosnüsse, Brotfrucht, Sago, Trepang, eßbare Schwalbennester.
Von Landtieren sind einheimisch nur eine Ratte und ein Pteropus, auf Ponape eine eigentümliche Art Hund;
Landvögel sind nicht zahlreich, eine Papageienart findet sich auf Ponape, das indische Krokodil bis Palau. Die See ist reich
an Delphinen, Potwalen, Dugongs, eigentümlichen, zum Teil giftigen Fischen; Krustaceen, auch solche, die auf Bäumen leben,
sind überaus häufig. Das Klima ist feucht, aber nicht ungesund; das Thermometer zeigt im Dezember 25-30°,
im
mehr
Juni 29-31° C. Von November bis März weht der Nordostpassat, von April bis September der Südwestpassat; heftige Orkane richten
oft große Verheerungen an. Die Karoliner gehören zu den Mikronesiern; sie sind von hübschem Äußern, hellbrauner Hautfarbe
und schwarzem Haar, freundlich und liebenswürdig (vgl. Tafel »Ozeanische
Völker«, Fig. 14, 15, 19, 20). Sie leben in kleinen Staaten unter vielen Häuptlingen, die stets miteinander
in freilich nicht sehr blutigen Kriegen leben, obschon die Residenzen dieser Häuptlinge zuweilen durch Schiffskanonen verteidigt
werden.
Als kühne Seefahrer unterhalten sie einen lebhaften Verkehr mit den Marianen, wo sie auf Saypan mehrere kleine Niederlassungen
gegründet haben. Merkwürdig sind die großartigen, aus früherer Zeit stammenden Steinbauten, Hafendämme
u. a. auf manchen Inseln sowie das Steingeld, welches sie bis zur Größe von Mühlsteinen auf Palau brechen. Wichtig ist die
Gruppe in neuester Zeit durch den Koprahandel geworden. Die Deutsche Handels- und Plantagengesellschaft der Südsee (Samoa) hat
Faktoreien auf Ujilong, Ponape, Lukunor, Losap, Nukuor, Lamotrek, Uluihi, Yap und Palau, die Firma Hernsheim
(Jaluit) seit 1876 auch Faktoreien mit eignem Grundbesitz auf Ponape und einigen andern Inseln; außerdem gibt es hier ein paar
englische Häuser. Von Kopra, dem einzigen Handelsgegenstand der Karolinen, werden jährlich durch die deutschen Firmen 1000 (Deutsche
Handels- und Plantagengesellschaft 800, Hernsheim 200) Ton. ausgeführt.
Die Inselgruppe wurde zuerst 1527 durch den Portugiesen Diego da Rocha entdeckt und Sequeirainseln getauft, erhielt aber 1686 von
dem Spanier Lazeano nach König Karl II. ihren jetzigen Namen, welcher den ihnen gleichfalls von Spaniern gegebenen Namen der
Neuen Philippinen schnell verdrängte. Von Manila aus suchten die Jesuiten die Bewohner der Karolinen zum Christentum
zu bekehren, die erste Expedition 1710 mißlang, andre ebenfalls, und als 1731 der Pater Cantova ermordet wurde, bekümmerte
sich Spanien nicht mehr um die Gruppe.
Untersucht wurde dieselbe 1817 durch Kotzebue mit Chamisso, 1824 durch Duperrey, in besonders verdienstlicher Weise
aber 1827 und 1828 durch Lütke. Weitere Nachrichten über einzelne Teile verdanken wir Semper, Kittlitz, Hernsheim u. a. Die
Gruppe ist danach von manchen Geographen als Besitz Spaniens aufgeführt worden, als dieses aber 1875 sein angebliches Besitzrecht
geltend machen wollte, wurden seine Ansprüche sowohl von Deutschland als von England zurückgewiesen.
Als 1884 die Deutsche Handels- und Plantagengesellschaft die Reichsregierung ersuchte, die Gruppe unter
deutschen Reichsschutz zu stellen, wurde diesem Wunsch unter Absendung eines Kriegsschiffs entsprochen, das 25. Aug. 1885 auf
Yap die deutsche Fagge heißte. Die zu demselben Zweck entsandten spanischen Kriegsschiffe zogen sich darauf zurück. Die Nachricht
hiervon rief in Spanien die größte Aufregung hervor, die sich in verletzenden Kundgebungen äußerte.
Die Regierung protestierte gegen die deutsche Besitzergreifung, worauf Deutschland sich bereit erklärte, die Streitfrage dem
Schiedsgericht des Papstes zu unterwerfen. Dieser entschied 22. Okt., daß die Karolinen und Palauinseln Spanien gehören, dieses aber Deutschland
volle Freiheit und Schutz des Handels und der Schiffahrt sowie das Recht, auf den Karolinen eine Schiffs- und Kohlenstation
anzulegen, gewähren sollte. In diesem Sinn kam im Dezember ein Vertrag zwischen Deutschland und Spanien zum Abschluß. Auf die
Schiffs- und Kohlenstation
verzichtete Deutschland 1886.
Vgl. Kubary, Ethnographische Beiträge zur Kenntnis der Karolinen-Inselgruppe
(Berl. 1885 ff.);
Mantero Vidal, El archipiélago Filipino y las islas Marianas, Carolinas etc. (Madr. 1886);
Taviel de Andrade, Historia del conflicto de las Carolinas (das. 1886).