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Stadt selbst befindet sich eine Fachschule für die keramische Industrie. Während der Saison wird lebhafter Handel, namentlich mit Porzellan- und Glaswaren, Spitzen und Stickereien, betrieben. Förderungsmittel des Handels sind die in Karlsbad bestehende Bankfiliale und Sparkasse. Im Stadtgarten befindet sich seit 1858 das Standbild Kaiser Karls IV.
Die Thermen von Karlsbad, 17 an der Zahl, sind heiße alkalische Glaubersalzquellen, bereits seit dem 14. Jahrh. im Gebrauch, und unterscheiden sich voneinander wesentlich nur durch den höhern oder geringern Grad der Temperatur und durch den verschiedenen Gehalt an Kohlensäure. Die älteste und wichtigste Quelle [* 2] ist der Sprudel, am rechten Ufer der Tepl, mitten in der Stadt. Er hat eine Temperatur von 73° C. und springt stoßweise in Mannsdicke 1 m hoch empor;
die Wassermenge, die er liefert, beträgt 23 hl in der Minute. (Bei dem Erdbeben, [* 3] welches 1755 Lissabon [* 4] zerstörte, blieb der Sprudel drei Tage lang aus.) Die andern Quellen, an Temperatur wie an Ergiebigkeit geringer, sind: der Bernhardsbrunnen, 1784 zuerst erschienen, mit 64° C. und 5 Lit. Erguß;
die Kurhausquelle, mit 65° C. und 11 L. Wasser;
der Neubrunnen, mit 59° C. und 6 L. Wasser;
die Felsenquelle, mit 58° und 3 L. Wasserzufluß, und der Schloßbrunnen, auf dem Schloßberg, mit 52° C. und 10,8 L. Wassermenge;
der Mühlbrunnen, mit 50° C. und 8,8 L. Wasserzufluß, nebst dem Sprudel die am meisten benutzte Quelle;
der Theresienbrunnen, mit 59° C. und 12 L. Erguß;
der Marktbrunnen (Ferdinandsquelle), mit 43° C. und 5 L. Wasser;
die Kaiserquelle, mit 41° C. und 3 L. Wasser, und die Elisabethquelle, mit 44° C. und 4,7 L. Wasserzufluß in der Minute.
Das Wasser hat weder Geruch noch Farbe und einen schwach salzigen und säuerlichen, jedoch nicht unangenehmen Geschmack. An der Luft zersetzt es sich nach kurzer Zeit, indem es kohlensauren Kalk fallen läßt; in Gefäßen gut verschlossen, kann es hingegen lange aufgehoben werden, ohne wesentlich an seinem Gehalt zu verlieren. Das spezifische Gewicht des Wassers beträgt nach der Bestimmung von Berzelius 1,004. Die erste Analyse der Karlsbader Quellen wurde 1789 von D. Becher [* 5] gemacht; später wurden sie von Klaproth, Reuß, [* 6] Berzelius, Steinmann, Hlasiwetz, H. Gött, Ragsky u. Ludwig chemisch untersucht. Nach des letztern Analyse (1879) sind enthalten in 10,000 g Wasser:
Bestandteile | Sprudel | Mühlbrunnen | Schloßbrunnen |
---|---|---|---|
Gramm | Gramm | Gramm | |
Kohlensaures Eisenoxydul | 0.030 | 0.028 | 0.001 |
" Manganoxydul | 0.002 | - | - |
Kohlensaure Magnesia | 1,665 | 1,613 | 1,615 |
Kohlensaurer Kalk | 3,214 | 3,266 | 3,337 |
" Strontian | 0.004 | 0.004 | 0.004 |
Kohlensaures Lithion | 0.123 | 0.118 | 0.136 |
" Natron | 12,980 | 12,790 | 12,279 |
Schwefelsaures Kali | 1,862 | 1,888 | 1,930 |
" Natron | 24,053 | 23,911 | 23,158 |
Chlornatrium | 10,418 | 10,288 | 10,047 |
Fluornatrium | 0.051 | 0.046 | 0.046 |
Borsaures Natron | 0.040 | 0.029 | 0.039 |
Phosphorsaurer Kalk | 0.007 | 0.009 | 0.004 |
Aluminiumoxyd | 0.004 | 0.005 | 0.005 |
Kieselsäure | 0.715 | 0.735 | 0.703 |
Kohlensäure, halbgebunden | 7,761 | 7,672 | 7,493 |
" frei | 1,898 | 5,169 | 5,822 |
Außerdem finden sich Spuren von Rubidium, Thallium, Zink, Arsen, Antimon, Selen und organischen Substanzen, auch Ameisensäure.
Das Wasser der Quellen setzt in Berührung mit der Luft kohlensauren Kalk ab, welcher mit der Zeit erhärtet und zuletzt die Härte eines Steins erreicht, der, geschliffen und poliert, zu allerlei niedlichen Gegenständen verarbeitet wird. Aus diesem Niederschlag des heißen Wassers, dem Sprudelstein (Kalksinter von teils weißer, teils brauner, ins Graue und Grünlichgelbe spielender Farbe), hat sich im Lauf der Jahrhunderte eine feste Gesteinsdecke, die Sprudelschale, gebildet, auf welcher ein großer Teil der Stadt steht. Die Öffnungen, durch welche die Dämpfe und Wasser ausgestoßen werden, müssen alle Vierteljahre gereinigt werden, weil sie durch die Inkrustationen sonst verstopft würden, in welchem Fall dann gewaltsame Durchbrüche an andern Stellen zu befürchten sind, sogen. »Sprudelausbrüche«, wie z. B. die Hygieiaquelle 1819 infolge eines solchen Sprudelausbruchs entstanden ist.
Die Hauptwirkung des Karlsbader Wassers ist die umstimmende, es wirkt daher keineswegs vorzugsweise purgierend, sondern mehr auflösend. Eine andre nicht minder wichtige Wirkung desselben ist die diuretische. Der Hauptherd der Krankheitsformen, gegen welche das Karlsbader Wasser mit Erfolg angewendet wird, ist der Unterleib mit seinem Organen, und zwar sind es die chronischen Fälle, die am sichersten geheilt oder gebessert werden. Die mannigfachen chronischen Leiden [* 7] des Magens, die Anschwellungen und Verhärtungen der Leber und Milz, die Krankheiten der Nieren und der Harnblase, insbesondere Blasenkatarrh und Nierensteine, die verschiedenen Hautübel, ferner Gicht, Hämorrhoiden, chronischer Darmkatarrh, chronische Entzündung der Gebärmutter [* 8] und der Vorsteherdrüse etc. finden im Gebrauch des Karlsbader Wassers ihre vorzugsweise Heilung. Es wird sowohl zum Trinken und Baden [* 9] als auch zu Umschlägen und Einspritzungen angewendet.
Man trinkt des Morgens 3-6 Becher und gebraucht sowohl Mineralwasser- und Dampfbäder als auch mit vielem Erfolg Moorbäder, zu denen die Schlammerde dem Franzensbader Moorlager entnommen wird. Von Wichtigkeit sind auch die Quellenprodukte von Karlsbad und zwar das Sprudelsalz, welches durch Abdampfung der Sprudelquelle, und die Sprudelseife, welche als Erzeugnis aus den Sprudelsalzlaugen gewonnen wird. Die Zahl der jährlichen Kurgäste Karlsbads, welche sich 1756 erst auf 134 Familien belief, ist seither fortwährend gestiegen und betrug in den letzten Jahren 20,000 Parteien mit 26,000 Personen.
Die jährliche Versendung an Karlsbader Mineralwasser beträgt über 1 Mill. Flaschen und Krüge, [* 10] an Sprudelsalz und Sprudelseife über 23,000 kg. Außer den erwähnten Thermalquellen sind auch mehrere kalte Mineralquellen in der Umgebung von Karlsbad bemerkenswert, als: der Rote Säuerling bei Drahowitz, der Cambridgesäuerling bei der Cambridgesäule links an der Tepl und der Säuerling bei der Dorotheenau (Sauerbrunn) sowie die 1853 unweit des Einflusses der Tepl in die Eger [* 11] aufgefundene eisenhaltige Quelle von 10° C. (Neue Eisenquelle).
Die großartige Gebirgsnatur in der Umgebung der Stadt ist durch eine Menge künstlicher Anlagen zugänglich gemacht, und die Berge bieten die schönsten Aussichten auf das Thal [* 12] der Tepl, einige auch, wie der Hirschensprung, die Franz Joseph-Höhe, der Dreikreuzberg, König Otto-Höhe etc., auf das Erzgebirge und das Egerthal. Zu den besuchtesten Punkten gehören die Puppschen Anlagen mit dem 1883 errichteten Goethe-Denkmal (Marmorbüste mit Relief von Donndorf), der Posthof, der Kaiserpark, ¶
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Gießhübel (s. d.), Pirkenhammer, Dallwitz, Fischern (diese 3 Orte mit Porzellanfabriken, der letztgenannte, die eigentliche Fabrikvorstadt von Karlsbad, auch mit Fabriken für Emailöfen, Metallkapseln, eiserne Möbel [* 14] und Zündhölzchen, Kaolinschlämmerei u. 3411 Einw.), der Hans Heiling-Felsen, die Ruine Engelhaus u. a. Die älteste Urkunde über Karlsbad datiert von 1325. Man kennt von ihr zwar nur den Titel: »König Johanns Privilegium oder Breve testatum und Lehenbrief über den Tiergarten sub anno 1325«;
doch stellt es sich hiernach als bloße Sage heraus, daß Karlsbad durch Karl IV. auf einer Hirschjagd 1347 entdeckt worden sei.
Dagegen ließ dieser Kaiser nach vollendeter glücklicher Heilung seiner bei Crécy erhaltenen Wunden 1358 ein festes Schloß bei der Quelle erbauen, und der um dasselbe bald entstehende Ort erhielt bereits 1370 städtische Rechte. Kaiser Joseph I. erhob Karlsbad zur königlichen Freistadt. Schon 1531 hatte Graf Albrecht Schlik das erste Armenhospital in Karlsbad erbaut; 1762 ließ Maria Theresia das Bade- und Trinkhaus am Mühlbrunnen aufführen, und 1812 wurde aus einer Schenkung des Grafen Kinsky das Badehaus und Hospital für arme Kurgäste am Spitalbrunnen errichtet.
Bis 1520 wurde in Karlsbad nur gebadet; um diese Zeit erst ward es auf Anraten eines Dr. Payer auch zu Trinkkuren verwendet. Auch hat dieser Arzt die erste medizinische Abhandlung über Karlsbad 1522 drucken lassen. Unter seinen größten Wohlthätern nennt Karlsbad den schottischen Lord Jakob Ogilvi, Grafen von Findlater, der Karlsbad mehr als 20mal besuchte und jeden Besuch mit Anlegung eines Gebäudes, einer Straße, eines Spaziergangs etc. bezeichnete. In späterer Zeit gründete dort der Dichter und Erzbischof Ladislaus Pyrker ein Hospital, namentlich für arme Offiziere.
Vgl. Hochstetter, Karlsbad, seine geognostischen Verhältnisse und seine Quellen (Karlsbad 1856);
Hlawacek, in geschichtlicher, medizinischer und topographischer Beziehung (14. Aufl., das. 1884);
Kraus, Ärztlicher Rat für den Kurgebrauch in Karlsbad (9. Aufl., das. 1882);
Fleckles, Der Karlsbader Kurgast (das. 1880);
Sorger, Die wichtigsten Punkte der Diätetik während einer Karlsbader Kur (9. Aufl., das. 1884);
Jaworski, Wirkungen des Karlsbader Thermalwassers (Leipz. 1885);
Prökl, Geschichte der königl. Stadt Karlsbad (das. 1883);