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unternahm er 1494 einen Kriegszug nach Italien, [* 2] eroberte auch 1495 das Königreich, ward aber durch den Bund zwischen dem Papste, dem Kaiser, Ferdinand von Aragonien u. a. wieder aus Italien vertrieben. Erst 27 Jahre alt, starb er Mit ihm erlosch der ältere Stamm der Valois. Sein Nachfolger war Ludwig XII., Urenkel Karls V.
Vgl. Ségur, Histoire de Charles VIII (2. Aufl., Par. 1842, 2 Bde.);
Cherrier, Histoire de Charles VIII (2. Aufl., das. 1870, 2 Bde.).
24) Karl IX., zweiter Sohn Heinrichs II. und der Katharina von Medici, bei seiner Geburt zum Herzog von Orléans [* 3] ernannt, folgte seinem Bruder Franz II. auf dem Thron [* 4] und zwar unter Vormundschaft seiner Mutter. Nach Erlaß des Edikts von Amboise, das den Hugenotten Religionsfreiheit gewährte, wurde Karl 1563 für mündig erklärt. Auf die Schwankungen der kriegerischen Erfolge gegen die Hugenotten (s. d.) hatte Karl denselben Einfluß wie auf die diplomatischen Verhandlungen, welche den verschiedenen Friedensbeschlüssen vorhergingen; fortwährend rüttelte er an den Ketten, an welchen ihn seine Mutter lenkte.
Bisweilen schien es sogar, als ob er wirklich den Wunsch hege, dem Bürgerkrieg wie der Herrschaft seiner Mutter zugleich ein Ende zu machen, und hierdurch getäuscht, leisteten die Häupter der Hugenotten bereitwillig seinen Aufforderungen, an den Hof [* 5] zu kommen, Folge. Coligny gewann daselbst in der That Karls Zuneigung; doch waren die Einflüsterungen der Guisen mächtiger, und das Resultat der Bemühungen der Partei war die Pariser Bluthochzeit (s. Bartholomäusnacht). Karl billigte die That, an welcher er sich beteiligte, öffentlich durch ein Lit de justice, bezeichnete sie als Notwehr gegen Verschwörung und zum Heil des Reichs auf seinen Befehl geschehen.
Gleichwohl wurde sein Gewissen nicht wieder ruhig, und er erlag der beständigen nervösen Aufregung im Schloß zu Vincennes Seine Gemahlin Elisabeth, Tochter des Kaisers Maximilian II., hatte ihm keine Kinder geboren, daher ihm sein Bruder Heinrich III. in der Herrschaft folgte.
Vgl. Desjardins, Charles IX, 1570-72 (Douai 1874);
Mérimée, Chronique du règne de Charles IX (neue Ausg., Par. 1877, 2 Bde.);
De la Barre-Duparcq, Histoire de Charles IX (das. 1875).
25) Karl X. Philipp, dritter Sohn des Dauphins Ludwig, einzigen Sohnes Ludwigs XV., Bruder Ludwigs XVI. und XVIII., geb. zu Versailles, [* 6] erhielt den Titel eines Grafen von Artois. Seine Erziehung an dem frivolen Hof seines Großvaters Ludwig XV. blieb nicht ohne üble Einwirkung auf den überdies beschränkten Prinzen. 1782 beteiligte er sich an der Expedition der Spanier und Franzosen gegen Gibraltar [* 7] und erhielt bei einem Aufenthalt im Lager [* 8] bei St.-Roche die Würde eines Ludwigsritters.
Kundgebungen einer durchaus absolutistischen Gesinnung zogen ihm bald den Haß des Volkes zu. Im Juli 1789 gab er das Zeichen zur Auswanderung des royalistischen Adels und zog allenthalben umher, seinem Vaterland Feinde zu erwecken. Bei Kaiser Leopold II. in Mantua [* 9] warb er für eine Invasion, wohnte 1791 dem Kongreß zu Pillnitz bei und nahm im Emigrantenkorps an der Invasion von 1792 teil. Nach Ludwigs XVI. Tod ward er von Ludwig XVIII. zum Generalleutnant des Königs ernannt und versuchte 1795 mit einer englischen Flottille bei Ile Dieu eine Landung, die jedoch mißlang.
Wieder wollte er mit den Russen unter Suworow gegen Frankreich (1799) ziehen, kehrte aber bei der Nachricht von Korsakows Niederlage sogleich wieder um, lebte von der ihm verliehenen englischen Pension von 15,000 Pfund Sterling in London [* 10] und in Hartwell bei seinem Bruder und ging 1814 mit den Verbündeten wieder über den Rhein, bis er infolge einer Beschwerde des Herzogs von Vicenza auf dem Kongreß zu Châtillon ausgewiesen wurde. Erst als die Verbündeten gegen Paris [* 11] zogen, trat auch er mit einer freiheitverheißenden Proklamation wieder in Frankreich auf. In Paris nahm er als Generalleutnant im Namen Ludwigs XVIII. die Rerierung ^[Regierung] in die Hand, [* 12] verkündete Freiheit der Presse [* 13] und der Personen, Aufhebung der Droits réunis erkannte auch die Grundzüge der Konstitution an und schloß einen Waffenstillstand mit den Verbündeten.
Aber kaum war Ludwig XVIII. selbst in Paris angekommen, als er als Generalobersten in den Süden des Reichs entsandte. Bei Napoleons I. Rückkehr (1815) floh Karl mit der königlichen Familie nach Gent. [* 14] Nach der zweiten Restauration legte er die ausschweifendsten reaktionären Gelüste an den Tag, und selbst nachdem er sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, intrigierten er und seine Gesinnungsgenossen (der Pavillon Marsan) noch gegen seinen Bruder Ludwig XVIII., die Charte und die Kammern.
Nachdem er seinem Bruder auf dem Thron gefolgt war und sich mit mittelalterlichem Pomp in Reims [* 15] hatte salben und krönen lassen, schien er anfangs eine gemäßigtere Richtung einzuschlagen, lenkte aber sodann wieder in die frühere reaktionäre Bahn ein. Er berief Villèle an die Spitze des Ministeriums, welches das Gotteslästerungsgesetz, die Milliardenentschädigung an die Emigrierten, die Auflösung der Nationalgarde und die Einführung der Zensur durchsetzte, und übertrug, nachdem der gemäßigtere Martignac sich mit der Kammer nicht hatte verständigen können, Polignac die Leitung der Staatsgeschäfte.
Durch auswärtige Erfolge suchte Karl die Unzufriedenheit der Nation zu beschwichtigen und unternahm zu diesem Zweck 1830 die Expedition nach Algier. Doch blieb sie ohne Erfolg auf die Volksstimmung, zu deren Organ sich die 221 liberalen Mitglieder der Kammer machten. Um die Opposition zu unterdrücken, erließ Karl die berüchtigten Juliordonnanzen. Hierdurch rief er die Julirevolution von 1830 hervor, infolge deren er zu gunsten seines Enkels, des Herzogs Heinrich von Bordeaux, [* 16] auf die Krone verzichtete. Er lebte fortan nacheinander in Edinburg, [* 17] Prag, [* 18] Kirchberg und Görz, [* 19] wo er starb. Er war seit 1773 vermählt mit Maria Theresia von Savoyen, die ihm die Herzöge von Angoulême und von Berri gebar.
Vgl. Védrenne, Vie de Charles X (Par. 1879, 3 Bde.);
[Großbritannien und Irland.]
Könige von England, Schottland und Irland:
26) Karl I., zweiter Sohn Jakobs I., geb. zu Dunfermline in Schottland, bestieg, durch den Tod seines Bruders Heinrich 1612 Prinz von Wales geworden, nach Jakobs Ableben den Thron. Karl hatte schon vor seinem Regierungsantritt durch seine Verlobung mit der katholischen Henriette Maria, Heinrichs IV. von Frankreich Tochter, die öffentliche Meinung gegen sich, und später entzog ihm die vom Vater ererbte Neigung zu dem stolzen Buckingham die Liebe des Volkes in noch höherm Grad. Zudem war er, obwohl ein thätiger, geistvoller, gütiger und liebenswürdiger Fürst, doch zu Leichtsinn, Hartnäckigkeit und Willkür geneigt, vor allem aber besaß er einen ¶
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unwiderstehlichen Hang zu gefährlichem und zweideutigem Intrigenspiel. So geriet er alsbald in Konflikte mit dem Parlament, die einen immer schärfern Charakter annahmen, im August 1628 die Ermordung Buckinghams veranlaßten und, als an dessen Stelle der nicht minder verhaßte Wentworth, später Lord Strafford (s. d.), getreten war, zuletzt dahin führten, daß der König eine Reihe von Jahren hindurch ohne Parlament und mit Hilfe verfassungswidriger Willkürmaßregeln regierte.
Allein als Karl und sein geistlicher Berater Erzbischof Laud 1637 auch mit den Schotten zerfielen, welche sich der Einführung einer neuen hochkirchlichen Liturgie entschieden widersetzten und mit französischer Hilfe einen Aufstand unternahmen, sah sich der König 1640 doch wieder genötigt, das Parlament zu berufen. Indessen der frühere Zwist erneuerte und verschärfte sich nur: das Parlament wollte die bedrängte Lage Karls zur Erweiterung seiner Rechte und zur Beschränkung der königlichen Prärogative benutzen;
Karl gab in vielen Dingen nach und war kleinmütig genug, dem Haß des Unterhauses sogar seine Günstlinge Laud und Strafford zu opfern.
Aber trotzdem war schon 1642, als der König London verließ und sich nach York zurückzog, der offene Ausbruch des Kampfes zwischen ihm und seinem Volk unvermeidlich geworden. Karl berief ein Parlament nach York, umgab sich mit trefflichen Ratgebern, wie Edward Hyde und Falkland, lehnte die letzten Forderungen des Londoner Parlaments, welches einen Verzicht auf die wichtigsten Machtbefugnisse der Krone verlangte, ab und begann den Bürgerkrieg. Fast zwei Jahre lang behauptete er in demselben eine Art von Übergewicht, bis die politische und kirchliche Verbindung des englischen und schottischen Parlaments, das Scheitern des Versuchs des Königs, sich auf ein in Oxford [* 21] zusammenberufenes royalistisches Gegenparlament zu stützen, endlich die Reorganisation der Parlamentsarmee durch Cromwell die Entscheidung herbeiführten. Am erlitten die Königlichen bei Marston-Moor, unweit York, eine bedeutende Niederlage, und wenn dieselbe auch durch die Unfälle, die das Parlamentsheer unter dem Grafen Essex 1. Sept. in Cornwall erlitt, wieder aufgewogen wurde, so war doch das Unterliegen des Königs jetzt wenig mehr zweifelhaft.
Neue Verhandlungen zu Uxbridge (Januar 1645) scheiterten an den Forderungen des Parlaments: Aufhebung des Episkopats und Übertragung des Befehls über Land- und Seemacht an jenes. Der Verlust der Schlacht bei Naseby, unweit Northampton (14. Juni), namentlich aber die Veröffentlichung seines Briefwechsels, den die Sieger erbeutet hatten, und aus dem hervorging, daß er die Hilfe des Auslandes gegen seine Unterthanen nachgesucht hatte, bestimmten Karl, dessen Hoffnungen auf Sieg immer geringer wurden, zur Nachgiebigkeit. Allein es war zu spät. Seine weitgehenden Anerbietungen wurden nur mit dem Befehl beantwortet, die von den Parlamentstruppen besetzte Linie nicht zu überschreiten; er mußte fürchten, in Oxford eingeschlossen zu werden, und faßte daher den Entschluß, sich den Schotten in die Arme zu werfen. Am floh er heimlich und gelangte nach mehrtägigem Umherirren in das Schottenlager. Der Empfang war ehrenvoll, aber thatsächlich war Karl im Heer der Schotten doch nur ein Gefangener, und im Januar 1647 lieferten sie ihn gegen die Summe von 400,000 Pfd. Sterl. an das englische Parlament aus, das ihn im Schloß Holmby in der Grafschaft Northampton gefangen setzte. Die Presbyterianer dachten nun an eine vertragsmäßige Ausgleichung der Wirren, die Independenten hingegen erstrebten unbedingte Beseitigung der königlichen Macht. Cromwell ließ den König heimlich entführen und nach Hamptoncourt bringen, und hier wurden Verhandlungen mit ihm angeknüpft, deren Erfolg aber das zweideutige Verhalten des Königs vereitelte. Als Cromwell aus einem aufgefangenen Brief Karls an die nach Frankreich entflohene Königin dessen wahre Gesinnung erfuhr, war sein Schicksal entschieden. Am 11. Nov. entfloh auf die Insel Wight, ward jedoch hier vom Gouverneur der Insel, Hammond, in Haft und auf das feste Schloß Carisbrook gebracht. In den letzten Monaten 1647 fanden zwar noch neue Verhandlungen zwischen König, Heer und Parlament statt, die aber von vornherein aussichtslos waren. Im Januar 1648 wurde beschlossen, keine weitern Botschaften vom König anzunehmen. Nun rüsteten zwar die Schotten für Karl und rückten im Juli 1648, 14,000 Mann stark, in England ein, wurden aber von Cromwell in drei Treffen geschlagen. Gleichwohl erneuerte das Parlament die Verhandlungen mit dem noch immer zu Wight gefangenen König; aber das Heer wollte von denselben nichts wissen, bemächtigte sich der Person Karls, entfernte 6. Dez. die seinen Tendenzen widerstrebenden Mitglieder des Unterhauses gewaltsam aus demselben und sicherte sich so die Majorität. Nun wurde der König 23. Dez. nach Windsor gebracht, und das Rumpfparlament beschloß im Januar 1649 seine Anklage wegen Hochverrats. Ein Gerichtshof von 150 Personen, bestehend aus Peers, Oberrichtern, Baronets, Aldermen und Mitgliedern des Unterhauses, sollte Richter des Königs sein. Die zwölf Lords u. a. weigerten sich indes, den Antrag anzunehmen, und so blieben Cromwell, Ireton, Harrison und den übrigen Offizieren die Hauptrollen. Am 19. Jan. brachte man Karl nach London in den Palast von St. James; am 20. begann der Prozeß im großen Saal von Westminster. Bradshaw, ein Rechtsgelehrter von Ruf, war Präsident des Gerichtshofs; 69 Mitglieder waren anwesend, Karl protestierte gegen die Kompetenz des Gerichtshofs. Vergebens verwendeten sich die auswärtigen Höfe und das schottische Parlament für Karl; vergebens boten vier seiner ehemaligen Minister, Richmond, Herford, [* 22] Lindsay und Southampton, ihre Häupter für den König an: am 25. ward das Todesurteil über als Tyrann, Verräter, Mörder und Landesfeind ausgesprochen. Nach Mitteilung des Urteils verlangte noch mit einem Vorschlag gehört zu werden; man glaubt, daß er der Krone zu gunsten des Prinzen von Wales entsagen wollte. Er wurde jedoch mit Gewalt abgeführt und 30. Jan. vor dem Palast Whitehall zu London öffentlich hingerichtet. Die Schriften Karls gab Brown (Haag [* 23] 1651) heraus.
Vgl. Disraeli, Commentaries on the life and reign of Charles I. (Lond. 1828-31, 5 Bde.);
Cattermole, The great civil War of Charles I. (das. 1844-45, 2 Bde.);
Gardiner, History of England under the duke of Buckingham and Charles I., 1624-28 (das. 1874, 2 Bde.);
Derselbe, The personal government of Charles I., 1628-37 (das. 1877, 2 Bde.);
Derselbe, The fall of the monarchy of Charles I. (das. 1882, 2 Bde.);
Chancellor, Life of Charles I., 1600-1625 (das. 1886).
27) Karl II., ältester Sohn des vorigen, geb. wurde während des Bürgerkriegs unter Leitung seiner Mutter in Frankreich erzogen und befand sich zur Zeit der Hinrichtung seines Vaters im Haag. Obwohl dort nur von der Gnade des Herzogs von Ormond lebend, nahm er doch sogleich den Königstitel an und wurde wirklich in Irland und ¶