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brechen versuchte. Das Schlimmste war, daß er, zur Herrschaft Deutschlands [* 2] berufen, für die deutschen Interessen und Wünsche keinen Sinn und für die deutschen religiösen und kirchlichen Ideen kein Verständnis hatte. Sein Wirken für Deutschland [* 3] und besonders für die Reformation muß deshalb ein unheilvolles genannt werden. Er hat sein Leben 1550 selbst beschrieben. Lange verloren, ist erst kürzlich eine portugiesische Übersetzung seiner Memoiren aufgefunden und von Kervyn de Lettenhove unter dem Titel: »Commentaires de Charles-Quint« (Brüss. 1862) veröffentlicht worden.
Die gleichzeitigen Historiker Jovius, Sleidanus, Sepulveda, Adriani u. a. haben seine Geschichte behandelt, im 17. Jahrh. Sandoval aus spanischen Relationen »Vida y hechos del emperador Carlos V.« (1604) zusammengestellt. In späterer Zeit ist seine Geschichte oft behandelt, z. B. von Robertson, History of the Emperor Charles V. (Lond. 1769; neue Ausg., das. 1869; deutsch, 3. Aufl., Braunschw. 1795, 3 Bde.); Baumgarten, Geschichte Karls V. (Stuttg. 1885 ff.), u. a.
Vgl. ferner Höfler, Karls I. (V.) Wahl (Wien [* 4] 1874);
Lanz, Korrespondenz des Kaisers Karl V. (Leipz. 1844-46, 3 Bde.);
Gachard, Correspondance de Charles V et d'Adrien VI (Brüss. 1859);
Rösler, Kaiserwahl Karls V. (Wien 1868);
Gachard, Retraite et mort de Charles-Quint au monastère de Juste (Brüss. 1855, 2 Bde.);
Stirling, Das Klosterleben Karls V. (a. d. Engl., Leipz. 1852);
Mignet, Charles-Quint, son abdication, son séjour et sa mort au monastère de Yuste (10. Aufl., Par. 1882);
Ranke, Deutsche [* 5] Geschichte im Reformationszeitalter (6. Aufl., Leipz. 1881, 6 Bde.);
Maurenbrecher, Karl V. und die deutschen Protestanten (Düsseld. 1865);
v. Druffel, Kaiser Karl V. und die römische Kurie 1544-46 (Münch. 1877);
Henne, Histoire du règne de Charles-Quint en Belgique (Brüss. 1858-60, 10 Bde.);
G. de Leva, Storia documentate di Carlo V. in correlazione all' Italia (Vened. 1875 ff., Bd. 1-4);
Mignet, Rivalité de Charles V et François I (Par. 1875, 2 Bde.).
7) Karl VI. Joseph Franz, Sohn Leopolds I. aus dessen dritter Ehe mit Eleonore von der Pfalz, geb. trat 1700 bei dem Tod Karls II., des letzten spanischen Habsburgers, als Prätendent der spanischen Krone auf und wurde hierbei von den das Übergewicht der Bourbonen in Europa [* 6] bekämpfenden Seemächten unterstützt (s. Spanischer Erbfolgekrieg). Bevor Karl, nachdem er 1703 in Wien als Karl III. zum König von Spanien [* 7] ausgerufen worden, das Land seiner Väter verließ, schloß er zwei Verträge mit seinem Vater, dem Kaiser Leopold I., und seinem Bruder, dem römischen König Joseph I., wonach alle Rechte und Ansprüche des Hauses auf die spanischen Länder ihm übertragen wurden. Karl reiste 1703 zunächst nach England, schiffte sich dort im Januar 1704 mit 12,000 Mann englisch-holländischer Truppen ein und landete zuerst in Lissabon, [* 8] in der Residenz des ihm befreundeten portugiesischen Hofs, dann in Katalonien.
Nur hier fand Karl ernstliche Anhänger und Freunde, die ihm auch später nach Österreich [* 9] folgten. Die Mehrzahl der Spanier, namentlich die Länder der Krone Kastilien, hingen dem Bourbon Philipp V. an. In Madrid, [* 10] wo er zweimal seinen Einzug hielt, behauptete er sich nur eine kurze Zeit und mußte bei dem Haß der katholischen Spanier gegen die fremdländischen, meist protestantischen Truppen, bei der Uneinigkeit im Kriegsrat und der militärischen Überlegenheit Frankreichs trotz der umsichtigen Kriegstüchtigkeit und heroischen Ausdauer Guidos von Stahremberg nach der Gefangennehmung Stanhopes seine Hoffnungen auf die spanische Krone immer mehr aufgeben lernen, wie zäh er auch an ihnen festhielt.
Als sein Bruder Joseph I. 1711, ohne männliche Erben zu hinterlassen, starb, setzte Karl seine Gemahlin Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg (geb. mit welcher er sich 1708 in Barcelona [* 11] vermählt hatte, in Spanien als Regentin ein und kehrte nach Deutschland zurück, wo er die Herrschaft über die habsburgischen Lande übernahm und im Dezember 1711 auch als Karl VI. zum Kaiser gekrönt wurde. Während die Siege der verbündeten Armeen unter Marlborough und Eugen dem König Ludwig XIV. verderblich wurden, endete doch der spanische Successionskrieg mit der Anerkennung Philipps V. und der Abtrennung der europäischen Nebenländer von der spanischen Krone im Frieden von Utrecht [* 12] 1713, welchem aber Karl VI. sich nicht fügen wollte.
Erst nach Verlauf eines weitern fruchtlosen Kriegsjahrs gestattete Karl seinem großen Feldherrn Eugen den Friedensabschluß in Rastatt [* 13] dem die Ratifikation in Baden [* 14] für das Deutsche Reich 7. Sept. folgte. Die für Österreich neugewonnenen Gebiete aus der spanischen Erbschaft, Belgien, [* 15] Mailand, [* 16] Neapel, [* 17] Sardinien, [* 18] welches später gegen Sizilien [* 19] ausgetauscht wurde, erhielten durch Karl eine besondere Verwaltung, bei welcher lediglich spanische Emigranten Einfluß übten.
Trotz des glücklichen Türkenkriegs, den Prinz Eugen 1716 begann und durch den glänzenden Frieden von Passarowitz 1718 beendete, durch welchen Serbien [* 20] und die Walachei an Österreich fielen, vermochte derselbe seine frühere Stellung in den österreichischen und Reichsangelegenheiten nicht zu behaupten und sah sich durch die spanische und Jesuitenpartei am Hof [* 21] überall zurückgesetzt. Karls höchstes Interesse schien sich dahin zu konzentrieren, seiner eignen weiblichen Deszendenz für den Fall seines söhnelosen Ablebens den Vorrang vor den zur Erbfolge berechtigten Töchtern Josephs I. zuzusichern.
Durch dieses Bestreben Karls entstand das Grundgesetz, die Pragmatische Sanktion, die zuerst veröffentlicht und von noch größerer Wichtigkeit wurde, als der einzige Sohn Karls 1716 starb. Als sich nun die Töchter seines Bruders mit den Prinzen von Bayern [* 22] und Sachsen [* 23] vermählten, wurden sie gezwungen, allen Rechten zu entsagen, welche ihnen aus der früher aufgerichteten Erbfolgeordnung entspringen würden. Hierauf begann Karl Unterhandlungen mit den Ständen seiner Länder, mit Kroatien, Ungarn, [* 24] Tirol, [* 25] Böhmen, [* 26] Österreich etc., zuletzt mit den Niederlanden (1724), und erlangte die Zusicherung, daß erstens die sämtlichen österreichischen Länder im Fall seines Todes ungeteilt bleiben und zweitens an seine älteste Tochter, Maria Theresia, und deren gesamte Nachkommen vererbt werden sollten. Karl suchte nun während der großen europäischen Verwickelungen durch eine Reihe von Verträgen sich die Garantie der Großmächte für die Pragmatische Sanktion auf alle Weise zu verschaffen.
Doch ging er hierbei namentlich den deutschen Mächten gegenüber mit sehr engherzigem Sinn zu Werke, während er Spanien und Frankreich, allerdings die gefährlichsten Mächte, durch die weitgehendsten Konzessionen zu beschwichtigen suchte und auf diese Weise 1735 nach dem unglücklichen polnischen Erbfolgekrieg Neapel und Sizilien verlor und den Gewinn Lothringens für die französische Krone vorbereitete. Den protestantischen Mächten dagegen suchte man sorgfältig jeden Vorteil vorzuenthalten, der ihnen aus der großen habsburgischen Erbschaft entspringen konnte. ¶
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Den Holländern wurde zwar 1731 die Ostindische Handelskompanie geopfert; dem König von Preußen [* 28] dagegen glaubte man durch Versprechungen genugthun zu können, die sich auf Jülich und Berg bezogen und nicht ernstlich gemeint waren. Auch zogen diese Verhandlungen Karl von wichtigen Interessen Österreichs ab und bewirkten, daß er die Wehrkraft desselben verfallen ließ, so daß der 1736 mit Rußland begonnene neue Türkenkrieg unglücklich verlief und Österreich im Frieden von Belgrad [* 29] alle Vorteile des Passarowitzer Friedens wieder verlor. Formell betrachtet, konnte indes das Resultat aller dieser Verhandlungen als ein äußerst günstiges betrachtet werden und Karl in dem Glauben sterben, daß er seiner ältesten, seit 1736 mit Franz von Lothringen verheirateten Tochter seine Länder in Ruhe und Sicherheit vererbe.
Mit ihm erlosch der habsburgische Mannesstamm. Karl war nicht ohne Begabung und Bildung, hatte Interesse für Künste und Wissenschaften, aber wenig politische Einsicht und war eigensinnig, ohne energisch und beharrlich zu sein.
Vgl. »Leben und Thaten Kaiser Karls VI. von einem deutschen Patrioten« (Frankf. u. Leipz. 1741);
Massuet, Histoire de l'empereur Charles VI (Amsterd. 1741, 2 Bde.; deutsch, Regensb. 1742);
Schirach, Biographie Kaiser Karls VI. (Halle [* 30] 1776);
Radics, Kaiser Karl VI. als Staats- und Volkswirt (Wien 1886);
P. A. à la Lande, Histoire de l'empereur Charles VI (Haag [* 31] 1843).
Von besonderm Wert sind: Foscarinis (des venezianischen Gesandten) »Arcane memorie, ossia segreta historia del regno di Carlo VI.« (Padua [* 32] 1750).
8) Karl VII. Albrecht, ältester Sohn des Kurfürsten Max Emanuel von Bayern, geb. zu Brüssel, [* 33] als sein Vater Statthalter der Niederlande [* 34] war, fiel im Krieg desselben wider Österreich (1706) in Gefangenschaft und wurde mit seinen Brüdern als Graf von Wittelsbach in Klagenfurt, [* 35] später in Graz [* 36] erzogen. Nach seiner Freilassung (1715) unternahm er Reisen und befehligte 1717 im Türkenkrieg bayrische Hilfstruppen. 1722 vermählte er sich mit Maria Amalie, jüngerer Tochter des Kaisers Joseph I., die jedoch allen Erbansprüchen entsagte. Nach dem Tod seines Vaters folgte er diesem in Bayern und in der Kurwürde.
Seinem Haus brachte er Hohenwaldeck und die wartenbergischen Herrschaften zu. Zu Österreich trat er nur kurze Zeit in ein freundliches Verhältnis und stellte dem Kaiser Karl VI. ein Hilfskorps gegen die Türken (1738). Unmittelbar nach dem Tode des Kaisers protestierte er aber gegen die Pragmatische Sanktion, schloß mit Frankreich 1741 ein Bündnis gegen Österreich zu Nymphenburg, welchem Spanien und Sachsen, bald auch Preußen beitraten, fiel in Österreich ein, ließ sich hier als Erzherzog huldigen, rückte dann in Böhmen ein, gewann 25. Nov. durch Überrumpelung Prag [* 37] und ließ sich als König von Böhmen huldigen. Am wurde er zum deutschen Kaiser gewählt.
Alsbald aber wandte sich das Kriegsglück, Maria Theresia warf mit Hilfe der Ungarn den Feind aus Oberösterreich und eroberte in kurzem ganz Bayern. Karl flüchtete nach Frankfurt. [* 38] Noch größer wurde seine Bedrängnis, als Österreich, Schlesien [* 39] opfernd, mit Preußen Frieden schloß. Karls letzte bedeutende Macht, das bayrisch-französische Heer, wurde in Prag von den Österreichern so eng umstellt, daß der französische Befehlshaber Belleisle mitten im Winter den Rückzug aus Böhmen antreten mußte.
Zwar gestattete ein Sieg Seckendorfs Karl einen kurzen Besuch in München; [* 40] aber gleich darauf schlug Georg II. von England die Franzosen bei Dettingen und gewann Karl von Lothringen einen Sieg über die Bayern bei Simbach, worauf Österreich sich in Bayern huldigen ließ. Die Hilfe Friedrichs II., der 1744 in Böhmen einfiel, verbesserte Karls Lage, und Seckendorf führte Karl 23. Okt. d. J. in seine Residenzstadt München zurück, wo derselbe starb.
Vgl. Heigel, Der österreichische Erbfolgestreit und die Kaiserwahl Karl VII. (Nördling. 1876);
»Tagebuch Kaiser Karls VII. aus der Zeit des österreichischen Erbfolgekriegs« (hrsg. von Heigel, Münch. 1883).
[Baden.]
9) Karl Friedrich, Großherzog von Baden, Sohn des Erbprinzen Friedrich von Baden-Durlach, geb. folgte seinem Großvater, dem Markgrafen Karl Wilhelm in Baden-Durlach, erst unter Vormundschaft seines Oheims und dann seit 1746 selbständig in der Regierung und führte dieselbe im Sinn der Humanität und der Aufklärung. Als ihm 1771 Baden-Baden [* 41] zufiel, erleichterte er auch hier vielfach das Los der untern Stände, indem er 1783 die Leibeigenschaft aufhob, gab das erste Beispiel des Freizügigkeitssystems, trug die Landesschulden ab, beförderte Ackerbau, Gewerbe, Handel und geistige Bildung und schrieb selbst einen »Abrégé des principes de l'économie politique« (Karlsr. 1772). Sein Hof ward von vielen Dichtern und Gelehrten besucht. 1785 schloß er sich dem Fürstenbund an. Infolge des Revolutionskriegs verlor er 1796 seine Besitzungen auf dem linken Rheinufer, ward aber 1803 mit dem Stift Konstanz, [* 42] der rechtsrheinischen Pfalz mit Heidelberg, [* 43] wo er die Universität zu neuer Blüte [* 44] erhob, etc. entschädigt und Kurfürst von Baden.
Durch den Preßburger Frieden erhielt er den Breisgau und die Stadt Konstanz. 1806 trat er als souveräner Fürst dem Rheinbund bei, nahm den Titel Großherzog an und erhielt abermals einen Länderzuwachs, so daß unter ihm Baden zu einem Staat von 14,300 qkm mit 430,000 Einw. anwuchs. Er starb Ihm folgte, da sein Sohn erster Ehe mit der edlen, geistvollen Karoline Luise von Hessen [* 45] (gest. 1783), der Erbprinz Karl Ludwig, 1801 gestorben war, sein Enkel Karl Ludwig Friedrich, geb. seit 1806 mit Stephanie von Beauharnais vermählt, seit 1808 Mitregent. Er gab die Verfassung vom starb aber nach dreijähriger Krankheit ohne Söhne zu hinterlassen.
Außerdem hatte Karl Friedrich aus erster Ehe noch zwei Söhne, Markgraf Friedrich (1756-1817) und Ludwig, den spätern Großherzog (1818-30). 1787 vermählte er sich in zweiter Ehe mit Luise Karoline, Freiin Geyer von Geyersberg, welche der Kaiser 1796 zur Reichsgräfin von Hochberg erhob, und die 1820 starb. Aus dieser Ehe stammten der nachmalige Großherzog Leopold (1830-52), Markgraf Wilhelm (1792-1859) und Markgraf Maximilian (1796-1882).
Vgl. Nebenius, Karl Friedrich von Baden (Karlsr. 1868);
Kleinschmidt, Karl Friedrich von Baden (Heidelb. 1878).
[Bayern.]
10) Karl Theodor Maximilian August, Herzog von Bayern, geb. zu Mannheim, [* 46] zweiter Sohn des Herzogs Maximilian Joseph von Pfalz-Zweibrücken, nachherigen Kurfürsten und seit 1806 Königs von Bayern, erhielt eine vorwiegend militärische Ausbildung, ward bereits im Juni 1813 zum Generalmajor und Brigadier der Infanterie ernannt, focht mit Auszeichnung in den Befreiungskriegen an der Seite des Generals Wrede als Kommandant der 1. Brigade der Division ¶