»Mondes« etc. Diese
Tempel
[* 2] sind geräumige, nicht sehr hohe Gebäude, zu denen man durch mehrere schöne
Vorhöfe und Vorhallen
gelangt; am Eingang befinden sich in großen
Nischen zur
Rechten und
Linken riesenhafte
Götter- oder Heldenstatuen in kriegerischem
Schmuck, während im Innern selbst die vergoldeten
Bilder der
Weisen und Wohlthäter des chinesischen
Volkes
oder des
Buddha und seiner
Jünger mit ihren
Attributen aufgestellt sind. Im ganzen befinden sich in der alten Stadt 124
Tempel
etc., eine mohammedanischePagode und zahlreiche buddhistische Klöster mit
Türmen.
Die mittlere Jahrestemperatur ist 26,7° C. Als Industriestadt nimmt Kanton
[* 3] unter allen
StädtenChinas den erstenRang ein; es ist Hauptsitz der Seidenweberei und Seidenstickerei,
Borten- und
Schnurenfabrikation,
Färberei und
Appretur, Glasbläserei,
Glas- und Steinschleiferei, Lackwaren- und Papierfabrikation,
[* 4]
Holz-
und
Elfenbeinschnitzerei wie Möbelschreinerei; in den Umgebungen beschäftigt die
Seiden-,
Metall- u. Porzellanindustrie ganze
Dörfer, zur Zeit der Zuckerernte ist ein großer Teil der
Bevölkerung
[* 5] in den Zuckermühlen beschäftigt.
Für den inländischen
Handel ist ein hervorragender
Markt; seine Kaufleute kennen seit langem die
Waren, welche aus dem
Westen
kommen, gründlich und genau sowie anderseits die Absatzquellen und den
Geschmack im Innern des
Reichs. In Kanton hat sich der
eigentümliche.
Jargon des »Pidschin-Englisch« ausgebildet, der eine Verständigung
mit den
Fremden ermöglicht. Die Kaufleute von Kanton sind als Zwischenhändler zuverlässig; aber in eignen
Handelsangelegenheiten erlangen sie über den
Europäer große Vorteile durch einheitliches Vorgehen, das durch Vereinigungen
und staatliche Maßregeln begünstigt wird.
Über den Handelsverkehr mit fremden
Ländern geben die Ausweise des dortigen unter europäischer Leitung stehenden Zollhauses
genauen Aufschluß.
Alle unter chinesischer
Flagge segelnden
Schiffe
[* 6] und ihre
Waren verzeichnet dagegen das
unter chinesischer Leitung stehende Binnenzollamt, und dieses veröffentlicht keine
Berichte, der umfassende Küstenhandel
ist daher in nachstehendem nicht inbegriffen. Nur
Dampfschiffe können bis nach Kanton selber hinaufgehen; die immer seltener
werdenden Segelschiffe müssen bei
Whampoa, 50 km unterhalb der Stadt,
Anker
[* 7] werfen.
Der Schiffsverkehr der Fahrzeuge europäischer Bauart im
Hafen von Kanton (mit
Whampoa) hat sich ungemein schnell gehoben und betrug 1885 im
Eingang: 1107
Dampfer von 1,029,390 und 1145 Segelschiffe von 1,046,145 T.;
auf die britische
Flagge entfielen vom
Tonnengehalt
82,9, auf die deutsche 6,5, auf die amerikanische
6,1, die chinesische 4,5, auf Segelschiffe nur 1 Proz.
Der Gesamtwert der Ein- und Ausfuhr betrug 1860: 87, 1869: 140 und 1885: 171 Mill. Mk. Davon entfielen
im letzten Jahr auf die Ausfuhr von Landesprodukten 78 Mill. Mk.; dieselbe besteht vornehmlich
in
Seide
[* 8] und Seidenwaren,
Thee,
Zucker,
[* 9]Tabak,
[* 10]
Matten, Feuerwerk,
Papier,
Kassie,
Porzellan,
Stöcken etc. Die
Einfuhr fremder
Waren (33 Mill. Mk.) besteht in Baumwollwaren,
Reis und
Weizen,
Opium,
Metallen etc., fast ausschließlich aus
Hongkong. Doch wird
Opium in namhaften
Quantitäten eingeschmuggelt. Kanton ist Sitz eines deutschen
Berufskonsuls.
(franz.) heißt eine Mauerecke oder ein eckiger
Pfeiler, der in den
Ecken mit einer in einen
Falz
[* 13] gesetzten
(s. Abbildung) oder einer vorspringenden
Halbsäule besetzt ist.
(Kantonnement, franz.), vorübergehende
Einquartierung von
Truppen in bewohnten
Orten, teils für einzelne
Truppenteile bei besondern Anlässen, die eine Verlegung aus dem eigentlichen Standquartier notwendig machen, wie
Epidemien
etc., hauptsächlich aber bei Zusammenziehung größerer Truppenmassen im
Frieden oder im
Krieg. Die Verteilung der
Truppen
in der Kantonierung
(Dislokation) wird weit vom Feind ab möglichst weitläufig je näher am Feind aber, desto enger
genommen, so daß sie zuletzt in ein bloßes
Biwak mit Benutzung des in den Ortschaften vorhandenen Unterkunftsraums übergeht.
Die den einzelnen Truppenverbänden
(Divisionen,
Armeekorps) zugewiesenen
Bezirke werden so bemessen, daß diese
Verbände in
einem bestimmten Zeitraum, je nach der nötigen Schlagfertigkeit nach einem halben bis einem ganzen Tagemarsch,
auf dem gemeinschaftlichen Versammlungs-
(Rendezvous-) Platze zur Verwendung bereit stehen können. Gegen feindliche unerwartete
Annäherung wird das ganze Gebiet der Kantonierung durch
Vorposten, jede einzelne Ortschaft durch Kantonnementswachen gesichert. Zur
raschen Verbreitung des
Alarms wird außer der Bereitstellung von
Ordonnanzen durch besondere Vorkehrungen
(Telegraphen,
[* 14]
Signale,
Fanale etc.) gesorgt. Bei längere Zeit andauernden Kantonierungen werden für die
Truppen nötigen Falls
auch besondere Kantonnementslazarette eingerichtet.
(Kantonsystem), die von
FriedrichWilhelm I. durch dasReglement vom 1. Mai eingeführte
Militärverfassung, nach welcher das ganze Land in
Kantone
(Kreise)
[* 15] eingeteilt war, in welchen jedem
Infanterie- und Kavallerieregiment
eine bestimmte Anzahl Feuerstellen zur Entnahme seines Rekrutenbedarfs zugewiesen waren. Die anfänglich festgesetzte Zahl
von 5000 Feuerstellen für ein
Infanterie- und 1800 für ein Kavallerieregiment wurde später noch vermehrt.
Im
Frieden durften denselben jährlich 30, im
Krieg 100 Mann entnommen werden.
Durch die Kantonverfassung wurde bestimmt: Alle Einwohner des
Landes sind verpflichtet, in dem
Regiment zu dienen, zu dessen
Kanton sie gehören;
ausgenommen sind die
Söhne der Edelleute und derjenigen
Bürger, die ein sicheres
Vermögen von 6-10,000
Thaler nachweisen;
die einzigen
Söhne von Bauerngütern und diejenigen
Unterthanen der Gutsherrschaften auf dem Land, welche letztere als
Wirtschafter,
Gärtner oder
Köche auslernen ließen, jedoch war hierzu die
Genehmigung des betreffenden
Regiments einzuholen.
Kantoplatonismus - Kan
* 17 Seite 9.476.
Zur
Hebung
[* 16] der
Tuchindustrie erhielten später die
Woll- und Tuchfabrikanten für sich und ihre
Gehilfen gleichfalls
Befreiung. Jeder im
Kanton
geborne
Knabe wurde vom
Pfarrer in eine
Liste eingeschrieben und dem
Regiment mitgeteilt. Mit dem 20. Lebensjahr wurde der Kantonpflichtige
gemustert und zu lebenslänglicher, später 20jähriger
Dienstpflicht ausgehoben.
¶
mehr
Um aber den Übergriffen der Regimenter vorzubeugen, durfte die Aushebung nur unter Mitwirkung des Magistrats oder Landrats geschehen.
Später wurden auch Städte und Landesteile von hervorragender industrieller Thätigkeit von der Kantonpflichtigkeit befreit,
z. B. Berlin,
[* 18] Potsdam,
[* 19] Breslau,
[* 20] Magdeburg
[* 21] etc. Der Übergang von dieser Kantonverfassung zur allgemeinen Wehrpflicht beruhte somit nur auf
der Aufhebung der vielen Befreiungen von der Militärdienstpflicht. Ein ähnliches System war früher in Österreich
[* 22] und bis 1874 auch
in Rußland im Gebrauch.