die fürstlichen Angelegenheiten verhandelt wurden, und in übertragener Bedeutung auch die den fürstlichen Haushalt leitende
Behörde (vgl. Kabinett). An der Spitze der Kammer, die auch Kammerkollegium, Hofkammer, Rentkammer hieß, stand der Kämmerer (Camerarius,
Kammermeister, auch Landschreiber genannt). Derselbe war zugleich einer der ersten Hofbeamten. Die Geschäfte der Kammer bestanden
in der Beaufsichtigung und Leitung der eignen Güter der Fürsten, Kammergüter (Kammervermögen) im engern
Sinn, der Domänen, in der Einbringung der herrschaftlichen Gefälle, Zehnten, Zinsen; ferner in der Verwaltung der Einkünfte
aus der Jagd, den Straßen, der Münze und den übrigen Regalien.
Die Einkünfte verwaltete der Fürst mit seiner Kammer unabhängig von seinen Ständen; mit ihnen wurden in
erster Linie alle Regierungskosten bestritten; erst bei ihrer Unzulänglichkeit mußten die Stände mit der Bewilligung von
Steuern eintreten. Zu dem Geschäftskreis der Kammer, zu den sogen. Kammersachen, gehörte aber auch eine polizeiliche Thätigkeit,
die notwendig mit der Sorge für Vermehrung der fürstlichen Einkünfte und der heutigen sogen. Volkswirtschaftspflege
zusammenhing.
Nach und nach wurden in größern Staaten die Kammern in verschiedene Behörden, Kammerkollegien, Hofkammern, Rentkammern,
geteilt, woraus sich die Finanzministerien, die Finanzkämmereien, die Steuerkollegien, die Zolldirektionen, die Oberrechnungskammern
etc. entwickelt haben, während das Polizeiwesen in das Ressort andrer Ministerien übergegangen ist. Den Kammern standen
zuweilen zur Vertretung in Prozessen eigne Anwalte, Kammerkonsulenten, zur Seite.
Vgl. Domäne und Kameralwissenschaft.
In der parlamentarischen Sprache versteht man unter Kammer die Volksvertretung (s. d.), daher man von Ein- und Zweikammersystem
spricht, je nachdem der Landtag einheitlich organisiert oder aus einer Ersten und Zweiten Kammer zusammengesetzt ist. Endlich wird
der Ausdruck Kammer vielfach in dem Sinn von Kollegium, namentlich richterlichem Kollegium, gebraucht; so sind
z. B. bei den Landgerichten Zivil- und Strafkammern, auch Kammern für Handelssachen gebildet (s. Gericht, S. 165 f.), und das Berliner
Oberlandesgericht führt noch jetzt die Bezeichnung Kammergericht (s. d.). Für die Vertretung der gemeinsamen Interessen des
Anwaltstandes bestehen Anwaltskammern (s. d.). Auch der Handels- und Gewerbekammern (s. d.) ist zu gedenken.
im Militärwesen der Aufbewahrungsort für die Bekleidungs- und Ausrüstungsstücke der Truppen, daher Montierungs-,
Geschirr-, Regiments-, Bataillons-, Kompanie- etc. Kammer. Unter Verantwortung der Bekleidungskommissionen (s. d.) werden sie von Kammerunteroffizieren
(früher Capitaines d'armes) verwaltet. - Bei den ältesten für Hinterladung eingerichteten Geschützen
(Kammerstücken, s. Geschütz, S. 221) heißt Kammer die lose Ladebüchse, welche das Pulver enthielt; bei den Wurfgeschützen (Haubitzen,
Mörser etc.) der verengerte Raum für die Pulverladung (daher Kammergeschütze). Handfeuerwaffen mit Vorderladung haben eine
in der Schwanzschraube (Kammerschwanzschraube), bei den Kammerbüchsen von Deloigne ^[richtig: Delvigne] wird das Geschoß
auf den Kammerrand aufgesetzt. Auch bei Schrapnells und Minen heißt Kammer der zur Aufnahme des Pulvers bestimmte Raum. - Auf Schiffen
ist Kammer Gesamtbezeichnung für die durch Quer- und Längswände (Schotten) formierten Abteilungen, welche als Magazine, Wohnräume
etc. dienen und durch den
Zweck näher bezeichnet werden, z. B. Pulverkammer in Kriegsschiffen, Postkammer
in Postdampfern. - In der Jägerei der mit Jagdzeug umstellte enge Raum, aus welchem das Wild auf den Lauf vor die Schützen getrieben
wird (s. Hauptjagen). - Kammer heißt endlich auch ein Zimmer zur Aufbewahrung von Kunstschätzen etc. (Kunst-, Schatz-, Antiquitätenkammer
etc.).
Verwaltung der Einkünfte einer Stadtgemeinde durch städtische Beamte (Stadtkämmerer, Ratskämmerer) unter
Aufsicht der Gemeindevertretung und Oberaufsicht der Staatsregierung. Die Vorschriften für die Kämmereiverwaltung sind
gewöhnlich in der Städteordnung enthalten. Die Kämmereikasse erhält ihre Zuschüsse aus dem Ertrag
der Kämmereigüter, d. h. städtischen Grundstücke, und dem sonstigen Aktivvermögen der Gemeinde, sodann aus den sogen.
Kämmereigefällen, wozu Strafgelder, Bürgerrechtsgelder, die städtischen Erbschaftssteuern und die eigentlichen städtischen
Umlagen zu rechnen sind.
Vielfach wird auch zwischen Kämmereivermögen und Bürgervermögen in dem Sinn unterschieden, daß man unter ersterm das eigentliche
Gemeindevermögen im Gegensatz zu demjenigen versteht, dessen Nutzung einzelnen Gemeindemitgliedern als
solchen zusteht. Endlich unterscheidet man zwischen Kämmereivermögen, als dem Finanz- oder Kapitalvermögen der Stadt, und
dem Verwaltungsvermögen, d. h. dem zu Verwaltungszwecken dienenden Grundvermögen und Inventarium, wie Rathaus, Feuerwehranstalten,
Straßenareal etc.
(lat. Camerarius), der Aufseher über eine Kammer (s. d.) oder sonstige Lokalität, woselbst
Kostbarkeiten oder Kunstschätze aufbewahrt werden, daher Silber- oder Kunstkämmerer, der Beamte, welcher fürstliches Kammergut
zu verwalten hat;
an manchen Höfen, z. B. in Wien und München, auch s. v. w. Kammerherr.
Der Oberstkämmerer zählt alsdann
zu den obersten Hofchargen. Zu dem preußischen Hofstaat gehören ein Oberstkämmerer und ein Obergewandkämmerer (Grand-maître
de la garderobe).
Auch ist Kämmerer der Titel des Verwalters der städtischen Finanzen (s. Kämmerei).
das frühere Appellationsgericht für die Stadt Berlin und für den Regierungsbezirk
Potsdam in Berlin. Durch besondern königlichen Erlaß ist die Bezeichnung Kammergericht für das Oberlandesgericht der Provinz Brandenburg
in Berlin beibehalten worden. Dasselbe fungiert zugleich als oberstes Landesgericht für den preußischen Staat, indem ihm zur
ausschließlichen Verhandlung und Entscheidung überwiesen sind:
1) die nicht zur Zuständigkeit des Reichsgerichts gehörigen Revisionen gegen Urteile der Strafkammern der
Landgerichte in erster Instanz;
2) die Revisionen gegen Urteile dieser Strafkammern in der Berufungsinstanz und über alle Beschwerden gegen Entscheidungen der
Strafkammern, insofern es sich um eine nach Landesrecht (nicht nach Reichsrecht) strafbare Handlung handelt. Bei dem Kammergericht ist
ein
mehr
Geheimer Justizrat gebildeter welchem die Mitglieder der königlichen Familie und des Hauses Hohenzollern ihren persönlichen
Gerichtsstand haben.
Vgl. Franklin, Das königliche Kammergericht (Berl. 1871).
Kammergericht ist auch die abgekürzte Bezeichnung für Reichskammergericht (s. d.).