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Fähigkeit, Rechte und Verbindlichkeiten zu haben, beigelegt werden. Um indessen die Erreichung solcher Zwecke zu sichern, welche nach Ausdehnung [* 2] und Dauer über Interesse und Wirken des einzelnen hinausreichen, hat das Recht auch Begriffe zu Personen erhoben und denselben die Rechtsfähigkeit beigelegt, und so entsteht der wichtige Unterschied zwischen der physischen (natürlichen) und der juristischen Person. Um das Wesen der letztern klarzustellen, sind als verwandte Rechtsinstitute auszuscheiden: Der Verein, d. h. die Verbindung mehrerer Personen zur Erreichung eines gemeinsamen, nicht auf Vermögenserwerb gerichteten Zweckes, z. B. Gesangvereine u. dgl. Einem solchen Verein kann allerdings vom Staat oder einem allgemeinen Gesetz auch die Eigenschaft einer juristischen Person verliehen sein; ist dies nicht der Fall, so kommen juristisch immer nur die einzelnen Mitglieder in Betracht, und diesen gehört auch das etwanige Vermögen und die Verfügung über solches.
Sodann die Gesellschaft, d. h. die Vereinigung zur Erreichung eines vermögensrechtlichen Vorteils; auch bei dieser steht einerseits das Vermögen im Miteigentum der Mitglieder, während anderseits diese persönlich für die Schulden haften; dies ist namentlich auch der Fall bei der Handelsgesellschaft, obgleich diese unter ihrer Firma auftritt und sogar bei der Aktiengesellschaft durch von den Mitgliedern unabhängige Organe vertreten wird. Selbständig steht auch die Genossenschaft da, welche insofern sich der juristischen Person nähert, als ihre Existenz vom Wechsel der Mitglieder unabhängig ist; allein immerhin unterscheidet sie sich von der juristischen Person durch die Haftung der Mitglieder für die Schulden.
Durch das selbständige Auftreten mittels selbstgewählter oder vom Gesetz oder von der Behörde gesetzter Organe, ferner durch die völlige Sonderung des Vermögens und der Schulden der juristischen Person als solcher von dem Vermögen und den Schulden der einzelnen Mitglieder sowie endlich durch die Unabhängigkeit vom Wechsel der Personen unterscheidet sich die j. P. von diesen ähnlichen Instituten. Der Charakter der juristischen Persönlichkeit kann entweder kraft Gesetzes oder kraft besonderer Verleihung durch die Staatsgewalt (höhere Verwaltungsbehörde) einer Mehrheit von Personen oder einer Vermögensmasse zustehen.
Kraft [* 3] Gesetzes sind der Staat selbst, die Gemeinden und Kreisverbände, die Kirche und die kirchlichen Anstalten sowie die Universitäten juristische Personen, und zwar sind dieselben nach manchen Gesetzgebungen mit verschiedenen Vorrechten ausgestattet. Besonders verliehen wird diese Eigenschaft oft Vereinen, damit diese für sich Vermögen, namentlich Grundvermögen, erwerben, auch Schulden eingehen können. Der Verein wird dadurch zur Korporation (universitas), und ebendarum sagt man in einem solchen Fall, daß ihm Korporationsrechte (korporative Rechte) verliehen worden seien.
Sofern es sich um Vermögensmassen, insbesondere Stiftungen, handelt, ist die Frage streitig, ob das Vermögen selbst oder ob der Zweck (causa), zu welchem dieses Vermögen bestimmt ist, Träger [* 4] der Person sei. Diese Frage ist namentlich in Hinsicht auf letztwillig angeordnete Stiftungen insofern von Bedeutung, als, wenn der Zweck als Träger der Person aufgefaßt wird, ihm vom Staate der Charakter der Persönlichkeit verliehen wird und die verfassungsmäßig bestehenden Organe für solche Stiftungen die Ausfolgung des der Erreichung des Zweckes gewidmeten Vermögens betreiben können, während bei der Annahme, daß das Vermögen Substrat der juristischen Person sei, dieses vor seiner Auslieferung keine besondere Existenz hat oder, wie man sagt, nicht gegen sich selbst auf Auslieferung klagen konnte.
Die j. P. kann, wie die physische Person, Rechte erwerben; in Bezug auf Erwerb durch freigebige Verfügungen ist sie vielfach beschränkt; sie kann sich auch durch ihre Organe verpflichten, wobei jedoch anerkannt wird, daß sie als solche nicht durch unerlaubte Handlungen verbindlich werden kann.
Vgl. außer den Lehrbüchern des römischen Rechts: Pfeifer, Die Lehre [* 5] von den juristischen Personen nach gemeinem und württembergischem Recht (Tübing. 1847);
Uhrig, Abhandlung über die juristischen Personen nach dem gemeinen und dem besondern Recht in Bayern [* 6] (Dillingen 1854);
Zitelmann, Begriff und Wesen der juristischen Person (Leipz. 1873);
Gierke, Geschichte des deutschen Körperschaftsbegriffs (Berl. 1873);
Bolze, Der Begriff der juristischen Person (Stuttg. 1879);
Krah, Personenrecht (2. Aufl., Frankf. a. M. 1883);
Schulte, Die juristische Persönlichkeit der kathol. Kirche (Gieß. 1869);
Huller, Die juristische Persönlichkeit der katholischen Domkapitel (Bamb. 1860).