dort auch näheres über das jugendlicheAlter in rechtlicher Beziehung, jugendliche
Arbeiter im
Sinn derFabrikgesetzgebung (s. d.), jugendliche Verbrecher etc.
Schriften, welche bestimmt sind, der
Jugend zur anregenden Unterhaltung außerhalb des eigentlichen
Unterrichts zu dienen. Da selbstverständlich auch die freie
Lektüre der
Jugend dem allgemeinen
Gesichtspunkt der
Erziehung untergeordnet
sein muß, berührt sich die Jugendlitteratur nach der einen Seite hin mit derjenigen der
Schul- und Lehrbücher.
Das unterscheidende Merkmal liegt in der Bestimmung der J. für die Unterhaltung der
Jugend in ihren Freistunden.
Den Übergang zwischen beiden
Arten bildet das
Lesebuch (s. d.), das, zunächst Schulzwecken dienend, doch, richtig eingerichtet
und verständig behandelt, den
Schülern lieb werden und auch außer den Schulstunden manche
Stunde verkürzen
wird. Anderseits ist die
Jugend ein Teil der
Nation und soll für das nationale wie für das kirchliche
Leben erzogen werden.
Eine besondere Jugendlitteratur hat daher nur so weit
Berechtigung, wie die
Nationallitteratur nicht schon selbst das für
die junge
Welt Geeignete darbietet.
Mit der allgemeinen
Nationallitteratur berührt sich daher diejenige der J. in dem
Kreis der volkstümlichen
Litteratur und namentlich der volkstümlichen
Dichtung. Immerhin behandelt aber auch dieser seit
Herder in seinem hohen Wert
erkannte Teil des Schrifttums vielfach Lebensverhältnisse und Lebensfragen, die dem Verständnis des unmündigen
Alters fern
liegen oder demselben ohneGefahr für dessen sittliche
Erziehung noch nicht vorgeführt werden können.
Hieraus geht hervor, daß J. für die erwachsene
Jugend, das
Jünglings- und Jungfrauenalter, im allgemeinen keine
Berechtigung
mehr haben; denn diesem
Alter geziemt schon die, wenn auch nur nach und nach sich ausbreitende,
Teilnahme an der
Nationallitteratur.
Wohl aber ist innerhalb der Jugendlitteratur eine gewisse Abstufung nach dem
Alter und namentlich der Unterschied
zwischen eigentlichen
Kinderschriften (etwa bis zum 10. oder 11. Lebensjahr) und
Schriften für die reifere
Jugend berechtigt,
weil durch die natürliche Stufenfolge der kindlichen
Entwickelung bedingt, wenn auch dieser Unterschied stets ein fließender
bleiben wird. In der folgenden Übersicht der Geschichte und des gegenwärtigen Zustandes der Jugendlitteratur
sind jedoch beide
Arten zusammengefaßt.
Wenn auch der
Begriff eines besondern Schrifttums für die
Jugend vor
Erfindung des Buchdrucks nicht wohl aufkommen konnte,
so ist doch schon dem
Altertum der
Gedanke einer
Aussonderung desjenigen aus der
Dichtung und aus derGöttersage,
was für die Knabenjahre geeignet sei, nicht fremd gewesen. Namentlich findet sich derselbe bei
Platon im zweiten
Buch »vom
Staat«
(Kap. 17, S. 377 ff.) ausführlich erörtert, wo der
Philosoph mit demselben
die nicht ganz abzuweisende, aber ebensowenig
ohne großen Vorbehalt zuzulassende
Hoffnung verbindet, daß bei angemessener Auswahl und Gestaltung des
unterhaltenden
Stoffes die
Kinder spielend das Nötige lernen würden.
Daß gewisse
Zweige der
Dichtung, wie z. B. die Äsopischen
Fabeln, als vorzugsweises
Eigentum der
Jugend angesehen wurden, bezeugen
vielfache Andeutungen der alten Schriftsteller und Dichter. Auch im
Mittelaltergab es neben rein religiösen Katechismen Beispielsammlungen
für die
Jugend, die doch aber mehr auf gelegentlichen
Gebrauch der Eltern,
Lehrer und
Paten als zur eignen
Lektüre der
Kinder berechnet waren.
Diesen Standpunkt nimmt unter andern auch
Luther ein, der sich der wundersamen Historien
und
Märchen seiner Kinderjahre um kein
Gold
[* 4] entschlagen wollte und für
Fabel und
Weltgeschichte im
Interesse der
Jugend thätigen
Eifer bewies, auch selbst den rechten
Ton für die Kinderwelt, wo es ihm darauf ankam, meisterhaft traf.
Gegen Ende des Reformationsjahrhunderts ist der »Froschmeuseler« des
Magdeburger Schulrektors G.
Rollenhagen (1595) ausdrücklich
der zu
Weisheit und
Regimenten (Staatsämtern) erzogenen
Jugend zur anmutigen, aber sehr nützlichen
Lehre
[* 5] gewidmet, allein doch
wohl mehr für herangewachsene
Schüler oder
Studenten gemeint. Die pädagogischen
Realisten des 17. Jahrh.
greifen den
Begriff der J. öfters, so
Comenius mit seinem berühmten
»Orbis pictus« (1657); aber bei ihnen hat sich die
Scheidung
desselben von dem der Schulbücher noch nicht vollzogen.
Von dessen unmittelbaren Mitarbeitern widmeten sich vorzugsweise J. H.
^[JoachimHeinrich]
Campe (1746-1818) und
Ch. G.
Salzmann
(1744-1811) der Jugendschriftstellerei. Des erstern J. füllen eine Sammlung von 37
Bänden, die vom 17.
Band
[* 8] an
Reisebeschreibungen, in Bd. 36 und 37 die Lehrschriften:
»Väterlicher
Rat für meine Tochter« und »Theophron, der erfahrene Ratgeber der
Jugend« enthalten. Unter allen Campeschen J. haben sich wohl nur
»Robinson der
Jüngere« (109. Aufl., Braunschw. 1884) und »Geschichte
der
EntdeckungAmerikas« (26. Aufl. 1881) bis heute in den
Händen der
Jugend erhalten.
Auch
Salzmanns »Unterhaltungen für
Kinder und Kinderfreunde« (Leipz. 1811, 4 Bde.)
wie des gleichzeitigen und gleich gesinnten
Ch. F.
Weiße (1726-1804) »Kinderfreund«
(Zeitschrift, das. 1773-84, 12 Bde.)
und »Briefwechsel der
Familie des Kinderfreundes«
(Zeitschrift, das. 1784-95) haben ihre Zeit längst gehabt. Vor 100
Jahren
galten sie jedoch als hochbedeutende
Erscheinungen und riefen eine Hochflut von mehr oder minder gelungenen
Nachahmungen¶
mehr
hervor. Während der Grundton dieser Schriften der sittlich ehrenwerte, aber nüchterne und oft kleinlich lehrhafte des damaligen
Rationalismus ist, versuchte Herder (1744-1803) in seinen »Palmblättern« (mit Liebeskind, 1787-1800)
der Jugendlitteratur ein edleres, mehr auf Phantasie und Gemüt wirkendes Gepräge zu geben. Noch stärker betonte die christliche
Grundansicht in seinen J. der ErfurterGeistliche K. Fr. Lossius (1735-1817), dessen »Gumal und Lina«, die
Geschichte einer Art Missionsstation unter den Heiden enthaltend, sich noch bis heute hier und da behauptet hat. Aus der folgenden
Generation sind der protestantische Österreicher J. ^[Jakob] Glatz
[* 10] (1767-1831), die Preußen
[* 11] J. A. Ch. ^[JohannAndreasChristian]
Löhr (1764-1823), F. Ph. Wilmsen (1770-1821) und der berühmte Thüringer Philolog Fr. Jacobs (1764-1847)
hervorzuheben.
In eine neue, vorwiegend auf das religiöse Leben gerichtete Bahn lenkte die Jugendschriftstellerei Christoph v. Schmid (1768-1854),
zuletzt Domherr in Augsburg,
[* 12] der liebens- und ehrwürdige Verfasser der »Ostereier« und noch etwa 60 andrer Erzählungen, dem
auf protestantischer Seite die Theologen F. A. Krummacher (1768-1845), K. Stöber (gest. 1865), Chr. G.Barth (1799-1862) und der theosophische Naturforscher G. H. v. Schubert (1780 bis 1860) folgten. Bis an die Gegenwart und teilweise
in dieselbe reichen dann deren Epigonen G. Nieritz (1795-1876), FranzHoffmann (1814-82), beide mehr durch Fruchtbarkeit
und liebenswürdige Breite
[* 13] als durch Kraft
[* 14] und Frische ausgezeichnet, Fr. Wiedemann (1821-82) und R. Baron (geb. 1809). Auch schriftstellernde
Frauen, denen auf diesem Gebiet am wenigsten ihr Recht streitig gemacht werden kann, haben sich mit günstigem Erfolg an der
litterarischen Versorgung der Jugend beteiligt, wie die Württembergerin Ottilie Wildermuth (1817-77) und
Thekla v. Gumpert (Frau v. Schober, geb. 1810), die letztere Herausgeberin des verbreiteten
»Töchteralbums« (Glogau,
[* 15] seit 1855). In der unmittelbaren Gegenwart ergießt sich der Strom der in der Art dieser Vorgänger
und Vorgängerinnen erdichteten Erzählungen für die Jugend immer breiter, Gutes und Schlechtes mit sich führend.
Auch kann manches aus der volkstümlichen Erzählungslitteratur, wie die meisten Schriften von W. O. v.
Horn (Örtel, 1798-1865), ebensogut zur Jugendlitteratur gerechnet werden. Horn unterscheidet sich anderseits dadurch von den
meisten der früher genannten Schriftsteller, daß er mit Vorliebe geschichtliche Heldengestalten oder wichtige historische
Thatsachen in gemeinfaßlicher Weise darstellt. Er bildet darin den Übergang zu einer andern Gruppe von
Jugendschriftstellern, die es vorzogen, der jungen Welt statt der eignen Dichtungen altbewährte Stoffe aus Sage und Geschichte
vorzusetzen.
Mit »Erzählungen aus der alten Welt« (1801-1803; 17. Aufl. von Masius, Halle
[* 16] 1881) ging der bekannte Geschichtschreiber K. Fr.
Becker (1777-1806) voran; G. Schwab (1792-1850) folgte mit den »Schönsten Sagen des klassischen Altertums«
(Stuttg. 1840, 3 Bde.; 14. Aufl.
1882). Durch die BrüderGrimm, deren eigne berühmte Märchensammlung mehr für die Mütter als für die Kinder bestimmt ist,
wurde die Aufmerksamkeit auch auf den deutschen Sagenschatz gelenkt und dieser durch Simrock (1802-76), Osterwald(1820-87),FerdinandSchmidt (geb. 1816) u. a. für die deutsche Jugend flüssig gemacht.
Besondere Anerkennung verdient es, daß neuerdings mit Vorliebe die Heldengestalten der vaterländischen Geschichte dem jungen
Volk durch gute, auf wissenschaftlicher Grundlage ruhende Darstellungen, wie
z. B. die »Geschichtsbilder«
von E. Ramdohr u. a., nahegebracht werden. Gewichtigen Bedenken unterliegt es, wenn entweder
die Geschichte nach Scheffelscher und Freytagscher Art der Jugend in novellistischer Form nahegebracht
wird, oder größere historische Romane von anerkanntem Wert, wie Grimmelshausens »SimpliciusSimplicissimus«, Bulwers »LetzteTage von Pompeji«
[* 17] oder Manzonis »Verlobte«, für junge Leser zugeschnitten werden.
Doch ist nicht zu verkennen, daß auch auf diese Weise manches treffliche Buch für jugendliche Leser entstanden
ist, wie z. B. unter den Arbeiten von O. Höcker und F.Schmidt sich deren finden. Nimmt man zu dem allen, daß die Ausstattung
der J., namentlich mit bildlichem Schmuck, sich im letzten Jahrzehnt wesentlich gehoben hat, und daß neben Sage und Geschichte
auch Geographie (Reisebeschreibungen), Naturkunde (wie namentlich Grubes »Naturbilder«) etc. nicht vernachlässigt
werden, und beachtet man, daß neben der Litteratur der J. auch ein sehr erfreulicher Reichtum an les- und lernbaren wie namentlich
an sangbaren Kinderliedern (s. d.) in der deutschen Litteratur des Jahrhunderts sich angesammelt hat, so muß man anerkennen,
daß die deutsche Jugendlitteratur im ganzen ihrer Aufgabe erfreulich gerecht wird.
Freilich steckt in der unabsehbaren Masse viel Spreu neben dem Weizen, und es verdient dem gegenüber Lob, daß neuerdings auch
die Kritik der Jugendlitteratur erwacht ist und namentlich der deutsche Lehrerstand sich bemüht hat, die Eltern in der Auswahl
des wahrhaft Guten für ihre Kinder zu beraten. Aus der gleichfalls bereits zu ansehnlichem Umfang angewachsenen
Litteratur über die J. vgl. Merget, Geschichte der deutschen Jugendlitteratur (3. Aufl.
von Berthold, Berl. 1882);
Theden, Führer durch die Jugendlitteratur (Hamb. 1883);
Fricke, Grundriß der Geschichte deutscher
Jugendlitteratur (Mind. 1886);