(ital.
Giudicaria), Bezeichnung für den südwestlichen Teil von
Tirol,
[* 10] welcher das
Thal
[* 11] der
Sarca in ihrem
mittlern, östlich gerichteten
Lauf und dessen südwestliche Fortsetzung, das
Thal des
Chiese, umfaßt,
durch landschaftliche
Schönheit und
Fruchtbarkeit ausgezeichnet ist und die
OrteTione, Stenico, Pinzolo u. a. enthält.
namentlich die in den Urteilsgründen niedergelegte und in den
Urteilen selbst zum
Ausdruck gebrachte Rechtsanschauung, daher s. v. w. Gerichtspraxis,
Gerichtsgebrauch.
Der jüdisch-deutsche
Dialekt war bei den von aller
Welt abgeschlossenen
Juden vorwiegend Umgangssprache, ist nachlässig geschaffen
und oft zu dem
Zweck, nicht jedem verständlich zu sein, gehandhabt worden. Man kann je nach den einzelnen
Ländern verschiedene
Zweige dieses
Dialekts unterscheiden. Die Nachlässigkeit, mit der die grammatischen
Formen durcheinander
geworfen und verstümmelt sind, verbieten eine grammatische Behandlung des Jüdisch-Deutschen; doch bietet dasselbe manchen
Anhaltspunkt für die Sprachforschung, und mit seiner
Hilfe lassen sich viele besonders in Süddeutschland gebräuchliche
Wörter und Redensarten erklären.
Man unterscheidet darin vier Elementarbestandteile:
1) das
Hebräische und zwar für Gegenstände aus dem
Kreis
[* 16] des
Judentums und des jüdischen
Lebens, bei Begriffsformen, mit
denen die jüdischen
Studien vertraut machten, verschiedenen
Ausdrücken aus der
Sprache
[* 17] des täglichen
Lebens und einigen andern
Gegenständen, die man absichtlich nicht mit dem deutschen
Wort benannte;
2)
Kompositionen des
Hebräischen und der Landessprache in vierfacher
Weise: das deutsche Hilfsverbum »sein« mit dem hebräischen
Partizipium, z. B. matzil sein (erretten), meschuggo (verrückt) sein, deutsche
Flexionen hebräischer
Wörter, z. B. Verba
durch die Endsilben en oder n, als darschan-en (predigen), oder Adjektiva, z. B. chen-dig
(anmutig) etc.,
Zusammensetzungen, wie Schabbeslicht (Sabbatlicht), Habdalabüchse (Gewürzbüchse), zu
Wörtern erhobene
Abkürzungen, z. B. Ra-T
(Reichsthaler), Pa-G (preußischer
Groschen);
3) ungebräuchliches oder fehlerhaftes
Deutsch, teils in Anwendung für die jüdischen
Gebräuche, z. B. aufrufen (zur
Thora),
lernen (als religiöses
Studium), teils in Judaismen aller Art, z. B. unrichtige
Aussprache und Schreibung (au für o, gel
für gelb), einige
Flexionen und
Konstruktionen (heit statt keit, mir statt wir), besonderer
Gebrauch der
Wörter (sich kriegen statt streiten, königen statt regieren,
Schule statt Gotteshaus), Redensarten und
Sprichwörter, willkürliche
Bildungen, z. B. jüdischen (beschneiden), teils endlich in einer beträchtlichen Anzahl
von alten, veralteten oder provinzialen
Ausdrücken bestehend, z. B. as (daß), Ette
(Vater) etc.;
4) aus der
Fremde stammende
Aussprache und
Wörter, z. B. benschen (segnen, lat. benedicere), oren
(beten, lat. orare), Pilzel (Magd, ital. pulcella), planjenen
(weinen, lat. plangere), preien (einladen, franz. parler),
Sargenes (Sterbehemd, ital. sargano, sargia) etc. -
Die jüdisch-deutsche Litteratur entwickelte sich namentlich in
Polen und
Deutschlandvor der Mitte des 16. Jahrh.
zum
Zweck der religiösen
Erbauung und Belehrung, der Verbreitung von Übersetzungen aus der profanen Litteratur sowie aus
der
Bibel. Sie umfaßt
Paraphrasen und midraschische Ausschmückungen biblischer
Bücher (Zeênu urena), religiös-ethische
Schriften (z. B. Brautspiegel, Seelenfreude, Frauenbüchlein,
Buch der
Frommen u. a.), Übersetzungen der
Gebetbücher, Andachtsbüchlein
(Techinnot), historische Werke (Schewet Jehuda u. a.), Ritualwerke (Minhagim),
Sagen- und
Heldenbücher,
Belletristik (Josippon,
Judith, Maassebuch, Übersetzungen von
»Tausendundeine Nacht«, Rittergeschichten
u. a.),
Glossare zu
Bibel und
Talmud etc.; auch mehrere Verfolgungsschriften und Rechtsgutachten sind im jüdisch-deutschen
Dialekt abgefaßt.
Litteratur, im weitern
Sinn das gesamte Schriftentum des israelitischen
Volkes von der Zeit der babylonischen
Gefangenschaft an, seit welcher der
NameJuden für die
Hebräer oder Israeliten gebraucht wurde. Fälschlich
hat man diese Litteratur zur Unterscheidung von der biblisch-hebräischen neuhebräische, aus der mißverstandenen
TitulaturRabbi, die man jedem gelehrten
Juden gab, auch wohl
rabbinische Litteratur genannt.
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Außer den Schriften, die sich speziell die Erforschung, Förderung und Begründung des Judentums zur Aufgabe stellen, rechnet
man zur jüdischen Litteratur auch alle die zahlreichen Werke, die vorwiegend in hebräischer und neuhebräischer Sprache,
dann aber auch in allen Sprachen der Erde verfaßt sind und alle Zweige menschlichen Wissens umfassen, sobald
in ihnen nur Beziehungen zum Judentum erkennbar sind. Zur bequemern Übersicht teilen wir die Geschichte der jüdischen Litteratur
in sechs Abschnitte.
Der erste Abschnitt reicht von Esra, dem Regenerator des mosaisch-prophetischen Judentums, bis zu R. Jochanan
ben Sakkai, dem Begründer des Rabbinismus. Der Schriftkundige (Sofer) Esra begann die Sammlung des hebräischen Schrifttums,
vollzog die Umschreibung des Pentateuchs aus den althebräischen (samaritanischen) Schriftcharakteren in die Quadratschrift,
schmückte die Liturgie mit Vorlesungen aus und eröffnete gewissermaßen die Quellen des Midrasch (s. d.).
Dieser Thätigkeit schloß sich eine aus 120 Gelehrten bestehende große Versammlung, »Synagoga magna« (hebräisch
K'nesset hagedola) genannt, an, das Gesetz lehrend und durch besondere Vorschriften und Vorbeugungsverordnungen die mosaischen
Gesetze schützend.
Sie legte den Grund zur Gebetordnung und sammelte die biblischen Schriften. Das Hebräische blieb vorläufig die Sprache der
Gelehrten; das Volk sprach aramäisch, bis von der Syrerherrschaft an das Griechische überall herrschte. Aus der vormakkabäischen
Zeit sind nur einige in Palästina
[* 20] verfaßte apokryphische Bücher (s. Apokryphen) bekannt. Doch fehlte es in Palästina nicht
an geistigen Vertretern, welche den Kampf gegen den Hellenismus, mit dem sich die JudenÄgyptens befreundet
hatten, aufnahmen und durchführten.
Die Träger
[* 21] der Gesetzesüberlieferung wurden die Präsidenten des Synedrions (s. d.). Schon mit dem Tode der ersten Synedralhäupter
Jose ben Joeser und Jose ben Jochanan hörten politischer Rücksichten wegen die öffentlichen Lehrvorträge auf, nicht aber
das Studium, das in weitern Kreisen gepflegt wurde durch die Präsidenten Jose ben Perachja, Nittai aus
Arbela, Schmaja und Abtalion, die Zeitgenossen Alexander Jannais, Juda ben Tabbai und Simon ben Schetach, die Zeitgenossen Herodes',
Hillel und Schammai. Im Widerstreit der religiösen Parteiungen (Pharisäer und Sadduzäer) erstarkte durch Pharisäismus das
tradierte Gesetz, für dessen AuslegungHillel sieben feste Regeln aufgestellt hatte. Am Schluß dieses Zeitraums,
im ersten vorchristlichen Jahrhundert, nahm die Deutung und praktische Anwendung des Gesetzes festere Formen an. Die Halacha
(s. d.) normierte die gesetzlichen Bestimmungen, und die Haggada (s. d.) erweiterte die vorhandene Litteratur nach erbaulichen
ethischen, geschichtlichen und sozusagen wissenschaftlichen Motiven.
Der zweite Abschnitt führt uns die jüdisch-hellenistische Litteratur vor, welche von der mächtigen, seit Alexanders d. Gr.
Siegeszügen entstandenen Kulturströmung gekennzeichnet wird, meist einen apologetischen Charakter trägt, ältere historische
Stoffe poetisch bearbeitet und das Judentum philosophisch begründet. Ihr Schauplatz ist hauptsächlich Ägypten,
[* 23] zum geringen
Teil auch Palästina. Der Septuaginta (s. d.) wurden die Apokryphen (s. d.), von denen einzelne Teile in
Palästina geschrieben sind, einverleibt.
Der dritte Abschnitt umfaßt die als talmudische Litteratur bekannten litterarischen Erzeugnisse. Die Errichtung eines Lehrhauses
in Jamnia bei Jerusalem durch R. Jochanan ben Saktai war eine That von tief eingreifender Bedeutung. R.
Jochanan lehrte die Juden auf politisches Wirken verzichten und ihre Aufgabe in der Erhaltung des Judentums erkennen, in der
Weiterbildung des gesetzlichen Stoffes, wie er in der biblischen Litteratur und in der Tradition vorlag.
Dieser Traditionsstoff, von der Hillelschen Schule in knappe sachgemäße Sätze gebracht, hieß Mischna
(zweite Lehre)
[* 25] im Gegensatz zur Bibel (Mikra); die Lehrer und Ausarbeiter der Mischna hießen Tannaim. Bedeutende Gesetzlehrer
dieser Zeit sind die vorzüglichsten Schüler Jochanans: Elieser ben Hyrkanos, später Lehrhausvorsteher in Lydda, Josua ben
Chananja, welcher sein Lehrhaus in Bekiin hatte, Josua Hakohen, Simon ben Netanael und Elasar ben Arach.
Nach R. Jochanan ben Sakkai übernahm R. Gamliel die Präsidentschaft des Synedrions in Jabne, stellte die Gebet- und Kalenderordnung
fest und regte, ein Freund der griechischen Sprache, vermutlich die Bibelübersetzung Akylas', eines jüdischen Proselyten aus
Pontos, an. Gamliels Zeitgenossen sind: Elieser benAsarja, Samuel der Kleine, Jochanan ben Nuri, Jochanan
ben Beroka, Chalafta in Sepphoris. Der bedeutendste in der Reihe der Tannaim war der tiefgelehrte, schöpferische R. Akiba,
SchülerEliesers benHyrkanos und Nachums von Gimso, dem Lehrhaus in Bnebrak ^[richtig: Bne brak] vorstehend. Seine nicht aufgeschriebenen
Halachot sind als »Mischna des R. Akiba« bekannt und waren grundlegend für die eigentliche Mischna. Damals
lehrten Tarfon oder Tryphon in Jabne und Lydda, Ismael, 13 Auslegungsregeln der Halacha einführend, und zu dem spätern
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