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hervor. Ein Aufstand unter Judas von Gaulonia ward leicht unterdrückt. Judäa ward noch einmal ein von den römischen Kaisern abhängiges Königreich unter Herodes Agrippa I. (41-44), einem Enkel Herodes' d. Gr. Er beherrschte die vereinigten Gebiete des Philippus und Antipas, war baulustig und verschwenderisch und nur dem Namen nach jüdischer König. Das Land wurde wegen der Jugend Agrippas II., Sohns Agrippas I., vorläufig wieder durch Prokuratoren verwaltet (Cuspius Fadus, Tiberius Alexander u. a.); 49 erhielt Agrippa einen Teil des Landes, später das wieder vergrößerte Reich.
Verschärfter Druck, Erpressungen, bezahlte Mörder (die gedungenen Sikarier, »Dolchmänner«, mußten jeden Verdächtigen niederstoßen) der römischen Befehlshaber mehrten den Haß und die Aufregung des Volkes. Unter Gessius Florus begann der Aufstand, der nach der Niederlage des Feldherrn Cestius Gallus (66) organisiert wurde. Der als Geschichtschreiber bekannte Flavius Josephus (s. d.) übernahm die Verwaltung Galiläas und der Festung [* 2] Gamala. Zur Unterdrückung des Aufstandes sandte Nero den Vespasian, dessen Sohn Titus diesem Truppen zuführte, mit den römischen Legionen, die Sepphoris eroberten, die Feste Jotapata und andre wichtige Plätze nach verzweifelter Gegenwehr der J. nahmen, Josephus gefangen fortführten und nun unter Titus' Oberbefehl 69 vor Jerusalem [* 3] rückten, das trotz der heldenmütigsten Verteidigung erobert wurde.
Parteikämpfe im Innern, Hunger und Pest, die wohl ohne Titus' Willen erfolgte Einäscherung des Tempels (9. Ab) brachen den Widerstand des Volkes, das nun seine politische Selbständigkeit gänzlich verlor und zu Hunderttausenden in die Sklaverei geführt wurde. 72 nahmen die Römer [* 4] (Lucilius, Bassus und Flav. Silva) die letzten Bollwerke des jüdischen Staats, Herodium, Machärus, Masada, verteilten das Land zum Teil an römische Soldaten und veräußerten den übrigen Grundbesitz. - Im parthischen Reich war schon zuvor bei Gelegenheit von Thronstreitigkeiten von seiten der Babylonier eine blutige Verfolgung über die J. ergangen. Die dem Tod Entronnenen flohen nach Seleukia, wo sie fünf Jahre später zum größten Teil von den dort wohnenden Griechen und Syrern aufgerieben wurden; nur wenige entkamen nach Nahardea und Nisibis, woselbst das königliche Haus 47 n. Chr. zum Judentum übergetreten sein soll.
2) Geschichte des Volkes in der Zerstreuung.
Im zweiten Hauptteil der jüdischen Geschichte, die Erlebnisse des Volkes in der Zerstreuung umfassend, von 70 n. Chr. bis auf unsre Zeit, tritt keine historische That in den Vordergrund, von welcher alle J. berührt und ihre politischen Verhältnisse allgemein betroffen worden wären. Ein allgemeines Charakterzeichen der Geschichte dieses Zeitraums, die sich unter den fünf unten gezählten größern Perioden am übersichtlichsten nach den einzelnen Ländern des Aufenthalts der J. gliedern läßt, ist nur in dem äußern Druck zu erkennen, der bald mehr, bald weniger auf ihnen lastete und der in den ersten Jahrhunderten vereinzelt und weniger vorbereitet sie beschwerte, später aber, namentlich während der letzten Hälfte des Mittelalters, in systematische Tyrannei überging.
Die jüdische Geschichte entwickelt sich so zur Leidensgeschichte ohne größere politische Bedeutung, sie erscheint, um mit den Worten eines anerkannten Historikers zu reden, wie das Tagebuch eines Henkers. Fast überall befeindet und bedrückt, mit Abgaben und Zöllen überbürdet, vom ehrenden Erwerb meistens zurückgewiesen, bald hier, bald dort aufgescheucht und verjagt, haben die Vaterlandslosen wenig Glück in ihren äußern Verhältnissen. Sie arbeiten trotzdem, von einigen Zeiten des Stillstandes und Rückschritts abgesehen, die geistige Seite ihrer Nation, die religiösen Ideen, aus und treten, wo ihnen der Zutritt erschlossen wird, mit Erfolg ein in die sittliche Bewegung der Menschheit.
Dadurch wird ihre Geschichte Litteratur- und Kulturgeschichte. Dank ihrer fleißigen, gemeinsamen Arbeit, ihrer hohen Begabung und sittlichen Führung erhalten sie ihre Zusammengehörigkeit bis in die Neuzeit, in welcher mit der zunehmenden Zivilisation, wenn auch sehr langsam, ihre Verachtung und Bedrückung abnimmt, bis ihre bürgerlichen Rechte nicht mehr durch ihr Glaubensbekenntnis beschränkt werden. Die Geschichte des jüdischen Volkes in der Zerstreuung zerfällt also in folgende fünf Abschnitte:
a) Die Geschichte der Juden im römischen Reich.
Schon vor dem Fall Jerusalems hatten J. ihr Heimatsland verlassen und fremde Länder aufgesucht. Sie wohnten bereits in Persien, [* 5] Ägypten, [* 6] Kyrene, Griechenland, [* 7] Kleinasien und Italien. [* 8] Im römischen Reiche galten die J. in den ersten Jahrhunderten n. Chr. für vollkommen rechtsfähig, nahmen in jeder Beziehung teil am Staatsleben, bekleideten Ämter, wobei sie billige Berücksichtigung ihrer Gebräuche und Gesetzesvorschriften fanden. Die Spitzen ihrer religiösen Behörden waren denen der übrigen Staatskörper gleichgestellt und von allen persönlichen und bürgerlichen Lasten befreit. J. wohnten bereits seit der ersten Berührung mit den Römern im ganzen Reich zerstreut und bildeten schon unter den ersten Kaisern in Rom [* 9] selbst eine sehr ansehnliche Gemeinde.
Sie begleiteten auch die Römer auf ihren siegreichen Eroberungszügen und siedelten sich früh in Gallien und Spanien [* 10] an. Der Haß gegen die mächtigen Eroberer und der Wunsch, die nationale Selbständigkeit zu erneuern, trieb sie zu häufigen, aber stets erfolglosen Empörungen. Unruhen in Palästina, [* 11] wahrscheinlich durch den Kriegszug Trajans gegen die Parther hervorgerufen, wurden 114 von Quietus unterdrückt. Unter Anführung des Andreas und Lucuas hatten sie 115 in Kyrene versucht, sich des fremden Joches zu entledigen; 116 in Cypern, [* 12] wo Hadrian durch Ausrottung aller hier wohnenden J. den Aufstand unterdrückte und Beschränkung und Verfolgungsgesetze gegen die J. des ganzen Reichs erließ, die von Trajan später zurückgenommen wurden.
Die blutigen Niederlagen der J. in Mesopotamien, die 118 sich empörten, schreckten die J. in Palästina nicht ab, unter Hadrian (117-138) abermals einen Versuch zu wagen, ihre Selbständigkeit wieder zu erringen. Der als Messias begrüßte Bar-Kochba (»Sternensohn«, nach seinem Fall Bar-Kosba, »Lügensohn«, genannt) leitete (132) den Aufstand. Ein zahlreicher Anhang aus allen Schichten der Bevölkerung [* 13] (selbst R. Akiba soll ihm vertraut haben) schien Bar-Kochba den Erfolg zu sichern.
Der römische Befehlshaber Jul. Severus beendete aber 135 die Kämpfe, bei denen mehr als eine halbe Million Menschen umkamen, mit der Einnahme der letzten Zufluchtsstätte der Insurgenten, der Bergfestung Bettar, der Hinrichtung vieler hervorragender Persönlichkeiten, besonders Gelehrter, der Zerstreuung des Volkes und der Verödung Jerusalems, welches, von Hadrian neu erbaut und nach N. und O. erweitert, Aelia capitolina genannt und mit Nichtjuden bevölkert wurde. Die strengen Erlasse Hadrians, die vorzüglich gegen das Studium und die Ausübung des mosaischen Gesetzes gerichtet waren, blieben in ¶
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Geltung. M. Antoninus Pius (138-161) milderte sie zwar, aber Mark Aurel (161-180) glaubte bei neuen Unruhen dieselben wieder verschärfen zu müssen. Mit der Erhebung des Christentums zur Staatsreligion unter Konstantin d. Gr. (311-337) traten nur die Beschränkungen in den bürgerlichen Rechten der J. ein, die zum Schutz des Christentums der Regierung notwendig erschienen, wie das Verbot des Übertritts vom Christentum zum Judentum, der Verschwägerung von J. und Christen.
Anderseits wurden die J. vor dem Groll der Proselyten geschützt, die Verletzung ihrer Synagogen strafrechtlich verfolgt. Neue Synagogen zu bauen, war ihnen verboten, die bestehenden zu benutzen und zu restaurieren, ihnen gestattet. Die jüdischen Verhältnisse wurden den christlichen gegenüber mit großer Mäßigung geordnet, und wenn den J. später der Eintritt in das Heer und in öffentliche Ämter versagt wurde, so blieb ihnen die Advokatur und der Verwaltungsdienst der städtischen Kurien offen.
Gallus, Schwager und Mitregent des Constantius (337-361), welcher J. und Arianer zu einer Verschwörung veranlaßt hatte, wütete gegen die Empörer, legte Tiberias in Asche und setzte beim Kaiser die zeitweilige Erneuerung der Hadrianischen Gesetze durch. Der von Julianus (361-363) begünstigte Versuch der J., den Tempel [* 15] in Jerusalem wieder aufzubauen, scheiterte 336. Die ihnen von seiten der Kaiser reichlich zu teil werdende Gunst reizte den Pöbel oft, über die J. herzufallen und sie zu verfolgen.
Auch die Bischöfe beunruhigten sie durch übergroßen Bekehrungseifer und veranlaßten Verfolgungen, wie z. B. Ambrosius von Mailand [* 16] (384), Cyrillus von Alexandria, trotz des kaiserlichen Schutzes. Auch Hieronymos, der sein hebräisches Wissen wohl J. verdankte, legte seine Unduldsamkeit gegen sie an den Tag. Was das innere Leben der J., vornehmlich im Mutterland Palästina, während dieser Periode anbelangt, so schien dieses sich um so schöner zu entfalten, je mehr sie in ihrem nationalen Unglück Trost im Studium ihrer Litteratur suchten und den Mittelpunkt ihres Schaffens in dieselbe legten. (S. Jüdische Litteratur.)
b) Geschichte der Juden im neupersischen Reich.
Hier waren schon vor der Auflösung des jüdischen Staats viele J. ansässig. Ihre Zahl vermehrte sich während der Kriege mit den Römern bedeutend, und bald waren die Euphratländer die Heimat zahlreicher J. geworden, die in Ardschir, Apamia, Nahardea, Nares, Ktesiphon, Pumbedita, Sura, Machusa, Matamechassia bedeutende Gemeinden bildeten. Diese B'ne gola, »Exulanten«, standen unter einem von der Regierung abhängigen Exilarchen, »Resch galuta«, dem, solange die religiösen Angelegenheiten der J. von Palästina aus geregelt wurden, nur rein weltliche Geschäfte oblagen.
Mit den Palästinensern wetteifernd, gründeten die babylonischen J. Lehrhäuser in Nahardea, dem gewöhnlichen Wohnsitz des Resch galuta, Sura und Pumbedita, welche ein hohes Ansehen erreichten und die im Stammland, mit dem man in reger Verbindung blieb, bald überflügelten. Ein Schuloberhaupt Suras, R. Aschi (367-427), begann die Redaktion des babylonischen Talmuds (s. d.), die durch Maremar, Rabina, Mar bar R. Aschi und deren Zeitgenossen ihren Abschluß fand. Unter den neupersischen Herrschern Jesdegerd II. (455-458) und Firuz (471-484) wurden die J. furchtbar verfolgt und in ihren Rechten beschränkt. Um diese Zeit (ca. 490) soll eine Auswanderung babylonischer J. unter Joseph Rabban nach Indien stattgefunden, und sie sollen dort einen kleinen jüdischen Freistaat in Cranganor gebildet haben; als sie 1510 von den Portugiesen von dort vertrieben worden seien, habe ihnen der König von Kotschin eine Strecke Landes zum Wohnsitz angewiesen. Zu Anfang des 6. Jahrh. (511-518) erkämpfte der Exilarch Mar Sutra eine nur sieben Jahre dauernde Unabhängigkeit der persischen J., die unter Kobad (518-531) wieder strengen Verfolgungen ausgesetzt waren.
Das Exilarchat erlosch auf einige Zeit. Chosroes Nuschirwan war, obwohl er Christen und J. eine Kopfsteuer auferlegte, den J. doch im allgemeinen gewogen. Während fast eines Jahrhunderts ging die Regelung des religiösen Lebens der J. von den Schuloberhäuptern aus, die nach Abschluß des Talmuds fungierten und ihrer Thätigkeit, die sich auf Gutachtengeben beschränkte, wegen Saboräer genannt wurden. (Über das innere Leben der J. dieser Zeit s. Jüdische Litteratur, S. 296.) Chosroes II. behandelte die J. weniger hart und grausam als sein Vorgänger. Mit ihm schlossen die J. Palästinas, 26,000 an der Zahl, in der Hoffnung, die Macht der Christen zu brechen, ein Bündnis gegen den Kaiser Heraklios und halfen den Persern Jerusalem erobern, das wieder zu besitzen sie vergeblich gehofft hatten. Der sich siegreich entfaltende Islam brachte auch die J. in Asien [* 17] und Afrika [* 18] bald unter seine Oberhoheit.
c) Die Juden unter den Mohammedanern in den asiatischem und afrikanischen Ländern.
Mit dem Vordringen des Islam in Asien, Afrika, Spanien und Sizilien [* 19] beginnt für die J. eine neue Epoche regern, freiern Schaffens und geistigen Fortschritts. Arabien, das Geburtsland des Islam, wurde schon seit alter Zeit von vielen jüdischen Stämmen bewohnt, wie in der Landschaft Jathrib von den unabhängigen Chaibar; auch in Südarabien, in Jemen, wohnten J. vereinzelt und vermittelten den abendländischen Handel mit dem Morgenland, während ihre im Norden [* 20] ansässigen Brüder mehr ein landwirtschaftliches, oft räuberisches Beduinenleben führten. In religiösen Angelegenheiten suchten sie Belehrung und Vertretung bei den palästinischen oder babylonischen Schulvorstehern.
Ein König von Jemen soll, wie später sein ganzes Volk, zum Judentum übergetreten sein und einer jüdischen Dynastie eine längere Herrschaft errungen haben. Mohammed, dem die J. sehr zugethan waren, der von J. lernte und für den Koran die jüdischen Schriften plünderte, hat gleichwohl in Thaten und Koranaussprüchen seine gehässige Gesinnung gegen die J. an den Tag gelegt. Von 624 bis 628 vertrieb er die jüdischen Stämme Banu Kaaiaka, Banu Nadhir, Banu Kuraiza und die Chaibar, mit denen er dann ein Bündnis schloß, welches Omar, der sie nochmals verjagte und die ihnen genommenen Ländereien seinen Kriegern anwies, brach.
Ein Teil der J. Arabiens ward von ihm zum Islam gezwungen. In allen Ländern, die Omar im raschen Siegeszug sich unterwarf, wurden die Ungläubigen durch den sogen. »Omarbund« im Gottesdienst und in der Fähigkeit, Ämter zu bekleiden, durch unterscheidende Tracht und durch Kopf- und Grundsteuer beschränkt. Verdienstvollen J. ward aber häufig von den Mohammedanern Achtung erwiesen. Mekka und Medina hatten die J. zu meiden. Vom Ackerbau wandten sich diese, da der Islam den von Nichtmohammedanern besessenen Grund und Boden übermäßig besteuerte, ab und mehr dem Handel zu. Die Regierung des Kalifen Harun al Raschid (um 800) war den J. günstig. Die babylonischen und ägyptischen J. begrüßten die Mohammedaner als ihre Befreier. Erstere wurden noch immer politisch vom ¶