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von den begeisterten Makkabäern (Hasmonäern), besonders von Judas Makkabäus (s. Judas 1), geführt, siegten vollständig und konnten 25. Kislev 164 den verunreinigten Tempel [* 2] wieder einweihen (Entstehung des Lichterfestes Chanukka, s. Feste). In dem nun von neuem entbrannten Krieg mit den Syrern war Judas Makkab, ohne das mit den Römern beabsichtigte Bündnis geschlossen zu haben, 160 gefallen, und seine Brüder Jonathan und Jochanan setzten, zuerst mit wenig Erfolg, das Befreiungswerk fort.
Zehn Jahre lang behauptete Jonathan die Hohepriesterwürde mit Glück, ward aber 142 von Tryphon, dem Vormund des jungen syrischen Regenten Antiochos Theos, zu Ptolemais ermordet. Sein entschlossener, tapferer Bruder Simon (142-135) schlug Tryphon, zwang ihn zum Rückzug und zog 141 im Triumphzug in Jerusalem [* 3] ein, woselbst er als freier Fürst die Angelegenheiten des Landes regelte, es befestigte, das Heer neu organisierte, Handel und Ackerbau förderte und die Anerkennung des neuen jüdischen Staats seitens der Römer [* 4] erlangte. - Ein ruhigeres Leben als ihre Brüder im Mutterland führten die J. in Ägypten. [* 5] Sie beteiligten sich, hauptsächlich in Alexandria, am Handel und Verkehr, pflegten die griechische Wissenschaft und zeichneten sich nicht selten als Soldaten aus. Zahlreiche J. siedelten sich auch in der Nähe des von Omir bei Heliopolis nach dem Muster des jerusalemischen errichteten, bis 73 n. Chr. bestehenden Tempels an.
In der zweiten Periode dieses Geschichtsabschnitts werden die J. von eignen Herrschern, den Hasmonäern (135-37), den Herodäern (37-70 n. Chr.), regiert. Der erste Hasmonäische Herrscher, Johannes Hyrkanos (135-106), eroberte, als die Streitigkeiten mit Syrien beigelegt waren, die jüdischen Gebiete an der Ostseite des Jordans, den Hafen zu Joppe, zerstörte Sichem, den samaritischen Tempel, unterwarf die Idumäer und später Samaria. Beleidigungen von der pharisäischen Partei veranlaßten zum Verdruß des Volkes seinen Anschluß an die Sadduzäer. (S. Pharisäer und Sadduzäer.) Nach zweijähriger grausamer Regierung des Judas Aristobulos (106-105) bestieg Alexander Jannai (105-79), ein schwelgerischer Tyrann, den Thron; [* 6] er führte durch seine Despotie einen sechsjährigen Bürgerkrieg herbei, den nur seine Grausamkeit auch wieder zu beendigen vermochte. Er hinterließ seiner Witwe Salome Alexandra (79-70), einer umsichtigen Frau, die sich auf ihres Mannes Rat den Pharisäern wieder anschloß, die Regierung.
Die Übertragung des Hohenpriesteramts auf ihren ältesten, kraftlosen Sohn Hyrkanos erweckte den Haß des jüngern, thatkräftigen Aristobulos, der, unterstützt von den beleidigten Sadduzäern, nach der Mutter Tode dem Bruder den Krieg erklärte. Die Niederlage Hyrkanos' bei Jericho hob Aristobulos auf den Thron, welchen er wohl gegen den Idumäer Antipater, nicht aber gegen den zum Schiedsrichter in dem Bruderzwist angerufenen Pompejus behaupten konnte. Pompejus eroberte 63 Jerusalem, setzte Hyrkanos zum Hohenpriester und abhängigen Fürsten (Ethnarchen) ein, ließ die Mauern der Stadt niederreißen und beschränkte das Land der J. auf das Gebiet, das vor den Makkabäischen Befreiungskriegen dazu gehört hatte.
Die Unruhen im Land nahmen zu, die Fluchtversuche Aristobulos' und seines Sohns Alexander und die damit beabsichtigten Volksaufstände wurden vereitelt. Die Römer suchten den Einfluß der Hauptstadt auf das Land dadurch zu brechen, daß sie fünf mit eigner Gerichtsbarkeit betraute Distrikte (Jerusalem, Jericho, Sepphoris, Amathus und Gadara) einrichteten, mußten aber nichtsdestoweniger stets gegen die Aufständischen kämpfen. So hatte Gabinius 56, nach seiner Rückkehr aus Ägypten, am Berg Tabor einen Aufstand gedämpft.
Unter Crassus, welcher den Tempel beraubt hatte, entstand eine neue Empörung, deren erst Cassius bei Tarichäa Herr wurde. Cäsar belehnte Hyrkanos mit der Hohenpriesterwürde, setzte Antipatros zum Landeshauptmann ein und behandelte die J. mild und wohlwollend. Sie durften auf Grund besonderer Privilegien nach ihren Gesetzen leben und waren vom Kriegsdienst befreit. Der römischen Abhängigkeit wenig achtend, übergab Antipatros seinem ältern Sohn, Phasael, die Verwaltung des jerusalemischen Distrikts, dem jüngern, Herodes, Galiläa.
Herodes erwarb sich durch Aufrechterhaltung der Ruhe die Gunst der Römer, verletzte aber durch eigenmächtig gefällte Todesurteile und Geringschätzung der synedralen Verordnungen die Würde des hohen Gerichtshofs in Jerusalem. Durch die Härte, mit welcher er die dem Land von Cassius auferlegte Kontribution einzog, erregte er den Haß des Volkes und mehrte dadurch indirekt die Zahl der römerfeindlichen Partei. Als M. Antonius, der Herodes' und Phasaels Autorität mit grausamer Strenge wahrte, Palästina, [* 7] dem er nach der Schlacht bei Philippi einen Besuch abstattete, wieder verlassen hatte, brachen die Parther (40) in das Land ein, nahmen die Letztgenannten gefangen und setzten Antigonos, den Sohn des Aristobulos, zum Fürsten ein, während Herodes sich in die Festung [* 8] Masada flüchtete.
Vergeblich sah er sich anfänglich nach Bundesgenossen um. Nach dreijährigem erbitterten Krieg, in welchem er in den Römern stets bereitwillige Beschützer fand, zog er über Trümmer und Leichen (Antigonos und viele Gelehrte wurden hingerichtet) in Jerusalem ein. So endete die Hasmonäische Herrschaft, welcher nun die der Herodäer folgte. Den durch Gewaltthätigkeiten erworbenen Thron wußte Herodes I., der Große, König von Judäa (37-4), nur mit unmenschlicher Grausamkeit zu behaupten. Um die Gunst Roms buhlend, seine teuersten Familienglieder, Frau, Söhne u. a., nach und nach hinmordend, hat er trotz der Errichtung von Prachtbauten (Palast, Theater, [* 9] Monumente auf den Gräbern Davids und Salomos), des Ausbaues des Hafens zu Cäsarea und der glänzenden Restaurierung des Tempels, trotz seiner unermüdeten Hilfe bei Unglücksfällen die Gunst des Volkes sich nicht erworben, wenngleich er sich rühmen durfte, den Einfluß, welchen er bei Augustus und Agrippa hatte, für alle J. verwertet zu haben.
Die letzten Tage seines Lebens zeichnete er mit Mord aus, hinterließ Mordbefehle gegen gefangene Pharisäer und starb 4 v. Chr. Der nach seinem Tod entstandene Aufruhr und Bürgerkrieg wurde mit großen Opfern bezwungen, Archelaos nur als Ethnarch auf Grund des Herodischen Testaments bestätigt, aber schon nach drei Jahren wieder abgesetzt. Das Land ward als römische Provinz proklamiert und von Philippus, dem Erbauer Cäsareas, 37 Jahre lang mit großer Umsicht regiert. Nun traten an die Stelle der jüdischen Fürsten die den Prokonsuln Syriens untergeordneten römischen Landpfleger (Prokuratoren) Valerius Gratus, Pontius Pilatus, unter welchem Jesus gekreuzigt wurde, u. a. Sie entschieden über Leben und Tod, setzten Priester und Beamte ein, überließen aber die Leitung des bürgerlichen Lebens dem Synedrion. Viele Steuern, als Tempel-, Vermögens-, Haus- und Produktensteuer, riefen den Unwillen des Volkes ¶
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hervor. Ein Aufstand unter Judas von Gaulonia ward leicht unterdrückt. Judäa ward noch einmal ein von den römischen Kaisern abhängiges Königreich unter Herodes Agrippa I. (41-44), einem Enkel Herodes' d. Gr. Er beherrschte die vereinigten Gebiete des Philippus und Antipas, war baulustig und verschwenderisch und nur dem Namen nach jüdischer König. Das Land wurde wegen der Jugend Agrippas II., Sohns Agrippas I., vorläufig wieder durch Prokuratoren verwaltet (Cuspius Fadus, Tiberius Alexander u. a.); 49 erhielt Agrippa einen Teil des Landes, später das wieder vergrößerte Reich.
Verschärfter Druck, Erpressungen, bezahlte Mörder (die gedungenen Sikarier, »Dolchmänner«, mußten jeden Verdächtigen niederstoßen) der römischen Befehlshaber mehrten den Haß und die Aufregung des Volkes. Unter Gessius Florus begann der Aufstand, der nach der Niederlage des Feldherrn Cestius Gallus (66) organisiert wurde. Der als Geschichtschreiber bekannte Flavius Josephus (s. d.) übernahm die Verwaltung Galiläas und der Festung Gamala. Zur Unterdrückung des Aufstandes sandte Nero den Vespasian, dessen Sohn Titus diesem Truppen zuführte, mit den römischen Legionen, die Sepphoris eroberten, die Feste Jotapata und andre wichtige Plätze nach verzweifelter Gegenwehr der J. nahmen, Josephus gefangen fortführten und nun unter Titus' Oberbefehl 69 vor Jerusalem rückten, das trotz der heldenmütigsten Verteidigung erobert wurde.
Parteikämpfe im Innern, Hunger und Pest, die wohl ohne Titus' Willen erfolgte Einäscherung des Tempels (9. Ab) brachen den Widerstand des Volkes, das nun seine politische Selbständigkeit gänzlich verlor und zu Hunderttausenden in die Sklaverei geführt wurde. 72 nahmen die Römer (Lucilius, Bassus und Flav. Silva) die letzten Bollwerke des jüdischen Staats, Herodium, Machärus, Masada, verteilten das Land zum Teil an römische Soldaten und veräußerten den übrigen Grundbesitz. - Im parthischen Reich war schon zuvor bei Gelegenheit von Thronstreitigkeiten von seiten der Babylonier eine blutige Verfolgung über die J. ergangen. Die dem Tod Entronnenen flohen nach Seleukia, wo sie fünf Jahre später zum größten Teil von den dort wohnenden Griechen und Syrern aufgerieben wurden; nur wenige entkamen nach Nahardea und Nisibis, woselbst das königliche Haus 47 n. Chr. zum Judentum übergetreten sein soll.
2) Geschichte des Volkes in der Zerstreuung.
Im zweiten Hauptteil der jüdischen Geschichte, die Erlebnisse des Volkes in der Zerstreuung umfassend, von 70 n. Chr. bis auf unsre Zeit, tritt keine historische That in den Vordergrund, von welcher alle J. berührt und ihre politischen Verhältnisse allgemein betroffen worden wären. Ein allgemeines Charakterzeichen der Geschichte dieses Zeitraums, die sich unter den fünf unten gezählten größern Perioden am übersichtlichsten nach den einzelnen Ländern des Aufenthalts der J. gliedern läßt, ist nur in dem äußern Druck zu erkennen, der bald mehr, bald weniger auf ihnen lastete und der in den ersten Jahrhunderten vereinzelt und weniger vorbereitet sie beschwerte, später aber, namentlich während der letzten Hälfte des Mittelalters, in systematische Tyrannei überging.
Die jüdische Geschichte entwickelt sich so zur Leidensgeschichte ohne größere politische Bedeutung, sie erscheint, um mit den Worten eines anerkannten Historikers zu reden, wie das Tagebuch eines Henkers. Fast überall befeindet und bedrückt, mit Abgaben und Zöllen überbürdet, vom ehrenden Erwerb meistens zurückgewiesen, bald hier, bald dort aufgescheucht und verjagt, haben die Vaterlandslosen wenig Glück in ihren äußern Verhältnissen. Sie arbeiten trotzdem, von einigen Zeiten des Stillstandes und Rückschritts abgesehen, die geistige Seite ihrer Nation, die religiösen Ideen, aus und treten, wo ihnen der Zutritt erschlossen wird, mit Erfolg ein in die sittliche Bewegung der Menschheit.
Dadurch wird ihre Geschichte Litteratur- und Kulturgeschichte. Dank ihrer fleißigen, gemeinsamen Arbeit, ihrer hohen Begabung und sittlichen Führung erhalten sie ihre Zusammengehörigkeit bis in die Neuzeit, in welcher mit der zunehmenden Zivilisation, wenn auch sehr langsam, ihre Verachtung und Bedrückung abnimmt, bis ihre bürgerlichen Rechte nicht mehr durch ihr Glaubensbekenntnis beschränkt werden. Die Geschichte des jüdischen Volkes in der Zerstreuung zerfällt also in folgende fünf Abschnitte:
a) Die Geschichte der Juden im römischen Reich.
Schon vor dem Fall Jerusalems hatten J. ihr Heimatsland verlassen und fremde Länder aufgesucht. Sie wohnten bereits in Persien, [* 11] Ägypten, Kyrene, Griechenland, [* 12] Kleinasien und Italien. [* 13] Im römischen Reiche galten die J. in den ersten Jahrhunderten n. Chr. für vollkommen rechtsfähig, nahmen in jeder Beziehung teil am Staatsleben, bekleideten Ämter, wobei sie billige Berücksichtigung ihrer Gebräuche und Gesetzesvorschriften fanden. Die Spitzen ihrer religiösen Behörden waren denen der übrigen Staatskörper gleichgestellt und von allen persönlichen und bürgerlichen Lasten befreit. J. wohnten bereits seit der ersten Berührung mit den Römern im ganzen Reich zerstreut und bildeten schon unter den ersten Kaisern in Rom [* 14] selbst eine sehr ansehnliche Gemeinde.
Sie begleiteten auch die Römer auf ihren siegreichen Eroberungszügen und siedelten sich früh in Gallien und Spanien [* 15] an. Der Haß gegen die mächtigen Eroberer und der Wunsch, die nationale Selbständigkeit zu erneuern, trieb sie zu häufigen, aber stets erfolglosen Empörungen. Unruhen in Palästina, wahrscheinlich durch den Kriegszug Trajans gegen die Parther hervorgerufen, wurden 114 von Quietus unterdrückt. Unter Anführung des Andreas und Lucuas hatten sie 115 in Kyrene versucht, sich des fremden Joches zu entledigen; 116 in Cypern, [* 16] wo Hadrian durch Ausrottung aller hier wohnenden J. den Aufstand unterdrückte und Beschränkung und Verfolgungsgesetze gegen die J. des ganzen Reichs erließ, die von Trajan später zurückgenommen wurden.
Die blutigen Niederlagen der J. in Mesopotamien, die 118 sich empörten, schreckten die J. in Palästina nicht ab, unter Hadrian (117-138) abermals einen Versuch zu wagen, ihre Selbständigkeit wieder zu erringen. Der als Messias begrüßte Bar-Kochba (»Sternensohn«, nach seinem Fall Bar-Kosba, »Lügensohn«, genannt) leitete (132) den Aufstand. Ein zahlreicher Anhang aus allen Schichten der Bevölkerung [* 17] (selbst R. Akiba soll ihm vertraut haben) schien Bar-Kochba den Erfolg zu sichern.
Der römische Befehlshaber Jul. Severus beendete aber 135 die Kämpfe, bei denen mehr als eine halbe Million Menschen umkamen, mit der Einnahme der letzten Zufluchtsstätte der Insurgenten, der Bergfestung Bettar, der Hinrichtung vieler hervorragender Persönlichkeiten, besonders Gelehrter, der Zerstreuung des Volkes und der Verödung Jerusalems, welches, von Hadrian neu erbaut und nach N. und O. erweitert, Aelia capitolina genannt und mit Nichtjuden bevölkert wurde. Die strengen Erlasse Hadrians, die vorzüglich gegen das Studium und die Ausübung des mosaischen Gesetzes gerichtet waren, blieben in ¶