Joseph (biblische Personen) - Joseph (deutsche Kaiser)
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er ihnen das Land Gosen einräumte. Josephs von der Ossnat, einer Priesterstochter aus On (dem spätern Heliopolis), geborne
Söhne hießen Ephraim und Manasse. Als Vorbild jugendlicher Reinheit sowohl wie umsichtiger Klugheit und hohen Edelsinns, wie
er sich seinen Brüdern gegenüber äußerte, bot die Gestalt Josephs poetische Motive für epische und
dramatische Gestaltung, die vielfach verwertet wurden. Von ältern Dramen (z. B. von Zyrl, 1573, und von Gaßmann, 1610) absehend,
erinnern wir hier nur an Phil.
v. Zesens Roman »Assenat. Josephs heilige Staats-, Liebes- und Lebensgeschichte« (1670),
Bodmers »Keuschen J.« (1750),
Méhuls Oper
(1807),
die epische Dichtung »J.« von Katharina Diez (1855) und das biblisch-historische Schauspiel »J. und
seine Brüder« von Behrle (1858).
Vgl. v. Weilen, Der ägyptische J. im Drama des 16. Jahrh. (Wien 1887).
2) Gatte der Maria, der Mutter Jesu, daher sein »Nähr«- oder »Pflegevater«
genannt, war nach der Angabe der Evangelien ein Zimmermann. Die christliche Sage läßt ihn erst im hohen
Greisenalter die Maria heiraten, um jeden Gedanken an eine natürliche Erzeugung Jesu fern zu halten. Er scheint vor dem Anfang
des Lehramtes Jesu gestorben zu sein, wenigstens werden während desselben in den Evangelien stets nur Maria und die Brüder
Jesu erwähnt. Sein Gedächtnis wird in der römisch-katholischen Kirche 19. März, in der griechischen 26. Dezember gefeiert.
Vgl. Jesus Christus, S. 213.
3) J. von Arimathia (d. h. Ramathaim im Stamm Benjamin), Anhänger Jesu, dessen Leichnam er in einer Grabhöhle in seinem eignen
Garten beisetzte. Nach biblischem Bericht war er Mitglied des Synedrions zu Jerusalem, nach der Tradition einer
der 70 Jünger und Apostel in England. Sein Tag: 17. März, bei den Griechen 31. Juli.
4) J. Barsabas, mit dem Beinamen der Gerechte (justus), Jünger Jesu, der bei Besetzung der Stelle Judas Ischariots in Vorschlag
gebracht, aber dem Matthias nachgesetzt ward (Apostelg. 1, 23). Schon im 2. Jahrh. berichtet die Legende,
er sei zum Giftbecher verurteilt worden, habe ihn aber ohne Nachteil für seine Gesundheit getrunken.
1) J. I., der älteste Sohn des Kaisers Leopold I. aus dessen Ehe mit Eleonore von Pfalz-Neuburg,
geb. 26. Juli 1678, wuchs unter der Aufsicht des Oberhofmeisters Fürsten von Salm heran und erhielt eine vortreffliche
Erziehung. Schon 1690 zum römischen König gewählt, vermählte er sich 1699 mit der Prinzessin Wilhelmine Amalie von Braunschweig,
welche zum Katholizismus übergetreten war und von den Jesuiten nicht unbeeinflußt blieb. Aus dieser Ehe entsprossen zwei Töchter,
welchen durch den Hausvertrag von 1703 das Erbrecht in den österreichischen Ländern für den Fall des
Aussterbens der männlichen Habsburger zugesprochen wurde. J. gehörte während des spanischen Erbfolgekriegs zu den eifrigsten
Mitgliedern der gegen Frankreich verbündeten und vom Prinzen Eugen geführten Kriegspartei am Hof Leopolds I. Die Langsamkeit
und Umständlichkeit der damaligen Kriegseinrichtungen vermochte er aber selbst nicht zu durchbrechen,
als er (1702) das Kommando der Belagerungsarmee vor Landau übernahm; erst 1705, nach dem Tod Kaiser Leopolds (5. Mai 1705), kam
mit dem Regierungsantritt Josephs ein frischerer Geist in die Verwaltung, auf welche nunmehr Prinz Eugen den hervorragendsten
Einfluß gewann.
Auch verfolgte J. zuerst den Plan einer dauernden Erwerbung Bayerns, welcher für die Politik
des 18. Jahrh.
stets maßgebend blieb, aber sich auch stets als unausführbar erwies. Nicht nur der Widerstand, welchen das österreichische
Regiment in Bayern selbst fand, sondern auch die Abneigung aller deutschen und auswärtigen Mächte gegen eine solche Erweiterung
des österreichischen Staats in Deutschland verhinderten die Ausführung des Plans auch dann, als die österreichische
Regierung eine Entschädigung der geächteten Kurfürsten durch eins der spanischen Länder, wie Belgien, in Aussicht genommen
hatte. 1706-1707 begannen bereits Reibungen mit dem römischen Stuhl, welche bei der franzosenfreundlichen Gesinnung Papst Clemens'
XI. und dem entschiedenen Auftreten des Kaisers 1708 zu den schärfsten Drohungen, ja zur Kriegsbereitschaft
der Kurie führten, 1709 jedoch mit der Nachgiebigkeit des eingeschüchterten Papstes schlossen.
Was die innern österreichischen Verhältnisse betrifft, so fand J. bei seinem Regierungsantritt Ungarn in vollem Aufstand
und Schlesien in Gärung. Für die mißvergnügten und gedrückten Protestanten in Schlesien gewann Karl XII.
(1706) im Altranstädter Frieden von J. eine Reihe von Zugeständissen ^[richtig: Zugeständnissen]; in Ungarn, wo Franz Rákóczy,
von Frankreich unterstützt, die ältern Rechte des Landes gegen die Verfassungsänderungen von 1687 verteidigte, sah sich J.
zu Unterhandlungen genötigt, deren Abschluß im Frieden zu Szathmár 1711 er zwar nicht mehr erlebte,
zu denen er jedoch dem Grafen Pálffy die weitgehendsten Vollmachten erteilt hatte, nachdem das Kriegsglück den kaiserlichen
Waffen unter dem General Heister in Ungarn nur wenig günstig gewesen war.
Auch die Versuche Josephs, in den Reichsangelegenheiten Ordnung zu schaffen, konnten bei der Kürze seiner Regierung nur von
geringem Erfolg begleitet sein, zumal die unklare Stellung des Reichshofrats zu dem Reichskammergericht
und die Beschwerden der Reichsstände über die Gerichtsurteile des erstern, als ererbte Übelstände der Reichsverfassung,
nur durch ein einmütiges Zusammenwirken im Reichstag beseitigt werden konnten. J. starb 17. April 1711 in Wien unerwartet an den
Pocken in einem Augenblick, wo das Ansehen Frankreichs durch das Kriegsglück der im spanischen Successionskrieg
verbündeten Mächte gänzlich zerstört war und Ludwig XIV. sich bereits zu den demütigendsten Friedensbedingungen bereit
erklärt hatte. Da aber die Regierung Österreichs an Karl VI., den einzigen lebenden Habsburger vom Mannesstamm, überging, so
hatte der frühe Tod Josephs eine gänzliche Veränderung der politischen Lage zur Folge.
Vgl. Moser, Probe
einer Staatshistorie über die Regierung Josephs I. (Züllichau 1738);
Herchenhahn, Geschichte der Regierung Kaiser Josephs I.
(Leipz. 1786-89, 2 Bde.).
2) J. II., römisch-deutscher Kaiser, ältester Sohn Franz Stephans, Herzogs von Lothringen, der 1735 Großherzog von Toscana und 1745 als
Franz I. römisch-deutscher Kaiser wurde, und Maria Theresias, war 13. März 1741 geboren. Seine Erziehung wurde,
um den Ungarn zu schmeicheln, in die Hände eines ungebildeten Magnaten, der sich die nötigsten äußerlichen Formen als österreichischer
Offizier erworben, des Grafen, spätern Fürsten Batthyány, gelegt. Den sehr oberflächlich erteilten Unterricht vertraute man
dem Jesuiten P. Veger, sodann 1751 dem P. Weikard an, worauf dann die eigentliche Erziehung und Leitung Philipp La Mine, den
Unterricht Leporini, Bourgignon, Rosenthal, Freyßleben, Bajtaj, I. ^[Ignaz] v. Pöck, Breguin und Baillou übernahmen, denen
sich P. Joseph Franz, Direktor der
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philosophischen Fakultät in Wien (später Direktor der orientalischen Akademie), und selbst Bartenstein (s. d.) anschlossen,
welcher durch sein ungeheuerliches Geschichtskompendium in mehreren Foliobänden die Wißbegierde des Prinzen ebensowenig
fesseln konnte, als dies dem schablonenmäßigen Unterricht so manches der andern Lehrer gelang. Es waren namentlich die doktrinären
und unfruchtbar schematisierenden Vorträge, welche den jungen Prinzen langweilten und zu einer ungeordneten,
oberflächlichen und wenig verstandenen Lektüre, besonders der neuen französischen Litteratur, haltlos forttrieben.
Bei aufgewecktem Geist, rascher Fassungsgabe und dem lobenswerten Bestreben, sich durch eigne Anschauung über alles ein selbständiges
Urteil zu bilden, wurde J. bald von dem Gefühl der Vereinzelung und Vereinsamung erfaßt, welchem die
flüchtigen Berührungen mit hervorragenden und von ihm selbst aufgesuchten bedeutenden Männern kein beruhigendes Gegengewicht
gaben. Die Meinung, in allem selbst handeln und entscheiden zu müssen, und die durchgreifende, rein persönliche Regierungsweise
des großen Monarchen mochten in diesen Umständen ihren Ursprung gefunden haben. 1764 wurde J. zum römischen
König gewählt und gekrönt, und da schon im folgenden Jahr sein Vater starb, so schien sich seiner Thätigkeit ein weites
Feld zu eröffnen; aber der Wille der Kaiserin wie die feste und der monarchischen Willkür widerstrebende ständische Verfassung
des Reichs setzten derselben die engsten Grenzen.
Obwohl J. in den Erbländern von der Kaiserin zum Mitregenten erklärt war, beschränkte sich sein Einfluß
auf das Militärwesen, an welchem er bei aller Bewunderung Friedrichs II., mit dem er im August 1769 in Neiße und im September 1770 zu
Neustadt in Mähren Zusammenkünfte hatte, doch kein großes innerliches Interesse fand, und die äußere Politik.
Hier trieb Josephs Ehrgeiz Österreich zum Anteil an der Teilung Polens und durch das Projekt der Erwerbung Bayerns zum bayrischen
Erbfolgekrieg.
Sein Geist beschäftigte sich fast ausschließlich mit den volkswirtschaftlichen und kirchlichen Angelegenheiten, in welchen
er seine liebsten Reformgedanken mit Ungeduld bis zur Zeit seiner Alleinregierung zurückgedrängt sah. Mit der
Kaiserin stand er auch persönlich nicht auf gutem Fuß, obwohl er sich gern als »gehorsamer Sohn« bezeichnete, als solcher
angesehen sein wollte und bei ihrem Tod auch das stürmische Gefühl des Schmerzes nicht verleugnete. Aber je größer die Kluft
zwischen ihm und der frommen, von weiblicher Beängstigung erfüllten Mutter wurde, desto weniger war
ein Umgang möglich, der die Gegensätze persönlich zu mildern vermocht hätte. Dem unaufhörlichen Drängen Maria Theresias,
J. möge zur Beichte gehen und die Kirche besuchen, vermochte der Kaiser auch durch zeitweilige Erfüllung des Wunsches nicht
zu genügen.
Als nun Maria Theresia 1780 starb, sollte sich das Wort Friedrichs II.: »Voilà nouvelle ordre des choses!«
in unglaublicher Eile bewahrheiten;
denn sofort ließ J. nichts an seiner Stelle, und eine Flut von Gesetzen und Verordnungen,
welche meistens jeder verfassungsmäßigen, häufig auch jeder büreaukratischen Grundlage entbehrten und der umfassendsten,
auch im 18. Jahrh. nicht ganz gewöhnlichen Geltendmachung des absoluten Systems entsprangen, ergoß sich
über alle ungleichartigen Völker und Staaten der alten habsburgischen Hausmacht, welche, mit Beseitigung des verschiedenen
Verfassungswesens und der ständischen Vertretung, als vollkommen gleichgestellte Glieder vom Kabinett des Kaisers aus, als
»Verwalters« des
Staats, nach den gleichen Gesetzen regiert werden und einen uhrwerkartig geregelten Organismus mit deutscher
Amtssprache ausmachen sollten.
Von der richtigen und klaren Einsicht geleitet, daß die Herrschaft des
römischen Stuhls und der katholischen Hierarchie beseitigt werden müsse, wenn die österreichische Verwaltung zur Selbständigkeit
des modernen Staatsbegriffs erhoben werden solle, begann er mit entschlossenem Sinn alle die Bande vorerst zu lösen, welche
österreichische Unterthanen von der päpstlichen Gewalt abhängig machten. Wie durch die Verordnung vom 4. Mai 1781 die
anspruchsvollsten Bullen der römischen Kirche aus allen Ritualbüchern und kirchlichen Sammlungen gestrichen wurden, so verfügte
J. auch die Aufhebung der päpstlichen Dispense, der Rekurse, des Bischofseides und der Litterae apostolicae, die Einführung
des Placet, das Verbot der Annahme päpstlicher Ämter und Titel und des Besuchs der in Rom befindlichen theologischen
Anstalten.
Diesen wichtigen Reformen folgten zahlreiche Aufhebungen von Klöstern, Einziehung des Vermögens derselben und die Gründung des
Religionsfonds sowie die Dotation von trefflichen Unterrichts- und Humanitätsanstalten aus dem konfiszierten Klostergut. Aber
schon die Durchführung dieser Maßregeln zeigte erhebliche Mißstände und Willkürlichkeiten. Bald griff
die Regierung Josephs auch in die internen Angelegenheiten der Kirche und des Gottesdienstes ein.
»Andachtsordnungen«, Gesetze gegen den »kirchlichen Flitterstaat«, Verordnungen über Prozessionen, Wallfahrten, Ablässe und
das unglückliche Gebot des Begrabens der Toten in Säcken, ohne Kleider und in Kalkgruben, alle diese Dinge, welche
bestimmt waren, »Aufklärung« zu bewirken, erregten Haß und Verdruß, selbst tiefer gehenden Widerstand seitens des Volkes.
Dabei hielt J. doch sehr bestimmt den Begriff der Staatskirche als einer katholischen aufrecht.
Wie in der politischen Verwaltung, so hielt er auch in kirchlichen Dingen Einheit und Gleichheit für die wesentlichste Grundlage
des Staatslebens. Das Verhältnis der nichtkatholischen Konfessionen vermochte er daher nicht anders als
unter dem Gesichtspunkt einer möglichst weit gehenden Toleranz zu fassen. Obwohl sich nun in Ländern, wo die religiösen Fragen
längst durch gesetzliche Bestimmungen geregelt waren, wie in Ungarn, eine berechtigte Opposition gegen das »Toleranzpatent«
gerade von seiten der Protestanten erhob, so wirkten doch die damit zusammenhängenden Verordnungen segensreich
auf die Zustände in den andern Ländern, wo endlich ein anderthalbhundertjähriger Druck von vielen protestantischen Gemeinden
hinweggenommen wurde. Um übrigens den Übertritt von der katholischen Religion zu andern Konfessionen zu verhindern, schrak
J. selbst vor manchen Zwangsmaßregeln nicht zurück, und wie er die Sekte der Deisten durch »Karbatschenstreiche«
ausrotten wollte, so fehlt es auch nicht an Beispielen harter Kabinettsjustiz gegenüber von Mönchen, welche aus eignem Entschluß
ihren Orden verlassen wollten, oder gegen Protestanten, welche wegen Proselytenmacherei Verdacht erregten.
Um den Neuerungen Josephs in Österreich ein Ziel zu setzen, begab sich der Papst Pius VI. 1782 persönlich
nach Wien, ohne jedoch etwas zu erreichen. Mit großer Absichtlichkeit wurde jede geschäftliche Verhandlung vermieden, und
Fürst Kaunitz empfing den Papst in seinem Palast lediglich als Privatperson. Keinen Augenblick wurde die Reform unterbrochen, vielmehr
auch auf das Gebiet der Diözesaneinteilung ausgedehnt, wobei dem Kaiser ernstlichere