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geben, erfolglos. Tirol, [* 2] bisher Johanns Lieblingsaufenthalt, war verloren. Die folgenden Friedensjahre benutzte J. hauptsächlich zu wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar wandte er nun seine Aufmerksamkeit vor allem Steiermark [* 3] und Kärnten zu, die er, von Gelehrten und Künstlern begleitet, nach allen Richtungen durchwanderte. Zugleich beschäftigte er sich mit militärischen Dingen und entwarf den Plan eines Volkskriegs in den österreichischen Alpenlanden.
Nach dem Wiederausbruch der Feindseligkeiten zwischen Frankreich und Österreich [* 4] im März 1809 zum Befehlshaber der unter dem Namen des Heers von Innerösterreich bekannten Armee ernannt, rief er die Tiroler zur Erhebung auf und rückte, während Chasteler in Tirol vordrang, selbst gegen Udine und traf am Tagliamento mit dem Vizekönig Eugen zusammen, den er erst bei Pordenone, dann 16. April entscheidend bei Sacile schlug. Indes die Niederlagen des Erzherzogs Karl an der Donau hinderten ihn, seinen Sieg auszubeuten. Er mußte Anfang Mai von Verona, [* 5] bis wohin er vorgedrungen war, den Rückzug nach Villach und Graz [* 6] antreten, von wo er sich nach Ungarn [* 7] wandte, um bei Körmend Stellung zu nehmen. Am 14. Juni erlitt er aber auf dem Marsch nach Preßburg [* 8] bei Raab, [* 9] wo er sich mit den ungarischen Insurrektionstruppen vereinigt hatte, durch die Franzosen eine Niederlage und begab sich nun über Komorn nach Preßburg, wo er anfangs den ihm gegenüberstehenden Feind zu beschäftigen Befehl erhielt, dann aber 5. Juli beordert wurde, mit allen Truppen aufzubrechen und in die Schlacht bei Wagram [* 10] einzugreifen.
Als er aber 6. Juli nachmittags mit 13,000 Mann in Siebenbrunn eintraf, war die Schlacht bereits zum Nachteil der Österreicher entschieden. Infolge der Behauptung des Erzherzogs Karl, diesem durch J. verschuldeten Zuspätkommen sei der unglückliche Ausgang des Tags zuzuschreiben, entspann sich zwischen beiden Brüdern ein erbitterter, lange dauernder Streit. Nach der Schlacht bemühte sich J., Ungarn zu decken. Der darauf von ihm aufgestellte Plan, die große Armee sogleich aus Böhmen [* 11] durch Mähren und das Waagthal nach der Donau zu ziehen und bei Komorn zu konzentrieren, um nach Ablauf [* 12] des Waffenstillstands von Znaim die Feindseligkeiten von neuem zu beginnen, wurde vom Kaiser genehmigt, und schon war der Erzherzog in voller Thätigkeit, die nötigen Anordnungen zu treffen, als der Friedensschluß zu Wien [* 13] 14. Okt. ihn in seinen Arbeiten unterbrach. J. widmete sich hierauf ganz seinem Beruf als Direktor der militärischen Erziehungsinstitute. Erst 1815 übernahm er wieder ein Kommando bei der Armee des Fürsten Schwarzenberg. Nachdem er zuvor als Stellvertreter des Kaisers in Mailand [* 14] die Huldigung entgegengenommen und die Lombardei bereist hatte, leitete er die Belagerung von Hüningen, das er 26. Aug. zur Übergabe zwang und schleifen ließ. Darauf ging er nach Paris [* 15] und von da über England nach Österreich zurück.
Hier lebte er anfangs in Wien und Wiener-Neustadt, schlug aber sodann seinen Wohnsitz in Graz und später auf dem Bauerngut Brandhof auf, nachdem ihm seit 1827 der Aufenthalt am kaiserlichen Hof [* 16] durch seine morganatische Ehe mit einer Postmeisterstochter, Anna Plochel von Aussee (geb. 1834 zur Freifrau v. Brandhofen, 1845 zur Gräfin von Meran [* 17] erhoben, gest. in Aussee), unmöglich geworden war. Dagegen stieg die Zuneigung des Volkes zu J. nicht bloß in Österreich, sondern in ganz Deutschland [* 18] in demselben Grad, in welchem der Haß gegen Metternich und sein System zunahm. J. verdiente sich diese Liebe durch seine gemeinnützigen Unternehmungen, durch das rein Menschliche seines Wesens und seine Neigung zum Volkstümlichen. So gründete er in Graz das Johanneum, um Liebe zur Kunst und Wissenschaft zu erwecken, stiftete landwirtschaftliche Vereine, führte bessere Methoden im Ackerbau und in der Viehzucht [* 19] ein, wirkte aufs thätigste zur Förderung verschiedener Industriezweige, namentlich der Eisenindustrie, veranstaltete Sänger- und Schützenfeste und präsidierte den Versammlungen der Naturforscher und Landwirte in Graz.
Zahllose Lieder feierten denn auch in Steiermark und Tirol den »Herzog Hannes«. Der dem Erzherzog seit der Kölner [* 20] Domfeier 1842 fälschlich in den Mund gelegte Ausspruch: »Kein Österreich, kein Preußen, [* 21] sondern ein einiges großes Deutschland, fest wie seine Berge!« erwarb ihm schnell auch durch ganz Deutschland Popularität. Die Ereignisse des Jahrs 1848 entrissen den Greis seinem Stillleben. Als der Kaiser Ferdinand I. nach den Ereignissen des 15. Mai Wien verließ und sich nach Innsbruck [* 22] begab, ernannte er den Erzherzog J. zu seinem Stellvertreter in Wien, und dieser eröffnete als solcher den Konstituierenden Reichstag.
Inzwischen war auch die Majorität der Frankfurter Reichsversammlung 27. Juni zu dem Beschluß gekommen, den Erzherzog J. zum unverantwortlichen Reichsverweser über Deutschland zu ernennen, und er ließ sich bewegen, die so schwierige Stellung anzunehmen. Er traf auch 11. Juli Frankfurt [* 23] ein und bildete sofort ein Reichsministerium. Indes fühlte er sich mehr als österreichischer Erzherzog denn als deutscher Reichsverweser. Während er sich in der ersten Zeit den Parteien gegenüber neutral verhielt, wirkte er seit der Ablehnung des Erbkaisertums seitens Friedrich Wilhelms IV. offen im österreichischen Interesse dahin, daß keine Reichsverfassung zu stande kam und die Wiederherstellung des Bundestags als einziger Ausweg übrigblieb. Am trat er in das Privatleben zurück und widmete sich, wie früher, der Förderung gemeinnütziger Unternehmungen in Steiermark. Er starb in Graz. Er hinterließ einen Sohn, Franz, Grafen von Meran und Freiherrn v. Brandhofen, geb. seit 1861 Mitglied des österreichischen Herrenhauses.
Vgl. Schneidawind, Leben des Erzherzogs J. von Österreich (Schaffh. 1849);
Schimmer, Leben und Wirken des Erzherzogs J. (Mainz [* 24] 1849);
Leitner, J. Bapt., kaiserlicher Prinz und Erzherzog von Österreich (in Hlubeks Werk »Ein treues Bild des Herzogtums Steiermark«, Graz 1860);
Schlossar, Erzherzog J. von Österreich und sein Einfluß auf das Kulturleben der Steiermark (Briefe des Erzherzogs aus den Jahren 1810-25, Wien 1878);
Derselbe, Erzherzog J. Baptist von Österreich (das. 1880).
14) J. Nepomuk Salvator, Erzherzog von Österreich und Prinz von Toscana, geb. zu Florenz, [* 25] jüngster Sohn des Großherzogs Leopold II. von Toscana, ward in der Hofburg erzogen, trat erst in ein Jägerbataillon, dann in ein Artillerieregiment, ward 1876 Oberst und Regimentskommandeur in Komorn, 1878 Kommandeur einer Infanteriebrigade in Wien und Generalmajor und befehligte in demselben Jahr eine Brigade bei der bosnischen Okkupationsarmee. 1879 ward er Divisionskommandeur in Preßburg und Feldmarschallleutnant. Seit 1883 befehligt er die 3. Division in Linz. [* 26] Er schrieb: »Betrachtungen über die Organisation der österreichischen Artillerie« (Wien 1875),
»Geschichte des k. k. ¶
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Linien-Infanterieregiments Erzherzog Wilhelm Nr. 12« (das. 1877-80, 2 Bde.),
»Drill oder Erziehung« (das. 1883),
verfaßte das Textbuch zu dem Ballett »Die Assassinen« und wirkte in antispiritistischem Sinn, so durch die Schrift »Einblicke in den Spiritismus« (5. Aufl., Linz 1885). Auch als Komponist ist J. hervorgetreten.
15) J. von Österreich, s. Juan d'Austria.
[Pfalz.]
16) J. Kasimir, Pfalzgraf bei Rhein, geb. zu Simmern, vierter Sohn des spätern Kurfürsten Friedrich III., des Frommen, wuchs an den Höfen von Paris und Nancy [* 28] auf und wurde ein tapferer, eleganter Ritter, der aber auch der heimischen Sitte des Trinkens huldigte. Eifrig für die reformierte Lehre [* 29] eingenommen, zog er 1567 den französischen Hugenotten mit einem Heer zu Hilfe und leistete ihnen erfolgreiche Dienste. [* 30] Seine übrigen ähnlichen Unternehmungen, ein zweiter Feldzug nach Frankreich (1575-76), der nach den Niederlanden gegen die Spanier (1578) und sein Eintreten für den Kurfürsten Gebhard Truchseß von Köln, [* 31] hatten nicht den gehofften Erfolg für J., der, bei beschränkten Mitteln, sich in unruhigem Ehrgeiz nach einer weltgeschichtlichen Rolle aufrieb. 1583 wurde er nach dem Tod seines lutherisch gesinnten Bruders Ludwig Vormund von dessen unmündigem Sohn Friedrich IV. und Administrator der Pfalz, die er zur reformierten Lehre zurückbrachte. Seit 1568 mit Elisabeth von Sachsen, [* 32] der Tochter des Kurfürsten August, vermählt, ließ er dieselbe 1589 wegen Ehebruchs und Mordversuchs gegen ihn selbst verhaften. Er starb
Vgl. v. Bezold, Briefe des Pfalzgrafen J. Kasimir (Münch. 1882 ff.).
[Polen.]
17) J. II. Kasimir, König von Polen, geb. zweiter Sohn des Königs Siegmund III., trat 1640 in Rom [* 33] in den Jesuitenorden, ward von Innocenz X. zum Kardinalpriester ernannt und nach dem Tod seines Stiefbruders Wladislaw, dessen Witwe Marie Luise von Nevers-Gonzaga er heiratete, zum König gewählt. Er führte 1655-60 einen langen Krieg mit Karl Gustav von Schweden, [* 34] verlor gegen diesen und den Großen Kurfürsten von Brandenburg [* 35] 28.-30. Juli 1656 die Schlacht bei Warschau, [* 36] behauptete aber sein Reich und verzichtete im Frieden von Oliva bloß auf die Oberlehnshoheit über Ostpreußen. [* 37] Im Frieden von Andrussow verlor er Weiß- und Rotrußland samt der Ukraine bis an den Dnjepr an Rußland und dankte im September 1668 ab; starb zu Revers in Frankreich.
18) J. III. Sobieski, König von Polen, jüngster Sohn Jakobs, Kastellans von Krakau, [* 38] geb. zeichnete sich früh durch Tapferkeit aus, wurde 1665 Krongroßmarschall und 1667 Krongroßfeldherr. Er war der Schrecken der Türken und Tataren und gewann die Schlacht bei Chotin über erstere, worauf er durch den Einfluß Frankreichs, dem er sehr ergeben war, zum König von Polen gewählt wurde. Durch einen zweiten Sieg bei Lemberg [* 39] (August 1675) bewog er die Türken zum Frieden von Konstantinopel [* 40] (1678). Seine glorreichste That war die Entsetzung des von den Türken belagerten Wien Künste und Wissenschaften fanden in ihm einen eifrigen Beschützer. Dennoch ward er während seiner Regierung von den eifersüchtigen Großen heftig angefeindet. Seine eigne Gattin, Maria Kasimira, konspirierte mit dem Adel gegen ihn. Er starb in Warschau.
Vgl. Salvandy, Histoire du roi Jean Sobieski et du royaume de Pologne (6. Aufl., Par. 1876);
»Briefe des Königs I. an seine Gemahlin« (deutsch von Öchsle, Heidelb. 1827);
Rieder, J. III., König von Polen, Sobieski, in Wien (Wien 1881). -
Sein ältester Sohn, Jakob Sobieski, geb. 1667, warb 1704 nach Augusts II. Absetzung als Thronkandidat in Aussicht genommen, aber von August aufgefangen und bis 1706 gefangen gehalten; er starb 1734. Das Geschlecht Sobieski erlosch 1875.
[Portugal.]
19) J. I., König von Portugal, genannt der Große oder der Vater des Vaterlandes, natürlicher Sohn Peters und der Therese Lorenzo, einer vornehmen Galicierin, geb. 1357, ward 1383, nach dem Tod seines legitimen Bruders Ferdinand, von den Ständen des Königreichs zum Regenten erwählt und, nachdem er den Günstling des verstorbenen Königs und seiner Witwe Leonore Tellez, den Grafen Andeiro, ermordet hatte, 1385 zum König erhoben. Den König Johann von Kastilien, der als Gemahl der Beatrix, Tochter Ferdinands, Thronansprüche erhob, schlug er 1385 bei Aljubarrota; der Krieg, der mit wechselndem Glück geführt wurde, endete erst 1411. Im J. 1415 begann J. einen Krieg gegen die Mauren und eroberte Ceuta [* 41] und andre Plätze. Unter seiner Regierung begann sein jüngster Sohn, der Infant Heinrich der Seefahrer, die Entdeckungen an der Westküste von Afrika. [* 42] Portugal [* 43] verdankt J. einen Teil seiner Gesetze. Er starb 1433 und hatte seinen ältesten Sohn, Eduard I., zum Nachfolger.
20) J. II., der Vollkommene, König von Portugal, ein hochgebildeter, energischer Fürst, geb. 1455, Sohn und Nachfolger Alfons' V., bestieg den Thron [* 44] 1481, ließ zur Sicherung desselben seinen Schwager, den Herzog Ferdinand von Braganza, hinrichten und erstach seinen Vetter, den Herzog von Viseu, mit eigner Hand. [* 45] Den Mauren entriß er Arzilla und Tanger. Er setzte die begonnenen Entdeckungen an der Westküste Afrikas fort, wo er in Guinea Ansiedelungen begründen ließ, und von wo aus das Kap der Guten Hoffnung entdeckt wurde. Er starb 1495. Sein Nachfolger war sein Vetter Emanuel.
21) J. III., König von Portugal, Sohn Emanuels, geb. 1502, folgte seinem Vater 1521, begünstigte Wissenschaften und Handel, besonders nach Ostindien, [* 46] Japan [* 47] und Brasilien, [* 48] das er zur portugiesischen Kolonie machte, gab weise Gesetze, stellte die Universität von Coimbra wieder her und vereinigte die reichen Güter des Aviz- u. St. Jakob-Ordens mit der Krone, führte aber auch die Inquisition ein. Er starb 1557.
22) J. IV., König von Portugal, Begründer der Dynastie Braganza, Abkömmling von Johann I., geb. 1604, wurde 1640, als sich Portugal von der spanischen Herrschaft befreite, zum König ausgerufen. Er schlug die Spanier 1644 bei Montijo, eroberte 1654 Brasilien wieder und starb 1656.
23) J. V., König von Portugal, Sohn und Nachfolger Peters II., geb. 1689, bestieg 1705 den Thron, setzte den von seinem Vater begonnenen Krieg gegen Spanien und Frankreich als Alliierter von England und Österreich bis zum Frieden von Utrecht [* 49] (1713) fort, führte seitdem eine friedliche Regierung, stand aber ganz unter der Herrschaft des Klerus und vergeudete für den Bau von Kirchen und Klöstern, namentlich für den Prachtbau von Mafra, ungeheure Summen. Für seine Devotion gegen die Kirche erhielt er vom Papste den Titel »Allergetreueste Majestät«. Er starb an der Wassersucht.
24) J. VI., König von Portugal, Sohn Peters III., geb. ward bei der Geisteskrankheit seiner Mutter Maria Franziska Elisabeth als Regent proklamiert; wirklicher ¶