(des Asowschen Meers) seßhaft: später mit den übrigen sarmatischen Stämmen die Uferländer des Pontus überschwemmte, und
von dem ein Teil bis Ungarn vordrang, wo er sich in der Tiefebene zwischen der Theiß, Donau und Gran niederließ und mit den
benachbarten Quaden und Markomannen in ein enges Bündnis trat. Mit diesen vereint, griffen sie 170 n. Chr.
das römische Reich an, wurden aber 172 von Marcus Aurelius geschlagen und traten in Roms Bundesgenossenschaft, dem sie 8000 Reiter
stellten. Nochmals schlug sie Carus 283. Dann wurden sie dem Gotenreich Hermanrichs unterworfen. Nach Attilas Tod gerieten sie
mit den Goten in einen Kampf, in welchem sie untergingen. Vgl. Jazygien.
ehemals selbständiger Distrikt in Ungarn, südlich vom Heveser Komitat, umfaßte eine Acker- und Weideebene
von 1100 qkm (20 QM.) mit etwa 60,000 Einw., meist Katholiken.
Hauptort war Jász-Berény. 1876 wurde es dem neugebildeten Komitat Jász-Nagy-Kun-Szolnok einverleibt. Die Jazygen (lat. Jassones)
stammen teils von den Petschenegen, teils von den Szeklern, Kumanen, Bulgaren, selbst von Tataren ab, waren
teils unfrei, teils freie Adlige und scheinen meist als Pfeilschützen (ungar. Jászok) im Krieg verwendet worden zu sein.
Sie genossen daher besondere Vorrechte und lebten gleich den Kumanen in besondern Bezirken, an deren Spitze je ein Oberkapitän
stand.
Vgl. Gyárfás, Geschichte der Jazygen und Kumanen (Szolnok, 3 Bde.).
(Jász-Nagy-Kun-Szolnok), im J. 1876 aus den Distrikten Jazygien und Großkumanien sowie
aus dem südlichen Teil von Heves-Szolnok neugebildetes ungar. Komitat, grenzt an Heves, das Haidukenkomitat, Békés, Csongrád
und Pest und umfaßt 5374 qkm (97,6 QM.). Es ist ganz eben,
an der Theiß, die es mit der Zagyva durchströmt, sumpfig, hat (1881) 278,443 Einw., lebhafte
Vieh-, Pferde-, Schaf- und Schweinezucht und Fischerei, viel Getreide, Obst und Tabak und bedeutenden Handel. Sitz des Komitats,
welches von der Ungarischen Staatsbahn gekreuzt wird, ist Szolnok.
(spr. dscheffrs'n), John Cordy, engl. Schriftsteller, geb. zu
Framlingham in Suffolk, studierte zu Oxford und ward 1859 Advokat in London, wo er seitdem lebt. Als Schriftsteller trat er zuerst 1854 mit
dem Roman »Crewe-Rise« auf, der Beifall fand und eine lange Reihe andrer, darunter »Miriam Copley« (1859),
»Live it down« (1869),
»A woman in spite of herself« (1872),
»Lottie Darling« (1874) etc., zur Folge hatte. In allen seinen Romanen entwickelt J. die Eigenschaft eines Erzählers, der mit
gutem Stil tüchtige Charakteristik und Kunst der Schilderung verbindet. Außerdem veröffentlichte er einige mehr wissenschaftliche
Werke, wie: »Novels and novelists from Elizabeth to Victoria«, eine Geschichte des englischen Romans (1858, 2 Bde.);
»Annals of Oxford« (1871, 2 Bde.);
»Brides and bridals«, Skizzen über den Fortschritt in der Heiratskunst (1872, 2 Bde.);
ferner die drei zusammengehörigen Schriften: »A book about doctors« (1860, 2 Bde.; 2. Aufl.
1862),
»A book about lawyers« (1866) und »A
book about the clergy« (1870, 2 Bde.),
kulturhistorische Essays über die drei gelehrten Stände Englands;
»A book about the table« (1874, 2 Bde.);
»A joung squire of XVII. century« (1878, 2 Bde.)
u. a. Auch als Biograph hat sich J. bekannt gemacht durch »The
life of R. Stephenson« (1864),
neuerdings durch das aufsehenerregende Werk »The real Lord Byron, new views
of the poet's life« (1883),
dem »The real Shelley« (1885, 2 Bde.) folgte. J. ist seit Jahren bei
der Regierungskommission für
geschichtliche Urkunden angestellt, und die englischen Blaubücher geben vielfach Zeugnis seiner archivalischen Thätigkeit.
d'Arc (spr. schann dark, auch Johanna d'Arc), die Jungfrau von Orléans, die Befreierin ihres Vaterlandes aus
der Gewalt der Engländer, wurde in Domremy, einem Dörfchen in der Champagne, an der Grenze von
Lothringen, geboren. Ihre Eltern waren fleißige, ehrbare Ackersleute, sie selbst ein frommes, fleißiges Mädchen. Ein gewisser
Ernst und schwärmerische Religiosität erfüllten sie von frühster Jugend. An den Spielen ihrer Gefährtinnen nahm sie selten
Anteil, und seit ihrem 13. Jahr glaubte sie bei Beten und Fasten himmlische Stimmen zu vernehmen, die sie
indes nur zum Gutsein und zur Frömmigkeit ermahnten.
Burgundische Horden brachten auch ihrem Dörfchen den Kriegslärm nahe, der damals ganz Frankreich erfüllte; sie mußte mit
ihrer Familie auf einige Wochen flüchten. Seitdem wandte ihre feurige Einbildungskraft sich diesen Dingen zu; ihre himmlischen
Stimmen forderten sie auf, mit Gottes Hilfe zur Errettung Frankreichs auszuziehen; 1428 erschien ihr als
das nächste Ziel die Errettung des wichtigen, von den Engländern schwer bedrängten Orléans. Ihre Eltern wollten nichts von
ihrem Vorhaben wissen; allein ihr Oheim, den sie von ihrer himmlischen Sendung zu überzeugen wußte, führte sie zu
dem königlichen Hauptmann in dem benachbarten Städtchen Vaucouleurs, der ihr Verlangen, an den königlichen Hof geleitet zu
werden, lange Zeit als thöricht zurückwies, endlich aber gestattete, nachdem sie Ritterkleidung angelegt, daß zwei Edelleute,
die an ihre göttliche Sendung glaubten, sie an den Hof zu Chinon geleiteten.
Freilich fiel es ihr schwer, die Höflinge und zumal den leichtfertigen Karl VII. selbst von der Wahrheit
ihrer Sendung zu überzeugen. Indes da die mehrfach zu ihrer Prüfung ernannten theologischen Kommissionen ihr das beste Zeugnis
ausstellten, da sie mit größter Sicherheit, Kühnheit und zugleich Einfachheit auftrat, da endlich die verzweifelte Lage
des Reichs jede Aussicht auf Rettung willkommen heißen ließ: so vertraute ihr endlich Karl ein kleines Heer an, mit welchem
sie in der That in Orléans eindrang.
Wichtiger noch als Lebensmittel und Mannschaften, die sie den Belagerten zuführte, war die moralische Stärkung, die sie ihnen
brachte; man hielt sie unzweifelhaft für eine Abgesandte der Gottheit. Nur durch den unvergleichlichen
Mut und das entschiedene Feldherrntalent der Jungfrau sowie die Begeisterung, welche sie den Kriegern einzuflößen wußte, glückten
mehrere Ausfälle gegen die Werke der Engländer, so daß diese 8. Mai die Belagerung von Orléans gänzlich aufheben und noch
mehrere andre Plätze an der Loire räumen mußten. Jargeau eroberte J. mit Hilfe des Herzogs von Alençon
im Sturm, wobei der englische Befehlshaber, der Graf von Suffolk, selbst gefangen ward. Am 18. Juni schlug sie den Lord Talbot mit
einem starken englischen Korps bei Patay. Der ganze Mittellauf der Loire wurde den Engländern abgenommen.
Schon zu Chinon hatte sie es als ihre zweite Hauptaufgabe bezeichnet, die Krönung Karls VII. in Reims zu bewirken. Dahin brach
sie nun mit dem König auf;
mehr
auf dem Weg öffneten alle Festungen, besonders Troyes, ihre Thore, und 16. Juli zogen Karl VII. und seine Retterin in Reims ein,
wo der König am nächsten Tag durch den Erzbischof feierlich gesalbt und gekrönt wurde. J. wohnte, mit ihrem Banner in der
Hand, der Feier bei. Ihr Vater, Oheim und ältester Bruder waren gleichfalls herbeigeeilt. Als einzige Belohnung
erbat sie sich die Befreiung der Bewohner Domremys von allen Steuern. Außerdem wurden sie und ihre Familie in den Adelstand
erhoben.
Das war der Höhepunkt ihres Lebens und Wirkens. Ihr weiteres Ziel war nun, Frankreich gänzlich zu befreien. Aber sie war
fortan auf die Hilfe und den Beirat der Heerführer angewiesen, die, und vor allen der König, sich neidisch auf ihren Ruhm
und unfähig zeigten. Nach der Krönung zogen Karl und J. nach dem Norden, wo Compiègne und Beauvais sich ohne Kampf ergaben.
Aber Paris, das entschieden auf seiten der Engländer stand, griff man vergebens an; die Jungfrau, von den
mißgünstigen Kriegsführern nicht genügend unterstützt, wurde 8. Sept. am Schenkel schwer verwundet und mußte den Sturm aufgeben.
Dieser erste Mißerfolg, der sie mit den trübsten Ahnungen erfüllte, wurde für ihr Ansehen verhängnisvoll. Man zog sich
gegen ihren Willen zurück bis hinter die Loire, und für den Winter wurde das Heer aufgelöst. Die Engländer
rüsteten frühzeitig 1430, um die durch die Jungfrau erlittenen Verluste wieder einzubringen, während Karl VII. abermals
in seine gewöhnliche Trägheit und Ausschweifung versunken war. J. verließ den unwürdigen Schwelger und schützte mit einer
kleinen Schar die Städte des südlichen Teils der Ile de France vor den englischen Angriffen. Da hörte
sie, daß Burgunder und Engländer Compiègne bedrängten.
Mit geringer Begleitung warf sie sich in die Feste, wagte einen Ausfall, wurde aber gefangen genommen Vier Monate
brachte J. in vergleichsweise milder Gefangenschaft in dem Schloß Beaurevoir des Herrn v. Ligny zu, dem
sie zuerst in die Hände gefallen war. Von seiten des französischen Königs wurde kein Versuch gemacht, sie, sei es durch Lösegeld,
sei es durch Gewalt, zu befreien! Um so thätiger waren ihre Feinde. Die große Masse der Engländer hielt sie für eine Hexe;
die englischen Großen waren zwar von solch abergläubischer Ansicht frei, wollten sie aber den schmählichen
Tod des verurteilten Verbrechers sterben lassen, um so alle Welt von der Nichtigkeit ihres vorgeblichen himmlischen Auftrags
zu überzeugen.
Die Engländer zwangen also den Herrn von Ligny, J. für 10,000 Livres ihnen auszuliefern. Vergebens suchte J.
sich ihrem traurigen Schicksal durch einen Sprung von den Felsenmauern ihres Kerkers zu entziehen; blutig, bewußtlos fand
man sie unten liegen, aber ohne ernstlichere Beschädigung. Auf vielen Umwegen nach Rouen gebracht (Dezember 1430), ward sie
hier der Zauberei und Ketzerei angeklagt und mit der Leitung des Prozesses der Bischof von Beauvais, Peter
Cauchon, beauftragt, ein gewissenloser, ehrgeiziger Mann, welcher durch die Engländer Erzbischof von Rouen zu werden hoffte.
Mitte Februar 1431 begann der offizielle Prozeß. Die Anklageschrift stellte die abscheulichsten Verleumdungen wider sie auf;
man beschuldigte sie der gröbsten Ausschweifungen: frech maße sie sich an, was strengstens in der Heiligen Schrift
untersagt sei, die Kleidung des andern Geschlechts zu tragen;
eine Schülerin und Anbeterin des Teufels und aller bösen Geister,
lasse sie sich doch als eine Heilige Gottes verehren. J. antwortete mit
bewunderungswürdiger Geistesgegenwart und klarem Verstand;
indessen die Engländer und Cauchon hatten ihr Verderben beschlossen.
Nach unsäglichen körperlichen und
Gemütsleiden mußte sie ihr Urteil hören: lebendig verbrannt zu werden, wenn sie ihre Sünden nicht abschwöre.
Die schreckliche Aussicht aus den Scheiterhaufen, der Anblick des Henkers, der auf sie wartete, erschütterten endlich diese
heldenmütige Seele; sie unterzeichnete mit einem Kreuz eine kurze allgemeine Abschwörungsformel. Nun wurde sie
begnadigt, d. h. zu ewigem Gefängnis bei Brot und Wasser. Man befahl ihr, der Abschwörung gemäß Frauenkleider anzulegen
und zu behalten.
Sie versprach es. Aber um sich vor den rohen Zudringlichkeiten ihrer Wächter zu retten, griff sie wieder zu der Männertracht.
Sie wollte überhaupt die entsetzlichen Qualen des Gefängnisses nicht mehr ertragen und nahm in Gegenwart
der Richter ihre Abschwörung, als von der Furcht erpreßt, zurück. Dahin hatte man sie bringen wollen: sie war nun eine rückfällige
Ketzerin, die nichts mehr retten konnte. Am wurde sie auf dem Markt in Rouen zum Scheiterhaufen geführt, den sie
mit Mut und festem Gottvertrauen bestieg.
Sie war erst 19 Jahre alt. Erst 1450 ließ Karl VII. ihren Prozeß einer Revision unterziehen, die nach sechsjährigen genauen
Untersuchungen und Verhören mit der Erklärung ihrer Unschuld endigte; ihr Andenken wurde durch feierliche Prozession und Errichtung
eines Denkmals auf der Stätte ihrer Hinrichtung geehrt. In diesem Jahrhundert wurden ihr in Domremy und
Orléans mehrfache Standbilder errichtet. Ihre Heiligsprechung, in neuester Zeit hauptsächlich von dem Bischof Dupanloup (s. d.)
von Orléans betrieben, wurde in Rom abgelehnt.
Ihr Leben und ihre Thaten haben mehreren Dichtern, namentlich Chapelain, Southey, Lebrun, de Charmettes, Dumenil, Soumet u. a.,
Stoff zu poetischer Bearbeitung geliefert; die berüchtigtste ist Voltaires freches Machwerk »La pucelle
d'Orléans«, die edelste Schillers Trauerspiel »Die Jungfrau von Orléans«. Die sehr weitläufige ältere Litteratur über J.
ist nicht mehr zu gebrauchen seit Jules Quicherats »Procès de condamnation et réhabilitation de J. d'A.« (Par. 1841-49, 5 Bde.;
vollständige Quellen- und Aktensammlung).
Von neuern Bearbeitungen vgl. Desjardins, Vie de J.d'A. (3. Aufl., Par. 1885);
Wallon, J. d'A. (5. Aufl.,
das. 1879, 2 Bde.);
Hase, Die Jungfrau von Orléans (2. Aufl., Leipz. 1861);
Eysell, Johanna d'Arc (Regensb. 1864);
Vallet de
Viriville, Procès de condamnation de J. d'A. (Par. 1867);
O'Reilly, Les deux procès de J. d'A. (das.
1868);
Michelet, J.d'A. (5. Aufl., das. 1879);
Baumgarten, Geschichte der Jungfrau von Orléans (Koburg 1879);
Boucher de Molandon,
Premlère expédition de J. d'A. (Orléans 1874);
Bouteiller und Braux, La famille de J. d'A. (Par. 1878);
St. Luce, J. d'A.
à Domremy (das. 1886);
Semmig, Die Jungfrau von Orléans und ihre Zeitgenossen (Leipz. 1885);
Kummer, Die
Jungfrau von Orléans in der Dichtung (Wien 1874).