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Indien (Bombay) [* 2] für mehr als 5 Mill. Jen Baumwollgarne, die baumwollenen Gewebe [* 3] und einen großen Teil der Wollenstoffe, Eisen [* 4] und Maschinen, Droguen und Farben. In zweiter Linie, mit 20 Proz., stand China, [* 5] darunter für mehr als 2 Mill. Jen Zucker [* 6] und für ¾ Mill. Jen Baumwolle. [* 7] Indien und Siam kamen hierauf mit 11,9 Proz., darunter baumwollene Garne von jenem und Reis von diesem in schlechten Jahren. Mit 9,8 Proz. der Einfuhr beteiligten sich die Vereinigten Staaten [* 8] und sandten besonders Petroleum, Leder, Wanduhren und verschiedene Nahrungsmittel. [* 9] Deutschland [* 10] folgte mit 5,8 Proz. in fünfter Linie, Frankreich mit 4,7 in sechster. Jenes lieferte halbseidene Gewebe, Flanell, Musselin und Farbstoffe, dieses vornehmlich türkischrot gefärbte Musseline und andre leichte Wollenstoffe. Auf die in Betracht kommenden Vertragshäfen verteilte sich 1885 der japanische Außenhandel wie folgt:
Jokohama | Kobe-Osaka | Nagasaki | Hakodate | |
Ausfuhr | 69 Proz. | 20 Proz. | 9.3 Proz. | 1.7 Proz. |
Einfuhr | 67.5 Proz. | 28.8 Proz. | 3.4 Proz. | 0.3 Proz. |
Dieser Außenhandel ist größtenteils in fremden Händen. Im J. 1885 kamen vom Gesamtbetrag desselben mit 64½ Mill. Jen auf japanische Häuser nur 5,74 Mill. Jen, also etwa der elfte Teil, und dieser geringe Bruchteil bezieht sich fast ausschließlich auf den Verkehr mit China und Korea. Im Dampfschiffsverkehr mit J., wie im Schiffsverkehr überhaupt, schreitet auch hier England allen andern Nationen weit voran. Es folgen Frankreich, Deutschland, die Vereinigten Staaten. Zu den englischen, französischen und nordamerikanischen Postdampfern, welche von Southampton, Marseille [* 11] und San Francisco aus seit langem in regelmäßigen Fahrten Jokohama zum Ziel haben, gesellen sich seit Sommer 1886 in monatlichen Zwischenräumen die deutschen Postdampfer des Bremer Lloyd. Sie bilden ein weiteres Glied [* 12] in der Kette inniger Beziehungen zwischen Deutschland und dem Mikadoreich und werden zur Förderung derselben und unsers Handels nicht wenig beitragen.
[Münzen, Maße und Gewichte.]
Seit 1871 besitzt das Land ein neues Münzsystem, dessen Einheit der Jen im Werte des nordamerikan. Dollars ist. 1 Jen = 100 Sen. Man prägt in der neuen Münze zu Osaka Stücke von 20, 10, 5, 2 und 1 Jen in Gold, [* 13] von 1 Jen, 50, 20, 10 und 5 Sen in Silber, von 2, 1, ½ und 1/10 Sen in Kupfer. [* 14] Außerdem gibt es viel Papiergeld, dessen Kurs seit der positiven Handelsbilanz der letzten Jahre sehr gestiegen und fast pari ist. Die Einheit des Längenmaßes ist der Shaku oder Fuß = 0,30303 m, die des Wegmaßes das Ri oder die japan. Meile; 1 Ri = 36 Chô = 3927,27 m (1 geogr. Meile = 1,886 Ri; die chines. Meile oder Li = 447,19 m; demnach 1 Ri = 8,782 Li). Das gewöhnliche Feldmaß heißt Tsubo und ist = 3,305785 qm. 1 Chô = 10 Tan = 100 Se = 3000 Tsubo = 110,800 QShaku; 120 Chô = 119 Hektar. Die Einheit des Hohlmaßes ist das Shô = 1,803907 Lit., also 5 Shô - 9 L;
1 Koku = 10 To = 100 Shô = 1000 Go [* 15] = 180,4 L. Die Gewichtseinheit heißt Monme (spr. momme);
1 Kwamme = 10 Hiyakume = 100 Jume = 1000 Monme = 3756,5 g, also 1 Monme = 3,7565 g;
das Kin oder japan. Pfund = 160 Monme = 601 g;
100 Kin = 1 chines. Pikul oder 60,1 kg.
Staatliche Verhältnisse.
Verfassung und Regierung haben seit der Restauration der Mikadoherrschaft im J. 1868 große Veränderungen erfahren. Der Mikado war wohl nach altem Staatsrecht als Nachkomme der Sonnengöttin Amaterasu absoluter Herr über ganz J., hatte aber diese Macht allmählich eingebüßt und notgedrungen den mächtigen Shôgunen überlassen müssen. Am vollständigsten war dies durch Iyeyasu geschehen, der in der verbindlichsten Form seinem ohnmächtigen Herrn und Gebieter Gesetze vorschrieb, die Einkünfte festsetzte und den Hof [* 16] in den Banden der alten chinesischen Etikette und Fiktion ließ, um selbst in der Verwaltung des Landes freie Hand zu haben. Er und seine Nachkommen benutzten ihre Macht, um dem Feudalsystem eine Ausprägung und Organisation zu geben, wie sie die übrige Welt nicht kennen gelernt hat.
Der Restaurationskrieg von 1868 und die folgenden Jahre warfen sein ganzes
System über den
Haufen (s.
unten); Mutsu Hito, der gegenwärtige
Mikado, welcher 1850 geboren und 1868 seinem
Vater in der
Regierung gefolgt war, setzte
die
Welt durch sein Auftreten in Erstaunen. Von einsichtsvollen Männern aufs beste beraten
, trat
er an die
Spitze der
Regierung,
bewegte sich frei wie ein anderer
Fürst, zeigte
Interesse und Verständnis für die großen Aufgaben des
Staats und leitete sein
Volk durch einen Umwandlungsprozeß so erstaunlich großartiger
Natur und seltsam, wie ihn die Geschichte
keines andern
Volkes aufzuweisen hat.
Das knechtische Niederwerfen vor dem Tennô
(Mikado) und seinen
Räten hörte auf, die
Scheu vor seiner
Person schwand mit der seinigen
vor der
Welt; der sklavische
Sinn seiner
Unterthanen verwandelte sich in respektvolle Loyalität,
die Zeit der
Aufklärung hatte begonnen. Die neue
Regierung setzte sich aus einem
Staatsrat von 8 Mitgliedern und einem
Ministerium
in 8, später in 10 Abteilungen zusammen, nämlich für
auswärtige Angelegenheiten,
Inneres,
Finanzen,
Krieg,
Marine,
Unterricht,
Ackerbau,
Handel, öffentliche
Arbeiten,
Justiz und kaiserlichen
Haushalt, wozu noch ein
Senat aus 30 Mitgliedern
kam. Um auf dem versprochenen Weg zur konstitutionellen
Monarchie einen weitern
Schritt zu thun, stellte sich die
Regierung
im
Sommer 1875 zwei beratende
Kammern zur Seite; den
Staatsrat oder
Senat, genannt Genroin, und eine Versammlung
der Provinzialdirektoren oder Kenrei.
Die im J. 1886 bewirkten Veränderungen im Regierungssystem bezeichnen eine weitere Etappe und bedeutende Epoche in der japanischen Geschichte. Die Regierung tritt damit in die Form einer konstitutionellen Monarchie ein, mit Trennung der exekutiven von der legislativen Gewalt. Im J. 1890 wird das Parlament eröffnet; deutsche Baumeister errichten das dazu nötige Gebäude. Überall neigt man deutschen Mustern zu und zieht deutsche Beamte als Berater in die verschiedensten Zweige des Staatsdienstes. Anderseits ist die Zahl der jungen Japaner, welche in Deutschland ihre Ausbildung suchen, größer als in jedem andern Land. Mit der Religionsfreiheit sind dem Christentum die Wege geöffnet, ist die Fiktion von der göttlichen Herkunft des Mikado beseitigt.
Finanzen und Steuern. Im J. 1881 belief sich die Staatsschuld auf 358,047,291 Jen; davon kamen auf
inländische Anleihen | 229139615 Jen |
ausländische " | 11012696 " |
Papiergeld als schwebende Schuld | 117894980 " |
Zusammen: | 358047291 Jen |
Nationalbanken waren wie Pilze [* 17] aus der Erde geschossen. Ihre Zahl betrug 152 mit einem Aktienkapital von 42. Mill. Jen.
Von jeher ist der Bauernstand in J. in hervorragender Weise der Nährstand nicht bloß der bevorzugtern Klassen, sondern auch des Staats selbst ¶
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gewesen. In dem Finanzjahr, welches endete, betrugen die gesamten Staatseinnahmen 73,943,258 Jen. Davon lieferte die Grundsteuer 58 Proz. oder 43,029,745 Jen und die Steuer auf Sake und verwandte Genußmittel 22 Proz. oder 16,768,135 Jen, und erst in dritter Linie kamen die Zolleinnahmen. Wenn man die enormen Kosten erwägt, welche nach Beseitigung des Feudalsystems die Mediatisierung der Daimios und Samurai, die Reorganisation des Heers, der Flotte und der Verwaltung in all ihren Zweigen, die Niederwerfung verschiedener Aufstände, Choleraepidemien und andre Landplagen der neuen Regierung verursachten, kann man wohl ermessen, daß dieselbe dem Bauer keine Erleichterung seiner Steuerlast bieten konnte. Dagegen hat sie ihm manche sonstige Vorteile gebracht, so: Schutz gegen die früher so verheerende Pockenkrankheit durch Impfzwang, Schulen für seine Kinder, Verkehrserleichterungen zum bessern Absatz seiner Produkte.
Die Rechtspflege und das Gerichtsverfahren fanden lange seitens der Fremden großen Tadel, indem sie sich vielfach durch Willkür und große Grausamkeit auszeichneten, bis in neuerer Zeit auch hierin Wandel geschaffen, den europäischen Anschauungen und Rechtsgrundsätzen Rechnung getragen und für eine bessere Vorbildung der Richter gesorgt wurde. Es gibt jetzt 243 verschiedene Gerichtshöfe, nämlich ein höchstes Oberappellationsgericht in Tokio, [* 19] 4 Appellationsgerichte in Tokio, Osaka, Miyagi (Sendai) und Nagasaki, 23 Hauptämter mit 45 Abzweigungen und 170 Distriktsgerichte. Jedem der 3 Fu (Hauptstädte) und 44 Ken (Departements) steht ein Gouverneur oder Kenrei vor.
Die Polizeimacht besteht aus 20,358 Mann und 2252 Sergeanten. Dieselbe hat sich bei mehreren frühern Aufständen stets zuverlässig und als bedeutende Stütze der Regierung bewiesen.
Das Heerwesen wurde nach dem deutsch-französischen Krieg durch französische Offiziere, die man bereits früher engagiert hatte, organisiert, die Flotte erhielt ihre Gestaltung nach englischem Muster. Der Militärdienst ist nicht mehr Vorrecht der Samurai, sondern Pflicht aller, die das Los trifft. Im J. 1880 bestand die stehende Armee aus 37,412 Mann Infanterie und 2907 Kavallerie. Die Flotte besaß 24 Kriegs- und 5 Transportschiffe. Die beiden kaiserlichen und Landeswappen des gegenwärtig regierenden Kaisers, die heraldisch nicht beschrieben werden können, veranschaulichen obenstehende Abbildungen. Ersteres ist dem Chrysanthemum indicum, das zweite dem Blatt [* 20] und der Blüte [* 21] des in J. heimischen Baums Paulownia imperialis nachgebildet. Die Flagge zeigt inmitten des weißen Flaggentuchs eine rote Scheibe, die Sonne [* 22] vorstellend (s. Tafel »Flaggen [* 23] I«). [* 24]
Geschichte.
Die Japaner erhielten ihre Schriftsprache wie den Buddhismus aus China über Korea und zwar im 6. Jahrh. n. Chr. Ihr ältestes Buch ist das Kojiki (d. h. Notizen über alte Dinge), welches 711-712 n. Chr. erschien. Von seinen drei Bänden enthält der erste eine Kosmogonie und Mythologie vom alten J. und seinen Bewohnern, während die beiden andern die Geschichte des Herrscherhauses von 660 v. Chr. bis 628 n. Chr. bringen. Die Geschichte Japans reicht sonach bis in das 7. Jahrh. v. Chr. zurück, an Sagen über die ältere Zeit ist die Litteratur reich. Um 660 v. Chr. gründete Jimmu Tennô (posthumer Name, von welchem das erste Wort »Kriegsgeist«, das zweite »Himmelskönig« bedeutet) die noch jetzt herrschende Dynastie.
Er brach von dem südlichsten Teil der Insel Kiushiu mit Kriegern und Schiffen nordostwärts auf und nahm die nördlich gelegene Insel Hondo in mehrjährigen Anstrengungen bis zum 30.° nördl. Br. ein. Seine Nachkommen beherrschten und mehrten das Reich, insbesondere wird Yamato Dake, Sohn des zwölften Mikado, als Held und Eroberer des Kuwanto (Ebene von Jedo) gefeiert. Nachdem so der Grund zu einem einheitlichen Reiche geschaffen war, entwickelte sich auch einiger Verkehr mit dem Festland, besonders mit Korea und selbst mit China.
In der Meinung, Unruhen auf der Insel Kiushiu seien von Korea geschürt, unternahm Okinaga Tarashi Hime, Witwe des 15. Herrschers, einen Eroberungszug übers Meer; die Koreaner wurden besiegt, der südliche Teil ihres Landes wurde J. zinsbar, und von hier aus strömte nun chinesische Bildung nach J. hinüber. Die japanischen Annalen setzen dieses Ereignis in das Jahr 202 n. Chr., doch ist diese Angabe, wie viele andre aus der alten japanischen Zeit, unzuverlässig. Nach ihrer Rückkehr aus Korea gebar Okinaga einen Sohn, der ihr als Ojin Tennô in der Regierung folgte und später als Hachiman (der japanische Mars) [* 25] verehrt wurde.
Die Beziehungen zu Korea wurden schon wegen der Möglichkeit, über dieses Land aus China sich mit Bildungsmitteln zu versehen, eifrig gepflegt und selbst mit Waffengewalt aufrecht erhalten; Mitte des 6. Jahrh. drang der Buddhismus ein. Die Buddhapriester verstanden den landesüblichen Kami- oder Ahnendienst (die Schintoreligion) mit ihrer Lehre [* 26] in Verbindung zu bringen und trotz mancher Gegner den Hof für sich zu gewinnen. Mit der Kaiserin Suiko Tennô (593-628) kam der Buddhismus zur unbestrittenen Herrschaft; sie befahl 594 die Erbauung von Buddhatempeln und ordnete das Mönchswesen (624). Der 50. Herrscher, Kammu Tennô (782-807), gründete Kioto, woselbst alle seine Nachfolger bis zum Jahr 1868 residierten, führte gesetzliche Zustände ein, förderte Landwirtschaft und Verkehr, aber auch die Festsetzung und Entwickelung der Tendaisekte der Buddhisten, welche später so oft die politischen Wirren im Land schürte und sich ihrer zu ihren Zwecken bediente.
Durch die Einführung chinesischen Zeremoniells und sonstiger Einrichtungen verweichlichte die Herrscherfamilie, verlor die koreanischen Besitzungen, übergab die Leitung der Armee und Verwaltung Günstlingen und legte damit den Grund zu vielhundertjährigen innern Wirren, welche erst endgültig beseitigt wurden, als die Tokugawa-Shogune mit ihrem Begründer Iyeyasu nach der Schlacht bei Sekigahara im J. 1600 zur dauernden weltlichen Herrschaft gelangten. Der Mikado stand als Landesherr nicht mehr, wie in älterer Zeit, an der Spitze seines Heers und der Verwaltung. Mehr und mehr entwickelte sich eine erbliche Soldatenklasse auf der einen und ein erbliches Beamtentum auf der andern Seite. Die Führerschaft der Militärklasse oder Samurai übten die Buke, der Militäradel, während an der Spitze des
[* 18] ^[Abb.: Kaiserliches Wappen. [* 27] Landeswappen von Japan.] ¶