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distrutta« von Cesare Arici, »La Colombiade« von Bernardo Bellini, »La coltivazione de' cedri« von Giuseppe Niccolini, »La Russiade« (Napoleons I. Feldzug in Rußland behandelnd) von Cavaliere Orti, »Camillo o Veja conquistata« von dem Historiker Carlo Botta u. a.
In der Prosa tritt uns hier zum erstenmal der Roman und zwar vorzüglich der historische entgegen. Während französische und englische Schriftsteller den Roman in immer neuen Formen pflegten, genügte den Italienern die poetische Form des bei ihnen so reich vertretenen romantischen Epos, und der Mangel einer ausgebildeten Geselligkeit ließ sie das Bedürfnis einer andern Gattung nicht empfinden. Die von den »Ultime lettere di Jacopo Ortis« angeschlagene Saite klang zwar in den zahlreichen Romanen Bertolottis nach, aber ohne bedeutenden Beifall zu finden. Erst als der Ruhm Walter Scotts und die Bewunderung seiner Werke nach Italien [* 2] drang, kam auch hier der historische Roman als eine den Italienern bis dahin unbekannte Gattung der Poesie in Aufnahme. Besonders war es Manzoni (gest. 1873), welcher durch seine »Promessi sposi« zuerst die Bahn brach, auf welcher er unzählige Nachfolger gefunden hat. In Manzonis Fußstapfen traten der Pisaner Giovanni Rosini (gest. 1855) mit seiner »Monaca di Monza« sowie später in seiner »Luisa Strozzi«, Massimo d'Azeglio (gest. 1866) in »Ettore Fieramosca« und im »Niccolò de' Lapi«, Tommaso Grossi (gest. 1853) im »Marco Visconti«, Cesare Cantù in der »Margherita Pusterla«. Andre Romanschriftsteller jener Zeit sind: Bazzoni, Varese, Falconetti, Lanzetti, Defendente Sacchi, Marocco, Zorzi, Luigi Vigna, Santa Rosa, Giacinto Battaglia, Ranieri. Eine Art von »Kraftgenie« entwickelte Francesco Domenico Guerrazzi (gest. 1873) in den Romanen: »La bataglia di Benevento«, »L'assedio di Firenze« u. a.;
einen entschiedenen Tendenzroman schrieb der Jesuit Bresciani im »Ebreo di Verona«. [* 3]
Interessant ist der Charakterroman »Fede e bellezza« von Niccolò Tommaseo (gest. 1874). Dem gemütlichen Kreis [* 4] des Familienlebens wendete sich zuerst Giulio Carcano zu in seinen Erzählungen (»Angiola Maria«, »Racconti«); später folgten in dieser Richtung Vittorio Bersezio, Gherardi del Testa, Ferdinando Bosio und der zu großer Popularität gelangte Cesare Donati (»Perungomitolo«). Dem historischen Roman wendeten sich wieder zu: Giorgio Cimino, Giacomo Oddo, Rusconi, Tigri, Pietro Fanfani (gest. 1879; »Cecco d'Ascoll«). Zu den geschätztesten Erzeugnissen auf dem Gebiet des Romans gehören auch die »Memorie d'un ottagenario« von Ippolito Nievo und die »Cento anni« von Rovani; mit Erzählungen für die Jugend gelangte Pietro Thouar zu bedeutendem Ruf. Von sonstigen Erzählern mögen noch genannt sein: Cleto Arrighi, Torquato Giordana, Pompeo Gherardo Molmenti (»Maria«),
De Amicis als Verfasser der »Bozzetti della vita militare«;
ferner Ant. Giulio Barrili, Antonio Ghislanzoni, Giovanni Verga (»Il marito di Elena«),
Salvatore Farina (»Il mio figlio«, »Caporal Silvestro«),
Enrico Castelnuovo, Luigi Capuana (»Giacinta«),
die Romandichterin Grazia Pierantoni-Mancini (»Dalla finestra«) u. a.
Was die wissenschaftliche Litteratur in diesem Zeitraum betrifft, so hat sich zunächst auch ein ernsterer und gründlicherer Sinn für die Geschichte offenbart, wovon namentlich das »Archivio storico italiano« das beste Zeugnis ablegt. Sehr gründlich sind die Forschungen Giuseppe Micalis (gest. 1844); seine frühern Untersuchungen über den ältesten Zustand Italiens [* 5] erschienen zuerst unter dem Titel: »L'Italia avanti il dominio de' Romani«, dann sehr erweitert und mit Bezugnahme auf die Arbeiten deutscher Gelehrten unter dem Titel: »Storia degli antichi popoli d'Italia«. Ebenfalls gründlich und ausgezeichnet sind die Arbeiten von Garzetti: »Della condizione d'Italia sotto il governo degli imperatori romani« und »La Germania [* 6] e suoi popoli«. An diese Werke schließt sich Atto Vanuccis »Storia dell' Italia antica«. Die umfassendste historische Arbeit ist Cesare Cantùs »Storia universale«, welche 37 Bände umfaßt und größtenteils auf deutschen Forschungen und Vorarbeiten beruht. Unter den sonstigen Geschichtschreibern sind hervorzuheben: Carlo Botta (gest. 1837),
Verfasser einer »Storia della guerra dell' independenza degli Stati Uniti d'America« und einer »Storia d'Italia dal 1789-1814«;
Vincenzo Cuoco (gest. 1823),
der in einem nachlässig geschriebenen, aber sonst vortrefflichen »Saggio storico sulla rivoluzione di Napoli« meist selbsterlebte Thatsachen erzählt;
Pagano, mit seiner »Storia del regno di Napoli«, und Pietro Colletta, mit der »Storia dei reame di Napoli dal 1734-1825«. Von vorzüglichem Wert sind auch die »Considerazioni sulla storia di Sicilia dal 1532-1789« von Pietro Lanza, die Schriften: »La guerra del Vespro Siciliano« und »Storia dei musulmani di Sicilia« von Michele Amari.
Als Werke gelehrten Fleißes verdienen Auszeichnung: »Storia delle relazioni vicendevoli dell' Europa [* 7] e dell' Asia« des Grafen Baldelli-Boni, die »Annali d'Italia dal 1750« (eine Fortsetzung Muratoris) von A. Coppi, vor allem aber die »Famiglie celebri d'Italia« vom Grafen Pompeo Litta und die »Tavole cronologiche e sincrone della storia fiorentina« des Deutschen Alfred Reumont. Von größern allgemeinen Werken sind zu nennen: Luigi Bossis »Storia antica e moderna d'Italia« und »Storia della Spagna«, Lorenzo Pignottis (gest. 1812) »Storia della Toscana fino al Principato« und Pietro Custodis Fortsetzung der »Storia di Milano« von Pietro Verri (s. oben). Das umfassendste neuere Werk über Italien ist die »Storia generale d'Italia«, von den ältesten (vorrömischen) Zeiten bis auf die neueste Zeit, von Giov. Campiglio. Interessante Beiträge zur ältern Geschichte Italiens liefern die von Molini aus der Pariser Bibliothek herausgegebenen »Documenti di storia d'Italia«.
Auch eine Menge Spezialgeschichten, darunter recht treffliche, sind weiterhin noch erschienen, so Vareses »Storia della repubblica di Genova fin' all' anno 1814«, Celesias »Storie genovesi« und »Storia dell' università di Genova«, Luigi Cibrarios »Storia della monarchia di Savoia« und »Origine e progresso delle istituzioni della monarchia di Savoia«, Caruttis »Storia della diplomazia della corte di Savoia«. Die Geschichte Piemonts behandelten Ricotti (»Storia del Piemonte«) und N. Bianchi (»Storia della monarchia Piemontese«).
Carutti gab eine »Storia del regno di Vittorio Amadeo II.« und eine »Storia del regno di Carlo Emmanuele III.«; Giuseppe Massari schrieb »La vita e il regno di Vittorio Emmanuele II. di Savoia«, Romanin eine ausführliche »Storia di Venezia«, welcher sich Molmentis »Storia di Venezia nella vita privata« anschließt. Über Sizilien [* 8] schrieben nach Giuseppe Alessi (»Storia critica di Sicilia«) Isidoro La Lumia (»Studj di storia siciliana«),
Mortillaro (»Leggende siciliane«), ¶
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Bozzo u. a.; über die Päpste Bosio (»Storia popolare de' Papi«) und Malfatti (»Imperatori e papi ai tempi della signoria dei Franchi«); über den Kirchenstaat Farini (»Lo stato romano«). Die florentinische Geschichte behandelt das lange erwartete und mit großer Anerkennung begrüßte Werk Gino Capponis (»Storie fiorentine«). Über allgemeine italienische Geschichte schrieben ferner Ranalli (»Storie italiane«),
La Farina (»Storie d'Italia dal 1814 al 1849«),
Farini (»Storia d'Italia dal 1814 al 1823«),
Gualterio (»Degli ultimi rivolgimenti italiani«),
Emiliani-Giudici (»Storia dei comuni italiani«),
Cantù (»Storia degli Italiani«),
Fabio Mutinelli (»Storia arcana e aneddotica d'Italia«),
Antonio Ranieri (»Della storia d'Italia dal quinto al nono secolo«),
A. Cosci (»L'Italia durante le preponderanze straniere«). Als Geschichtschreiber sind sonst noch rühmlich bekannt Carlo Troya, Tullio Dandolo, Cesare Balbo, Brofferio, Carlo Cipolla (»Storia delle Signorie italiane«),
Ruggiere Bonghi, Gius. Guerzoni (»Garibaldi«),
Petruccelli della Gatina, Enrico Poggi; Domenico Ghetti u. a. Auffallend ist die Erscheinung, daß die Geschichtschreibung der Italiener sich fast ausschließlich auf die Geschichte Italiens beschränkt; Cantùs »Storia universale«, neuerdings Broglios Werk »Il regno di Federigo II. di Prussia« u. a. sind vereinzelte Ausnahmen. Auch auf dem Gebiet der allgemeinen Litteratur- und Kunstgeschichte tritt diese Thatsache auffällig hervor, und, von De Gubernatis' umfangreicher, erst jüngst vollendeter »Storia universale di letteratura« abgesehen, ist kaum ein namhafter Versuch zu verzeichnen; dem Bedürfnis genügen die Übersetzungen einiger deutscher und französischer Werke.
Was aber die heimische Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte betrifft sowie die römische Archäologie, so fehlt es in Italien auch in der neuern Zeit nicht an verdienstlichen Originalarbeiten. Von neuern italienischen Litteraturgeschichten wird am Schluß dieses Artikels die Rede sein. Archäologie und Kunstgeschichte wurden bearbeitet von Giuseppe Bossi, Fumagalli, Giulio Ferrario, Rosini, Inghirami, Rosellini, Cicognara, Cicogna, mit ganz besonderm Erfolg aber von Ennio Quirino Visconti. Die Archäologie hat an dem Grafen Borghesi und an Fiorelli, die italienische Kunstgeschichte an P. Selvatico, Ranalli und Cavalcaselle eifrige Pfleger gefunden. In jüngster Zeit haben die Italiener für den Orient sich zu interessieren angefangen; die Sanskritstudien sind mit Erfolg betrieben worden von Gorresio, dem Übersetzer des »Ramayana«, von Flecchia, Ascoli und dem fleißigen, rasch zu europäischem Ruf gelangten De Gubernatis.
Die Philosophie war in diesem Zeitraum, soweit sie nicht in den Banden der Orthodoxie gefangen blieb, von deutschem Geist beeinflußt. Namentlich war und ist auf den Lehrkanzeln von Neapel [* 10] die deutsche Spekulation vertreten. Kant fand daselbst begeisterte Jünger an Galluppi und Colecchi, Hegel an Bertrando Spaventa und Augusto Vera, Männern, welche durch ihre Schriften sowie durch die Schüler, die sie bildeten, von großem Einfluß auf Italien gewesen sind. Etwas unabhängiger stellten sich dem Ausland gegenüber Antonio Rosmini (gest. 1855) und Vincenzo Gioberti (gest. 1852), ersterer ein Denker von großem Scharfsinn, der begabteste spekulative Kopf des modernen Italien, aber durch seine priesterliche Stellung in den Schranken orthodoxer Scholastik festgehalten, letzterer gleichfalls hochbegabt, aber von derselben Fessel umschnürt und im übrigen fast ganz aufgehend in patriotisch-nationalen Tendenzen.
Die italienische Philosophie selbständig zu machen und die heimischen Anfänge weiterzubilden, war auch das Bestreben Terenzio Mamianis. Diesen mehr zaghaften Bestrebungen der national-italienischen Schule trat mit lebhafter Polemik Ausonio Franchi entgegen, ein kühner, von den kirchlichen Fesseln völlig emanzipierter Denker. Die Philosophie der Geschichte bereicherte Giuseppe Ferrari mit wertvollen Arbeiten. Als ein geschichtsphilosophischer Autor von Bedeutung mag hier auch Luigi Andrea Mazzini (Bruder Giuseppes) erwähnt sein, der Verfasser des geistvollen, auch ins Deutsche [* 11] übersetzten Werkes »Italien und die moderne Zivilisation«.
Auch in jüngster Zeit herrscht eine ziemliche Rührigkeit auf philosophischem Gebiet; die verschiedensten Richtungen sind da vertreten: der Hegelianismus in den Schülern Spaventas, der französisch-englische Positivismus (die Schule Comtes);
auch Herbart zählt Anhänger, und nach wie vor ist die streitbare kirchengläubige Phalanx ziemlich beträchtlich. Zu den bekanntesten Namen in letzterer zählen Augusto Conti und Vito Fornari.
Eine Geschichte der modernen Philosophie lieferte neuerdings G. B. Bertini. Die Psychologie im Zusammenhang mit der Physiologie behandelte Paolo Mantegazza in verschiedenen Schriften in der sinnigen Weise Michelets. Über Spinoza und Vico schrieb Sacchi, über Hume A. Paoli, über Kant Cantoni, über Hartmann Bonatelli (»La filosofia dell' inconscio«). - Was die Jurisprudenz dieser Periode anbetrifft, so ist vor andern der anfangs wenig gewürdigte, später gefeierte Romagnosi (gest. 1835) namhaft zu machen. - In den Naturwissenschaften sind die Namen Sebastiani Franchi, Micheli, Giuseppe Ginanni, Vilaliano Donati, Savi, Viviani, Bertoloni, Redi, Felice Fontana, Lazaro Spallanzani und Volta zu nennen, deren Verdienste zu allen Zeiten anerkannt bleiben werden, und welchen in neuerer Zeit Gelehrte wie der Physiker Melloni, die Mathematiker Lagrange und Libri, die Astronomen Secchi, Schiaparelli, Donati, der Physiolog Bonucci, der Meteorolog L. Palmieri u. a. in würdiger Weise sich angereiht haben.
Litteratur.
Vgl. außer den oben genannten ältern Schriften: Ginguené, Histoire littéraire de l'Italie (Par. 1811, 9 Bde.; italienisch von Perrotti, Flor. 1823-1826, 12 Bde.), fortgesetzt von Salfi (Par. 1823-35, 4 Bde.);
Ruth, Geschichte der italienischen Poesie (Leipz. 1844-47, 2 Bde.; unvollendet);
Ebert, Handbuch der italienischen Litteratur (Marb. 1854);
Cimorelli, Origine e progressi delle belle lettere italiane (Mail. 1845);
Giudici, Storia delle belle lettere in Italia (2. Aufl., Flor. 1855, 2 Bde.);
De Sanctis, Storia della letteratura italiana (das. 1872, 2 Bde.);
Settembrini, Lezioni di letteratura italiana (3. Aufl., das. 1875);
A. Bartoli, Storia della letteratura italiana (das. 1878-84, Bd. 1-4 u. 7; deutsch von Reinhardstöttner, Hamb. 1881 ff.);
die von Villari herausgegebene »Storia letteraria d' Italia« (Mail. 1880 ff., 8 Bde.),
bearbeitet von Tamagni und d'Ovidio (römische Litteratur),
Bartoli (»I primi due secoli della letteratura italiana«),
Invernizzi (»Il risorgimento«),
Canello (»Il cinquecento«),
Morsolin (»Il seicento«),
Zanella (Neuzeit);
Sauer, Geschichte der italienischen Litteratur (Leipz. 1883);
Gaspary, Geschichte der italienischen Litteratur (Berl. 1884, Bd. 1);
De Gubernatis, Ricordi biografici (Flor. 1873);
Pitrè, Profili ¶