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Lazzarellis »La Cicceide«, Giambattista Lallis »La Moscheide« und »La Franceide«, Lorenzo Bellinis »La Bucchereide«, Ippolito Neris »La presa di Samminiato«. Als ein Spätling und ein letzter Nachklang einer längst verschollenen Zeit verdient das romantische Epos »Ricciardetto« des römischen Prälaten Niccolò Forteguerra (gest. 1735) eine ehrenvolle Erwähnung. In die Zahl der komischen Dichtungen gehört ohne Zweifel auch noch die poetische Bearbeitung eines ältern Volksbuches: »Astuzie di Bertoldo« von Giulio Cesare Croce (gest. 1620),
einer Art von Eulenspiegel, welches unter dem Titel: »Bertoldo con Bertoldino e Cacasenno« von 20 verschiedenen Verfassern italienisch geschrieben, nachher von ebenso vielen Damen in die bolognesische Mundart übersetzt ward. Ebenso wurden die Späße des Gonello, eines Hofnarren des Herzogs Borso von Ferrara [* 2] aus dem 14. Jahrh., von Giulio Cesare Becelli (gest. 1750) in Ottave Rime gebracht. Ein wunderliches, in der italienischen Litteratur ganz vereinzelt stehendes Gedicht ist der »Cicerone« von Giovanni Carlo Passeroni (gest. 1803), eine sehr ins Breite [* 3] und Geschwätzige ausartende Satire auf die Zeit des Dichters. Geistreich, aber ganz durchdrungen von der frivolsten französischen Manier ist der Abbé Giambattista Casti (gest. 1803) in seinen »Animali parlanti« und noch mehr in seinen witzigen, aber schlüpfrigen »Novelle galanti«.
Die zuerst im 18. Jahrh. poetisch bearbeitete Fabel hat außer den beiden schon genannten Passeroni und Casti noch aufzuführen: Aurelio Bertola (gest. 1798), welcher zuerst versuchte, Geßners Manier nach Italien [* 4] zu verpflanzen, und Lorenzo Pignotti (gest. 1812);
ferner Luigi Clasio (Fiacchi) aus Toscana (gest. 1825), der sich durch vorzügliche Sprache [* 5] auszeichnet.
Das Beste dieser Art ist vereinigt in der »Raccolta di apologhi scritti nel secolo XVIII«. Die Satiren Virginia Cesarinis, Lorenzo Azzolinis sowie Lodovico Adimaris sind verschollen. Mehr, als es geschieht, verdienten die »Sermoni« des Chiabrera (gest. 1637) und die Satiren des Jacopo Soldani (gest. 1641) beachtet zu werden. Außer diesen hat dieser Zeitraum nur einen wahrhaft originellen Dichter dieser Art aufzuweisen, Salvatore Rosa (gest. 1673), dessen sechs Satiren, weil sie zu persönlich und bitter sind, lange nicht gedruckt werden durften. - Von den didaktischen Dichtern dieser Periode ist der berühmteste Giambattista Spalverini (gest. 1763), dessen »Coltivazione del riso« von den Italienern als eins ihrer besten Lehrgedichte angesehen wird. Erwähnung verdienen noch: Giovanni Vincenzo Imperiali (gest. 1645) wegen seines »Stato rustico«, Zaccaria Betti (gest. 1788) wegen seiner »Bachi da seta« und Bartolommeo Lorenzi (gest. 1822),
glücklicher Improvisator und Verfasser des Lehrgedichts »Coltivazione de' monti«.
Die dramatische Poesie ist zu keiner Zeit die glänzende Seite der italienischen Litteratur gewesen, am wenigsten im 17. Jahrh., wo zwar großer Luxus mit Errichtung von Theatern getrieben und große Summen auf Dekorationen und Maschinerie verwandt wurden, aber alles nur, um die Lust des Publikums an der Oper und an äußerm Glanze zu befriedigen. Bombastisch und hohl, ohne Wahrheit und ohne Interesse, oft bis zum Albernen und Lächerlichen herabsinkend sind die meisten Produkte der zahlreichen Tragiker jener Zeit, unter denen höchstens, als die minder unvollkommenen, Giovanni Delfino und Antonio Carraccio zu erwähnen sind.
Die blinde Nachahmung der spanischen Dramatiker namentlich artete in Unsinn und ins Lächerliche aus. Später versuchte man das Publikum durch Dramatisierung alter Legenden, abenteuerliche Darstellungen heiliger Gegenstände und durch Bearbeitung von aus der Bibel [* 6] entlehnten Stoffen anzuziehen. Von dieser Art ist der durch die Sage, daß Milton durch ihn zu seinem »Paradise lost« veranlaßt worden, berühmt gewordene »Adamo« (1613) von dem Schauspieler Giambattista Andreini.
Später, als der Ruf der französischen Dramatiker nach Italien drang, ahmte man diese nach, ohne ihnen jedoch gleichkommen zu können. Der erste, der die französische Tragödie und zwar nicht bloß ihre Methode, sondern auch ihren Vers nach Italien zu verpflanzen suchte, war der Bolognese Pier Jacopo Martello (gest. 1727). Das Beste, was das 18. Jahrh. im Tragischen hervorgebracht, ist ohne Zweifel die »Merope« des schon erwähnten Scipione Maffei (gest. 1755). Ihm steht nicht unwürdig zur Seite der auch als Mathematiker bekannte Antonio Conti aus Padua [* 7] (gest. 1748), obwohl seine vier Tragödien wenig Aufsehen machten.
Gänzlich verschollen sind die Produkte Pietro Chiaris aus Brescia (gest. 1788), welcher in der letzten Hälfte des 18. Jahrh. viele mittelmäßige Komödien und Tragödien, auch einige unbedeutende Romane geschrieben hat. Reicher und bedeutender waren die Leistungen der Italiener während dieses Zeitraums in der Komödie, wobei nicht vergessen werden darf, daß trotz aller Anfeindungen die schon früher erwähnte Commedia dell' arte sich bis herauf in die neueste Zeit behauptete.
Oft waren die Schauspieler auch selbst Verfasser dieser kurzen Stücke, welche nicht selten nach dem Muster eines andern, der schon sein Glück damit gemacht, zugeschnitten und dem Publikum dargeboten wurden. Einer dieser Dichter und Schauspieler, Flaminio Scala, erwarb sich großen Beifall mit seiner Truppe in Paris [* 8] und hat eine bedeutende Zahl seiner Stücke sogar herausgegeben. Noch mehr Aufsehen erregten in Paris die Talente des Neapolitaners Tiberio Fiorelli (gest. 1696), welcher unter dem Namen Scarramuccia ein für Molière gefährlicher Nebenbuhler war. Auch Salvatore Rosa that sich unter dem Namen Signore Formica durch gleiches Talent in Rom und [* 9] Florenz [* 10] hervor. Im Anfang des 17. Jahrh. blühte die Komödie vorzüglich in Neapel. [* 11] Der berühmteste unter den dortigen Dichtern ist Giambattista della Porta (geb. 1615), dessen 14 Komödien zum Teil dem Plautus nachgebildet sind; nächstdem erregen die beiden Stücke: »La fiera« und »La Tancia« des jüngern Michelangelo Buonarroti (gest. 1646) unser Interesse.
In den letzten Jahrzehnten des 17. Jahrh. ward dann die italienische Komödie zugleich mit den Sitten der höhern Gesellschaft ganz dem französischen Einfluß unterthan: an die Stelle des hohlen Bombastes trat nunmehr grenzenlose Nüchternheit, und erst als ein nationaler Geist im 18. Jahrh. zu erwachen begann, vermochte auch das Lustspiel einen Aufschwung und nationalen Charakter anzunehmen. Von den Talenten, welche das 18. Jahrh. für die Komödie entwickelt hat, sind zunächst zu nennen: Girolamo Giglio (gest. 1722), obschon derselbe mehr Übersetzer und Nachahmer als selbständiger Dichter war (nur »La sorella di Don Pilone« hat einigermaßen originale Haltung);
der Lyriker Giambattista Fagiuoli (gest. 1742), der mehrere nicht eben bedeutende Komödien schrieb;
der Marchese Liveri aus Neapel, der zwischen 1740-50 besonders durch reich ausgestattete Volksszenen Aufsehen erregte;
endlich der oben erwähnte Pietro Chiari (gest. 1788), dessen zahlreiche, wenn ¶
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auch mittelmäßige Komödien in Venedig [* 13] eine Zeitlang Glück machten. Aber alle diese und noch andre wurden verdunkelt durch Carlo Goldoni (1707 bis 1793), den Meister des nationalen Charakterlustspiels und Reformator der komischen Bühne in Italien, dessen Sprache zwar nachlässig, aber selbst nach dem Zeugnis neuerer Italiener natürlicher und wahrer ist als die aller spätern komischen Dichter. An Geist und Poesie übertraf ihn zwar der Graf Carlo Gozzi aus Venedig (1718-1806), der Schöpfer der phantastischen Komödie; doch wetteiferte dieser vergeblich mit Goldoni, und seine an Laune, Poesie und bizarren Einfällen reichen Stücke (»fiabe teatrali«) vermochten nur einen vorübergehenden Erfolg zu erringen. Noch zahlreiche andre Schriftsteller haben für das Theater [* 14] gearbeitet; aber obgleich man bald das französische, bald das deutsche Theater nachzuahmen, bald einen eignen Weg einzuschlagen suchte, hat sich kein einziges wahrhaft bedeutendes Talent mehr hervorgethan. Antonio Avelloni (gest. 1837), Gualzetti aus Neapel, Carlo Greppi aus Bologna (gest. 1811) haben nach den Vorbildern von Beaumarchais, Mercier und Kotzebue gearbeitet. Die weinerliche Komödie (»il genere piagnoso«) hat eine Zeitlang Beifall gefunden in den zahlreichen Stücken von Camillo Federici (gest. 1802). Gherardo de' Rossi (gest. 1827) war glücklicher in der Anlage der Stücke als im Dialog. Italienischer, aber von geringerer Bedeutung sind die Arbeiten des Marchese Albergati-Capacelli (gest. 1806), Napoli Signorellis (gest. 1815), von welchem man außerdem eine Geschichte des Theaters besitzt, des Grafen Alessandro Pepoli (gest. 1796) u. a. Sonst verdienen die meiste Auszeichnung der Graf Giov. Giraud (gest. 1834), ein Römer, [* 15] und der Piemontese Alberto Nota (gest. 1847), dem zwar alle eigentliche komische Kraft [* 16] abgeht, der aber hinsichtlich seiner Sprache großes Lob verdient.
Bei der Oper, dem Lieblingsspiel der Italiener im 17. und 18. Jahrh. wie auch jetzt noch, ward unter dem gewaltigen Aufwand von Dekorationen und Maschinerien, Musik und Tanz die Poesie ganz in den Schatten [* 17] gestellt. Der einzige Fortschritt, welchen die Oper in dieser Zeit machte, bestand darin, daß seit etwa 1613, vorzüglich durch den Grafen Fulvio Testi, die Monotonie der Recitative durch den künstlichern Ariengesang gehoben wurde. Dagegen erreichte diese dichterische Gattung ihren Gipfel im 18. Jahrh. und erlangte eine solche Berühmtheit, daß sie nach vielen ausländischen Höfen verpflanzt wurde. Sie verdankte dies Apostolo Zeno (gest. 1750) und Pietro Trapassi, genannt Metastasio (gest. 1782), von denen der letztere noch jetzt als das unerreichte Muster in dieser Gattung betrachtet wird. Von seinen Zeitgenossen Rolli, Frugoni, Olivieri, Cigna, Damiani, Fattiboni, Ragati etc. kann keiner sich mit ihm messen.
Erfreulicher als der Zustand der schönen Litteratur ist in dieser Periode der der ernsten und strengen Wissenschaft. Was zunächst die Geschichtschreibung betrifft, so hat dieser Zeitraum trotz der jeder freien Forschung und freien Rede sehr ungünstigen Verhältnisse einige der wichtigsten Leistungen aufzuweisen. Die Kirchengeschichte Italiens [* 18] fand einen einsam stehenden Bearbeiter in dem Serviten Pietro Sarpi (gest. 1623), dessen aus Originalurkunden geschöpfte Geschichte des tridentinischen Konzils ein Meisterwerk ist, in mehrere Sprachen übersetzt, aber von den Anhängern der römischen Kurie auch heftig bekämpft ward.
Als Geschichtswerke, welche einzelne Ereignisse behandeln, sind gleich im Anfang dieser Periode zu nennen: Arrigo Caterino Davilas »Storia delle guerre civili di Francia« (von 1547 bis 1598) und Guido Bentivoglios »Storia della guerra di Fiandra« (von 1559 bis 1607). In lateinischer Sprache schrieb die Geschichte fast des nämlichen Zeitraums (von 1557 bis 1590) der Jesuit Famiano Strada (gest. 1649). Als Werke gelehrten Fleißes sind zu erwähnen: Die Geschichte von Neapel (von Roger I. bis zum Tod Friedrichs II.) von Francesco Capecelatro.
Sehr geachtet ist die Geschichte von Venedig von Battista Nani (den Zeitraum von 1613 bis 1671 umfassend). Durch Wahrheitsliebe zeichnet sich aus die Geschichte seiner Zeit (eine Art Chronik von 1613 bis 1650) von Pietro Giovanni Capriata aus Genua [* 19] (gestorben um 1650). Berühmter als die Werke der letztern, aber von keinem Wert sind die äußerst zahlreichen Kompilationen des seichten Vielschreibers Gregorio Leti aus Mailand [* 20] (gest. 1701). Je weiter wir vorschreiten in dieser Periode, desto mehr treten Sammlerfleiß und Erudition, das einzige, was unter dem Druck des damaligen politischen Systems übrigblieb, an die Stelle der großherzigen Gesinnung und des politischen Scharfsinns der Historiker früherer Jahrhunderte.
Als ein Wunder von vielseitiger Thätigkeit ist zu nennen Lodovico Antonio Muratori (gest. 1750), von dessen überaus zahlreichen historischen, antiquarischen und philosophischen Schriften hier besonders seine trefflichen »Annali d'Italia« zu erwähnen sind. Ihm nicht unähnlich war sein Freund, der bereits oben unter den Dichtern angeführte Marchese Scipione Maffei (gest. 1755),
durch seine historisch-antiquarischen Arbeiten (»Storia diplomatica« und »Verona [* 21] illustrata«). Der bedeutendste Geschichtschreiber dieser Zeit aber ist Pietro Giannone (gest. 1748),
welcher in seinem Werk »Dell' istoria civile del regno di Napoli« vorzüglich den Zustand der Gesetze, der Sitten und der Administration berücksichtigt und als ein entschiedener Feind der Hierarchie auftritt. Unter ihm steht der Vielschreiber Carlo Denina (gest. 1813),
von dessen zahlreichen Werken nur seine »Rivoluzioni d'Italia« heute noch einen gewissen Wert haben. Nicht unerwähnt darf auch des Grafen Pietro Verri (gest. 1797) geschätzte »Storia di Milano« bleiben. Kunsthistoriker sind: Filippo Baldinucci aus Florenz (gest. 1696),
welcher in seinem Hauptwerk: »Notizie de' professori del disegno da Cimabue in quà«, Vasari zu berichtigen suchte, und Carlo Datia (gest. 1675),
der das Leben einiger Maler des Altertums beschrieben hat. Auch sind hier noch die »Vite de' pittori, scultori, architetti ed intagliatori« von G. Baglione, den Zeitraum von 1572 bis 1642 umfassend, zu nennen. Aus späterer Zeit sind Hauptwerke für die Kunstgeschichte: die »Storia pittorica d'Italia« von Luigi Lanzi (gest. 1810),
der sich vorzüglich auch mit den etruskischen Altertümern beschäftigte und die »Storia della scultura« des Grafen L. Cicognara (gest. 1834), die bis auf Canova reicht. Die Oper hat an dem Spanier Arteaga und das Theater überhaupt an Pietro Napoli Signorelli Geschichtschreiber gefunden. Einer der geachtetsten Feldherren seiner Zeit, Raimondo Montecuccoli aus Modena (gest. 1681), ist auch durch seine »Aforismi dell' arte bellica« der erste Militärschriftsteller seines Vaterlandes geworden. Die Geschichte der eignen Litteratur ist von keinem Volk mit so großem Eifer bearbeitet worden wie von den Italienern. Gianvittorio Rossi aus Rom (gest. 1647) gab unter dem Namen Janus [* 22] Nicius Erythreus in seiner »Pinacoteca« eine Geschichte vieler zu seiner Zeit ¶