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Abänderung der Bestimmungen über den Einjährig-Freiwilligendienst vom notwendig, welche durch Dekret vom erfolgte. Das Gesetz vom regelte die Befestigungen im Land, namentlich in den Alpenthälern, und an den Küsten. - Die Dienstpflicht dauert 19 Jahre, vom 20. bis 39. Lebensjahr. Die Streitmacht zerfällt in das stehende Heer, die Mobilmiliz (Landwehr) und die Territorialmiliz (Besatzungstruppen). Die Dienstpflichtigen werden in drei Kategorien geteilt: die erste dient 3 Jahre im stehenden Heer, 5 Jahre in der Reserve, 4 Jahre in der Mobilmiliz und 7 Jahre in der Territorialmiliz.
Die zweite und dritte Kategorie entspricht etwa unsrer Ersatzreserve erster und zweiter Klasse. Die erstere wird in 2-6 Monaten bei der Fahne ausgebildet, tritt nach 8 Jahren zur Mobil- und nach 4 Jahren zur Territorialmiliz und wird zu kurzen Übungsperioden eingezogen. Die dritte Kategorie bleibt während der 19 Jahre auf unbestimmtem Urlaub und kann während dieser Zeit auf 30 Tage zur Ausbildung mit der Waffe eingezogen werden. Der Jahresersatz beträgt 76,000 Mann, von denen 13,000, durch Losnummer bestimmt, nur 2 Jahre bei den Waffen [* 2] bleiben. Von der Ersatzreserve erster Klasse gelangen jährlich 34,000 Mann zur Einstellung. Hiernach berechnet sich theoretisch die Streitmacht auf 892,687 Mann Feldtruppen, 365,717 Mann Mobilmiliz und 1,128,928 Territorialmiliz. In Wirklichkeit wird die Feldarmee die Stärke [* 3] von 692,000 Mann kaum überschreiten.
Die aktive Armee besteht aus der Generalität, dem Generalstab, den Truppen, den Carabinieri, dem Invaliden-, Sanitäts-, Zahlmeister- und Veterinärkorps und dem Kommissariat. Der Generalstab zählt 3 Generale, 15 Obersten, 55 Oberstleutnants und Majore, 85 Hauptleute und 110 andre Offiziere. In der Friedensformation besteht das Heer aus 12 Armeekorps zu je 2 Divisionen. Für den Heeresersatz ist das Land in 87 Militärdistrikte geteilt. - Die Infanterie: 96 Regimenter à 3 Bataillone zu 4 Kompanien und 1 Depot;
12 Regimenter Bersaglieri (Jäger, Schützen) gleicher Einteilung;
6 Regimenter Alpenjäger in 20 Bataillonen, 72 Kompanien und 6 Depots;
87 Militärdistrikte (Aushebungsbezirke) in 96 Kompanien.
Die Kompanie Infanterie ist 105, Alpenjäger 135 Köpfe (Friedens- und Kriegsetat) stark. Je 2 Regimenter Infanterie bilden 1 Infanteriebrigade, 2 Brigaden 1 Division. Kriegsstärke der Infanterie: 344 Bataillone, etwa 307,800 Mann. - Kavallerie: 10 Regimenter Ulanen (Lancieri), 12 Regimenter Cavallegieri (Chevau-legers) à 6 Eskadrons und 1 Depot;
das Regiment ist 1100 Köpfe und 900 Pferde [* 4] stark, Kriegsstärke 18,700 Mann. - Artillerie: 12 Regimenter Feldartillerie à 10 Batterien in 3 Brigaden (Abteilungen), jede zu 2 schweren (9 cm), zwei zu 1 und eine zu 2 leichten (7 cm) Batterien;
5 Regimenter Festungsartillerie à 12 Festungs- oder Küstenbatterien [* 5] und 1 Depot;
2 Regimenter haben außerdem noch je 1 Brigade zu je 4 Batterien Gebirgsartillerie;
2 Brigaden à 2 Batterien reitende Artillerie;
5 Kompanien Artilleriehandwerker, 1 Kompanie Veteranenartillerie.
Kriegsstärke: 124 Feldbatterien, davon 4 reitende (7 cm) à 6 Geschütze; [* 6]
48 leichte (7 cm) à 8 Geschütze;
72 schwere (9 cm) à 8, zusammen 684 Geschütze und 21,000 Mann.
Hinzu treten noch 36 Kompanien Train. Die Festungsartillerie hat eine Kriegsstärke von 13,900 Mann. - Die Genietruppe besteht aus 4 Regimentern und zwar 2 Regimentern à 2 Bataillone zu je 7 Kompanien Sappeure, 2 Kompanien Train, 1 Depot;
1 Regiment Pontoniere zu 8 Kompanien;
1 Lagunenbrigade zu 2 Kompanien, 4 Kompanien Train und 1 Depot;
1 Genieregiment, bestehend aus 4 Eisenbahn-, 6 Telegraphen-, 4 Sappeur- und 2 Trainkompanien, 1 Depot. - Das Sanitätskorps besteht aus den Sanitätsoffizieren bei den Truppen und in den Lazaretten und 12 Sanitätskompanien, die den Dienst in den letztern verrichten. - Die Mobilmiliz besteht aus 41 Regimentern zu 3 Bataillonen à 4 Kompanien Infanterie, 20 Bataillonen à 4 Kompanien Bersaglieri, 36 (72) Alpenkompanien, 13 Brigaden Feldartillerie à 4 Batterien und 1 Trainkompanie, 32 Kompanien Festungs- und Küstenartillerie, 4 Batterien Gebirgsartillerie, 16 Kompanien Sappeure, 4 Pontonier-, 2 Eisenbahntruppen-, 3 Telegraphisten-, 5 Train- und 12 Sanitätskompanien, 11 Kompanien Verpflegungstruppen.
Die Insel Sardinien [* 7] hat außerdem noch eine Spezialmiliz von 3 Regimentern Infanterie, 1 Bataillon Bersaglieri, 1 Eskadron Kavallerie, 2 Batterien Feldartillerie, je 1 Kompanie Festungs- und Gebirgsartillerie, Genie-, Sanitäts- und Verpflegungstruppen. Die Miliz ist noch in der Reorganisation begriffen und wird vorläufig nur etwa die Stärke von 170,000 Mann mit 276 Geschützen erreichen. - Die Territorialmiliz umfaßt 320 Infanteriebataillone, 72 Alpenkompanien, 100 Kompanien Festungsartillerie, 30 Kompanien Genie, je 12 Sanitäts- und Verpflegungskompanien. - Die Carabinieri haben den Zweck der Gendarmerie andrer Länder und sind in 11 Territoriallegionen geteilt.
Militärschulen: die Kriegsschule zu Turin, [* 8] zur Ausbildung von Generalstabsoffizieren;
die Applikationsschule für Artillerie und Genie zur technischen Ausbildung von Offizieren dieser Waffen sowie die Militärakademie für Offiziere dieser Waffen zu Turin;
die Militärschule für Infanterie und Kavallerie in Modena;
4 Vorbereitungsschulen (Militärkollegien) zu Mailand, [* 9] Florenz, [* 10] Rom, [* 11] Neapel; [* 12]
eine Normalschule für Infanterie zu Parma, [* 13] für Kavallerie zu Pinerolo;
zur Ausbildung von Unteroffizieren aller Waffen dienen 3 Lehrbataillone, eine Lehreskadron, 2 Lehrbatterien und 4 Lehrabteilungen für Genie. Es bestehen ferner 20 Artillerieschießplätze und Instruktionslager in allen Teilen des Reichs. - Für die Landes- und Küstenbefestigung ist außerordentlich viel in den letzten Jahren geschehen, zahlreiche Sperrforts sind an der Alpengrenze, sowohl gegen Frankreich als Österreich, [* 14] Forts und Batterien an den Küsten von Vado, Porto Ferrajo, Longone, am Monte Argentario, bei Genua, [* 15] Livorno, [* 16] Lucca, [* 17] Gaeta, Messina, [* 18] Tarent, vor allem bei Spezia [* 19] erbaut.
Rom ist mit einem Gürtel [* 20] von 15 Forts umgeben worden. Eine Verstärkung [* 21] der Armee, namentlich an Feldartillerie, steht in Aussicht.
Marine. Nach der unglücklichen Seeschlacht bei Lissa [* 22] 1866 ist die italienische Marine von Grund auf neu gestaltet worden; sie besitzt in den Turmschiffen Italia und Lepanto mit 13,898, bez. 13,550 Ton. Deplacement und je 18,000 indizierten Pferdekräften, mit ihrem 55 cm dicken Panzer die größten und stärksten Panzerschiffe [* 23] der Welt, welche auch die stärksten Geschütze der Welt (43 cm, Duilio und Dandolo 45 cm Kaliber) an Bord führen. Bei der eigentümlichen Formation der Küste hat man von einer eigentlichen Küstenverteidigungsflotte Abstand genommen. I. besitzt daher nur eine Hochsee-Schlachtflotte und 18 Panzerschiffe ersten Ranges, darunter 10 Turmschiffe, 8 Panzerfregatten (3 Schiffe [* 24] ersten Ranges liegen auf Stapel);
15 Schiffe zweiten Ranges, darunter 3 Panzerkorvetten und 5 Torpedo-Rammkreuzer;
26 Schiffe ¶
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(davon 9 im Bau) dritten Ranges, Avisos und Kanonenboote, also Kreuzer; ferner 19 Transport-, 3 Schulschiffe; 11 Fahrzeuge für Hafendienst, 6 Lagunenkanonenboote, 15 verschiedene Fahrzeuge, 9 Hilfsdampfer. Die Torpedoflottille besteht aus 2 Torpedoboot-Jagdschiffen von je 317 Ton. und 2800 Pferdekräften, 74 Booten erster Klasse (18 mit Kohlenvorrat für 2000 Meilen Fahrt), 21 Booten zweiter Klasse. Die Marineverwaltung zerfällt nach den drei Kriegshäfen in drei Bezirke: Spezia, Neapel und Venedig; [* 26] Tarent soll zu einem großen Kriegshafen ausgebaut werden. Auch die Bucht von Maddalena an der Nordspitze von Sardinien soll durch Anlage von Befestigungen etc. Kriegshafen werden.
Vgl. »Italiens [* 27] Wehrkraft« (Berl. 1884);
Randaccio, Storia delle marine militari italiane (Tur. 1886, 2 Bde.).
[Wappen, Orden.]
I. hat fünf Ritterorden: Annunciatenorden (ordine supremo dell' Annunziata, s. Tafel »Orden«),
seit 1362;
Orden [* 28] des heil. Mauritius und Lazarus, seit 1434;
Militärorden von Savoyen, seit 1815;
Zivilverdienstorden von Savoyen, seit 1831, und Orden der Krone von I., seit 1868. Das jetzige, den Gesamtstaat repräsentierende Wappen [* 29] besteht aus einem breiten silbernen Kreuz [* 30] im roten Feld, umgeben von der Kette des Annunciatenordens mit daran hängenden Ordenszeichen, außerdem von einem goldenen Eichen- und Lorbeerzweig;
hinter dem Wappen stehen kreuzweise zwei silberne Speere, deren Spitzen über den das Ganze umgebenden purpurfarbenen Wappenmantel, der oben die Königskrone trägt, hinausragen (s. Tafel »Wappen«).
Flagge: Rot, Silber, Grün, vertikal gestreift; in dem mittlern silbernen Streifen ein roter Schild [* 31] mit silbernem Kreuz (s. Tafel »Flaggen«). [* 32] Landeshauptstadt ist seit Juli 1871 Rom.
Litteratur.
An Quellen für die Kenntnis Italiens sind vor allen zu nennen die sehr zahlreichen und umfassenden amtlichen Publikationen: das seit 1878 erscheinende »Annuario statistico Italiano«, welches über Topographie, Bevölkerung, [* 33] Heer, Eisenbahnen, Finanzen etc. Aufschluß gibt;
die offizielle Zeitschrift »Annali di Statistica«;
die amtlichen Werke der einzelnen Ministerien;
Zuccagni-Orlandini, Corografia fisica, storica e statistica dell' Italia (Flor. 1844, 15 Bde.);
Pozzi, Geografia politica e statistica dell' Italia (Mail. 1864);
das große, in Mailand erschienene Sammelwerk »L'Italia sotto l'aspetto fisico, storico, artistico e statistico« (in drei Abteilungen: »Dizionario corografico« von Amati, »Trattati scientifici sull' Italia« von Bertolini, Correnti u. a. und einem Atlas [* 34] von 150 Karten);
Brachelli, Geographie und Statistik des Königreichs I. (in »Steins Handbuch der Geographie und Statistik«, Leipz. 1871);
Lampani, L'Italia sotto l'aspetto idrografico (Rom 1878-82);
»Studi sulla geografia naturale e civile dell' Italia« (hrsg. von der Geographischen Gesellschaft, das. 1875);
Altavilla, Il regno d'Italia.
Dizionario geografico, storico-statistico (Tur. 1875); das von der italienischen Postverwaltung herausgegebene »Dizionario geografico postale«; Nissen, Italische Landeskunde (Berl. 1883 ff.). Die wichtigsten Arbeiten über die geognostischen Verhältnisse Italiens sind die im »Bolletino del R. Comitato geologico d'Italia« niedergelegten, dann mancherlei Untersuchungen G. v. Raths in der »Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft«, Arbeiten von E. Sueß, Sartorius v. Waltershausen, Th. Fuchs, [* 35] B. Gastaldi, Ponzi, Seguenza u. a.;
Cantoni, L'agricoltura in Italia (Mail. 1885);
Eheberg, Agrarische Zustände in I. (in den »Schriften des Vereins für Sozialpolitik«, Leipz. 1886);
v. Ernst, Die Montanindustrie Italiens (Wien [* 36] 1883);
Morpurgo, La finanza italiana (Rom 1874);
Laveleye, L'Italie actuelle (Par. 1881);
Sachs, L'Italie, ses finances et son développement économique depuis l'unification du royaume (das. 1885);
Cuseval-Clarigny, Les finances de l'Italie 1866-85 (das. 1886);
Hehn, I., Ansichten und Streiflichter (2. Aufl., Berl. 1878);
Gregorovius, Wanderjahre in I. (5 Bde.);
Reisehandbücher von Gsell Fels (in »Meyers Reisebüchern«),
Bädeker u. a. Kartenwerke: Auf einer in den Jahren 1862-78 erfolgten Landesaufnahme beruht die »Gran [* 37] carta topografica d'Italia« (1:100,000, auf 277 Blatt [* 38] berechnet, wovon etwa ein Drittel, Unteritalien umfassend, erschienen ist);
daneben sind Meßtischblätter (1:50,000) über das ehemalige Königreich Neapel (mit Sizilien) [* 39] veröffentlicht.
Die Karten für einzelne Landesteile (Königreich Sardinien in 1:50,000, Ober- und Mittelitalien in 1:86,400, Insel Sardinien in 1:250,000) sind Ergebnisse älterer Aufnahmen. Unvollendet ist die »Carta corografica dell' Italia« (1:500,000, 24 Blatt). Gute Übersichtskarten bieten H. Kiepert, Nuova carta generale dell' Italia meridionale (1:800,000, 1882) und »Carta corografica ed archeologica dell' Italia centrale« (1:250,000, 1881). Vom Ufficio geologico ist eine »Carta geologica generale d'Italia« (Rom 1881, 2. Blatt) herausgegeben.
Geschichte Italiens.
Die Zeit der Völkerwanderung.
(Hierzu Beilage »Vier Karten zur Geschichte Italiens«.)
Die Römer [* 40] waren es, welche die italische Halbinsel (s. Italia nebst Karte »Italien [* 41] zur Zeit des Kaisers Augustus«) geeinigt und zum politischen Mittelpunkt der Alten Welt gemacht haben (vgl. Römisches Reich). Als aber das römische Reich verfiel und unter die Herrschaft eines militärischen Despotismus geriet, welcher den Schwerpunkt [* 42] des Reichs nach dem Osten verlegte, verlor I. sein politisches Übergewicht und auch die Einheit seiner Nationalität, indem erobernde germanische Volksstämme sich auf der Halbinsel festsetzten.
Die weltbeherrschenden Tendenzen des römischen Staats gingen auf den christlichen Bischof von Rom über; die Christianisierung der germanischen Eroberer tilgte die Gegensätze der Rassen und führte zu dem Verschmelzungsprozeß der eingebornen und eingewanderten Völker, welcher ein so allmählicher war, daß die Geburtsstunde italienischer Nationalität noch weniger chronologisch bezeichnet werden könnte als diejenige der übrigen modernen Völker. Von den verheerenden Zügen älterer wandernder Stämme, von der vorübergehenden Herrschaft des westgotischen Eroberers Alarich und von dem Einfall Attilas abgesehen, pflegt man die dauernde Festsetzung germanischer Elemente auf italischem Boden mit dem Aufhören des weströmischen Kaisertums und mit dem Auftreten der germanischen Heerkönige in Verbindung zu bringen, welche in römischem Söldnerdienst zu Macht gelangt waren und 476 den Sturz des weströmischen Kaisertums veranlaßten. I. schied unter der Herrschaft des Herulerkönigs Odoaker äußerlich aus der Reihe der römischen Kaiserprovinzen aus, indem es seine Selbständigkeit unter der Führung germanischer Könige zu behaupten suchte. Das Römergeschlecht, im Besitz seiner rechtlichen Institutionen gesichert, ließ sich die Kriegsherrlichkeit der Barbaren gefallen, um nicht zu einer Provinz des oströmischen Kaiserreichs herabgedrückt zu werden. So folgte auf ¶