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137 Unterpräfekturen und 78 Distriktskommissariate. Unter den Präfekten und Unterpräfekten (Distriktskommissaren) fungieren die Gemeindevorsteher (Sindaci, s. oben) als Regierungsbeamte. Die Sicherheitspolizei wird von den Präfekten, Unterpräfekten (oder Distriktskommissaren) mit beigegebenen Inspektoren und Delegaten, in zwölf großen Städten von Quästoren (mit Inspektoren) geleitet. In jeder Provinz bestehen ein Sanitätsrat, ein Schulrat, eine Postdirektion, eine Finanzintendanz und ein Bauamt; für größere Gebiete sind 9 Telegraphendirektionen, 34 Forstdepartements und 8 Bergämter eingesetzt.
Was die Überwachung der Provinzen und Gemeinden durch den Staat betrifft, so haben die Präfekten die Protokolle und Beschlüsse der Gemeinde- und Provinzialräte zu prüfen, auch liegt der Provinzialvertretung die Oberaufsicht über das Budget der Gemeinden u. dgl. ob. Gegen Entscheidungen beider ist Rekurs möglich. Der König kann die Gemeinde- und Provinzialräte auflösen, in dringenden Fällen sogar der höchste Provinzialbeamte. Binnen drei Monaten nach der Auflösung muß jedoch eine Neuwahl angeordnet werden. Bei Auflösung des Provinzialrats tritt der Präfekt und der Präfekturrat ein, bei Auflösung des Gemeinderats ein königlicher Kommissar.
Die Rechtspflege wird in I. gehandhabt von 5 Kassationshöfen (in Rom, [* 2] Turin, [* 3] Florenz, [* 4] Neapel [* 5] und Palermo), [* 6] dann 24 Appellhöfen, 92 Assisenhöfen, 161 Zivil- und Korrektionstribunalen, 1804 Präturen, 28 Handelstribunalen, ferner von Vermittlern (conciliatori) in jeder Gemeinde und von Militärgerichten.
Finanzen.
Der Staatshaushalt des Königreichs I. leidet seit dem Bestand des neuen Staats an einem bedeutenden Defizit sowie an einer Überlastung mit Schulden, und es ist erst heute gelungen, die mißlichste Frage der italienischen Verwaltung, die Herstellung des Gleichgewichts zwischen den Einnahmen und Ausgaben, in dauernd befriedigender Weise zu lösen. Es sind nicht bloß die Kosten der Kriege und die Schuldenlast der ehemaligen italienischen Staaten, mit denen das junge Königreich vom Tag seiner Entstehung an zu rechnen hatte; es ist auch nicht allein die Erhaltung der unentbehrlichen Militärmacht, was die italienische Staatsbilanz zu einer so passiven gestaltete: vielleicht die wichtigste Ursache hiervon liegt in dem verhältnismäßigen Mangel an volkswirtschaftlichen Produktivkräften und an augenblicklicher Fähigkeit, die reichen, aber namentlich im Süden noch völlig unentwickelten Hilfsquellen des Landes in hinreichendem Maß nutzbar zu machen und so die nach der Lage der Dinge unausweichliche Ausgabenlast entsprechend zu decken.
Die Regierung ist wohl bestrebt, durch Hebung [* 7] der Bodenkultur, der Verkehrswege etc. die Produktions- und Steuerkraft des Landes zu heben; doch erfordert dies erhöhten Aufwand und zeitigt seine Früchte erst spät. In den 20 Jahren einheitlicher Administration ist das Defizit allerdings geschwunden (1866 betrug es 721,4 Mill. Lire), doch war dies nur durch hochgespannte Inanspruchnahme der Steuerkraft zu erreichen. Eine sehr anerkennenswerte staatsfinanzielle Maßregel war die im J. 1883 durchgeführte Aufhebung des Zwangskurses des Papiergeldes und die Rückkehr zur Metallwährung. Das Staatsbudget für das mit Ende Juni endende Finanzjahr 1886/87 präliminiert die Einnahmen und Ausgaben folgendermaßen:
a) Ordentliche Einnahmen | Lire |
1) Renten von den Staatsaktiven | 18681378 |
2) Grund- und Gebäudesteuer | 183217840 |
3) Einkommensteuer | 208347876 |
4) Abgaben für Vermögensübertragung und Rechtsgeschäfte | 187388000 |
5) Zölle | 232600000 |
6) Konsumsteuern (Oktroi) | 81577245 |
7) Tabak | 188300000 |
8) Salz | 58500000 |
9) Lotto | 76500000 |
10) Andre Konsumsteuern | 33950000 |
11) Post und Telegraph | 56168925 |
12) Staatseisenbahnen | 58000000 |
13) Andre öffentliche Anstalten | 19357900 |
14) Rückzahlungen | 22661556 |
15) Verschiedene Einnahmen | 7402200 |
16) Durchlaufende Einnahmen | 92759678 |
: | 1525412598 |
b) Außerordentliche Einnahmen | 193614541 |
Gesamteinnahmen: | 1719027139 |
Dem gegenüber sind die Ausgaben mit 1,700,229,160 Lire beziffert, so daß der Überschuß 18,797,979 Lire beträgt. Die Staatsausgaben verteilen sich auf das Ordinarium mit 1,423,916,040 Lire und auf das Extraordinarium mit 276,313,120 Lire. Auf die einzelnen Posten verteilen sich die ordentlichen Ausgaben wie folgt:
Lire | |
1) Ministerium des Schatzes (Staatsschuld, Pensionen, Zivilliste, Parlament, Domänen) | 721013900 |
2) Finanzministerium (Verwaltungs- und Erhebungskosten) | 182699112 |
3) Justiz und Kultus | 33665052 |
4) Ministerium des Äußern | 7807242 |
5) Öffentlicher Unterricht | 34736882 |
6) Ministerium des Innern | 60737184 |
7) Ministerium der öffentlichen Arbeiten | 78529878 |
8) Kriegsministerium | 220106618 |
9) Marine | 71315660 |
10) Ackerbau und Handel | 13304512 |
Zusammen: | 1423916040 |
Der wirkliche Erfolg des Staatshaushalts war übrigens gegenüber den Präliminarien in den letzten Jahren noch günstiger. Neue Anleihen erscheinen sonach unter normalen Verhältnissen für die Zukunft ausgeschlossen. Außerdem beliefen sich die Ausgaben der Gemeinden, die teilweise durch eine Verbrauchssteuer und durch Zuschläge zu Staatssteuern gedeckt werden, 1884 auf 526 Mill. Lire.
Die italienische Staatsschuld hat allerdings im Verhältnis zu den Produktivkräften des Landes eine außerordentliche Höhe erreicht. Sie erforderte 1885/86 einen Zinsenaufwand von 534,304,418 Lire, wovon auf die konsolidierte Schuld und zwar zu 5 Proz. 441,9, zu 3 Proz. 6,4 Mill. Lire kamen. Auf Amortisation wurden in diesem Jahr 1,120,112 Lire verwendet. Wenn man obigen Zinsenbetrag kapitalisiert, so ergibt sich ein Nominalkapital der italienischen Staatsschuld von ungefähr 10,250 Mill. Lire. Nimmt man noch auf die andern öffentlichen Schulden Rücksicht, so kommen an Gemeindeschulden im J. 1881: 724,1, an Schulden der Provinzen 102,2 Mill. Lire hinzu.
Heerwesen und Marine.
Das Wehrgesetz vom bildet die Grundlage für das heutige Heerwesen in I. Nach der Einigung Italiens [* 8] regelte das Wehrgesetz vom die Kriegsformation des Heers und das Gesetz vom die Territorialeinteilung. Durch Gesetz vom wurde sodann die allgemeine Wehrpflicht eingeführt und durch Gesetz vom Bestimmung über die Ergänzung des Heers getroffen. Dieses Gesetz machte eine ¶
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Abänderung der Bestimmungen über den Einjährig-Freiwilligendienst vom notwendig, welche durch Dekret vom erfolgte. Das Gesetz vom regelte die Befestigungen im Land, namentlich in den Alpenthälern, und an den Küsten. - Die Dienstpflicht dauert 19 Jahre, vom 20. bis 39. Lebensjahr. Die Streitmacht zerfällt in das stehende Heer, die Mobilmiliz (Landwehr) und die Territorialmiliz (Besatzungstruppen). Die Dienstpflichtigen werden in drei Kategorien geteilt: die erste dient 3 Jahre im stehenden Heer, 5 Jahre in der Reserve, 4 Jahre in der Mobilmiliz und 7 Jahre in der Territorialmiliz.
Die zweite und dritte Kategorie entspricht etwa unsrer Ersatzreserve erster und zweiter Klasse. Die erstere wird in 2-6 Monaten bei der Fahne ausgebildet, tritt nach 8 Jahren zur Mobil- und nach 4 Jahren zur Territorialmiliz und wird zu kurzen Übungsperioden eingezogen. Die dritte Kategorie bleibt während der 19 Jahre auf unbestimmtem Urlaub und kann während dieser Zeit auf 30 Tage zur Ausbildung mit der Waffe eingezogen werden. Der Jahresersatz beträgt 76,000 Mann, von denen 13,000, durch Losnummer bestimmt, nur 2 Jahre bei den Waffen [* 10] bleiben. Von der Ersatzreserve erster Klasse gelangen jährlich 34,000 Mann zur Einstellung. Hiernach berechnet sich theoretisch die Streitmacht auf 892,687 Mann Feldtruppen, 365,717 Mann Mobilmiliz und 1,128,928 Territorialmiliz. In Wirklichkeit wird die Feldarmee die Stärke [* 11] von 692,000 Mann kaum überschreiten.
Die aktive Armee besteht aus der Generalität, dem Generalstab, den Truppen, den Carabinieri, dem Invaliden-, Sanitäts-, Zahlmeister- und Veterinärkorps und dem Kommissariat. Der Generalstab zählt 3 Generale, 15 Obersten, 55 Oberstleutnants und Majore, 85 Hauptleute und 110 andre Offiziere. In der Friedensformation besteht das Heer aus 12 Armeekorps zu je 2 Divisionen. Für den Heeresersatz ist das Land in 87 Militärdistrikte geteilt. - Die Infanterie: 96 Regimenter à 3 Bataillone zu 4 Kompanien und 1 Depot;
12 Regimenter Bersaglieri (Jäger, Schützen) gleicher Einteilung;
6 Regimenter Alpenjäger in 20 Bataillonen, 72 Kompanien und 6 Depots;
87 Militärdistrikte (Aushebungsbezirke) in 96 Kompanien.
Die Kompanie Infanterie ist 105, Alpenjäger 135 Köpfe (Friedens- und Kriegsetat) stark. Je 2 Regimenter Infanterie bilden 1 Infanteriebrigade, 2 Brigaden 1 Division. Kriegsstärke der Infanterie: 344 Bataillone, etwa 307,800 Mann. - Kavallerie: 10 Regimenter Ulanen (Lancieri), 12 Regimenter Cavallegieri (Chevau-legers) à 6 Eskadrons und 1 Depot;
das Regiment ist 1100 Köpfe und 900 Pferde [* 12] stark, Kriegsstärke 18,700 Mann. - Artillerie: 12 Regimenter Feldartillerie à 10 Batterien in 3 Brigaden (Abteilungen), jede zu 2 schweren (9 cm), zwei zu 1 und eine zu 2 leichten (7 cm) Batterien;
5 Regimenter Festungsartillerie à 12 Festungs- oder Küstenbatterien [* 13] und 1 Depot;
2 Regimenter haben außerdem noch je 1 Brigade zu je 4 Batterien Gebirgsartillerie;
2 Brigaden à 2 Batterien reitende Artillerie;
5 Kompanien Artilleriehandwerker, 1 Kompanie Veteranenartillerie.
Kriegsstärke: 124 Feldbatterien, davon 4 reitende (7 cm) à 6 Geschütze; [* 14]
48 leichte (7 cm) à 8 Geschütze;
72 schwere (9 cm) à 8, zusammen 684 Geschütze und 21,000 Mann.
Hinzu treten noch 36 Kompanien Train. Die Festungsartillerie hat eine Kriegsstärke von 13,900 Mann. - Die Genietruppe besteht aus 4 Regimentern und zwar 2 Regimentern à 2 Bataillone zu je 7 Kompanien Sappeure, 2 Kompanien Train, 1 Depot;
1 Regiment Pontoniere zu 8 Kompanien;
1 Lagunenbrigade zu 2 Kompanien, 4 Kompanien Train und 1 Depot;
1 Genieregiment, bestehend aus 4 Eisenbahn-, 6 Telegraphen-, 4 Sappeur- und 2 Trainkompanien, 1 Depot. - Das Sanitätskorps besteht aus den Sanitätsoffizieren bei den Truppen und in den Lazaretten und 12 Sanitätskompanien, die den Dienst in den letztern verrichten. - Die Mobilmiliz besteht aus 41 Regimentern zu 3 Bataillonen à 4 Kompanien Infanterie, 20 Bataillonen à 4 Kompanien Bersaglieri, 36 (72) Alpenkompanien, 13 Brigaden Feldartillerie à 4 Batterien und 1 Trainkompanie, 32 Kompanien Festungs- und Küstenartillerie, 4 Batterien Gebirgsartillerie, 16 Kompanien Sappeure, 4 Pontonier-, 2 Eisenbahntruppen-, 3 Telegraphisten-, 5 Train- und 12 Sanitätskompanien, 11 Kompanien Verpflegungstruppen.
Die Insel Sardinien [* 15] hat außerdem noch eine Spezialmiliz von 3 Regimentern Infanterie, 1 Bataillon Bersaglieri, 1 Eskadron Kavallerie, 2 Batterien Feldartillerie, je 1 Kompanie Festungs- und Gebirgsartillerie, Genie-, Sanitäts- und Verpflegungstruppen. Die Miliz ist noch in der Reorganisation begriffen und wird vorläufig nur etwa die Stärke von 170,000 Mann mit 276 Geschützen erreichen. - Die Territorialmiliz umfaßt 320 Infanteriebataillone, 72 Alpenkompanien, 100 Kompanien Festungsartillerie, 30 Kompanien Genie, je 12 Sanitäts- und Verpflegungskompanien. - Die Carabinieri haben den Zweck der Gendarmerie andrer Länder und sind in 11 Territoriallegionen geteilt.
Militärschulen: die Kriegsschule zu Turin, zur Ausbildung von Generalstabsoffizieren;
die Applikationsschule für Artillerie und Genie zur technischen Ausbildung von Offizieren dieser Waffen sowie die Militärakademie für Offiziere dieser Waffen zu Turin;
die Militärschule für Infanterie und Kavallerie in Modena;
4 Vorbereitungsschulen (Militärkollegien) zu Mailand, [* 16] Florenz, Rom, Neapel;
eine Normalschule für Infanterie zu Parma, [* 17] für Kavallerie zu Pinerolo;
zur Ausbildung von Unteroffizieren aller Waffen dienen 3 Lehrbataillone, eine Lehreskadron, 2 Lehrbatterien und 4 Lehrabteilungen für Genie. Es bestehen ferner 20 Artillerieschießplätze und Instruktionslager in allen Teilen des Reichs. - Für die Landes- und Küstenbefestigung ist außerordentlich viel in den letzten Jahren geschehen, zahlreiche Sperrforts sind an der Alpengrenze, sowohl gegen Frankreich als Österreich, [* 18] Forts und Batterien an den Küsten von Vado, Porto Ferrajo, Longone, am Monte Argentario, bei Genua, [* 19] Livorno, [* 20] Lucca, [* 21] Gaeta, Messina, [* 22] Tarent, vor allem bei Spezia [* 23] erbaut.
Rom ist mit einem Gürtel [* 24] von 15 Forts umgeben worden. Eine Verstärkung [* 25] der Armee, namentlich an Feldartillerie, steht in Aussicht.
Marine. Nach der unglücklichen Seeschlacht bei Lissa [* 26] 1866 ist die italienische Marine von Grund auf neu gestaltet worden; sie besitzt in den Turmschiffen Italia und Lepanto mit 13,898, bez. 13,550 Ton. Deplacement und je 18,000 indizierten Pferdekräften, mit ihrem 55 cm dicken Panzer die größten und stärksten Panzerschiffe [* 27] der Welt, welche auch die stärksten Geschütze der Welt (43 cm, Duilio und Dandolo 45 cm Kaliber) an Bord führen. Bei der eigentümlichen Formation der Küste hat man von einer eigentlichen Küstenverteidigungsflotte Abstand genommen. I. besitzt daher nur eine Hochsee-Schlachtflotte und 18 Panzerschiffe ersten Ranges, darunter 10 Turmschiffe, 8 Panzerfregatten (3 Schiffe [* 28] ersten Ranges liegen auf Stapel);
15 Schiffe zweiten Ranges, darunter 3 Panzerkorvetten und 5 Torpedo-Rammkreuzer;
26 Schiffe ¶