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Sardiniens und Elbas wie der Provinzen Rom und Bari weit billigeres Salz (320,000 T. jährlich) liefern. Erwähnenswert ist noch die Asphaltgewinnung in Süditalien (jährlich gegen 340,000 metr. Ztr.).
Industrie.
Die Industrie Italiens gehört zwar nicht zu denen ersten Ranges in Europa, doch ist sie in einzelnen Zweigen immerhin bedeutend genug und hat in neuerer Zeit, besonders in den nördlichen Provinzen, einen lebhaften Aufschwung genommen. Die Thatsache, daß innerhalb der letzten Dezennien der Konsum von Mineralkohlen von 500,000 auf 3 Mill. Ton. angewachsen ist, zeugt von der fortschreitenden industriellen Thätigkeit des Königreichs. Von den einzelnen Industriezweigen beschäftigt der Maschinenbau, obwohl er mit seiner Produktion den inländischen Bedarf nicht deckt, 65 größere Etablissements, besonders bei Turin und Mailand. Die Wagenfabrikation ist in Mailand von großer Bedeutung. Hinsichtlich des Schiffbaues nimmt I. unter den Seestaaten einen hervorragenden Platz ein, am ansehnlichsten ist er in Ligurien. Musikalische Instrumente werden in allen Hauptstädten produziert; das Land ist durch die Verfertigung der Streichinstrumente von Cremona rühmlichst bekannt, und Darmsaiten werden nirgends so gut bereitet wie in den Abruzzen. In der Eisenindustrie steht die Lombardei obenan; die Hauptsitze hierfür sind namentlich die Provinz Brescia (für Messer und andre Stahlwaren, Waffen etc.), die Provinzen Como und Mailand. Raffiniertes Eisen verschiedener Art, Stahl und Eisenwaren müssen jedoch im Wert von 70 Mill. Lire jährlich importiert werden. Die Fabrikation von Gold- und Silberwaren, ein alter Zweig italienischen Gewerbfleißes, steht in Rom, Mailand, Neapel, Genua, Venedig und Catania in großer Blüte. I. besitzt ferner großen Reichtum an Marmor, der hier in den schönsten und mannigfaltigsten Farben und Zeichnungen gebrochen und bearbeitet wird. Das Hauptland ist in dieser Beziehung Toscana, insbesondere das Gebiet von Massa und Carrara und der Distrikt von Serravezza in der Provinz Lucca. Durch die Alabasterbrüche und die Herstellung von Alabasterwaren zeichnet sich der Bezirk Volterra in der Provinz Pisa aus, und einer Weltberühmtheit erfreut sich die Erzeugung von Kameen und Mosaiken in Rom, Neapel und Florenz sowie die von Korallenwaren in denselben Städten, dann in Livorno und Genua. Die Industrie in Thonwaren wird in I. von jeher mit dem besten Erfolg betrieben und arbeitet in verschiedenen Artikeln auch für die Ausfuhr. Die Arbeiten werden in der geschmackvollsten Weise, Terrakotten, Majolika und Fayence insbesondere in bewundernswerten Formen an vielen Orten hergestellt. Die Glasindustrie vermag den einheimischen Bedarf bei weitem nicht zu decken; eigentümlich für Venedig und die Insel Murano ist die Fabrikation von Glasperlen, Glaspasten, Glasmosaiken, die allein 2500 Arbeiter beschäftigt und nach allen Weltteilen exportiert. Auf dem Gebiet der chemischen Industrie sind hervorzuheben: die Gewinnung von Borsäure aus den Lagoni Toscanas (20,000 metr. Ztr.), von Weinstein- und Zitronensäure, wovon jährlich große Mengen ausgeführt werden, die Seifenfabrikation und die Erzeugung von Wachskerzchen, welch letztere einen ansehnlichen Exportartikel bilden. Die Papierindustrie blüht in Piemont, der Lombardei und Kampanien (210 Fabriken), die Strohhutfabrikation in Florenz und Umgebung, die Woll- und Filzhutfabrikation, welche sich in den letzten Jahren sehr entwickelt hat, in Oberitalien, die Lederindustrie liefert jährlich Produkte im Wert von 100 Mill. Lire.
Der wichtigste Industriezweig ist die Seidenindustrie, insbesondere die Erzeugung von Rohseide, welche am stärksten in der Lombardei, in Venetien und Piemont vertreten ist und bei einer Zahl von ca. 5500 Filanden jährlich ca. 2,3 (1883: 3,2) Mill. kg Rohseide liefert. Gegen 2 Mill. Spindeln sind bei der Seidenspinnerei, namentlich in der Provinz Como, thätig, wo auch die Seidenweberei (in ganz. I. 12,000 gewerbsmäßig betriebene Webstühle) ihren Hauptsitz hat. Auch Schafwollspinnerei und Weberei ordinärer Ware (300,000 Spindeln, 8500 Webstühle) wird in Oberitalien (Piemont und Venetien) betrieben, ebenso Baumwollindustrie (1,130,000 Spindeln und 30,000 größtenteils mechanische Webstühle, hauptsächlich in Piemont und der Lombardei), welche aber beide trotz ansehnlicher Entwickelung noch sehr starke Einfuhr nötig machen. Die Industrie in Flachs und Hanf beschäftigt nur 59,000 Spindeln und 73,400 Handstühle, letztere größtenteils bei der Hausindustrie; sie ist indes nicht so konkurrenzfähig wie die übrigen Textilindustrien. Von den Industrien in Nahrungsmitteln fallen nur die Erzeugung von Makkaroni in der Umgebung von Neapel und Genua, die Wurstbereitung (Salami und Mortadella) und die Likörfabrikation auch für die Ausfuhr ins Gewicht. Die Zuckerraffinerie beginnt in den letzten Jahren an Boden zu gewinnen. In ganz I. sind 26,7 Proz. der erwerbsfähigen Bevölkerung bei der Industrie beschäftigt.
Handel und Verkehr.
Der Handel Italiens, durch die höchst günstige Lage des Landes, durch die langgestreckten Küsten und die vielen guten Häfen wie durch die sich stetig mehrenden Alpenstraßen wesentlich gefördert, ist ein sehr lebhafter und umfaßt in der Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr zusammengenommen einen Wert von mehr als 2½ Milliarden Lire, wozu noch der sehr beträchtliche Wert des innern Verkehrs kommt. Der interne Handel ist in allen größern Orten (Mailand, Turin, Florenz, Bologna etc.) von Bedeutung. Der auswärtige Handel wird, wie in Frankreich, in den General- und Spezialhandel (letzterer die Einfuhr für den Verbrauch und die Ausfuhr einheimischer Waren umfassend) unterschieden, und der auswärtige Spezialhandel belief sich in den unten bezeichneten Jahren auf nachstehende Werte (in Millionen Lire):
Jahr | Einfuhr | Ausfuhr |
---|---|---|
1865 | 965,2 | 558,3 |
1870 | 895,7 | 756,3 |
1875 | 1215,3 | 1033,7 |
1880 | 1225,6 | 1132,3 |
1881 | 1332,0 | 1192,3 |
1882 | 1345,4 | 1155,9 |
1883 | 1380,3 | 1199,9 |
1884 | 1343,8 | 1096,4 |
1885 | 1575,2 | 1134,3 |
In dem Umfang und Werte der Handelsbewegung gibt sich eine außerordentliche Steigerung kund, wenn dieselbe auch im letzten Dezennium mehr in der Einfuhr als in der Ausfuhr zu Tage tritt. Wenn man die einzelnen Warenklassen ins Auge faßt, so ergibt sich, daß bei der Einfuhr des Jahrs 1885 die Metalle und Metallwaren (mit Einschluß der Münzen) im Wert von 282,2 Mill. Lire obenan stehen; nach ihnen folgt die Einfuhr von Cerealien und ähnlichen vegetabilischen Produkten im Wert von 202,7, Baumwolle und Baumwollfabrikaten mit 176,5, Kolonialwaren und Tabak mit 126,1, Tieren und tierischen Produkten mit 116, Kohle, Steinen, Erden und Glas mit 104,2, Wolle und Wollfabrikaten mit 103,5 Mill. Lire etc. Bei der Ausfuhr Italiens im J. 1885 steht
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Seide mit 277 Mill. Lire an der Spitze, hiernach folgen Metalle, Erze und Münzen mit 215,7, Tiere und tierische Produkte mit 126,3, Wein und Öl mit 113,5, Reis, andre Cerealien und Südfrüchte mit 111,3 Mill. Lire etc. Die wichtigsten Verkehrsländer für den auswärtigen Spezialhandel Italiens sind: Frankreich, Großbritannien und Irland, Österreich-Ungarn und das Deutsche Reich. Rücksichtlich der Transportwege ist in der Einfuhr der Seehandel (mit 67¾ Proz.), in der Ausfuhr dagegen der Landhandel (51½ Proz.) von größerer Wichtigkeit; das Übergewicht des letztern in der Ausfuhr ist hauptsächlich auf die Eröffnung der Alpenbahnen zurückzuführen.
Der Seeschiffahrt stand Anfang 1886 eine Handelsmarine von 7336 Schiffen mit 953,419 Ton. Tragfähigkeit zu Gebote, darunter 225 Dampfschiffe mit 124,600 T. Das Personal der Handelsmarine mit Einschluß des Schiffbaues und der Fischerei belief sich auf 192,046 Mann. Die Seeschiffahrtsbewegung in den italienischen Häfen zu Handelszwecken ergab 1884: 104,369 eingelaufene Schiffe mit 16,717,679 T. und 103,987 ausgelaufene Schiffe mit 16,666,031 T. Die durch die Seeschiffahrt vermittelte Warenbewegung betrug 10,319,902 T. Auf die internationale Schiffahrt kamen zusammen 30,986 ein- und ausgelaufene Schiffe mit 10,4 Mill. T. Hinsichtlich der Flaggen prävalierte hierunter die englische mit 4,4, hierauf folgte die italienische mit 2,8 und die französische Flagge mit 1,7 Mill. T. Auf die Küstenschiffahrt kamen zusammen 177,370 ein- und ausgelaufene Schiffe mit 22,9 Mill. T., wobei die italienische Flagge (mit 16,6 Mill. T.) überwog. Die italienische Seemacht hat vortreffliche Traditionen für sich, und italienische Matrosen sind sehr gesucht. Auch hat die Natur das Land mit Materialien zum Schiffahrtsgewerbe reich ausgestattet. Schiffbauholz ist in den Wäldern der Alpen und Apenninen sowie auf Sardinien vorhanden, ebenso Eisen, Kupfer, Hanf, Pech und Teer. Dies alles zusammengenommen sichert dem Land einen hervorragenden Platz unter den seefahrenden Nationen. I. besitzt aber auch eine große Zahl trefflicher, nur teilweise durch Kunst verbesserter Häfen, von welchen die zwölf wichtigsten (mit Angabe des Tonnengehalts der 1884 in denselben ein- und ausgelaufenen Schiffe) folgende sind: Genua (4,823,585), Neapel (3,312,808), Livorno (2,495,436), Messina (2,246,850), Palermo (2,236,994), Venedig (1,515,568), Catania (1,353,393), Brindisi (1,035,752), Bari (859,207), Ancona (699,879), Savona (695,799), Cagliari (585,960). Die hervorragendste Schiffahrtsunternehmung Italiens ist die vereinigte Dampfschiffahrtsgesellschaft Navigazione Generale Italiana (früher Florio-Rubattino, s. d.).
Von Eisenbahnen fand das Königreich I. mehrere getrennte Stücke vor, die seitdem vereinigt und ausgebaut worden sind. Von 26 km im J. 1840, in welchem in I. die erste Eisenbahn (Neapel-Castellammare) dem Betrieb übergeben wurde, hat sich die Länge dieses Verkehrswegs schon Ende 1850 auf 590, Ende 1860 auf 2204, Ende 1869 auf 5587 km gesteigert und betrug zu Ende 1884: 9916 km außer den noch im Bau befindlichen und konzessionierten Bahnen. Nach dem Gesetz vom Jahr 1879, welches den Ausbau der Eisenbahnen bezweckt, sollen noch im ganzen 6020 km Eisenbahnen gebaut werden. Von dem Gesamtbahnnetz kamen 1884 auf Staatsbahnen 6257, auf Privatbahnen 3659 km. Doch hat der Staat seine Bahnen in den letzten Jahren in drei großen Netzen, dem adriatischen, dem mittelländischen und dem sizilischen, an Betriebsgesellschaften verpachtet. Die Brutto-Einnahmen der Eisenbahnen betrugen 1884 insgesamt 210,745,931 Lire, wovon auf die anderwärts mehr untergeordnete Personenbeförderung 79,750,429 Lire entfielen. Das Landstraßennetz, das namentlich im S. bis 1860 sehr mangelhaft war, hat sich von 85,959 km im J. 1863 auf 115,000 km im J. 1880 vermehrt. Auch das Post- und Telegraphenwesen hat einen erfreulichen Aufschwung genommen, indem dem erstern im J. 1885 eine Zahl von 4588 Postanstalten, dem letztern eine solche von 3073 Telegraphenämtern und 28,438 km Linien zur Verfügung stand und der Verkehr der Briefpost 254,1 Mill. Stück, derjenige des Telegraphen 7,344,422 Depeschen (1868 erst 2,320,280) erreichte. Doch steht die Lebhaftigkeit des Post- und Telegraphenverkehrs in I. gegen andre Staaten noch weit zurück, da 1885 auf einen Einwohner nur 8,6 Briefe (in Großbritannien 43,6, in der Schweiz 31,6) und auf 1000 Bewohner 250 Depeschen (in Großbritannien 1086) kamen.
Die Zahl der Banken, Kreditinstitute etc. betrug Anfang 1883 in ganz I. 348 mit einem Nominalkapital von 806,5 Mill. und einem eingezahlten Kapital von 740,5 Mill. Lire. Hierunter befinden sich sechs Emissionsbanken mit 315,35 Mill. Lire eingezahltem Kapital (obenan die Nationalbank von I. zu Rom mit 200 Mill. Lire Kapital), 115 eigentliche Kreditbanken mit 346,5 Mill., 206 Volksbanken mit 47 Mill. und 21 Bodenkreditbanken mit 31,6 Mill. Lire eingezahltem Kapital. Die Idee des Sparkassenwesens fand in I. einen guten Boden. Von 19 im J. 1830 bestehenden haben sich dieselben namentlich seit 1860 und im S., wo sie noch nicht existierten, bis 1882 auf 357 vermehrt, welche zusammen 1,037,139 Einleger und 743,9 Mill. Lire Einlagen zählten. Die Regierung hat sich nur das allgemeine Oberaufsichtsrecht gesichert, im übrigen haben sich diese Institute lediglich unter kommunalen Einflüssen entwickelt. Auch Fabrik-, Schul- und neuerdings Postsparkassen sind eingerichtet worden; von letztern gab es 1882 schon 3488 mit 591,238 Einlegern und 82,4 Mill. Lire Einlagen.
Hinsichtlich des Münzwesens hat I. mit Frankreich, Belgien und der Schweiz 23. Dez. 1865 einen Münzvertrag (die sogen. lateinische Konvention) abgeschlossen, welchem späterhin auch Spanien, Rumänien und Griechenland beigetreten sind, und wonach diese Staaten eine Vereinigung in Betreff des Gewichts, des Gehalts, der Form und des Kurses ihrer Gold- und Silbermünzsorten bilden. Auch hinsichtlich der Maße und Gewichte gilt in I. das französische System (Gesetz vom 28. Juli 1861).
Wohlthätigkeitsanstalten.
Eine wichtige Rolle im sozialen Leben Italiens spielen die öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten. I. war von jeher das eigentliche Land der frommen Werke (opere pie), welche sich daselbst in zahllosen Formen mit allen erdenklichen Zwecken ausgebildet und fast unglaubliche Summen für diese aufgebracht haben. Die öffentliche Wohlthätigkeit ist Gemeinde-, bez. Provinzialsache. Der Staat unterhält auf seine Kosten Institute für Findlinge und Geisteskranke bloß in denjenigen Provinzen, welche für diesen bestimmten Zweck keine Institute besitzen. Die Einrichtungen und Institute für öffentliche Wohlthätigkeit werden durch eine Wohlthätigkeitskommission in jeder Gemeinde verwaltet, welche von dem Gemeinderat ernannt wird. Nach der letzten