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Manuskripte) u. a. Sehr zahlreich sind in I. die wissenschaftlichen Gesellschaften (Akademien), deren jede Stadt eine oder auch mehrere besitzt. Zeitungen erschienen 1856 in I. nur 331, eine Zahl, die 1880 auf 1454 angewachsen war. Von letztern waren 560 politische, 262 litterarische und artistische, 219 fachwissenschaftliche, 185 landwirtschaftliche und gewerbliche, 78 kirchliche, 89 humoristische und illustrierte und 61 pädagogische Blätter. Täglich erschienen 149 (1883: 159) Zeitungen.
Auf Rom [* 2] kommen 200, Mailand [* 3] 140, Neapel [* 4] 120, Turin [* 5] 94, Florenz [* 6] 79 Blätter. Wie I. von jeher das klassische Land der Kunst gewesen ist, so ist es auch noch heute, obwohl sich seit Jahrhunderten alle Museen der Welt aus I. bereichert haben, reich an Kunstschätzen, und jede nur irgendwie ansehnliche Stadt besitzt ein Museum für Gemälde, Skulpturen und Antiquitäten. Die bedeutendsten finden sich in Rom (vatikanische und kapitolinische Sammlungen, lateranisches Museum, Galleria Borghese, Doria, Colonna, Corsini etc.), Florenz (Uffizien, Pitti, Akademie, Bargello), Neapel (Nationalmuseum), Venedig [* 7] (Akademie, Dogenpalast), Mailand (Brera), Turin, Bologna, Genua, [* 8] Verona, [* 9] Parma, [* 10] Perugia, Siena, Palermo [* 11] etc.
Die Faktoren, welche die ursprüngliche Begabung eines Volkes umzuwandeln und seinen Nationalcharakter zu beeinflussen im stande sind, das Klima, [* 12] die gesamte Naturumgebung, die historischen Geschicke, mußten in I. besonders wirksam sein. In so mildem Klima, an der Hand [* 13] einer Natur, welche alle Bedürfnisse reichlich befriedigte, ohne allzu harte, abstumpfende, die Elastizität des Geistes wie des Körpers brechende Arbeit, mußte sich jene Empfänglichkeit, jene Beweglichkeit entwickeln, welche den Italiener charakterisiert.
Weich und geschmeidig, zarter organisiert, wie sein Körper, ist auch sein Geist; rasch auflodernd in Leidenschaft, zu guter wie böser That leicht hingerissen, fehlt es ihm aber nicht selten an Zähigkeit und Tiefe. Mäßig und nüchtern, wie es dem Klima entspricht, ist der einzelne bedürfnislos und vermag sich leicht dem Gefühl der Unabhängigkeit hinzugeben. Wenn auch diese Bedürfnislosigkeit in Nahrung, Kleidung und Obdach leicht zu einem Hemmschuh der Kulturentwickelung werden kann, wie dies in Süditalien [* 14] schwer zu leugnen ist, so ermöglicht sie doch anderseits ungestörte Hingabe an ideale Bestrebungen, Pflege des Wohlthätigkeitssinnes, der Wissenschaften, der Künste. Namentlich Sinn für die Kunst, Sinn und Pflege des Schönen, in welcher Form immer, ist einer der hervorstechendsten Charakterzüge des Italieners. Nicht nur in den Städten, selbst in der Anlage und Umzäunung der Felder, in der Bauart des einfachen Bauernhauses prägt sich dies aus. Und die Natur unterstützt ihn dabei, sie gibt ihm die schöne Form, das trefflichste Material an die Hand.
Bodenkultur.
Durch die klimatischen wie die Bewässerungsverhältnisse und das Relief des Landes wird auch die Bodenkultur bestimmt. Dieselbe unterscheidet sich in ihrem Betrieb wie in Bezug auf ihre Erzeugnisse sehr wesentlich von derjenigen Mitteleuropas und steht in Oberitalien [* 15] auf der denkbar höchsten Stufe der Entwickelung, in Süditalien dagegen ist sie häufig noch sehr primitiv. Das Charakteristische daran ist das Überwiegen der Baumkultur, die Anwendung künstlicher Bewässerung, der Anbau von 2 oder 3 Früchten zu gleicher Zeit, namentlich im S., sowie die Erzielung mehrerer Ernten hintereinander in demselben Jahr.
Dort kann man den Boden mit Gerste [* 16] bestellt sehen, dazwischen Weinreben und über diesen Ölbäume, insofern bei der intensiven Sonnenglut leichte Beschattung wünschenswert ist und diese drei Früchte zu ganz verschiedener Zeit reifen. Die Baumkultur spielt eine so große Rolle, daß 1877 ein Fünftel der Gesamtausfuhr auf ihre Früchte kam. Diese Baumkulturen, die namentlich auch häufig in Terrassen an den Berghängen emporsteigen, erstrecken sich besonders auf Oliven, Feigen, Pfirsiche, Aprikosen, Mandeln, Maulbeeren, Johannisbrot und den Weinstock, zu denen dann an der Riviera und den bewässertern ^[richtig: bewässerten] Ebenen und Thälern Süditaliens die sehr wichtige Kultur der Limonen, Orangen, Mandarinen und japanischen Mispeln sowie auf trocknem, selbst felsigem Boden die als Nährpflanze außerordentlich wichtige Opuntie hinzukommen, während unsre mitteleuropäischen Obstarten nach S. hin immer mehr in höhere Gegenden zurückweichen.
Viele Gegenden erhalten durch diese Fruchtbäume einen waldartigen Anblick. Eine sehr große Rolle spielen auch Gemüse, Erbsen, Artischocken, Blumenkohl, Salat u. dgl., welche im S. im Winter fast besser gedeihen als im Sommer, während die massenhaft angebauten Tomaten und Kukurbitaceen jeder Art auf den Sommer beschränkt sind. Kartoffeln werden nur in Oberitalien im großen gebaut, weiter nach S. sind sie in vielen Gegenden fast unbekannt und werden durch Opuntien ersetzt.
Von Cerealien baut man besonders Weizen, Mais (mehr in Ober- und Mittelitalien), Gerste (sehr wichtig im S.) und Reis im Pogebiet. Die intensivste Bodenkultur herrscht im Pogebiet, in Toscana, Kampanien, der Conca d'Oro von Palermo und ähnlichen Gegenden, die durchaus gartenartig angebaut sind, wo kein Stückchen Land unbenutzt bleibt und unter beständiger Bewässerung auf dem fruchtbaren Schwemmland höchster Ertrag erzielt wird. Die Kostspieligkeit der Bewässerungsanlagen hat aber den Grund und Boden meist in der Form großer Güter in den Besitz reicher Adligen und Städter gebracht, welche dieselben in vielen kleinen Parzellen so hoch verpachten, daß der Pachter bei harter Arbeit kaum das Leben fristet und die Masse der Bevölkerung [* 17] in diesem Garten [* 18] Europas im Elend schmachtet. Im Gegensatz zu diesen Gegenden stehen aber die Hügellandschaften des innern Sizilien, [* 19] auf denen nur Weizen mit Ausschluß aller Bäume in primitiver Weise gebaut wird, und die nach der Ernte [* 20] im Sommer und Herbst der Steppe gleichen, noch mehr aber die nur als Winterweide brauchbaren, im Sommer von Malaria heimgesuchten Ebenen Apuliens, die Pontinischen Sümpfe, die Campagna von Rom und die Maremmen.
Die Landwirtschaft ist die Haupterwerbsquelle der Bevölkerung, und bei der allgemeinen Fruchtbarkeit des Bodens sind selbst in Sardinien [* 21] und Sizilien die unangebauten Flächen geringer, als man gewöhnlich annimmt. Das produktive Land beträgt 87 Proz. des Gesamtareals, unproduktiv sind nur die genannten Sumpfgegenden und die höhern Gebirge. Aber auch in erstern sind schon allenthalben Austrocknungsarbeiten vorgenommen, wie neuerdings in der römischen Campagna, wie überhaupt in den letzten zwei Jahrzehnten derartige kulturtechnische Arbeiten, in denen die Italiener Meister sind, mit größerer Energie in Angriff genommen worden sind.
Vom Gesamtareal entfallen auf Acker- und Gartenland 36,9 Proz., auf Weinland 6,3, auf Wiesen und Weiden 25, auf Olivenhaine 3 und auf Waldungen 15,7 Proz. Der Ackerbau liefert alle Getreidearten, Reis in großer Menge zur Ausfuhr (bis 800,000 metr. Ztr.), ¶
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Weizen und Mais dagegen trotz ansehnlicher Produktion nicht hinreichend, so daß jährlich bedeutende Quantitäten von diesen Früchten importiert werden müssen (durchschnittlich 2 Mill. metr. Ztr. Weizen und 1,4 Mill. metr. Ztr. Mais). Die Produktion an Cerealien beziffert sich im Jahresdurchschnitt an Weizen mit 50,9, Mais 31,3, Roggen und Gerste 6,4, Hafer [* 23] 6,7, Reis 11,3, ferner an Hülsenfrüchten 5,6 Mill. hl und an Kartoffeln 7 Mill. metr. Ztr. Der Weizenbau findet in allen Provinzen Italiens [* 24] statt, am stärksten in den neapolitanischen, in Sizilien und der Lombardei, wo er den Konsum übersteigt.
Für Mais und Reis ist das Pogebiet bei weitem am wichtigsten, ebenso für Kartoffeln. Von Industriepflanzen [* 25] werden Hanf (960,000 metr. Ztr.) in den mittelitalienischen Provinzen östlich von den Apenninen, Flachs (235,000 metr. Ztr.) besonders in der Lombardei, Baumwolle [* 26] (180,000 metr. Ztr.) in Süditalien und Tabak [* 27] (45,000 metr. Ztr.) auf den Inseln und in einigen kontinentalen Provinzen gebaut. Die Kultur der südlichen Fruchtbäume spielt in I. eine größere Rolle als selbst in den übrigen Mittelmeerländern.
Südlich vom 40. Breitengrad sind Orangen u. Limonen, deren Anbau in Sizilien und Kalabrien sich beständig ausdehnt, die wichtigsten, von da bis zum 44. Breitengrad ist der Ölbaum, der weiter südlich aber durchaus nicht fehlt, der charakteristische Baum, doch fängt man erst jetzt an, das Öl rationell zu behandeln und dadurch höhere Preise zu erzielen. Die Jahresproduktion an Olivenöl beläuft sich auf 3 Mill. hl, wovon sehr viel zur Ausfuhr kommt; die Agrumenernte beträgt 2600 Mill. Stück Früchte.
Über ganz I. ausgedehnt ist der Weinbau, der aber auch erst in wenigen Gegenden, namentlich in Sizilien, so rationell betrieben wird, daß von den jährlich gewonnenen 22-28 Mill. hl Wein ein beträchtliches Quantum zur Ausfuhr gelangen kann. An Waldungen ist I. nicht so arm, wie man nach dem Pogebiet schließen möchte; die Apenninen sind noch reich an Wäldern von Edelkastanien, welche bei der Ernährung der Bevölkerung ins Gewicht fallen (496,000 Hektar Bepflanzung, Jahresertrag 5,8 Mill. metr. Ztr. Früchte), an Eichen, Buchen, Tannen und Kiefern; der niedrige, wild und kultiviert vorkommende Sumachbaum liefert große Mengen von Gerbstoff, auch geben die edlen Fruchtbäume wertvolles Tischlerholz.
Die Korkeiche liefert ihre Rinde, die herrliche Pinie, namentlich in dem Wald von Ravenna, ihre Nüsse, die Zwergpalme Siziliens Fasern zu Flechtwerk jeder Art, die Esche in den südlichen Provinzen den im Sommer ausquellenden verdickten Saft, die Manna. Sehr reich an Wald ist namentlich auch die Insel Sardinien. Man rechnet 4,6 Mill. Hektar Wälder, die aber in ihrem Bestand wenig geschätzt werden, da von Forstwirtschaft in I. kaum die Rede sein kann. Auch an Wild sind die Wälder sehr arm, da die Jagd frei ist, was namentlich auch den Sing- und Zugvögeln Mitteleuropas verhängnisvoll wird, die zu Millionen beim Durchzug geschossen und gefangen werden.
Viehzucht und Fischerei.
Die Viehzucht [* 28] steht in I. sehr tief, nur Ziegen gedeihen allenthalben; rationelle Rindviehzucht ist auf einzelne Gegenden der mittlern Po-Ebene beschränkt, wo auch die Käsegewinnung (Parmesankäse) von großer Bedeutung ist. Schafzucht wird allenthalben getrieben, bringt aber nur jährlich 10 Mill. kg mittelmäßige Wolle. Die Geflügelzucht liefert namentlich große Mengen von Eiern für den Export (für 37 Mill. Lire). Der Viehstand betrug nach der Erhebung vom Jahr 1881: 4,783,232 Rinder, [* 29] 8,596,408 Schafe, [* 30] 2,016,307 Ziegen, 674,246 Maultiere und Esel und 1,163,916 Schweine. [* 31]
Hierzu kommen (nach der Zählung vom Jahr 1876) 657,544 Pferde. [* 32] Von nicht geringer Wichtigkeit ist die Seefischerei, welche ca. 14,000 Schiffe [* 33] und Boote von 50,000 Ton. beschäftigt, sowie die Korallenfischerei, welcher 1884: 549 Schiffe mit 4276 T. Gehalt dienten. Die dabei beschäftigte Mannschaft belief sich auf ca. 40,000. Die Fischerei [* 34] erstreckt sich bis an die französische und afrikanische Küste. Am bedeutendsten ist die Thunfischerei (näheres s. Fischerei, S. 311). Von großer Bedeutung ist auch die Lagunenfischerei, namentlich in den Lagunen von Comacchio. Die Korallenfischerei wird hauptsächlich von den Häfen von Torre del Greco und Mazzara aus an der sizilischen Küste betrieben. Aus der Verarbeitung der zur Ausfuhr gelangenden Korallen [* 35] erwächst dem Land ein Gewinn von jährlich 25-60 Mill. Lire. Zur Schwammfischerei liefen 1884: 66 Schiffe mit 1167 T., hauptsächlich von Trapani nach der tunesischen Küste, aus.
Bergbau.
Schon daraus, daß I. ein Land jüngerer Entstehung ist, läßt sich auf eine gewisse Armut an Mineralschätzen, wie dieselbe in der That vorhanden ist, schließen. Nur wo der Boden aus älterm geschichteten, kristallinischen oder eruptiven Gestein besteht, in den Alpen, [* 36] dem Ligurischen Apennin, dem Toscanischen Subapennin wie auf Elba und Sardinien, finden sich wertvolle Mineralien, [* 37] zu denen noch im Tertiär Siziliens Schwefel u. Steinsalz kommen. Bedeutungsvoll für die Verwertung der Bergbauprodukte sowie für die Entwickelung der Industrie ist das fast gänzliche Fehlen von Stein- und Braunkohlen (1884 wurden nur 230,000 Ton. Braunkohle, größtenteils in Toscana, gefördert).
Die Bergwerke sind vielfach in den Händen fremder, besonders englischer, Gesellschaften. Die Goldbergwerke von Piemont und die Silberbergwerke auf der Insel Sardinien (Iglesias) sind von mäßiger Bedeutung, ebenso die Quecksilberminen im südlichen Toscana und in der Provinz Belluno. Bedeutender ist die Gewinnung von Blei- und Zinkerzen auf Sardinien (Iglesias), erstere auch in der Lombardei und Toscana. Die Erze werden größtenteils exportiert; an Metall werden nur 10,000 T. Blei [* 38] und Glätte produziert.
Alt und höchst bedeutungsvoll ist der die trefflichsten Erze liefernde Eisenbergbau auf Elba und in den Provinzen Bergamo, Brescia, welcher ebenfalls hauptsächlich für den Export arbeitet. An Roheisen wurden 1884 nur 120,129 T. gewonnen, da es der einheimischen Verhüttung und Eisenindustrie, die wenig Fortschritte macht, an Brennmaterial fehlt. Ebenfalls von den Etruskern her datiert der Kupferbergbau in Toscana, welcher jährlich ca. 250,000 metr. Ztr. Erz und 4000 metr. Ztr. metallisches Kupfer [* 39] liefert.
Das wichtigste Objekt des italienischen Bergbaues ist der Schwefel, welcher auf der Insel Sizilien in sehr mächtigen Lagern auftritt, und dessen noch sehr primitive Gewinnung in 300 Gruben vielen Arbeitskräften einen allerdings dürftigen Erwerb bietet. Außer Sizilien, wo er insbesondere in den Provinzen Girgenti und Caltanissetta vorkommt, gibt es noch Schwefelminen in den Provinzen Forli, Pesaro-Urbino, Avellino und Rom. Die Schwefelproduktion betrug 1880 im ganzen 359,540 T., wovon 312,862 auf Sizilien entfallen und der größte Teil (1880: 287,149 T.) exportiert wird. Die Gewinnung von Steinsalz, an dem das innere Sizilien und Kalabrien sehr reich sind, ist unbedeutend (1880: 16,000 T.), da der Transport zu teuer ist und die Salinen an der Küste Siziliens, ¶