verwechseln ist aber damit der Fall des sogen. wesentlichen Irrtums (error essentialis) beim Abschluß von Rechtsgeschäften.
Befindet sich nämlich ein Kontrahent über einen wesentlichen Umstand des Vertrags, z. B. über die Identität der Ware beim
Abschluß eines Kaufs, in Unkenntnis, so gilt das ganze Geschäft, resp. der Vertrag als nicht abgeschlossen;
denn was man nicht weiß, kann man auch nicht wollen. Es sind dies die Fälle, in welchen Savigny von einem sogen. uneigentlichen
I. spricht, da hier der I. eigentlich nur Beweismoment für den fehlenden Willen sei.
Dies ist die Bedeutung des Rechtssprichworts: errantis non est voluntas (beim I. ist der Wille ausgeschlossen).
Auch in strafrechtlicher Beziehung wird der Rechtsirrtum, die Unkenntnis strafrechtlicher Bestimmungen oder einzelner Strafandrohungen,
von dem Strafrichter nicht berücksichtigt. Dagegen kann der faktische I. unter Umständen von Bedeutung werden. Es gehört
hierher namentlich die Bestimmung des deutschen Reichsstrafgesetzbuchs (§ 59), wonach, wenn jemand bei Begehung einer strafbaren
Handlung das Vorhandensein von Thatumständen nicht kannte, welche zum gesetzlichen Thatbestand gehören
oder die Strafbarkeit erhöhen, ihm diese Umstände nicht zugerechnet werden sollen.
Wenn also z. B. ein Unverheirateter mit einer Ehefrau den Beischlaf vollzieht, ohne zu wissen, daß diese Frauensperson verheiratet
ist, so kann er nicht wegen Ehebruchs bestraft werden. Handelt es sich jedoch um fahrlässige Vergehen,
so soll jene Bestimmung nur dann Platz greifen, wenn diese Unkenntnis selbst nicht durch Fahrlässigkeit verschuldet war.
Vgl. außer den Lehrbüchern des römischen Rechts und des Strafrechts Zitelmann, I. u. Rechtsgeschäft (Leipz. 1879).
Flecken im bayr. Regierungsbezirk Schwaben, Bezirksamt Kaufbeuren, an der Wertach, hat eine kath. Pfarrkirche, eine
Oberförsterei, eine Kreisirrenanstalt im ehemaligen Benediktinerkloster, eine Braunkohlengrube und (1885) 1045 meist
kath. Einw.
(Irtysch), Fluß in Westsibirien, entspringt auf chinesischem Gebiet als Schwarzer I. am
Ostende des Altai, durchfließt, in nordwestlicher Richtung strömend, den Saisansee, bricht dann durch den westlichen Altai
in einer wilden Bergschlucht, tritt bei Ustkamenogorsk in die weiten Steppen Sibiriens (links die Kirgisen-, rechts die Barabasteppe)
und mündet unterhalb Tobolsk bei Samarow links in den Ob, 1830 m breit. Sein Lauf wird zu 2600 km, sein
Stromgebiet zu 1,676,000 qkm (30,440 QM.) berechnet.
Von Anfang November bis Ende April friert der I. zu, dann ersetzt die Schlittenfahrt die sonst von Semipalatinsk abwärts betriebene
Dampfschiffahrt. Letztere erscheint nach den 1880 gemachten Untersuchungen sogar bis zum Saisansee möglich. Die Ufer des I.
sind ziemlich dicht bewohnt, und der Fluß leistet dem Verkehr zwischen den Städten und den zahlreichen
Etablissements der Montanindustrie an seinen Ufern die wesentlichsten Dienste. Seine Gewässer sind sehr fischreich; von Omsk
bis zum Saisansee gehören die Fischereigerechtsame den Kosaken. Die wichtigsten Zuflüsse des I. sind rechts: die Buchtarma,
der Om, Tara; links: der Ischiln, Tobol, Konda. Am untern I. sind Semipalatinsk, im mittlern Lauf Omsk, im
obern Tobolsk Handels- und Regierungsmittelpunkte. Oberhalb Tobolsk, am kleinen Sihirkabach, stand
einst die Zarenburg Sibir,
welche der Kosak Jermak erstürmte, und nach welcher das ganze Land den Namen erhielt.
Stadt in der span. Provinz Guipuzcoa, an der Bidassoa, dem französischen Ort Hendaye gegenüber,
Endstation der von Madrid kommenden Eisenbahn, an die sich hier die französische Südbahn anschließt, hat eine schöne Kirche,
eine Mineralquelle, (1878) 7040 Einw., Maisbau, Eisenbergwerk, Ziegeleien
und Gerbereien. I. ist Sitz eines deutschen Konsuls. Südlich von I. erhebt sich der aussichtsreich Berg
La Haya (987 m), östlich der Hügel San Marcial, der Schauplatz blutiger Kämpfe zwischen den Franzosen und den Spaniern sowie
zwischen den Karlisten und den königlichen Truppen.
1) Washington, nordamerikan. Schriftsteller, geb. zu
New York, wo sich sein aus Schottland stammender Vater als Kaufmann niedergelassen hatte, begann 1800 auf dem Columbia College
daselbst das Studium der Rechte, gab es aber aus Gesundheitsrücksichten wieder auf und bereiste zwei Jahre lang das westliche
Europa. Nach seiner Rückkehr nahm er seine Studien wieder auf; aber weder sie noch das kaufmännische
Geschäft, welches er später in Verbindung mit seinen Brüdern betrieb, sagten ihm zu. Als 1812 der Krieg mit England ausbrach,
übernahm er daher unter dem amerikanischen General Tompkins die Stelle eines Adjutanten.
Nach dem Eintritt der Waffenruhe ging er wieder an sein Handelsgeschäft, büßte aber durch dasselbe sein
ganzes Vermögen ein. Nun warf er sich auf das Feld der Litteratur und verarbeitete den 1815 auf einer Handelsreise nach England
gesammelten Stoff in seinem »Sketchbook of Geoffrey Crayon« (Lond. u. New York 1820, 2 Bde.). Schon früher war er der Leserwelt
durch die »Letters of Jonathan Oldstyle« (enthalten in der von seinem ältern Bruder zu New York herausgegebenen
Zeitschrift »Morning Chronicle«, später gesammelt und von Spiker, Berl. 1824, ins Deutsche übersetzt),
durch die Herausgabe
des humoristischen Blattes »Salmagundî« (zum Teil abgedruckt unter dem Titel: »Salmagundî; or the whimwams and opinions of
Lancelot Longstaff and others«, Lond. 1823, 2 Bde.)
und durch die »Humorous history of New York by Dietrich Knickerbocker« bekannt geworden. Er besuchte Europa abermals und schrieb
in Paris die »Bracebride-Hall, or the humorists« (Lond.
1823, 2 Bde.). Den Sommer 1822 brachte er in den Rheingegenden zu, hielt sich sodann längere Zeit in
Prag und Dresden auf und ging 1824 nach England, wo er seine »Tales of a traveller« (Lond.
1824, 2 Bde.; deutsch, Berl. 1825)
veröffentlichte.
Nach einer kurzen Reise in Südfrankreich begab er sich 1825 nach Spanien, wo er im Escorial die auf die Entdeckung Amerikas bezüglichen
Handschriften und Bücher durchforschte und sich während eines vierjährigen Aufenthalts eine genaue Kenntnis
der spanischen Sitten und Gebräuche erwarb. Die Früchte dieses Studiums sind sowohl die historischen. Arbeiten: »History of
the life and Voyages of Christopher Columbus« (Lond. 1828-30, 4 Bde.),
die »Voyages and discoveries of the companions of Columbus« (das. 1831) und die aus Handschriften des Antonio
Agapida und spanischen Chroniken zusammengetragene Schrift »Chronicle of the conquest of Granada« (das. 1829, 2 Bde.),
als auch die später aus Enthusiasmus für die Glanzperiode der Araber in Spanien, für ihre Sitten und
mehr
Märchen geschriebene »Alhambra« (das. 1832, 2 Bde.).
Letzteres Werk verfaßte er als Sekretär der amerikanischen Gesandtschaft zu London, wohin er von Spanien aus gegangen war.
Von 1832 an lebte I. wieder in Washington, von wo er wiederholt Reisen nach dem noch unkultivierten Westen unternahm, bis er 1841 zum
Gesandten der Vereinigten Staaten am spanischen Hof ernannt wurde. Nachdem er durch Testament eines ihm unbekannten
Mannes 1843 ein beträchtliches Vermögen geerbt, legte er 1846 seinen Gesandtschaftsposten nieder und zog sich auf seinen
Landsitz Sunnyside in der Nähe von New York zurück, wo er starb.
Seine spätern Schriften sind: »Miscellanies« (Lond. 1835-36),
enthaltend: »A tour on the prairies«, »Abbotsford
and Newstead-Abbey« und »Legends of the conquest of Spain«;
ferner »Astoria, or the enterprise beyond the Rocky Mountains« (das.
1836, 3 Bde.);
»Adventures of Captain Bonneville« (das. 1837, 3 Bde.);
»History of Mahomet and his successors« (das.
1849-50, 2 Bde.; deutsch, Leipz.
1850),
ein Werk, welches sich weniger durch Tiefe der Forschung als durch eleganten Stil und lichtvolle Darstellung auszeichnet;
eine der anmutigsten Biographien, die je geschrieben worden, und »Life
of George Washington« (New York 1855-59, 5. Bde.; deutsch, Leipz.
1855-59).
Gesamtausgaben seiner Werke erschienen New York 1848-50, 15 Bde.;
London 1851, 10 Bde.;
New York
1882, 27 Bde. (Jubiläumsausgabe, zur 100jährigen Geburtstagsfeier
des Dichters veranstaltet), und New York 1886, 9 Bde. Deutsch erschienen die »Sämtlichen Werke, übersetzt von Mehreren«
(Frankf. 1826-37, 74 Bde.);
in Auswahl von Adrian (2. Aufl., das. 1847, 4 Tle.);
eine andre Auswahl (Leipz.
1856), illustriert von Ritter und Camphausen.
Irvings Leistungen zeichnen sich durch ansprechende Darstellung, Frische und Gewandtheit
der Schreibweise aus. Er ist kein schöpferisches Talent; wohl aber weiß er Dargebotenes geschickt zu verarbeiten und hat
aus allen Ländern, welche er besuchte, sich etwas angeeignet. Tiefe Blicke in die menschliche Seele sind
nicht in Irvings Schriften zu finden, wohl aber interessante psychologische Bemerkungen; ebenso werden wohl die verkehrten
Neigungen belächelt, nie aber die starken Leidenschaften von ihm heraufbeschworen.
Vgl. Pierre Irving, Life and letters of
Washington I. (Lond. 1862-64, 4 Bde.;
neue Ausg. 1883, 3 Bde.);
Laun, Washington I., ein Lebens- und Charakterbild (Berl. 1870, 2 Bde.);
Hill, Washington I. (New York 1879);
Warner, Bryant und Putnam, Studies of I. (das. 1880);
Warner, W. I. (Boston 1881).
2) Henry, berühmter engl. Schauspieler, geb. zu Keinton bei Glastonbury, wurde in einer Londoner Schule erzogen; betrat 1856 zuerst
die Bretter und spielte zunächst in kürzern Engagements in Edinburg und auf größern Bühnen in Glasgow, Manchester und London. 1866 spielte
er auf Veranlassung des Dichters zuerst die Rolle des Spielers Rawdon Scudamore in Boucicaults »Hunted down« und betrat damit
sein eigentliches Gebiet, auf dem er seitdem sich auszeichnet, das der Darstellung von Bösewichtern und
diabolischen Charakteren. Er nahm zunächst ein Engagement am St. James-Theater an, dann spielte er am Queenstheater, 1870 im
Vaudevilletheater, wo er in 300 Wiederholungen von Alberys »Two roses«
auftrat, und stellte 1871 seine Kräfte dauernd in den Dienst des Lyceumtheaters, das hierdurch zum wichtigsten
Theater Londons erhoben
ward. An diesem Theater, in welchem er zunächst einige hundert Male durch die Darstellung eines Mörders
in dem Volksstück »The Bells« Sensation erregte, kreierte er die Rollen des Hamlet (1874), des Macbeth (1875), des Othello (1876)
und Richards III. (1877) und erwarb sich durch seine Leistungen als Darsteller
Shakespearescher Charaktere den Ruf des ersten englischen Tragöden der Gegenwart.
Vgl. Archer, Henry I., actor and manager (Lond.
1885).
3) Edward, engl. Geistlicher, Begründer der nach ihm benannten Sekte, s. Irvingianer.