Man unterscheidet in
ÖsterreichReal-,
Militär- und Halbinvaliden, die erstern sind sowohl zu allen Militärdiensten untauglich
als auch erwerbsunfähig; die Militärinvaliden sind zwar zum Militärdienst untauglich, aber zu bürgerlichem
Broterwerb noch im stande; die Halbinvaliden sind noch zu leichtern Militärdiensten geeignet. Rußland versorgt seine I.
teils in
Invalidenhäusern, teils in Garnisonkompanien und in den
Militärkolonien. Invalidenkolonien wurden 1831 zu
Gatschina
und
ZarskojeSelb, aber ausschließlich für
Soldaten der
Garde gegründet. Zur
Zahlung der
Pensionen für
die I. des
Feldzugs 1870/71 ist in
Deutschland
[* 16] aus der Kriegskostenentschädigung durch
Gesetz vom der
Reichsinvalidenfonds
in
Höhe von 561 Mill. Mk. (die in unkündbaren
Staats- und Kommunalpapieren angelegt sind) begründet worden, über welchen
der
Reichstag die
Kontrolle ausübt. Über die Versorgung der I. s.
Pension und
Militärversorgung.
Die Bezeichnung
»Invalide«, welche früher ausschließlich beim
Militär vorkam, wird heute allgemein
auf alle
Personen, insbesondere aber auch auf die
Arbeiter angewandt, welche dauernd erwerbsunfähig geworden sind
(Invaliden der
Arbeit). Die
Invalidität kann eintreten infolge von Unfällen, andauernder
Krankheit oder
Altersschwäche. Dem
Einzelnen ist es schwer, ja in der
Regel unmöglich, aus eigner
Kraft
[* 17] durch Erübrigung und Zurücklegen von einem Teil seines
Verdienstes sich gegen die
Folgen der
Invalidität finanziell zu sichern.
Das Sparen hält zu schwer, zumal wenn es immer der freien Entschließen überlassen ist; dann kann die
Invalidität leicht früher eintreten, als
von vornherein unterstellt wurde. Genügende
Sicherung wird nur durch ein solidarisches
Zusammenwirken einer größern Zahl von
Personen ermöglicht, von denen die Erwerbsfähigen die zur Unterstützung der Erwerbsunfähigen
erforderlichen
Opfer bringen. Dies Zusammenwirken tritt nicht immer auch äußerlich hervor, so insbesondere
bei der streng nach den
Grundsätzen des Versicherungswesens eingerichteten I., bei welcher sich Dritte verpflichten, dem
Versicherten gegen
Zahlung von
Prämienim Fall der
Invalidität eine bestimmte
Summe
(Kapitalversicherung) oder eine lebenslängliche
Rente zu entrichten.
Die Prämienhöhe müßte nach dem
Alter des Beitretenden, nach dem Gesundheitszustand desselben, nach
dem
Grade der Gefährdung durch die Beschäftigung etc. bemessen werden, während die
Kasse nur bei wirklich eingetretener
InvaliditätKapital oder
Rente auszuzahlen hätte.
Nun ist aber diese Art der
Versicherung mit großen Schwierigkeiten verknüpft.
Es fehlt nicht allein an statistischem
Material, um die Prämiensätze richtig abstufen zu können, sondern
es würde auch solches nur schwer anwendbar sein, sobald die verschiedensten Berufszweige und Örtlichkeiten zur
Versicherung
zugelassen werden sollen.
Dazu kommt, daß auch der Zeitpunkt, zu welchem die
Invalidität eintritt, nicht leicht zu bestimmen ist, zumal wenn eine
genügende
Kontrolle nicht ausgeübt werden kann und gar bei Persönlichkeiten, welche ein
Urteil abgeben
könnten
(Gemeindevorstand, Fabrikant etc.), die
Neigung vorhanden ist,
Lasten möglichst von sich selbst fern zu halten. Aus
diesen
Gründen ist denn auch die I. noch wenig entwickelt. Verschiedene
Gesellschaften, welche sie in ihren Geschäftskreis
einzubeziehen versuchten, sind bald wieder davon abgekommen. So blieb denn die Invalidenversorgung bis
jetzt im wesentlichen auf solche
Fälle beschränkt, in welchen gegenseitige
Kontrolle durch die
Interessenten die
Durchführung
erleichterte und korporativer
Geist oder bestimmte Festsetzung von strenger Ausgleichung nach Leistung und Gegenleistung abzusehen
gestatteten.
Hierher darf die Pensionierung von Beamten gerechnet werden, auch wenn keine vollen oder auch gar keine
Beiträge in die Pensionskasse entrichtet werden. Die
Pension ist hier als Gehaltsteil zu betrachten, der Beamte stellt dem
Staat seine gesamte
Lebenskraft zur
Verfügung und erhält dafür von diesem zeitlebens seinen Unterhalt. Eine solche
Sicherung
ist bei den Beamten ausführbar, weil sie nur Einem Arbeitgeber gegenüberstehen und bei ihnen die
Gefahr
der Erwerbslosigkeit und Zahlungsunfähigkeit aus Mangel an Beschäftigung nicht eintritt.
Anders liegt die
Sache bei den meisten Arbeitern, welche kein dauerndes Arbeitsverhältnis eingehen können, und für die keine
Sicherung gegen Arbeitslosigkeit geboten ist. Die
Natur der
Sache zwingt hier dazu, die Invalidenversorgung auf bestimmte örtlich
oder durch Zugehörigkeit zu einem
Beruf abgegrenzte
Kreise
[* 18] zu beschränken. Dem entsprechend finden wir
denn auch, daß die Invalidenversorgung, meist im Zusammenhang mit andern
Gemeinschaften stehend, entweder auf größere
Fabriken
und
Bergwerke in den
Fabrik- undKnappschaftskassen (s. d.) beschränkt ist, in welchem
Fall der Arbeitgeber die
Kasse durch Beiträge
zu unterstützen und sich dafür auch gewisse
Rechte bezüglich der
Verwaltung vorzubehalten pflegt, oder
daß zu
Gewerkvereinen (s. d.) verbundene
Arbeiter sie in ihre
Hand
[* 19] nehmen. Auch in diesen
Fällen erwachsen einer guten Invalidenversorgung
mancherlei Schwierigkeiten, bei
Fabrikkassen insbesondere
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dann, wenn der Arbeiter in ein andres Arbeitsverhältnis eintreten will und nun befürchten muß, seiner Ansprüche verlustig
zu gehen. Aber auch bei Gewerkvereinen können Verlegenheiten entstehen, wenn das Recht auf Unterstützung von der Zugehörigkeit
zum Verein abhängt, dieser selbst aber noch verschiedene andre Zwecke verfolgt. Insbesondere kann die Verbindung mit
andern Kassen und Zielen der Invalidenversorgung gefährlich werden, so, wenn eine Arbeitseinstellung vorhandene Mittel aufzehrt
und weitere Beitragszahlung unterbricht.
Allerdings hat gerade auch dieser Umstand wieder englische Gewerkvereine schließlich veranlaßt, den Kampf mit Arbeitgebern
möglichst zu meiden und den Schwerpunkt
[* 21] ihrer Thätigkeit in die Fürsorge für die Genossen zu legen.
Die Beiträge für Invalidenkassen werden am besten in kleinen Raten, wöchentlich, monatlich oder überhaupt jeweilig zur
Zeit der Lohnzahlung, entrichtet, die Unterstützungen besser in Form einer lebenslänglichen Rente als in Form einer Kapitalabfindung
gewährt, wenn auch letztere in besondern Fällen persönlich erwünschter sein kann. Im Interesse der Sache liegt es,
die Karenzzeit (s. d.) möglichst abzukürzen, d. h.
hier die von der Aufnahme an bemessene Zeit, während welcher der Eintritt der Invalidität keinen Anspruch auf Versorgung begründet.
Beruht die I. auf genossenschaftlicher Grundlage, so kann schon eine schärfere Kontrolle bei Feststellung der Invalidität
und bei der Unterscheidung zwischen Ganz- und Halbinvaliden ausgeübt werden, d. h.
zwischen solchen, welche vollständig erwerbsunfähig sind, und solchen, welche noch durch leichtere Arbeiten etwas verdienen
können. Die Unfallversicherung (s. d.) bildet einen Teil der I. Dieselbe wurde in Deutschland in besonderer Weise gesetzlich
geregelt, so daß die Aufgabe der I. sich nur auf Fälle der Erwerbslosigkeit infolge von Siechtum und
Altersschwäche zu erstrecken braucht. Wünschenswert ist es, daß im Lauf der Zeit auch hierfür gesetzliche Normativbestimmungen
aufgestellt werden, um die im Interesse der Leistungsfähigkeit und der Freizügigkeit liegende Verbindung verschiedener Kassen
zu ermöglichen und den Mitgliedern möglichst große Sicherung für Wahrung ihrer Rechtsansprüche zu bieten.