Charakter beschränkt zu sein. Die politischen Interessen der Landwirtschaft werden namentlich von dem seit 1868 bestehenden
Kongreß norddeutscher, später deutscher Landwirte wahrgenommen. Dieser sowie der Landwirtschaftsrat beruhen auf freier Vereinigung.
Auch hat man in neuerer Zeit besondere Bauernvereine (s. d.) organisiert. Die Interessen des Handels und der Großindustrie werden
durch freie kaufmännische Vereine, durch staatlich organisierte Handelskammern und durch kaufmännische
Korporationen wahrgenommen.
Die letztern haben die Rechte juristischer Personen, welche den Handelskammern abgehen, aber nicht das Recht, zwangsweise von
den Berufsgenossen Steuern einzufordern welches die Gewerbe- und Handelskammern charakterisiert. Aus diesen verschiedenen Vertretungen
heraus ist der deutsche Handelstag als eine freie Vereinigung erwachsen. Einzelne Industriezweige haben
Vereinigungen gegründet, welche eigne Preßorgane unterhalten und zuweilen über große Geldmittel verfügen, so die Zucker-,
Spiritus-, Eisenindustrie.
Ein Zentralverband deutscher Industriellen mit schutzzöllnerischen Tendenzen ist seit 1876 in Thätigkeit. Für das Kleingewerbe
bestehen besondere Gewerbekammern in Bremen, Hamburg, Leipzig, Lübeck. In Bayern, Württemberg und dem größten
Teil von Sachsen bilden die Gewerbekammern einen Teil der Handels- und Gewerbekammern. Dem Innungswesen hat man in letzter Zeit
wieder größere Aufmerksamkeit zugewendet, wenn auch die Bestrebungen, förmliche Zwangsinnungen herzustellen, lebhaft bekämpft
werden (s. Innungen).
Die Gewerkvereine und die Fachvereine sind die Interessenvertretungen des Arbeiterstandes; sie stehen lediglich auf
dem allgemeinen Boden des Vereinsrechts und haben keine Art von Vorzug. Der Wunsch nach Arbeiterkammern, die analog wie die
Handels- oder Gewerbekammern organisiert werden sollen, ist vielfach laut geworden. Eine Interessenvertretung ist auch der preußische
Volkswirtschaftsrat (s. d.).
Vgl. v. Kaufmann, Die Vertretung der wirtschaftlichen Interessen in den Staaten Europas (Berl.
1879).
in der Pflanzenanatomie das zwischen den Gefäßbündeln der Dikotylen liegende sekundäre Gewebe,
das aus den Abschnitten des Kambiumringes zwischen den Gefäßbündeln, dem Interfaszikularkambium, hervorgeht (s. Gefäßbündel).
In vielen Fällen besteht das I. nur aus dem Parenchym der Markstrahlen.
(lat.), in der Physik die gegenseitige Einwirkung zusammentreffender Wellen. Begegnen sich z. B. auf einer
Wasserfläche zwei gleiche Wellensysteme, so wirken sie bei ihrer Durchkreuzung derart aufeinander ein, daß an allen Stellen,
wo die Wellenberge des einen Systems mit den Wellenbergen des andern zusammentreffen, das Wasser zu doppelter
Höhe erhoben, an den Stellen, wo zwei Wellenthäler zusammenkommen, zu doppelter Tiefe hinabgedrückt und dort, wo je ein
Wellenberg mit einem Wellenthal zusammenfällt, auf sein ursprüngliches Niveau, das es im Ruhezustand einnahm, zurückgeführt
wird. An diesen letztern Stellen heben sich also die beiden Wellenbewegungen gegenseitig auf, an jenen
dagegen unterstützen und verstärken sie sich.
Ebenso wie zwei
Wasserwellen wirken auch zwei Schallwellen oder zwei Lichtwellen aufeinander, indem sie sich an den Stellen,
wo sie mit entgegengesetzten Schwingungsrichtungen zusammentreffen, gegenseitig vernichten, so daß zwei Schallwellen daselbst
Stille, zwei Lichtwellen Dunkelheit hervorbringen. Gehen die beiden Wellenbewegungen von ihren Mittelpunkten gleichzeitig aus,
so liegen die Punkte, in welchen Verstärkung eintritt, so, daß die von den Mittelpunkten nach ihnen hingehenden Strahlen gleiche
Wege oder solche Wege zurückzulegen haben, welche um eine Anzahl ganzer Wellenlängen verschieden sind; Vernichtung dagegen
findet in jenen Punkten statt, wo die Strahlen mit einem Wegunterschied von einer halben Wellenlänge oder
überhaupt einer ungeraden Anzahl halber Wellenlängen eintreffen. Namentlich in der Lehre vom Licht spielt die I. eine wichtige
Rolle und gibt Anlaß zu zierlichen Erscheinungen, in welchen die Stellen gegenseitiger Verstärkung und Vernichtung als abwechselnd
helle und dunkle Streifen oder Ringe gesehen werden. (Vgl. die Artikel »Beugung des Lichts«, »Fresnels Spiegelversuch«, »Newtonsche Farbenringe«,
»Polarisation [chromatische]«, »Schall«, »Wellenbewegung«.)
in der Malerei s. v. w. Innenansicht, Bild vom Innern eines Zimmers
oder Gebäudes;
kam als besonderes Fach der Malerei erst bei den Niederländern gegen Ende des 16. Jahrh.
in Aufnahme (durch H. van Steenwyck, P. Neeffs den ältern u. a.).
Bezeichnung für die einstweilige Regelung kirchlicher oder politischer Zustände,
welche so lange gilt, bis sie endgültig geordnet wird. Insbesondere versteht man darunter drei Versuche
einer einstweiligen Ausgleichung in Religionssachen, welche unter der Regierung Kaiser Karls V. in Deutschland zwischen Katholiken
und Protestanten bis zum Entscheid einer allgemeinen Kirchenversammlung gemacht wurden. Das erste derselben war das Regensburger
I. von 1541, der wahrscheinlich von Bucer in lateinischer Sprache abgefaßte Entwurf einer Vereinbarung über die
kirchlichen Streitfragen, welcher dem Regensburger Religionsgespräch und auch dem Reichstagsabschied zu Grunde gelegt wurde;
der letztere bestimmte, daß die Evangelischen bis zum Zusammentritt des Konzils nicht über und wider die verglichenen Artikel
hinausgehen sollten; die wesentlichsten Punkte der Reformation waren in den Artikeln zugestanden.
Durch das zweite, das Augsburger I. vom Jahr 1548, versuchte Kaiser Karl V. die damals eben im Schmalkaldischen
Krieg mit Waffengewalt besiegten Protestanten zur Unterwerfung unter die alte Kirche zu bewegen; es sollte ihnen eine Glaubensnorm
gegeben werden, nach der sie einstweilen sich zu richten hätten, mit einigen Konzessionen an ihre kirchliche Einrichtung,
die den Rücktritt in die katholische Kirche ihnen erleichtern sollten. Zur Formulierung dieser einstweiligen
Norm berief Kaiser Karl V. den Naumburger Bischof Johann v. Pflugk, den Mainzer Weihbischof Michael Helding (Sidonius) und den Brandenburger
Hofprediger Johann Agricola. Die drei Männer verfaßten das zweite I., welches aus 26 Artikeln bestand und den Titel führte:
»Der Römisch-kaiserlichen Majestät Erklärung, wie es der Religion halben im heiligen Reich bis zum Austrag des allgemeinen
Concilii gehalten werden soll«. Dasselbe enthielt im wesentlichen die Lehre des Katholizismus; es berücksichtigte die Forderung
der
mehr
Protestanten nur insofern, als einige Feiertage abgeschafft, die Einziehung der Kirchengüter stillschweigend gestattet, die
Ehe den Geistlichen bis zur Entscheidung durch ein allgemeines Konzil erlaubt und der Genuß des Abendmahls in beiderlei Gestalt
unter der Bedingung zugestanden wurde, daß der Genuß des Abendmahls unter Einer Gestalt weder Tadel noch Mißbilligung
erlitt. Aber der Kaiser erreichte mit diesem I. seinen Zweck keineswegs. Zwar wurde es als Reichsgesetz verkündigt,
aber die Mehrzahl der katholischen Stände wollte von gar keinen Zugeständnissen wissen, und in den evangelischen Landen mißachtete
man, wo man sich nur dem Druck der kaiserlichen Waffen entziehen konnte, seine Vorschriften; es blieb eine
Maßregel auf dem Papier.
Geradezu verweigert wurde die Annahme des I. von dem gefangenen Kurfürsten Johann Friedrich, den jungen hessischen Landgrafen,
den protestantischen Ständen und Städten Niedersachsens, von Pfalz-Zweibrücken, von dem Herzogtum Preußen und von dem Markgrafen
Hans von Brandenburg-Küstrin. Ja, selbst der Kurfürst Joachim II., der sich dem Kaiser gegenüber so willfährig
gezeigt, konnte die Anerkennung des I. in seinem Land nicht durchführen. Nur Württemberg und die Kurpfalz fügten sich ohne
weiteres in den Willen des Kaisers, und hier wurden die widerspenstigen Geistlichen ihrer Stellen entsetzt und verfolgt, einige
sogar getötet sowie zu nachsichtige Magistrate abgesetzt.
Zwar erließ der Kaiser ein strenges Verbot, etwas gegen das I. zu schreiben, zu predigen oder zu drucken; allein bald erschienen
Flugschriften dagegen in Menge. Magdeburg war der Sammelplatz der wegen des I. Vertriebenen und die Schmiede der Flugschriften.
Daher ward es spottweise die »Kanzel Gottes« genannt, während die Gegner des I. letzteres die »Sphinx Augustana«,
»des Papstes Unterhemd« etc. titulierten. Auch Spottlieder wurden in Menge darauf gedichtet und zirkulierten im Volk.
Eine Modifikation erfuhr das I. in Sachsen. Kurfürst Moritz hatte zwar für seine Person dasselbe angenommen, wagte es aber
nicht, es dem Land unverändert aufzudrängen, und ließ mit Hilfe Melanchthons auf einer Reihe von Konferenzen
und Religionsgesprächen in Pegau, Torgau und Klosterzelle, an denen die Bischöfe von Naumburg und Meißen, Vertreter der Universitäten
Wittenberg und Leipzig, mehrere Geistliche und kurfürstliche Räte teilnahmen, in gewundenen, vieldeutigen und unbestimmten
Worten eine Kirchenagende ausarbeiten, die den Namen des kleinen I. zum Unterschied von dem großen erhielt
und von den Landständen Sachsens angenommen wurde, weshalb, da diese Beratung zu Leipzig erfolgt war, nun für das
sogen. kleine I. der Name Leipziger I. aufkam.
Von seiten der Regierung wurde es im Juli 1549 als Landesgesetz eingeführt. Dasselbe erklärte die äußerlichen
Dinge, die Formen des Kultus, für Adiaphora und wahrte bloß hinsichtlich des Glaubens im ganzen den evangelischen Standpunkt.
Dennoch fanden sich auch in und außer Sachsen nicht wenige Theologen, welche sich gegen dieses I. sowie den Urheber und die
Anhänger desselben, Interimisten oder Adiaphoristen genannt, in Vorwürfen und Schmähungen ergingen.
Das Haupt dieser Gegner des I. war Matthias Flacius (s. d.), der sogleich, als er von den Versammlungen und Beratungen
der Theologen zu Zelle und Pegau gehört hatte, seine Professorstelle zu Wittenberg niederlegte und sich in die Oppositionsstadt
Magdeburg begab, wo er soviel wie möglich Gegner gegen das I. zu werben suchte, und von
wo fast 30 Jahre
lang eine Unzahl von Schmähschriften gegen das I. und seine Anhänger erschien. Das Leipziger I. verlor seine Geltung schon
1552, als Kurfürst Moritz sich gegen den Kaiser erhob und dem Protestantismus in Sachsen wieder freie Bahn ließ.